Chemnitzer Bildungswoche widmete sich dem Anarchismus

Kantine Sabot Die sechste Kantine Sabot zog auch Interessierte aus der ganzen Republik nach Chemnitz.

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Man hätte nicht erwartet, dass heute vor allem Linke sich mit den Problemen der Übergangsgesellschaft widmen. Und das bei einem Festival, das sich in diesen Jahr der Theorie des Anarchismus widmete. Eine Wochelang wurden im soziokulturellen Zentrum Sabotnik am Rande der Chemnitzer Innenstadt Workshops, Veranstaltungen, Filme und Kultur rund um das Thema Anarchismus geboten. Am letzten Tag diskutierten dann Linke aus verschiedenen Städten eben über die Probleme der Übergangsgesellschaft. Alle waren sich einig, dass nach einer Revolution ein einfacher Sprung in die neue Gesellschaft eine Illusion ist. Die Diskussion entzünde sich an der Frage, ob zentrale oder dezentrale Planung sinnvoll ist. Etwas zu kurz am bei der Debatte die Rolle der revolutionären Organisation, die keine Partei sein muss, aber trotzdem auch in Rojava und Chiapas eine wichtige Rolle spielt. Von der Pariser Kommune über die Oktoberrevolution bis zu der Spanischen Revolution wurden in unterschiedlichen Workshops sehr verschiedene Revolutionen kundig beleuchtet. Ewgenly Kasakow widmete sich der Rolle von Bolschewiki und Anarchist*innen der Oktoberrevolution, Samuel Denner zeigte auf, dass die Bolschewiki 1917 durchaus nicht die dogmatische Machtpartei war, wie sie auch in manchen anarchistischen Diskussionen hingestellt wird. Vielmehr hatten die Bolschewki eine Massenbasis in den Fabriken, wo es auch eine sehr lebhafte innerparteiliche Debatte gab. Das Bild von der immer geschlossen agierenden Partei, die immer Recht hat, wurde erst im Stalinismus geschaffen und von vielen unkritisch übernommen. Die as Bildungswoche lieferte viele Anregungen und auch die solidarische Diskussionsathmosphäre soll positiv hervorgehoben werden.

Kantine Marx stand am Anfang

Entstanden ist die Kantine Sabot 2018, als die Verantwortlichen der Stadt Chemnitz, die den Namen Karl Marx schon lange getilgt hat, von dem Hype um den Philosophen profitieren wollten. Schließlich ist der Kopf von Karl Marx mittlerweile eine touristische Attraktion. »Da überlegten sich einige theorieinteressierte Linke, dass an Karl Marx nicht nur eine Biersorte erinnern soll, und luden Referent*innen ein, mit denen sie über die Theorie von Karl Marx diskutieren wollten«, erzählt Julian.
Anfangs dachte niemand daran, dass man das Theoriefestival in den nächsten Jahren wiederholen wollte. »Doch es hat uns allen viel Spaß gemacht, der Zuspruch war groß und so machten wir weiter«, erzählt Jonathan, der ebenfalls seit sechs Jahren dabei ist. In den folgenden Jahren waren Rosa Luxemburg, Walter Benjamin, Antonio Gramsci und Christine de Pizan Themen der linken Bildungswochen. In diesem Jahr hatte man erstmals keine Person sondern eine Theorie in dem Mittelpunkt der Bildungswoche gestellt. Das Interesse war groß und erstmals kamen auch Interessierte aus anderen Bundesländern. "Schon am Vormtitag waren die Räume voll. Das passierte in den Vorjahren erst abends", berichtete ein langjähiger Besucher des linken Theoriefestivals. Natürlich wurde auch über die Perspektiven von Kantine Sabot gepsrochen. Das verstärkte Interesse schafft auch mehr Arbeit für das Organisationsteam. Und dann steht da noch die Frage an, wie Kantine Sabot mit dem Großvent Kulturhauptstadt Chemnitz umgehen soll, der 2025 ansteht. In der Stadt wird schon kräftig. dafür geworben. Kritische Teilnahme, Ablehnung oder Ingorieren, diese Optionen werden in den nächsten Monaten diskutiert. Vielleicht wird darauf auch das Oberthema für die nächste Kantine Sabot entstehen.
Viele der Beiträge von dieser wie den vorigen Kantinen können nachgehört werden hier.
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Geschrieben von

Peter Nowak

lesender arbeiter

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