Eine Hommage an die Vergessenen

No Pasaran Der Film erinnert an Menschen, die vor 80 Jahren in Spanien gegen Faschismus und NS kämpften.

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In der letzten Zeit hat man den Eindruck, als ob das Leben heute nur noch aus dem Erinnern historische Gedenktage besteht. Aktuell kann man ja beobachten, wie alle Facetten des 1. Weltkriegs im Zentrum von Politik, Gesellschaft und Kunst stehen. Dabei werden die Kräfte, die schon vor 1914 Widerstand gegen eine Politik leisteten, die zu dem internationalen Blutbad gerade noch am Rande erwähnt. Die Kräfte, die im Grauen des 1. Weltkriegs in Zimmerwald und an anderen Orten das Fundament für eine Welt ohne Ausbeutung und Krieg legen wollten, kommen noch weniger vor. Schließlich handelte es sich um Männer und Frauen des linken Flügels der Sozialdemokratie, die wie Rosa Luxemburg oder Lenin nicht bereit waren, den Burgfrieden mit der Bourgeoisie zu machen und den Kriegskrediten zuzustimmen, wie es die meisten Sozialdemokrat_innen nach dem schlechten Vorbild der SPD praktizierten.

In zwei Jahren jährte sich mit dem sogenannten spanischen Bürger_innenkrieg ein weiteres Ereignis mit einer weltpolitischen Dimension. Schon die Bezeichnung ist fraglich. Richter wäre von der spanischen Revolution und der Intervention des deutschen Nationalsozialismus und italienischen Faschismus zu sprechen, der sich Antifaschist_innen aus aller Welt entgegenstellten. 8 diese Menschen, die in Spanien gegen den Faschismus gekämpft, setzt der in Bochum lebende Regisseur Daniel Burkholz mit den Film No Pasaran ein Denkmal. Auf der Spurensuche eiste er durch mehrere europäische Länder und sprach mit Menschen, die alle schon im 8 und 9 Lebensjahrzehnt standen.


Er überlebte Auschwitz und die Todesmärsche

Dazu gehört Kurt Goldstein, der schon in jungen Jahren als Jude und Kommunist den Kampf gegen den NS aufnahm. Obwohl er sich noch nach Palästina in Sicherheit bringen konnte, reiste er zurück nach Europa, um in Spanien gegen den Faschismus zu kämpfen. Wie viele andere fiel er nach dem Sieg des Franco-Regimes den deutschen Nazis in die Hände und wurde nach Auschwitz deportiert. Er überlebe das Vernichtungslager und den anschließenden Todesmarsch und setzte sich auch nach dem Ende des NS noch im hohen Alter für eine Welt ohne Faschismus und Krieg ein. 2007 ist er gestorben. Im Film erfahren wir nur über sein Leben bis 1945. Sämtliche Zeitzeug_innen werden im Film bis 1945 begleitet. Man hätte natürlich mehr über ihr weiteres Leben erfahren wollen, aber die Konzentration auf die Jahre des Faschismus haben den Vorteil, dass der Film sehr dicht am Thema bleibt und es keine Abschweifungen gibt. Von den Brüdern Vincent und Joseph Almudever erfahren wir, dass sie sich an dem bewaffneten Kampf gegen Franco-Spanien auch nach 1939 beteiligt hatten. Es ist wenig bekannt, dass es in Nordspanien bis in die frühen 70er Jahre eine antifranquistische Guerilla gab. Giovanni Pesce wiederum beteiligte sich in Italien am antifaschistischen Widerstand, der vor allem nach der deutschen Besatzung an Stärke zunahm. Er berichtet, wie er in Mailand auf einen besonders berüchtigten NS-Schergen ein Attentat verübte. Der Österreichischer Gert Hoffmann wiederum beteiligte sich in den 80er Jahren an Solidaritätsbrigaden ins sandinistische Nicaragua. Obwohl dort die meisten solidarischen Menschen nicht mit der Waffe kämpften, lebte hier die Vision der internationalen Solidarität fort, die heute weitgehend verschüttet ist. Das zeigte sich im Film im Gespräch mit dem Enkel des 2010 gestorbenen holländischen Spanienkämpfers Hermann Scheerboom. Der Wirt eines Restaurant bekundet einerseits großen Respekt für das Engagement seines Großvaters, bekundet aber, er könne sich vorstellen, sein Land auch mit der Waffe zu verteidigen, aber im Falle eines anderen Landes wäre er unsicher. Nicht diese Zweifel sind es die beunruhigen, sondern diese so selbstverständlich getroffene nationale Einordnung. Die meisten Spanienkämpfer hingegen, bei allen bekannten Differenzen, die im Film keine Rollte spielen, haben genau dieses nationale Zuordnung verweigert. Sie kämpfen mit den spanischen Bauern und Arbeiter_innen, weil sie die Lüge von der Ideologie "ihres" Landes durchschauten. Gerade weil diese Zusammenhänge heute oft jüngeren Menschen nicht mehr präsent sind, sind Filme wie No Pasaran so wertvoll.

Aus finanziellen Gründen stockte die Produktion

Am Schluss erfahren die Zuschauer_innen, dass ein meisten der Protagonist_innen des Films mittlerweile verstorben sind oder aus gesundheitlichen Gründen keine Interviews mehr geben können. Da erwies es sich einmal als Glücksfall, dass Burkholz diese Gespräche geführt hat. Dass erwies sich als besonders schwierig, weil die Finanzierung nicht gesichert war. Daher musste das Projekt, wie Burkholz auf der Berlin-Premiere des Films berichtete, sogar für einige Jahre liegenbleiben. Es ist ein umso größerer Verdienst von Burkholz und seinem kleine Team, den Film fertiggestellt zu haben. Filmförderungsinstanzen müssen sich fragen zu lassen, warum für eine solche dringend notwendige Geschichtsaufarbeitung kein Geld vorhanden ist. Vielleicht liegt der Grund genau darin, dass die Menschen hier von den Zeitzeug_innen erfahren, dass es Alternativen zum Mitmachen und sich Einrichten in NS und Faschismus gegeben hat. Die vorgestellten Männer und Frauen zogen nicht in Mussolinis oder Hitlers Krieg, sie verwüsteten keine Synagogen und schmissen nicht die Scheiben jüdischer Geschäfte ein. Sie setzen sich vielmehr dafür ein, dass der Faschismus besiegt wird, bevor er den Massenmord ins Werk setzen konnte. Anders als die Elite des 20.Juli wandten sie sich nicht dann gegen Hitler, als das NS-Regime den Krieg verloren hatte. Das macht es so wertvoll mehr über sie zu erfahren. Kürzlich wurde die Dauerausstellung im Museum Deutscher Widerstand im Berliner Bendlerblock so umgestaltet, dass genau die antifaschistischen Aktivitäten in der Zeit berücksichtigt wurden, als das NS-Regime im In- und Ausland auf Erfolgskurs war. Dort war auch kürzlich eine sehr informative Ausstellung über das Leben von Kurt Goldstein zu sehen. Es wäre zu wünschen, dass dort auch No Pasaran gezeigt wird.

Peter Nowak

DVD »No pasarán. Eine Geschichte von Menschen, die gegen den Faschismus gekämpft haben«, D 2014, Regie und Kamera: Daniel Burkholz, Creative Producer: Sybille Fezer; Roadside Dokumentarfilm Bochum

Informationen zu dem Film No Pasaran gibt es auf dieser Webseite:

http://www.roadside-dokumentarfilm.de/index.php?article_id=55&clang=0

Dort sind auch die Aufführungstermine in verschiedenen Städten zu finden.

Der Film läuft am 21.7. um 18.30 Uhr und am 24. und 25.7 um 18. Uhr im Kino Babylon Mitte:

http://www.babylonberlin.de/programm.htm

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Geschrieben von

Peter Nowak

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