Mietrebellen gegen Investorenträume

Mietergemeinschaft Seestr. 110 Oft wird behauptet, die Mieter*innenbewegung in Berlin wäre eingeschlafen. Doch es gibt ermutigende Beispiele, die das widerlegen. Ein Bericht aus dem Berliner Stadtteil Wedding

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Bisher war die Seestraße 110 eines von vielen Mietshäusern in Berlin. Doch hat sich geändert, wie man unschwer erkennen kann, wenn man an dem Haus vorbeigeht.An allen Etagen sieht man Transparente mit klaren Losungen“ Wohnungsdiebe stoppen“, „Unsere Kieze – unsere Häuser“. Die zentrale Losung steht auf einen Banner in der ersten Etage “Vorverkauf statt Ausverkauf“- Das ist das zentrale Anliegen der Mieter*innen der 27 Wohnungen in der Seestraße 110. Sie kämpfen darum, auch weiterhin zu bezahlbaren Mieten dort wohnen zu können Sie sehen die Gefahr der Verdrängung, weil das Haus am 10. Oktober an einen privaten Investor verkauft werden soll.-

Um das abzuwenden, fordern die Mieter*innen, dass der Bezirk Mitte das Vorverkaufsrecht ausüben soll. Dabei bringen die sie ein Instrumentarium wieder in die Diskussion, das in den letzten Jahren vor allen in den Bezirken Kreuzberg und Neukölln eine Hoffnung für von Verdrängung bedrohte Mieter*innen war. Doch eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts setzte diese Versuche, Wohnraum den privaten Profitinteressen zu entziehen, enge Grenzen. Seitdem war es ruhig geworden, um das Vorverkaufsrecht. Die Mietrebell*innen der Seestraße wollen das ändern und Bezirk und Senat an ihre Verantwortung erinnern. Seitdem hat Christoph Meyer kaum noch freie Zeit. Der Bewohner der Seestraße 110 ist Sprecher der Hausgemeinschaft. Fast täglich ist er in Gesprächen mit Politiker*innen, Verbänden. In den letzten Wochen hat er Stadtfeste und Kundgebungen organisiert. Zudem musste er sich in die Feinheiten der Regularien des Vorverkaufsrecht einarbeiten. Doch für Meyer ist es ein wichtiges Anliegen, zu verhindern, dass Menschen ihre Wohnung verlieren. „In der Seestraße 110 wohnen viele Menschen mit geringen Einkommen. Sie sind die ersten, die verdrängt wird, wenn hier ein Investor aus dem Gebäude Profite erwirtschaften will“, so die Befürchtung des Mieter*innensprechers. . Unterstützung bekommen sie von Stadtteilinitativen wie Hände weg vom Wedding". In dem von HwvW gegründeten Kiezhaus konnten sich die Mietrebell*innen aus der Seestraße treffen und beraten

Vorbeugender Kampf gegen Zwangsräumung

Unzufrieden hingegen sind die Mieter*innen mit der Politik. Unterstützung kommt aus der LINKSPARTEI. "Eine ganze Hausgemeinschaft kann aus dem Biss eines Immobilienhais befreit werden - wenn Bezirk und Senat eingreifen. das muss nun geschehen," sagt die Bezirkschefin der LINKEN-Mitte Martha Kleedörfer. Auch Matthias Schulz, der für die SPD im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt, betont. dass er das Anliegen der Mieter*innen in der Seestraße 110 unterstützt. Er erinnert auch daran, dass vor einigen Wochen der Bezirk Neukölln bei der Weichselstraße 52 das Vorverkaufrecht erfolgreich anwandte. Das ist auch ein Motivationsschub für die Mieter*innen in der Seestraße- „Aktuell diskutieren wir, ob wir eine Fristverlängerung fordern, damit wir mehr Zeit für haben, Senat und Bezirk von der Anwendung des Vorverkaufsrecht zu überzeugen“, erklärt Meyer Dabei . Bisher wurde im Bezirk Mitte das Vorverkaufsrecht erst 6 Mal angewandt. Der zuständige Baustadtrat Ephraim Gothe macht den Mietrebell*innen wenig Hoffnung. Er sieht gleich an mehreren Punkten die Kriterien für die Entwendung des Vorverkaufsrecht nicht erfüllt. Vor allem seien die Mieter*innen nicht akut von Verdrängung bedroht, unter Andrem weil sie in einem Milieuschutzgebiet leben. Doch den Mieter*innen aus der Seestraße 110 geht es nicht um die Abwendung einer unmittelbaren Bedrohung. Sie wollen vielmehr auch in Zukunft in ihren Wohnugnen bleiben und sie haben an vielen Beispielen gesehen, dass die Verdrängung oft damit anfängt, dass das Haus von einen privaten Investor gekauft wird. Am Ende steht dann oft die Verdrängung und oft sogar die Zwangsräumung. Dem wollen sie Mieter*innen vorbeugen, in dem sie dafür sorgen wollen, dass ihr Wohnhaus dem Privatinteressen des privaten Wohnungsmarkts entzogen wird. Es ist so auch ein vorverlagerter Kampf ggen Zwangsräumungen. Die Mietrebell*innen wollen sich nicht der Sachzwanglogik beugen, das eben nach dem Gerichtsurteil das Vorverkaufsrecht nur noch selten angewendet kann. Sie sehen dagegen, dann muss eben der Druck für eine Gesetzesänderung wachsen, damit das Vorverkaufsrecht wieder im Interesse der Mieter*innen angewandt werden kann.

Hier gibt es weitere Hintergrundinformatinen zu dem Kampf der Mietrebell*innen für den Erhalt ihrer Wohnungen

https://www.unverwertbar.org/aktuell/2023/8403/

Peter Nowak

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Geschrieben von

Peter Nowak

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