Eine verpasste Chance

Back to th Future Am 31. Dezember 2020 wird es keine linke Demonstration unter dem Motto "Für ein solidarisches 2021" geben.

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Daher entfällt auch die noch am letzten Donnerstag angekündigte Klage gegen das im Zuge der Coronaschutzmaßnahmen Demonstrationsverbot am 31. Dezember und 1. Januar. Dass es dabei nicht um Gesundheitsschutz ging, zeigt sich ja bereits daran, dass am 30 Dezember und am 2. Januar wieder demonstriert werden kann. Man will nur über das Jahresende, wo es in den vergangenen Jahren immer auch unkontrollierte Aktionen oft im vorpolitischen Raum gab, Ruhe auf den Straßen haben. „Das pauschale Verbot aller Versammlungen an Silvester und Neujahr ist ein schwerer Eingriff in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit, das auch nicht mit Infektionsschutz begründet werden kann“, begründete Bündnissprecher Kim Huber noch am letzten Donnerstag die angekündigte Klage. Die Demonstration unter dem Motto „Back to the Future – für ein solidarisches 2021“ wäre eine klare Alternative zu allen rechtsoffenen und irrationalen Kräften gewesen: Im Aufruf hieß es: „Selbst ernannte Querdenker*innen und andere Corona-Leugner*innen arbeiten daran, Gesellschaft und Solidarität zu zerstören, gegenseitiges Vertrauen zu untergraben und den Egoismus zur Handlungsmaxime aller werden zu lassen. Sie sprechen von Grundrechten und Demokratie, meinen aber das Recht des Stärkeren – die Allianz mit den Rechtsextremen ist die Folge“.

Kein Lockdown für soziale Proteste

Dagegen setzten die linken Aktivst*innen auf soziale Proteste:

"Laut waren 2020 vor allem jene, die an den bestehenden Missständen nichts ändern wollen, die weder die Gesundheits- noch die soziale Krise erkennen. Selbst ernannte Querdenker*innen und andere Corona-Leugner*innen arbeiten daran, Gesellschaft und Solidarität zu zerstören, gegenseitiges Vertrauen zu untergraben und den Egoismus zur Handlungsmaxime aller werden zu lassen. Sie sprechen von Grundrechten und Demokratie, meinen aber das Recht des Stärkeren - die Allianz mit den Rechtsextremen ist die Folge."

Aus dem Demonstrationsaufruf "Back to the Future"

Ein linksliberaler Journalist setzte einen Tweet

Es gab nach am vergangenen Donnerstag einen Mehrheitsbeschluss, die Demonstration am 31. Dezember anzumelden und zu klagen, wenn sie mit Verweis auf das Demonstrationsverbot an diesem Tag nicht genehmigt wird. Dass dieses Vorhaben wieder zurückgenommen wurde, liegt am Eingreifen des Tagesspiegel-Journalisten Matthias Meisner:

Er schrieb nicht etwa einen Kommentar sondern schrieb einen Tweet folgenden Inhalts:

„Eine Demo an #Silvester, muss das bei diesen Infektionszahlen - bei allem Verständnis für das Anliegen - echt sein? Oder ist das ein Fake“

Er richtete diese rhetorische Frage auch andie Organisationen Seawatch und Friday for Future“, die besonders Angst vor einer öffentlichen Kampagne haben und distanziert sich von dem Demovorhaben. So wurde der Beschluss noch einmal geändert und die Demo abgesagt. Es ist schon bezeichnet, dass der Tweet eines als linksliberalen Journalismus ausreicht, um die eigenen Pläne aufzugeben. Dass ist ein Symptom für die Schwäche einer Linken. Da braucht das Bürgertum in Gestalt eines Tagesspiegel-Journalisten nur leicht zu drohen und schon knicken manche Gruppen ein. Wäre das Kräfteverhältnis 1917/18 auch gewesen, hätte es weder in Deutschland, Russland, noch in anderen Ländern Revolutionen und Räterepubliken gegeben. Damals war die sogenannte Spanische Grippe, die wie man heute weiß, nicht in Spanien ausgebrochen war, überall auf der Welt im Vormarsch. Doch das Virus traf auf eine Welt im Aufruf. Damals waren es Kommunist*innen, Räterevolutionär*innen, Anarchist*innen aktiv. Sie ließen sich auch von den Virus nicht stoppen. Sie kämpften für eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung und auch dafür, dass niemand mehr an heilbaren Krankheiten sterben muss. Aber sie wären nicht auf die Idee gekommen, Streiks, Versammlungen, Demonstrationen abzusagen. Heute trifft das Coronavirus auf eine zu tiefst pessimistische Welt, wo die revolutionäre Linke klein und zerstritten ist und apokalyptisches Denken auch in Teilen der Umweltbewegung um sich greift. Daher genügt der Tweet eines linksliberalen Journalisten, um eine Demonstration abzusagen. So kann der Staatsapparat ebenso zufrieden sein wie Rechte und Irrationalist*innen. Die halten am 31. Dezember an ihrer geplanten Demonstration in Berlin fest.Die Absage der linken Demonstration kann ihnen nur nutzen, so können sie sich als angebliche Verteidiger*innen des Grundrechts auf Demonstrationsfreiheit aufspielen. Die Demonstrationsabsage wird durchaus auch von linken Gruppen kritisiert, die darauf verweisen, dass es in Zeiten, in denen Zwangsräumungen von Mieter*innen, die Abschiebungen von Geflüchteten und die Massenproduktion in den kapitalistischen Werkhallen weitergehen, auch für Streiks und Demonstrationen kein Lockdown geben darf. Die Stadtteilinitiative Solidarisches Neukölln gehört zu diesen Kritiker*innen. Auch die Amazon-Beschäftigten haben wiede mit einem Streik für einen Tarifvertrag begonnen.

Peter Nowak

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Geschrieben von

Peter Nowak

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