In Erinnerung an Fritz Güde

Kritisch lesen Ein Gespräch mit dAndrea Strübe, Sara Morais dos Santos Bruss, Johanna Bröse, Tobias Kraus, Sascha Kellermann zum 10 Geburtstag der Plattform der linken Buchkritik.

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1.) Wie kam es zur Gründung von Kritisch lesen und von wem ging die Initative aus?

Vorläufer von kritisch-lesen.de war im Prinzip die Plattform stattweb.de, der digitalen Auskopplung der "StattZeitung" aus Baden-Württemberg. Aus diesem Kontext heraus haben sich zunächst Sebastian Friedrich und Fritz Güde überlegt, die Sparte der Rezensionen in einem neuen Format weiter zu betreiben und gründeten ein Kollektiv. Mit insgesamt sieben Leuten haben wir dann angefangen, zu planen und zu konzipieren. Seither hat sich die Redaktion zwar immer wieder verändert, aber oft Redakteur:innen viele Jahre mit dabei.


2.) Wie kam es zu dem Namen?

Gute Frage, der Name stand sehr früh fest. Es ging dabei schon auch darum, dass in bürgerlichen Medien wie auch in linken Medien Inhalte stark kanonisiert werden. Der Eindruck war, dass viel mit einer bestimmten Brille gelesen und geschrieben wird, die die eigenen Vorannahmen bestätigt. Wir wollten den Begriff der "Buchkritik" einfach ernst nehmen und solidarisch und kritisch Bücher rezensieren.


3.) War es auch eine Reaktion auf den Verlust kritischer Wissenschaft an den Hochschulen?

Ganz bestimmt. Da tritt die Kanonisierung ja auch massiv auf. Linke Publizistik hält so scharfsinnige und lebensnahe Analysen bereit, die oft wenig Eingang in die Akademie finden, obwohl sie größtenteils dieser entstammen. Diese Ideen weiter zu diskutieren ist ein wichtiges Gegengewicht in der Wissenschaft.


4.) Wie ist die Resonanz auf Eure Homepage?

Mit unserer Seite bedienen wir natürlich eine Nische: Buchrezensionen von politischen Sachbüchern sind nicht unbedingt ein Garant für massive mediale Reichweite. Dennoch können wir uns über die Resonanz nicht beklagen. Wir erfreuen uns konstanter Klickzahlen auf gutem Niveau, aber noch wichtiger sind die zahlreichen positiven und persönlichen Rückmeldungen, die uns auf allen möglichen Wegen erreichen.


5.) Ihr arbeitet alle ohne Geld. Ist das nicht ein Problem?

Ohne Verdienst sind wir alle an Lohnarbeitsverhältnisse gebunden, was die Ressourcen für die Arbeit im Redaktionskollektiv auf freiwilliger Basis natürlich beschränkt. Zeitlich, inhaltlich und konzeptionell könnten wir uns sicher nochmal professioneller aufstellen, wenn entsprechende Mittel vorhanden wären. Ebenso problematisch ist das Dilemma, in dem wir uns wegen fehlender finanzieller Mittel bewegen: Wir bieten schreibenden Menschen einen Ort für Veröffentlichungen, können sie für ihre Arbeit aber nicht bezahlen. Insbesondere für freischaffende Autor*innen, die vom Schreiben leben, sind das äußerst ungünstige Bedingungen. Unsere Situation steht exemplarisch für die vieler Menschen im (linken) Publikationswesen, den kapitalistischen Produktionsbedingungen im Medienbereich etwas entgegensetzen zu wollen und sich ihnen gleichzeitig nicht (vollends) entziehen zu können. Die Vorteile des Arrangements liegen wiederum auf der Hand: Die Inhalte bestimmen sich nicht durch den Zwang der Refinanzierung, kritisch-lesen.de ist eine unabhängige Publikation und kann inhaltlich frei walten. Getragen wird kritisch-lesen vor allem vom Engagement und dem Idealismus aller Beteiligten.


6.) Welche Pläne habt Ihr für die nächsten 10 Jahre?

Wir strecken unsere Fühler immer wieder mal in Richtung Print, Radio oder Podcast. Leider fehlen uns dafür bisher meistens die Kapazitäten. Von Anfang an ging es uns darum, eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen, unterschiedliche und erleichterte Zugänge zu aktuellen politischen Diskussionen zu ermöglichen und über diesen Weg auch in die politische Praxis zu wirken. Das sind nach wie vor zentrale Anliegen, was wir darum auf jeden Fall wollen: Weitermachen!


Interview: Peter Nowak

Hier geht es zur aktuellen Ausgabe von kritisch lesen.de

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Peter Nowak

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