Dabei wurde schon vor 41 Jahren im damaligen Bonner Bundestag beschlossen, dass gefangene Arbeiter_innen in die Rentenversicherung einbezogen werden. Doch das ist bis heute verschleppt worden. Kürzlich hat die Konferenz der Bundesjustizminister sich zur Rente für arbeitende Gefangene geäußert. Dabei war vor allem der Berliner Justizsenat federführend. Doch wann kommt es nun zur Rente und auf welcher Grundlage wird sie berechnet. Dass ist für viele arbeitende Gefangene entscheidend.
Interview mit den Pressesprecher der Berliner Justizverwaltung Michael Reis (M.R.):
1.) In Ihrer Pressemitteilung vom 7.6.2018 heißt es:
Auf Initiative von Berlin hat die Justizministerkonferenz heute in Thüringen beschlossen, dass die Einbeziehung von Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten in die gesetzliche Rentenversicherung sinnvoll ist.
Ist das nicht eine etwas vage Formulierung angesichts der Tatsache, dass die Einbeziehung der arbeitenden Gefangenen in die Rentenversicherung bereits vor mehr als 40 Jahren im Bundestag beschlossen und bis heute nicht umgesetzt wurde?
M.R.: In der Konferenz am 6./7. Juni 2018 haben sich die Justizministerinnen und Justizminister erstmals mehrheitlich für eine Einbeziehung von Gefangenen und Sicherungsverwahrten in die gesetzliche Rentenversicherung ausgesprochen und ihre Position entsprechend eindeutig formuliert. Da die Zuständigkeit für die Einführung einer Versicherungspflicht beim Bundesgesetzgeber liegt, hat die Justizministerkonferenz die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz gebeten, sich bei dem Bundesminister für Arbeit und Soziales für eine entsprechende Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) einzusetzen.
2.) Gibt es nun einen Termin, wann die arbeitenden Gefangenen in Berlin in die Rentenversicherung einbezogen werden?
M.R.: Der konkrete Umsetzungszeitpunkt wird sich aus der Gesetzesvorlage der Bundesregierung ergeben.
3.) Wie soll in Berlin die Bemessungsgrundlage der Rente aussehen? Wird der Mindestlohn, den die Gefangenen bis heute nicht bekommen, zur Grundlage genommen?
M.R.: Auch die Festlegung der Berechnungsgrundlage dürfte durch den Bund normiert werden. Hinsichtlich der Frage nach der Höhe einer möglichen fiktiven Beitragsbemessungsgrundlage hat die Bundesregierung zuletzt bei der Beantwortung einer Kleinen Anfrage der Abgeordneten Markus Kurth, Maria Klein-Schmeink, Sven Lehmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 19/1021 – die Auffassung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wiedergegeben, derzufolge bei der rechtlichen Ausgestaltung der Beitragsbemessung Wertungswidersprüche in Bezug auf andere Versichertengruppen vermieden werden müssten; ebenso müsste den mit der Versicherungspflicht einhergehenden Ansprüchen auf nicht beitragsäquivalente Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung (Erwerbsminderungsschutz, Reha-Anspruch) eine angemessene Beitragsleistung gegenüberstehen.
4.) Wäre nicht schon um Altersarmut zu minimieren jetzt der Mindestlohn für arbeitende Gefangene und die Zuerkennung der Koalitionsfreiheit der logische Schritt?
M.R.: Die Einbeziehung von Gefangenen und Sicherungsverwahrten in die gesetzliche Rentenversicherung kann unabhängig von Überlegungen zur Gestaltung der Vergütung oder Erweiterung von Interessenvertretungsrechten realisiert werden. Ein eventueller Bezug von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung kann durch Versicherungsbeiträge zwar nicht ausgeschlossen werden, regelmäßig könnte aber der Bedarf gemindert werden. Insbesondere kann verhindert werden, dass ein gegebenenfalls bestehender Erwerbsminderungsschutz aufgrund der Zeit im Strafvollzug verloren geht.
Interview: Peter Nowak
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