"Ich will meinen Aufenthaltsstatus zurück"

Ilker Sahin Der türkische Linke erleidet wegen seiner politischen Aktivitäten in der Türkei und Deutschland Repressionen. Sogar sein Asylstatus wurde in Frage gestellt.

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Seit September 2023 muss Ilker Sahin eine sechsmonatige Haftstrafe ohne Bewährung in der Justizvollzugsanstalt Rheinbach in Nordrhein-Westfalen absitzen. Verhängt wurde sie, weil er verurteilt wurde, wiederholt gegen die Meldepflichten und die Residenzpflicht verstoßen zu haben. Tatsächlich hatte Sahin über längere Zeit und öffentlich gegen diese Auflage verstoßen. Seit 2018 war er Anmelder und ständiger Teilnehmer einer Dauermahnwache vor dem Landesinnenministerium von Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Die Aktion trug das Motto „Wir wollen unser Aufenthaltsrecht zurück." Damit protestierten Ilker und weitere Betroffene dagegen, dass ihnen aus politischen Gründen der Aufenthaltsstaus in Deutschland entzogen wurde.

Repression in Deutschland und der Türkei

„Wir kamen zu verschiedenen Zeitpunkten vor ca. 10 Jahren aufgrund politischer Verfolgung in der Türkei nach Deutschland und machten von unserem Recht auf Asyl Gebrauch. Deutschland gewährte uns Asyl, begann uns aber kurze Zeit später aufgrund unserer politischen Weltanschauung zu schikanieren. Die Ausführung dieser Schikanen übernahmen Polizei und Ausländerbehörden, was bis zu diesem Zeitpunkt anhält.“ Mit dieser persönlichen Erklärung wandte sich Sahin während der Mahnwache immer wieder an die Öffentlichkeit. Er Iwar als linker politischer Oppositioneller nach Deutschland geflohen und dort bald wieder Repressalien ausgesetzt, weil er auch hier seine politischen Aktivitäten fortsetzte. So wurde ihm bereits 2015 das Aufenthaltsrecht in Deutschland entzogen. Als Begründung führten die Auslandsbehörden an, dass sich Sahin in linken politischen Initiativen engagierte, die vom Verfassungsschutz beobachtet wurden. Sahin sprach auf den Mahnwachen auch über die gravierenden Konsequenzen, die der Entzug des Aufenthaltsrechts für sein Privatleben hatte. „Nachdem mir das Aufenthaltsrecht entzogen wurde, war nun nicht mehr das Jobcenter sondern das Sozialamt der Gemeinde für mich zuständig und somit begannen auch die schleichenden Schikanen gegen mich“, berichtete er. Mehrfach habe man ihn zwingen wollen, aus seiner Wohnung auszuziehen. Über längere Zeit musste Ilker mit seinen Rechtsanwält*innen um seine Wohnung kämpfen. Weitere Folgen des Entzugs des Aufenthaltsrecht brachten Sahin auch ins Gefängnis. Dazu gehörte die Auflage, sich wöchentlich bei der Polizei zu melden und den ihn zugewiesenen Wohnort Köln nicht zu verlassen.

Gegen diese Bestimmungen hatte Sahin bewußt verstoßen „Er wollte seinen Protest vor das Innenministerium von NRW tragen, die für die Entzug seines Aufenthaltsrechts verantwortlich ist und er meldete sich nicht bei der Polizei, war aber regelmässig bei der Mahnwache anzutreffen. Es war der Polizei auch bekannt, dass er sich dort aufhält“, erklärte Kemal von einem Komitee, das Sahin und andere Betroffene in ihren Kampf gegen die Aberkennung des Aufenthaltsrechts unterstützte. Dazu gehörte Deniz Yildiz, mit den Sahin teilweise die Mahnwache organisierte.

Statt des Aufenthaltsstatus kam er ins Gefängnis

Doch statt des Aufenthaltsrechts bekam Sahin die Gefängnisstrafe. Auch hinter Gittern geht der Kampf des Mannes um seine Rechte weiter. „Er durfte einige Sachen wie Bettzeug, Utensilien zum Kochen, Kleidung und persönliche Gegenstände mitnehmen. Diese wurden ihm aber zu Anfang abgenommen, er wurde in Handschellen in eine Zelle gebracht und von dort aus in die geschlossene Abteilung verlegt“, schilderte Dila Ergogu-Sahin die Umstände der Inhaftierung ihres Mannes. Sie berichtete auch, dass ihr Mann in den Hungerstreik getreten war, weil er trotz der Kurzstrafe von 6 Monaten in die geschlossene Abteilung verlegt wurde. Seit dem 12. Dezember befindet er sich im Offenen Vollzug. Auch nach seiner Haftentlassung könnte die Kriminalisierung weitergehen, befürchtet Ergogu-Sahin. „Gebt meinem Ehemann seinen Aufenthaltstitel zurück und hört mit seiner Kriminalisierung auf“, lautet daher ihre Forderung.

Peter Nowak

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Peter Nowak

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