Wallraff der Rechten?

Jürgen Elsässer Alte Bekannte des einst dezidiert antinationalen Publizisten sahen mit Entsetzen, wie der sich immer weiter nach Rechts entwickelte. Nun gibt es neue Fragen.

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Viele, die wie der Verfasser, Jürgen Elsässer in den 1990er Jahren als scharfzüngigen und eloquenten Streiter gegen jeden Nationalismus und Antisemitismus kennen- und schätzen gelernt hatten, konnten dessen Rechtswende zunächst kaum glauben. Elsässer nutzte die gleichen Argumente, mit denen er damals gegen eine nationale Linke agierte und drehte sie nur um. Ein Beispiel. Hatte Elsässer vor 20 Jahren viele Argumente dafür gebracht, dass die KPD bereits Ende der 1920er Jahre eine nationalistische Wende vollzogen hat und mit der NSDAP um die Frage konkurrierte, wer die nationalen Interessen besser vertritt, um deutlich zu machen, welche Sackgasse das war, hat er später genau mit den selben Dokumenten begründet, dass die Linke schon immer national war und es bleiben muss.

Anfangs glauben viele, dass die Rechtswende von Elsässer sich noch aufklären könnte, weil sie einfach nicht glauben wollten, dass sich jemand innerhalb weniger Jahre selber widerlegt, so waren mit seinen Auftritten bei Pegida und Co. alle diesbezüglichen Illussionen verflogen.

Sie nannten ihn Adolf

Nun wirft ein als Richtigstellung überschriebener Kurztext in der Monatszeitung "Konkret" Fragen auf. Bis 2002 veröffentlichte Elsässer bei "Konkret" seine Streitschriften gegen Nationalismus und Antisemitismus. Nun heißt es dort (http://www.konkret-magazin.de/aktuelles/aus-aktuellem-anlass/aus-aktuellem-anlass-beitrag/items/richtigstellung.html):

"Einige missverständliche Anmerkungen einen ehemaligen konkret-Mitarbeiter betreffend stellt die Redaktion fest, dass Jürgen Elsässer selbstverständlich kein Nazi ist, sondern - nach einem berühmten Vorbild - den Nazi nur spielt, um under cover Mittel, Methoden und Personal der braunen Szene auszuspähen für ein Manuskript, das rechtzeitig vor der nächsten Bundestagswahl die Öffentlichkeit über das Treiben von AfD, Pegida, NPD und verwandten Kameradschaften informieren soll. Geplanter Buchtitel: Sie nannten mich Adolf."

Wenn man auf Elsässers Homepage blickt, kann man allerdings noch nichts von der möglichen Wallraffiade lesen. Dort werden weiter seine rechtspopulistischen Veranstaltungen beworben und Videos gezeigt, wo er sich von seiner aktuellen Zielgruppe bejubeln lässt.

Schließlich beginnt der ehemalige Antinationale seit seinen vermeintlichen nationalen Comingout fastg jede Rede mit dem Satz: "Men Namen ist Jürgen Elsässer. Meine Zielgruppe ist das Volk".

Diese Zielgruppe liest nicht Konkret und ist deshalb auch nicht von Zweifel angenagt, ob der Mann, dem sie da zujubeln, vielleicht ein neuer Günther Wallraff ist. Dabei ist die Richtigstellung nun nicht mehr ganz neu. Da aber Elsässer bei seiner neuen Zielgruppe durchaus schon in Erklärungsnot geraten war, als bekannt wurde, dass er vor gar noch nicht so langer Zeit, die Bombardierung Dresden 1945 verteidigt hat, wäre es sicher gar nicht so schwer, dieses Klientel in Zweifel zu bringen, ob da ein Rechter vor ihnen steht oder einer, der ihn nur spielt.

Peter Nowak

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Geschrieben von

Peter Nowak

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