Nur Moral gegen deutsche Rüstungsexporte?

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Die deutschen Rüstungsexporte haben sich in der Zeit zwischen 2000-2004 bis 2005-2009 fast verdoppelt. Auf dem Weltmarkt ist ihr Anteil von 6 auf 11 Prozent gestiegen. Damit liegt Deutschland bei den Rüstungslieferungen weltweit hinter Russland und den USA auf den dritten Platz. Die wichtigsten Kunden deutscher Unternehmen sind die Türkei, Griechenland und Südafrika, an die vor allem U-Boote und Panzerfahrzeuge verkauft werden.

Diese Ergebnisse einer aktuellen Studie des International Peace Research Institute (SIPRI) haben in der deutschen Innenpolitik die erwarteten Reaktionen ausgelöst. Die Parteichefin der Grünen fordert ein Vetorecht des Bundestags bei den Rüstungsexporten. Allerdings vergisst sie zu erwähnen, dass bei den gegenwärtigen Mehrheitsverhältnissen im Bundestag die Rüstungsgeschäfte damit nicht verhindert werden könnten. Vorhersehbar war auch die Reaktion der Linkspartei zu den neuesten Zahlen. Es darf in Deutschland keine Arbeitsplätze geben, die darauf beruhen, dass woanders Menschen sterben, echauffiert sich der Vize-Fraktionschef der Linken Jan van Aken,

Mit Rüstungsgütern lassen sich gute Geschäfte machen, schrieb die Frankfurter Rundschau zutreffend. Das ist nicht erst nach dem neuesten Sipri-Bericht bekannt. Doch die moralische Empörung war bisher immer nur von kurzer Dauer. Schließlich handelt es sich hierbei nicht um Verletzungen bestehender Gesetze. Die Länder, in die die Waffen exportieren wurden, gelten nicht als böse Buben der internationalen Weltgemeinschaft. Darauf hinzuweisen werden die Verteidiger der Rüstungsexporte nicht müde. Sie sehen in den neuesten Zahlen einen Erfolg des Exportweltmeisters Deutschland. Rüstungsgüter sind für sie ein lukratives Geschäft. Im Kapitalismus spielt es eben keine Rolle, ob man mit Minenräumgeräten oder Rüstungsgütern Profit macht.

Moralische Aufwallungen nach jedem neuen Bericht, der den Erfolg des Exportweltmeisters Deutschland auch im Rüstungsgeschäft dokumentiert, werden daran wenig ändern. Nötig wäre die Ausarbeitung von konkreten Projekten der Rüstungskonversion, also der Umstellung der Produktion von militärischen auf zivile Produkte bei den gegebenen technologischen Mitteln. Die Akteure solcher Plänen müssten kritische Gewerkschafter sein, die gemeinsam mit sozialen Initiativen deutlich machen könnten, dass keine Arbeitsplätze vernichtet werden, wenn statt Rüstungs- Zivilgüter produziert werden. In den 70er Jahren wurde die kämpferische Technikergewerkschaft beim britischen Luftfahrtkonzern Lucas Aerospace international bekannt, weil sie detailliert nachweisen konnte, dass das führende Rüstungsunternehmen bei einer Umstellung der Produktion auf Solaranlagen, künstliche Nieren und umweltfreundliche Busse keine Arbeitsplätze streichen müsste. Zudem wäre das Wissen der Mitarbeiter besser genutzt und die Arbeitsbedingungen verbessert worden. Doch die Umsetzung des mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichneten Lucas-Planes scheiterte an der Konzernzentrale und der Politik. In der beginnenden Thatcher-Ära, zu deren Markenzeichen die Bekämpfung von gewerkschaftlicher Gegenmacht gehörte, passte eine solche Initiative nicht in die politische Landschaft. Auch aktuelle in Deutschland wäre die Umsetzung solcher Konzepte nicht einfach, aber dafür würde es zu streiten lohnen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Peter Nowak

lesender arbeiter

Avatar

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden