Neue Solidarität in den Städten - am Beispiel Winterthur

Housing Action Day In der Schweizer Stadt gibt es eine aktive Bewegung gegen Gentrifizerung. Das liegt auch an den vielen linken Initiativen, die dort in den letzten Jahren dort entstanden sind

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion


Die Housing Action Days werden in vielen Städen in Europa als Aktionstage für das Recht auf Wohnen und das Recht auf Stadt, gegen Wohnungsnot, Vertreibung und Repression gegen Obdachlose undHausbesetzer*innen durchgeführt. Aufgerufen wird durch die European Action Coalition. In diesem Jahr werden im Rahmen dieser Aktionstage vom 29.3. bis 7 April in zahlreichen Städten in ganz Europa die unterschiedlichsten Aktionen von wütenden Mieter*innen geplant, die sich dagegen wehren, dass sie sich in vielen Innenstädten das Wohnen nicht mehr leisten können.

In dem zentralen Aufruf zum Housing-Action-Day 2024 werden die Hintergründe des sozialen Protestnetzwerks beschrieben:

„Das Europäische Aktionsbündnis für das Recht auf Wohnen und Stadt ist ein Zusammenschluss von Bewegungen aus verschiedenen Städten in mehreren europäischen Ländern, die für die Einhaltung dieser Grundrechte kämpfen.“ Aufgezählt werden soziale Bewegungen, aktive Mieter*innen, Slumbewohner*innen, Bewohner*innen von besetzten Häusern, Opfer von Zwangsräumungen oder von Verschuldung, aber auch Fachleuten und aktivistische Forscher*innen. Jahrelang haben sie unabhängig voneinander Kampagnen geführt, die aber oft wenig öffentliche Aufmerksamkeit erfahren haben. So sahen die Notwendigkeit, sich zusammenzuschließen, um diesen Kampf zu verstärken und gemeinsame Maßnahmen und Positionen zu europäischen Wohnungsfragen zu ergreifen.

Gegen die Stadt der Reichen

Auch in der Schweiz sind in verschiedenen Städten Aktionen im Rahmen der Housing-Action Days geplant. So kämpft die Häuservernetzung Winterthur schon länger gegen die Verdrängung ärmerer Bevölkerungsteile aus der Stadt.

Dass es in letzter Zeit dort viel Widerstand gibt, liegt an der besonderen Geschichte der Stadt. Im ehemals stark proletarisch geprägte Winterthur schlossen in den letzten Jahrzehnten viele Fabriken. Vermehrt zogen einkommensärmerer Bevölkerungsteile in die Stadt. Gleichzeitig etablierte sich in die leerstehenden Häusern eine linke Subkultur. Schon bei einen kurzen Spaziergang durch die Stadt fühlen viele bunte Häuser auf und auch die vielen Transparente mit linken politischen Parolen, die dort aus den Fenstern hingen. In letzter Zeit findet sich dort oft die Parole „Gegen die Stadt der Reichen“. Denn wenn es nach den Verantwortlichen in der Stadt geht, soll es eine massive Aufwertung geben. „Die Stadt Winterthur hat vor ein paar Jahren einen Entwicklungsplan mit dem Namen Winterthur 2040» publiziert, wo sie das langfristige Ziel formuliert, Winterthur bis 2040 zu einer Kultur- und Bildungsstadt umzubauen. Die Umsetzung würde bedeuten, dass kein Platz mehr für linke Subkultur und einkommensarme Menschen in der Stadt ist. .Dagegen richten sich die Proteste der Menschen, die teilweise schon sehr lange dort wohnen“, erklärten einige Aktivist*innen in dem linken Internetmedium Untergrundblättle.

Neue Solidarität in den Städten

So entsteht in Winterthur der Abwehr des kapitalistischen Angriffs eine“neue Solidarität in den Städten.- Hier kommen Rentner*innen, Auszubildende mit subkulturellen Jugendlichen zusammen, Diskutieren, streiten auch über einige Fragen. Aber sie zerstreiten sich nicht an kulturellen Differenzen, wie Musik- und Modegeschmack oder Friseuren. Denn alle haben ein Ziel Sie stehen zusammen, wenn es um den Kampf gegen weitere Räumungen, gegen Mieterhöhungen und Luxusprojekte geht. Hier überwiegt das gemeinsame Interesse, sich nicht vertreiben zu lassen, gegenüber kulturellen und sonstigen Unterschieden. Eine solche neue Solidarität in den Städten wird oft in Regionen wirkungsvoll, in denen es über viele Jahrzehnte eine solidarische Arbeiter*innenkultur gab, die durch die Deindustrialisierung im Zuge der Wandlungen im Kapitalismus verschwunden ist. Natürlich waren diese fordistischen Fabriken Orte der Ausbeutung der Lohnarbeit. Doch sie waren auch Orte, de Solidarität, Orte, wo Menschen zusammenkamen, die mit der kapitalistischen Gesellschaft nicht einverstanden waren. Ein kämpferischer Streik war dann nur die weithin sichtbare Folge. Die Kämpfe um bezahlbaren Wohnraum und gegen Verdrängung sind in vielen Städten die Fortsetzung dieser solidarischen Kämpfe. Darüber wird der Autor dieses Beitrags am 3.April ab 19 Uhr in der Gaststätte Widder in der Metzggasse 9 im Rahmen des Housing Action Day in Winterthur an Beispielen aus unterschiedlichen Städten berichten. Grundlage des Vortrags ist das Buch „Umkämpftes Wohnen – Neue Solidarität“ in den Städten , das er gemeinsam mit Matthias Coers im Verlag Edition Assemblage herausgegeben hat. In dem Vortrag soll diese neue Solidarität in den Städten auch als größte Waffe gegen die Rechtsentwicklung in vielen Staaten vorgestellt werden. Denn die Rechte wird nicht von Linksliberalen gestoppt werden, die gemeinsam die kapitalistische Gesellschaft erhalten wollen. Sie wird dann bekämpft, wenn sich Menschen unterschiedlich von Herkunft an ihren Arbeitsstellen, im Arbeitsamt und in ihren Stadtteilen und Wohnungen für ihre Rechte engagieren. Die Mietrebell*innen in Winterthur sind dafür ein gutes Beispiel.

Peter Nowak

Hier gibt es Informationen zu den diesjährigen europaweiten Housing Action Days.

https://housingnotprofit.org/housing-action-days-2024/

Information zur Veranstaltung am 3.4.2024, um 19 Uhr in der Gaststätte zum Widder in Metzggasse 9 in Winterthur .

https://igbbsl.wordpress.com/2024/03/20/macht-mit-an-den-housing-action-days-2024/

Zum Buch Umkämpftes Wohnen - neue Solidarität in den Städten:

https://umkaempftes-wohnen.de/

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Peter Nowak

lesender arbeiter

Avatar

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden