Musik aus dem Berliner Gefahrengebiet

Geigerzähler In der Kadterschmiede in der Rigaer Straße 94 in Berlin-Friedrichshain gibt es heute ab 20 Uhr eine Relese-Partry von "Sollbruchstellen im Gefahrengebiet.

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Das von der Politik ausgerufene Gefahrengebiet in der Rigaer Straße, wo noch rebellische Mieter_innen leben, beschäftigte in der letzten Zeit Jurist_innen, das Komitee für Grundrechte gab eine kritische Stellungnahme (http://www.grundrechtekomitee.de/node/768 ) ab. Jetzt hat es das Konstrukt von Berlins Innnensenator Henkel und Co. sogar in die engagierte Kunst geschafft. „Sollbruchstellen im Gefahrengebiet“ heißt die neueste Platte von Geigerzähler, der nicht nur auf der Bühne für Emanzipation und einen libertären Sozialismus streitet.

Das Lied „Wir leben im Gefahrengebiet“ gibt den Takt vor. Hier melden sich keine Autonomen zu Wort, die Angst haben, dass die Nachbar_innen, die nicht die richtige Szenesprache kennen, womöglich Spitzel sind. Der Song ist auch kein Lamento, über die so böse Polizei und den bösen Staat. Der Gestus des Songs ist vielmehr, wir leben im Gefahrengebiet und haben Spaß dabei. In dem Song wird beschrieben, wie die Bewohner_innen mit den Tücken des Alltags im staatlichen Ausnahmezustand umgehen und wie sie staatlichen Stellen schon dadurch ein Stück voraus sind, dass sie eben über die Maßnahmen witzige und lustige Lieder machen können .Am Ende werden alle zu einem Besuch im Gefahrengebiet eingeladen:

„Im Gefahrengebiet gibt es Kaffee und Kuchen. Ihr müsst uns wirklich mal besuchen“.

Heute abend gäbe es eine gute Gelegenheit dazu. Dann ist die Record-Releaseparty der Platte sogar im Zentrum des Gefahrengebiets, in der Kadterschmiede in der Rigaer Straße 94, wo besonders rebellische Mieter_innen wohnen sollen . Ab 20 Uhr gibt es nicht nur Kaffee und Kuchen, sondern auch Sekt und Essen. Ab 21 Uhr beginnen dann Konzert und Lesung.

Zum Titel der Platte schreibt Paul von Geigerzähler:

„Sollbruchstellen sind in erster Linie eine besonders offensichtliche Absurdität kapitalistischer Warenproduktion. Gesellschaftlich betrachtet könnten Sollbruchstellen aber auch die Punkte sein, an denen die scheinbare Alternativlosigkeit kapitalistischer Vergesellschaftung aufbricht. Vielleicht eröffenen Sollbruchstellen in diesem Sinne sogar den Blick auf neue Horizonte. Ob das ein Blick in die Hoffnung oder eine Dystopie ist, wird nicht zuletzt auch von der anarchistischen Bewegung durch ihre Praxis entschieden. Diese Praxis sollte nicht beim Feiern stehenbleiben. Gegen eine schöne Fete spricht das nicht.“


Gegen Herrn Krug und andere Blogwarte

Der Aufruf zum Spass und zum libertären Kommunismus prägen auch die anderen Platten, an denen Paul mitgewirkt hat. In der linken und libertären Szene vor allem Osteuropas bekannt wurde er als männlicher Part des Duos Berlinska Droha. Gemeinsam mit der polnischen Sängerin Uta singen sie auf deutsch und sorbisch, über Liebe, die Beschwernissen des kapitalistischen Alltags und auch über den alltäglichen Widerstand. Auch Berlinska Droha geben die Polizisten und Blockwarte dieser Welt dem Spott preis. So heißt es in einem Song über einen dieser Typen:

"Herr Krug, Herr Krug, du kannst mich mal, du bist doch nicht mein Gebieter, du bist nur mein Scheiss Vermieter“. In dieser Tradition steht auch die neue Platte „Sollbruchstellen in den Gefahrengebieten“. Gegenüber vielen Rappern hat Geigerzähler einen klaren Vorteil. Er braucht sich nicht ein Ghetto-Image anzudichten Der Sänger lebt und arbeitet wirklich mitten im Gefahrengebiet.

Peter Nowak

Infos zu Sollbruchstelle im Gefahrengebiet:

http://geigerzaehler.blogsport.de/2016/04/02/sollbruchstellen-im-gefahrengebiet/

Hier gibt es Infos zum Duo Berlinska Droha:

http://www.berlinskadroha.com/index_en.php

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Geschrieben von

Peter Nowak

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