Warum sollen Prekäre, Gewerkschafter_innen und überhaupt Menschen mit niedrigen Einkommen einen Kandidaten Macron wählen, der nun die Mehrheit der Bevölkerung mit jenen Zumutungen beglücken will, die in Deutschland als Hartz IV bekannt sind? Der in den letzten Tagen vor der Wahl nicht einmal mit unverbindlichen Formelkompromissen auf die Wähler_innen der Linken zugegangen ist?
Damit würde sich die Linke nur unglaubwürdig machen und damit perspektiv die extreme Rechte stärken. Die kann nur geschlagen werden, wenn es gelingt, eine Linke aufzubauen, die nicht durch die Kooperation mit wirtschaftsliberalen Parteien kontaminiert ist.
Popanz Le Pen soll die Linke disziplinieren
Nun schreien viele Linksliberale, durch die Nichtwahl könnte die extreme Rechte in Gestalt von Le Pen an die Regierung kommen. Abgesehen davon, dass die Umfragen Macron als Sieger sehen, ist der Popanz extreme Rechte immer schon ein probates Mittel um die konsequente Linke zu domestizieren. Die Personen, die als Popanz aufgebaut werden, wechseln. In Deutschland war es F.J.Strauß, in Italien Berlusconi, in den USA Trump. Immer hat die Linke dabei verloren und die Rechte konnte trotzdem nicht verhindert werden. Wenn die extreme Rechte nicht an die Macht kam, haben die Wirtschaftsliberalen ihre Politik in schlauerer Art und Weise umgesetzt. Genau das wird auch in Frankreich geschehen. Französische Medien und Denkfabriken überlegen schon, ob Macron die französische Wirtschaft auf die Interessen des Kapitals trimmen kann, ohne dass es einen Massenwiderstand gibt. Deutschland wird in dieser Hinsischt als großes Vorbild genannt. Dazu muss die extreme Rechte erst als Popanz aufgebaut werden, damit auch große Teile der Linken die Wirtschaftsliberalen als letzte Retter sehen.
Der Schriftsteller Geoffroy de Lagasnerie hat eine Erklärung für den Popanz Le Pen:
„Damit wir am Ende glücklich sind über einen rechten konservativen Kandidaten. So war es in den Niederlanden. Da wird unsere Angst regiert. Lassen Sie uns nicht über die FN-Wähler sprechen, sondern über die vielen, die nicht wählen können und tatsächlich Ausgeschlossene sind. Menschen, die den FN wählen, tun dies, um repräsentiert zu werden. Das ist ein sehr gewaltvoller Akt. Aber was ist mit den Schwarzen, den Arabern in der Banlieue, die sich ausgeschlossen fühlen?“
Auch der junge Schriftsteller und Soziologe Edouard Louis hält nichts von der These, dass Macron das Gegenmittel zu Le Pen sind:
„Blödsinn. Politiker wie Macron haben Le Pen stark gemacht. Sie gaben sich als Linke und haben lupenrein rechte Politik gemacht, die Banken unterstützt, das Parlament geschwächt. Wenn er im ersten Wahlgang gewinnt, hat Le Pen im zweiten Wahlgang gute Chancen. Weil sie in erster Linie das Produkt des Ekels vor dieser konservativen Linken ist. Ich habe meine Mutter vor der letzten Wahl überzeugt, für Präsident François Hollande zu stimmen. Heute sagt sie, du hast mich betrogen, er hat vier Jahre lang Politik gegen uns gemacht. Jetzt ist sie geradezu besessen von Le Pen“
Und Didier Eriborn, der im letzten Jahr mit seinen Buch "Rückkehr nach Reims" auch in Deutschland bekannt und populär wurde, hat zur Wahlenthaltung im zweiten Wahlgang und zum Aufbau einer neuen Linken aufgerufen. Dem kann man sich nur anschließen. Nur eine starke antagnostische Linke kann der Rechten den Weg zur Macht versperren.
Kampf auf der Straße und in der Fabrik gegen Macron und Le Pen
Ansonsten ist zu hoffen, dass die sozialen Bewegungen und Basisgewerkschaften sich wieder die Straße zurückerobern, wer auch immer Präsident wird. Ob Le Pen oder Macron, sie werden mit ihren Plänen nicht durchkommen, muss die Botschaft lauten.
Schließlich hatte ja erst im letzten Jahr eine Kombination aus sozialer Bewegung und Gewerkschaften für mehrere Monate in Frankreich die politische Agenda bestimmt. In dieser Zeit war der Front National ins Hintertreffen geraten. Die transnationale Unterstützung ist umso wichtiger, weil ja in Frankreich weiterhin der Ausnahmezustand gilt und keine der Präsidentschaftsbewerber_innen ihn aufheben will. In der aktuellen Ausgabe der Zeitung für Bürgerrechte Cilip wird auf dieses Frankreich im Ausnahmezustand eingegangen. Es besteht die Gefahr, dass soziale Grausamkeiten wie die Agenda 2010 oder die Rente mit 67 im Zeichen des Ausnahmezustands durchgesetzt werden sollen egal wer die Wahl gewinnt . Eine außerparlamentarische LInke sollte sich über alle Grenzen hinweg dagegen wehren und tatsächlich einen Pulse of Europe entfachten. Es sollte wieder das Bewusstsein entstehen, dass die, die die im Palast sitzen, relativ machtlos sind, wenn ein großer Teil der Bevölkerung den Widerstand gegen ihre Politik organisiert, in der Fabrik durch Besetzungen und Streiks, auf der Straße, in den Wohnquartieren.
Kommentare 30
>>Es sollte wieder das Bewusstsein entstehen, dass die, die die im Palast sitzen, relativ machtlos sind, wenn ein großer Teil der Bevölkerung den Widerstand gegen ihre Politik organisiert, in der Fabrik durch Besetzungen und Streiks, auf der Straße, in den Wohnquartieren.<<
Diese Möglichkeit macht den Herrschenden Angst. Und diese Angst kann die panische Agitation für den Kapitalkandidaten Macron in einem Land, in dem kein französischer Präsident gewählt wird erklären.
Der Artikel ist leider ein guter Beleg für den Irrglauben, dass es bei parlamentarischen Wahlen vor allem auf die weltanschauliche Gesinnung der Wählenden ankommt. Die Rechten wählen Faschisten, die Linken die Kommunisten und die Bürgerlichen je nach Geschmacksrichtung konservativ oder liberal.
So ideologisch funktioniert es allerdings nicht. Zur Wahl steht aktuell die Frage, ob Frankreich (und vielleicht die EU) implodieren (mit der zusätzlichen Gefahr bürgerkriegsartiger Unruhen, eines autoritären Staates oder beidem zusammen), oder ob die Linke die Chance bekommt, im Rahmen neoliberaler Verhältnisse herkömmlichen Musters langsam wieder auf die Füße zu kommen.
Alles andere ist Schall und Rauch. Und heute abend Schnee von gestern.
>>...oder ob die Linke die Chance bekommt, im Rahmen neoliberaler Verhältnisse herkömmlichen Musters langsam wieder auf die Füße zu kommen.<<
Um gemütlich zu verseeheimern?
Die nichtbesitzende Mehrheit (Altbegriff "Arbeiterklasse") bekommt keine Chance von oben, weder von "neoliberalen" noch von nazionalistischen Führern. Sie kann ihre Interessen durchsetzen, sich gegen Massnahmen der Obrigkeit wehren oder eben nicht. Und ich denke, mit "insoumise" und CGT ist die französische Arbeiterklasse besser aufgestellt als deutsche Untertanen. Trotz Ausnahmezustand, den Macron natürlich zu nützen versuchen wird..
.... jede Bewegung, die aus dem Volk sich ergibt, sucht sich leider schnellstmöglich ihre "Repräsentanten".
Diese werden geschmeidig eingesponnen und bald ist die Bewegung starr, sprich ihre Kraft ist zu einer Kruste geronnen!
Das Kapital hat sich die Gewerkschaften gekauft, die Kirchen gekauft, es hat sich auch den Faschismus gekauft und wird sich auch künftig immer alles kaufen können, da leider letztlich die meisten Menschen schlicht käuflich sind.
Die wenigen, die es nicht sind, mögen anfangs mit Verve für den Humanismus kämpfen, am Ende sind sie entweder einsame mehr oder weniger zynische Beobachter oder sie lassen sich ironisch in die Hände der Menschenschinder fallen und als Feigenblätter verhätscheln.
Der Mensch hat nur als Individuum, das sich seiner selbst besinnt und Weg jenseits des Mainstream sucht, eine Chance, wenigstens nicht Teil des Irrsinns zu sein, mehr, denke ich, kann man nicht erwarten - ein großes Glück wäre, würden sich künftig nicht einige Wenige, sondern sehr, sehr Viele dazu entschließen, doch diese Hoffnung scheint mir sehr naiv - dennoch - man kann sie sich erlauben.
Sie ist allerdings nicht nötig, denn niemand wird zur Teilhabe am kollektiven Selbstmord, zu Gunsten der 0,001% gewzungen!
>>...jede Bewegung, die aus dem Volk sich ergibt, sucht sich leider schnellstmöglich ihre "Repräsentanten".<<
Ja. Der Glaube an den grossen Führer, der sich hingebungsvoll um die geliebten Untertanen kümmere ist leider ungebrochen. Wider besseres Wissen...
Unglaublich, dieser Beitrag, ganz im Sinne der alten SED-Ideologie: alles, was nicht so links ist wie wir, ist faschistisch. Als wenn es keinen Unterschied gäbe zwischen Faschisten und Kapitalisten, als wenn bei den einen nicht Menschenleben in Gefahr wären, bei den anderen aber eben nur die 35-Stunden-Woche. Trotz NS-Katastrophe nichts aus der Geschichte gelernt.
Mir zeigt die Debatte zur Stichtagswahl, dass "die" Linke dermaßen zerstritten und gespalten ist, um tatsächlich in überschauberer Zeit eine Alternative zu beiden Monstrositäten aufstellen zu können. Vor diesem desolaten Hintergrund der Linken bin ich schon so weit ankommen, der fehlgeleiteten wahltaktischen Gleichgültigkeit einiger Linken die Stirn zu bieten, die aus ideologischen Motiven nicht einsehen wollen/können, dass der von Macron verkörperte "progressive" Neoliberalismus anders als Le Pens neofaschistische Programmatik durchaus soziale Errungenschaften aufweist, die sich für mich im Zusammenleben der Menschen bewährt haben und verteidigt werden sollten (gewerkschaftliche Mitbestimmung, Minderheitenrechte, Schutzrechte für Flüchtlinge, Gesetzte gegen Rassismus und Diskriminierung etc...).
An anderer Stelle habe ich bereits zu dieser dilemmatisch-teuflischen Stichwahl einiges zu sagen versucht...nun reicht es( für mich).
Ich bleibe dabei und stimme Piketty in dieser Aussage zu:
"Je deutlicher der Sieg Macrons über Le Pen, desto klarer wäre, dass dieser in erster Linie der breiten Ablehnung der Rechtspopulistin geschuldet und nicht als Mandat für weitere Deregulierungen zu lesen sei."
Kurz mal was zu den unterstellten Bürgerkriegsszenarien bei der Wahl einer/s bestimmten Kandidaten/in: gewinnt Macron die Wahl, dann werden sich die gewählten, mandatierten und auf diese Weise legitimierten Reform- und damit verbundenen Disziplinierungsmaßnahmen gegen die lohnabhängige Bevölkerung, nicht ohne exemplarische Gewaltakte seitens der entsprechenden Staatorgane verwirklichen lassen.
Das wird dann nicht auf Gewerkschafts- und Vereinsverbote beschränkt bleiben, sondern wenn nötig, auch die gezielte Ermordung von Aktivisten (Anti-Terrorkampf und innere Sicherheit sind die Stichworte) und das anschließend konsequente Niedermachen aufkeimender Unruhen miteinschließen.
Gewinnt Le Pen die Wahl, und bleibt die EU und Außenpolitische Agenda des FN vollumfänglich Bestandteil ihrer politischen Vorhaben, dann wird sich ganz Frankreich in erster Linie mit einem Maidan ähnlichen Phänomen konfrontiert sehen müssen, das sich, falls denn die Initiatoren wahnsinnig genug sein werden (sie werden es sein!), zu einem europäischen Frühling auswachsen wird.
Eins muss man der modernen Demokratie ja mittlerweile lassen, und da hat Herr Nowak wirklich recht, ihre Angebote lassen den Nachfragern keine Wahl.
Eins muss man der modernen Demokratie ja mittlerweile lassen, und da hat Herr Nowak wirklich recht, ihre Angebote lassen den Nachfragern keine Wahl.
»Um gemütlich zu verseeheimern?«
Das kann man so sehen oder auch nicht. Ich jedenfalls halte den Unterschied zwischen »Hitler« und sagen wir »Brüning« nicht für eine Bagatelle, den man einfach übergehen kann nach dem Motto »Eh alles eine Sauce«. Da sind die Lehren der Geschichte einfach zu eindeutig. Meiner Ansicht nach hat dies auch die Mehrheit der linken Protagonisten in gebotener Eindeutigkeit auf den Punkt gebracht.
Fazit: Sehen wir, wie die Klassenkampf-Front heute abend verläuft.
Erfordert mehr als nur 2 Minuten lesezeit, aber durchaus lohnend:
"Nur zwei Argumente haben mich am Ende überzeugt, doch für Emmanuel Macron zu stimmen, nachdem ich mich unter dem Eindruck des ersten Wahlgangs zunächst auf Enthaltung (»vote blanc«) festgelegt hatte: Erstens das Argument von Tom Strohschneider, wonach die Aussage, auf den Sieg Macrons 2017 folge geradezu schicksalhaft der Triumph Marine Le Pens 2022, nur implizit die eigene politische Handlungsfähigkeit der französischen Linken von vornherein für nichtig erklärt. Warum sollte nicht Macrons Ablösung durch eine linke Kraft denkbar sein?
Zweitens überzeugte mich das Gespräch mit Verwandten aus der Nähe von Paris. Ich wollte danach nicht eine problematische Wahl treffen, an deren Folgen ich als »Auslandsfranzose« anders als sie selbst nicht zu leiden hätte, und ich wollte nicht »trittbrettfahren« auf den Stimmen derjenigen, die trotz politischer Qual mit zugehaltener Nase Macron die Stimme geben, weil sie aus nachvollziehbaren Gründen einen Sieg Le Pens mehr fürchten."
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1050197.optimismus-des-willens.html
Sehe ich genau andersherum. Für weiße, nichtmuslimische Franzosen würde es unter Le Pen keine Einschnitte geben. Einerseits weil sie damit jegliche Unterstützung in weiten Kreisen ihrer Wählerschaft verspielen würde. Andererseits weil sie ohnehin keine Parlamentsmehrheit haben wird. Und da werden die Macrons spontan ihre soziale Ader entdecken, wenn es um die Demontage des FN aus der Opposition heraus geht. Für die Migranten könnte es trotzdem beschissen werden.
"Warum sollte nicht Macrons Ablösung durch eine linke Kraft denkbar sein?"
Weil es eine starke linke Kraft nur gemeinsam mit der abgehängten Unterschicht geben kann. Die Unterstützung der Unterschicht haben wir heutigen Linken jedoch verloren.
Es sieht so aus, als ob die Mélenchon-Linke, die sich nicht auf diese absurde Alternative einlassen wollte, sich vernünftig verhalten hat. Belgische Medien vermelden schon die ersten Hochrechnungen: Macron liegt - wie zu erwarten - weit vorn. Wieder einmal viel Lärm um ... nichts. Und nicht viel Lärm um alles.
Danke, das ist ein Superbeitrag.
Die deutsche Linke ist häufiger ein linkes Spiegelbild dieses Paternalismus, als sie es weiß und wahrhaben möchte. Sie leidet an der Anmaßung einer allzuständigen Kompetenz zur Kommentierung, gerade in Deutschland auch an mitunter grandioser Selbstüberschätzung. Denn beim technokratischen Liberalismus entspricht die Zuständigkeitsanmaßung immerhin noch machtpolitischen Realitäten.
So erlebe ich das im Moment auch.
Ist doch Prima! Und jetzt wünsche ich der Mélenchon Bewegung viel Erfolg bei den Parlamentswahlen, um den "Durchmarsch" von Macron im Parlament zu behindern/blockieren und so soziale Zugeständnisse einzufordern.....
In der ARD wurde heute abend Herr Macron durchgehend zum "Linksliberalen" geadelt. Das ist jetzt der Neusprech. Wahrscheinlich weil er Forderungen an die Adresse Deutschlands erhebt. Die wird man dann als linke Spinnerei abtun wollen. Der ARD-Kosmos ist schon ein besonderer.
Abschließendes zur Wahl: Interview mit Kipping in der FR:
Frau Wagenknecht und Herr Bartsch haben ihre Pressemitteilung heute Abend überschrieben mit: „Frankreichwahl ist ein Alarmzeichen für Europa“. Thüringens Staatskanzleichef Benjamin Hoff schrieb jetzt bei Twitter, als Europaminister schäme er sich dafür.
Was jetzt passiert ist, ist eine kurzfristige Gefahrenabwehr. Im Übrigen sind die 35 Prozent für Le Pen immer noch 35 Prozent zu viel – zumal wenn man es mit dem Ergebnis vergleicht, was ihr Vater vor 15 Jahren in der Stichwahl hatte. Deshalb besteht heute kein Anlass zur Euphorie. Überdies steht zu befürchten, dass der Kurs von Macron – Sozialkürzungen, Einschränkungen von Rechten der Beschäftigten, mehr Freihandel – am Ende die soziale Verunsicherung noch verschärft. Und wir wissen: Das ist ein guter Boden für rechtpopulistische Propaganda. Deshalb gilt es ab sofort, den Widerstand von links gegen diese Pläne zu organisieren. Wir brauchen eine soziale Alternative gegen Rechtspopulismus und Neoliberalismus.
Anders als Sie hat es der französische Linken-Kandidat Jean-Luc Mélenchon abgelehnt, eine Wahlempfehlung für Macron abzugeben. Halten Sie das für richtig?
Ich habe verstanden, dass er erstmal seine Unterstützer gefragt hat. Das ist auch ein Teil von Basisdemokratie. Er hat im Übrigen gesagt, er gehe auf jeden Fall wählen und auf keinen Fall Le Pen. Da hätte ich mir gewünscht, dass er noch den Satz angefügt hätte: „Und um sie zu verhindern, wähle ich das kleinere Übel Macron.“ Das hat er nicht getan. Das finde ich schade. Nur darf man es jetzt auch nicht Mélenchon in die Schuhe schieben, dass Le Pen nochmal zugelegt hat. Denn Macron ist in keiner Weise auf die Wähler links von ihm zugegangen. Der Zuwachs für Le Pen im Vergleich zur ersten Wahlrunde kommt aber eher von Wählerinnen und Wählern des Konservativen Francois Fillon und nicht von Mélenchon-Wählern...."
http://m.fr.de/politik/interview-mit-katja-kipping-kipping-schoen-dass-wir-le-pen-verhindern-konnten-a-1274177
Nein, die SED und die sie tragende KPD stand für eine Volksfrontpolitik seit 1934, ich vertrete hingegen eine rätekommunistische Perspektive, die Kreuzeln nicht als wichtiges Aktionsfeld sieht. Zudem habe ich weder Le Pen noch Macron als Faschist_innen bezeichnet, sie unterscheiden sich auch in manchen Punkten, haben aber beide einer linken Bewegung nichts zu bieten als mehr Opfer, mehr Ausbeutung, mehr Unterdrückung. .
Natürlich gab es wichtige Unterschiede zwischen Brüning und Hitler, aber Brüning hat mit seiner Austeritätspolitik, die er am Parlament vorbei mittels Notverordnungen durchsetzte, den Nazis den Weg geebnet. Von Brüning über von Papen mit dem Intermezzo Schleicher führte der Weg zum 30.Januar 1933. Also ist diese Politik doch gescheitert und die KPD, die ich ansonsten stark kritisiere, hatte mit ihrer Einschätzung Recht: "Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler, wer Hitler wählt wählt den Krieg". HIndenburg könnte auch durch Brüning ersetzt werden, weil die beiden enge Verbündete waren. Brüning hat übrigens in seinen Memoiren selber enthüllt, dass er schon 1930 die Nazis mit einbeziehen wollte, diese aber verweigerten sich und wollten nur eine Regierung unter ihrer Führung bilden. Mit Brünings Parteifreund von Papen und den Deutschnationalen wurden sie sich schließlich handelseinig und führende deutsche Konzerne forderten die Machtübergabe an die NSDAP.
Natürlich gab es Unterschiede zwischen Brünung und Hitler, aber die Austeritätspolitik Brünings, die mittels Notverordnungen am Parlament vorbei durchgedrückt wurden, haben Hitler den Weg geebnet. Der Weg von Brüning über von Papen, dem Intermezzo Schleicher zu Hitler war kurz. Und Brüning hat in seiner Biographie enthüllt, dass er bereits beabsichtige die Nazis mit einzubinden, was diese aber ablehnten. Die wollten eine Regierung unter ihrer Dominanz, und miti Brünings Parteifreund von Papen wurden sie handelseinig. Historisch ist doch gerade Brüning ein Beweis, dass so die Rechten nicht besiegt werden können.
ja, passender Kommentar. Man hat es ja schon bei den Demos im letzten Jahr gesehen , wie die Gewalt durch Provokationen aus dem Bereich der Polizei in Zivil legitimiert werden sollte. Dazu gibt es reichlich aussagekräftige Videos auf youtube.
Wirklich wahnsinnig ist angesichts der Lage , dass immer noch alle in die Ecke starren , wo der Fernseher steht , anstatt mal aus dem Fenster ...
>>In der ARD wurde heute abend Herr Macron durchgehend zum "Linksliberalen" geadelt. Das ist jetzt der Neusprech.<<
Die Wortmüllkreatoren sind wieder mal aktiv, ja. Macron ist „linksliberal“, und Mélenchon, in der vergangen Woche noch „linksextrem“, ist heute früh im bayerischen Rundfurz „ultralinks“.
Und Gabriel hat Macron Unterstützung bei seinen „Reformen“ zugesagt. Da wächst zusammen was zusammen gehört.
>>...ist heute früh im bayerischen Rundfurz „ultralinks“.<<
Falsch: Es war die "ARD-Infonacht".
»Natürlich gab es wichtige Unterschiede zwischen Brüning und Hitler, aber Brüning hat mit seiner Austeritätspolitik, die er am Parlament vorbei mittels Notverordnungen durchsetzte, den Nazis den Weg geebnet.«
Selbstverständlich richtig; sehe ich ebenso. Nur hat das mein Vergleich nicht impliziert. Der bezog sich lediglich auf die (unterschiedliche) »Schlimmheit« der beiden historischen Optionen. Trotz der Zuarbeit, die Brüning zweifellos geleistet hat, wäre die Situation mit Brüning als Reichskanzler nach dem 30.11933 offener gewesen: keine zerschlagene KPD, keine Errichtung der Diktatur im Eilschritt und vor allem nicht der Terror, welcher Linken und Demokraten dann binnen Monaten das Genick gebrochen hat.
Eine Neuauflage desselben will ich Le Peng nicht unterstellen. Allerdings wäre die Konfrontation mit ihr als Präsidentin ziemlich sicher und ziemlich schnell auf Ausnahmezustand, Notverordnungen und Ähnliches hinausgelaufen. Nun ist der neoliberale Sozialliberale Macron am Drücker – ohne Parlamentsmehrheit, und auch im Hinblick auf die Programmstücke, welche die deutschen Austeritätsgroupies nicht so gut finden (Bonds & Co.) wird er lavieren müssen – zwischen Schäuble/Merkel einerseits und dem um Mélenchon gruppierten Bündnis andererseits.
Mir erscheint die aktuelle Situation für Linke jedenfalls kommoder. Muß man nicht so sehen. Aber vom Gegenteil hat mich bislang jedenfalls noch niemand überzeugt.
>>...auf Ausnahmezustand, Notverordnungen und Ähnliches hinausgelaufen.<<
Den Ausnahmezustand haben sie, und Le Pen hätte ihn nicht aufgehoben, davon gehe ich auch aus. Allerdings sehe ich auch keinen Grund für die Annahme, dass Macron ihn nicht nutzen wird. Nach der Parlamentswahl, versteht sich.
Nach der Wahl ist vor der Wahl, meint Peter Nowak in diesem lesenswerten Artikel in Telepolis. Möglicherweise irrt nicht Herr Jäger, sondern der Herr Nowak selbst, wenn er Macron als willfährigen neoliberalen Zögling der "Deutsch-EU" abstempelt. Zumindest hat varoufakis ganz andere realpolitische Erfahrungen mit Macron gemacht. Zur Erinnerung:
Seine Erklärung schockierte mich
Als ich Emmanuel von diesem Gespräch berichtete, klang er wütend. Seine Erklärung schockierte mich. "Die Leute um Hollande wollen nicht, dass ich nach Athen komme. Sie halten zur deutschen Kanzlerin. Sie haben Alexis Annäherung blockiert. Gib mir seine (Alexis) persönliche Handynummer. Ich gehe in einer Stunde persönlich in den Elysée und bitte ihn (Hollande) Alexis direkt anzurufen.
Drei Monate nach meinem Rücktritt, im Oktober, habe ich Emmanuel in Paris wieder getroffen. Er erzählte mir, dass er bei einem Spitzentreffen vor seinem gescheiterten Vermittlungsversuch mit Alexis meine Position vertreten habe, dass der Griechenland-Deal der Troika eine moderne Version des Versailler Vertrages darstelle. Merkel hörte das und wies – laut Emmanuel – Hollande an, ihn aus den Griechenland-Verhandlungen rauszuhalten." Wählt Macron!
Nun der Artikel von Nowak: Merkels doppelter Sieg
Auch lesenswert:
"Nach dem Wahlkampfgetöse um die Präsidentschaft in Frankreich sollten wieder einmal die vier Jahre in den Blick genommen werden, die man dort oft die „dunklen“ nennt. Es ist die Zeit des Etat Français mit dem Regierungssitz Vichy unter dem Marschall Philippe Pétain in den Jahren 1940 bis 1944.
Am 9. April dieses Jahres erklärte die Kandidatin des Front National, Marine Le Pen, sinngemäß, diese vier Jahre gehörten nicht zu dem, was Frankreich ausmache; die Deportation französischer Juden sei von den Deutschen zu verantworten: „Wenn es Verantwortliche gab, dann waren es die, die an der Macht waren. Es war nicht Frankreich. Man hat in den letzten Jahren Frankreich ständig schlechtgeredet. Ich will, dass unsere Kinder wieder stolz auf ihr Land sind.“
Vom Ausblenden und Ausgrenzen
Und für alle Trumpismus Fans den letzten Absatz im obigen Artikel nicht überlesen.....
Hier in absoluten Zahlen das Endergebnis
Macron 20,7 Mio
Le Pen 10,6 Mio
Nichtwähler: 12 Mio
Ungültigen: 4,1 Mio
Quelle: http://elections.interieur.gouv.fr/presidentielle-2017/FE.html
34 % der Stimmberechtigten Wähler haben entweder ungültig gewählt oder sind der Wahl fern geblieben.
Insgesamt gesehen hat Macron, wenn man es an allen Wahlberechtigten bemisst also 42 % bekommen. Von diesen 42 % haben aber nur 55 % Macron aus Überzeugung gewählt. Der Rest nur um Le Pen zu verhindern. Man kann damit also sagen, dass Macron nur ungefähr jene 23 % hat wie im ersten Wahlgang. Man wird nun sehen, wie sich Front National aufstellen wird. Wird sie eine Patriotische Partei neubegründen um die Republikaner einzufangen? Das könnte ihr helfen die Mehrheitsfraktion im Parlament zu bilden.
Auf der anderen Seite gibt es dann die Linke mit ihren starken 20+ Ambitionen aus der Vorwahl hervorgehend. Wie wird sich das sozialdemokratische Lager dann also spalten? Einmal eine FDP von Macron die Sozialdemokraten bindet und dann Melenchon als Linke, welche Sozialdemokraten bindet.
Es könnte also durchaus sein, dass es dann nur noch 3 Blocke im Parlament gibt.
1. En Marche als neue FDP
2. Front National, die sich neu benennen wird als Patriotenpartei
3. Die Linke, die versucht Sozialdemokraten weiter einzufangen.
Sozialdemokraten werden keien Rolle mehr spielen wie man schon bei der Präsidentenvorwahl gesehen hat.
Ein Teil der Republikaner werden in einer Le Pen Patriotenpartei aufgehen.
Wie kann es dazu kommen? Das liegt am Wahlsystem in den Bezirken.
Wir hätten dann also ein Parlament, was dann mit einer sehr starken Le Pen Partei bei 25 % + rechnen muss.
Eine En Marche FDP, die ungefähr das gleiche haben wird.
Und hoffentlich auch einer ebenso grossen Linken Partei.
Daraus eine Politik zu machen, wie sie sich Macron vorstellt wird äusserst schwierig werden.
Er wird also wie schon angekündigt per Dekret regieren und eine Agenda 2010 einfach als Präsident bestimmen.
Das wird natürlich Unruhen hervorrufen. Es liegt Revolution in der Luft.
Die CGT und Melenchon haben heute schon zu Demonstrationen aufgerufen gegen Macron und gerade jetzt aktuell gibt es schon in Paris Demonstrationen, wie man im Livestream auf RT sehen kann.
https://www.facebook.com/rtdeutsch/videos/1008219202641642/
Macron wird seine Anweisungen aus Berlin von Merkel und Schulz bekommen, wie er seine Agenda 2010 umsetzen soll und wird das Land in einen permanentnen Generalstreik versetzen, was das Land lähmen wird und natürlich auch wirtschaftlich lähmt. Man wird es der Linken in die Schuhe schieben und dann hat Le Pen freie Bahn um durchzustarten. Nur wird Merkel und Schulz Frankreich dann knebeln und unterwerfen unter "Sachzwänge" die sich Wirtschaftspolitisch ergeben.
Linke werden dann keine Rolle mehr spielen und haben sich bis dahin selbst zerfleischt.
Dann entscheidet nur noch nationale Identität um die Würde zu erhalten oder die Unterwerfung unter das Diktat der Deutschen.