Die Sarrazinierung der Politik hat längst begonnen

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Egal ob Thilo Sarrazin aus der SPD und der Bundesbank fliegt, gewonnen hat er schon längst. Denn er, besser seine Unterstützer aus Politik und Medien, haben es geschafft, dass sich Talkshows, Medien und Politiker aller Parteien über Sarrazins Thesen auslassen. Dass dann noch gut lancierte Umfragen für eine noch gar nicht gegründete Sarrazinpartei fast 20 % ermittelt haben wollen, ist dann nur der I-Punkt auf der Pro-Sarrazin-Kampagne. Hier soll ausgedrückt werden, Sarrazins Thesen kommen nicht vom rechten Rand und können daher auch nicht marginalisiert werden. Und das ist gar nicht mal so falsch. Das Gebräu aus Hass auf die Unterklassen, Eugenik und Rassismus kommt von den Stützen der Gesellschaft.


Lafontaine von Rechts?

Dabei ist Sarrazin austauschbar. Es könnte auch ein Friedrich Merz oder ein Norbert Bolz sein, die sich als Zugpferd für eine neue Rechtspartei zu Verfügung stellen. Bolz hat schon vor der aktuellen Sarrazin-Debatte in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel von der Notwendigkeit einer neuen Partei rechts von der Union schwadroniert. Im typischen Rechtssprech, sieht sich der Soziologieprofessor von der Technischen Universität Berlin von Sozialdemokraten und Antifa umstellt. Was ihm vorschwebt, ist ein Neuaufguss der Republikaner, die in Westberlin Ende der 80er Jahre im Berliner Abgeordnetenhaus vertreten waren. Die Probewegung möchte sie gerne beerben. Doch da sind noch andere Konkurrenten rechts von der Union. Sie alle sind untereinander zerstritten. Manche hoffen nun, dass Sarrazin als rechter Lafontaine bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl antritt und die zerstrittene Rechte einigt. Tatsächlich gerieren sich zurzeit alle Rechtsformationen bis hin zur NPD als Sarrazin-Fanclub.

Die Sarrazinierung der Politik findet in ganz Europa statt. Spätestens seit der erfolgreichen Volksabstimmung über das Verbot von Minaretten in der Schweiz hat fast die gesamte Rechte in Westeuropa die Antiislamkampagne als Vehikel zur Erzeugung von Aufmerksamkeit entdeckt. Man braucht nur bewusst aktuelle Tageszeitungen zu lesen, um die Entwicklung zu verfolgen. So haben die ultrarechten Schwedendemokraten einen Wahlkampfspot kreiert, wo verschleierte Frauen zu sehen sind, die beim Run auf schwedische Sozialleistungen eine Rentnerin überholen. Die rassistische Botschaft des noch im Internet abrufbaren Videos ist eindeutig. Deswegen wurde es im schwedischen Fernsehen nicht ausgestrahlt und die Rechtspartei kann sich als Opfer des Meinungsterrors gerieren.

Auch die österreichische Rechtspartei FPÖ hat die Islamfeindschaft als Wahlkampfthema entdeckt. Die Filiale dieser Partei in der Steiermark hat ein Anti-Islam-Brettspiel ins Netz gestellt. Dabei konnte man Symbole, die für einen Imam oder eine Moschee stehen, einfach wegklicken, Kritiker wollten darin eher ein Abschießen erkennen. Die Aufregung war groß und dass ist ganz nach dem Geschmack der FPÖ. Sie ließ schließlich das Spiel vom Netz nehmen. Doch mittlerweile ist es auf vielen Webseiten zu finden. Das sind nur einige Beispiele für das Faktum. Dass die sich die Rechten in fast allen Ländern dem Kampf, gegen den Islam zu verschreiben beginnen. Stichwortgeber aus der Mitte der Gesellschaft wie beispielsweise Sarrazin spielen dabei eine wichtige Rolle. Es ist längst an der Zeit. dieser Sarrazinierung der Politik entgegenzutreten, in Deutschland und in allen anderen Ländern.

Peter Nowak

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Peter Nowak

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