Ein Leben gegen die Deutschen Zustände

Esther Bejarano Im Alter von 96 Jahren ist die Auschwitz-Überlebende gestorben. Bis zum Schluss widmete sie ihr Leben dem Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus

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Ein Leben gegen die Deutschen Zustände

Foto: Christian Charisius/Pool/AFP/Getty Images

In vielen Nachrufen wird Esther Bejarano als Mahnerin und Warnerin vor der rechten Gefahr gewürdigt. Das scheint natürlich erst einmal positiv. Und doch besteht die Gefahr, dass Bejarano von der deutschen Staatsraisson vereinnahmt wird. Dabei widmete sie ihr ganzes Leben, dem Kampf gegen die Deutschen Zustände, die sie selber auch nach 1945 immer wieder bedrohten, seit Bejarano – besonders ab den 1970er Jahren – politisch immer aktiver wurde. Damals erlebte sie die Wahlerfolge der NPD in der Bundesrepublik. Konkret wurde das für Bejarano als sie einen Informationsstand der rechtsextremen Partei in Hamburg sah und feststellen musste, dass die Polizei die Neonazis schützte.

Seitdem hat sie nicht aufgehört, gegen diese Zustände zu kämpfen. Sie wurde zur Kommunistin und war bis zu ihrem Tod Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei – der Partei also, der die Staatsapparate gerade mit bürokratischen Tricks die Existenz schwer machen. Dabei stand Bejarano auch immer wieder im Visier der repressiven Staatsapparate. So zielte bei einer antifaschistischen Demonstration in Hamburg im Januar 2004 ein Wasserwerfer der Polizei auf den Lautsprecherwagen, auf dem sie gerade eine Rede hielt. Und noch vor wenigen Monaten musste Esther Bejarano mit Vorstandsmitgliedern der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) eine eidesstattliche Erklärung abgeben, die klarstellte, dass die Organisation – anders als der bayerische Verfassungsschutzbericht behauptet – keine verfassungsfeindlichen Ziele verfolge. Die Erklärung war notwendig, damit die VVN-BdA die Gemeinnützigkeit wieder erlangte, die wegen der Diffamierung durch den Bayerischen Verfassungsschutz aberekannt worden war. Die VVN-BdA hat die eidesstattlichen Erklärungen selbst angeboten und spricht bei der wieder erlangten Gemeinnützigkeit von einem Erfolg. Doch wir sollten uns nicht mit den Deutschen Zuständen abfinden, die es nötig machen, dass eine Auschwitzüberlebende eine eidesstattlichen Erklärung vorlegen musste, um Diffamierungen der von NS-Personal gegründeten Geheimdienste zu kontern. Zumindest sollte das ein Grund mehr sein, dass Linke die konsequente Abwicklung dieser Geheimdienste fordern.

In den letzten Jahren setzte sich Esther Bejarano dafür ein, dass der 8. Mai als Tag der Zerschlagung des NS-Regimes auch in Deutschland zum Feiertag wird. Hier kann man diese Forderung mit der Zeichnung einer Petition unterstützen.

Ich habe unterzeichnet, gerade weil mir klar ist, dass der Tag eben für die Mehrheit der Deutschen im Gegensatz zum Rest der Welt kein Feiertag war, weil ein Großteil der Deutschen bis zur letzten Minute Juden und Nazigegner*innen jagte. Gerade deshalb unterstütze ich es, wenn in Deutschland am 8. Mai der Tag gefeiert wird, an dem (NS)-Deutschland zerschlagen wurde. Es ist eine Möglickeit, den Kampf von Esther Bejarano gegen die Deutschen Zustände weiterzuführen.

Peter Nowak

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Geschrieben von

Peter Nowak

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