Wie fünf Rechte für Stunden einen Kiez lähmen

Berlin Die Rigaer Straße in Friedrichshain ist reich an Polizei-Einsätzen. Doch am vergangenen Samstag gab es einen Einsatz der besonderen Art

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Berlin Friedrichshain, eigentlich kein Ort für Nazis
Berlin Friedrichshain, eigentlich kein Ort für Nazis

Foto: John MacDougall/AFP/Getty Images

Bereits am frühen Nachmittag begann die Polizei einen Platz in unmittelbarer Nähe zum S-Bahnhof Frankfurter Allee abzusperren. Ein großes Banner mit der Aufschrift Pegida ließ schon von weiten erkennen, dass hier die Rechten den Platz in Beschlag nehmen werden. Bis nach Mitternacht stand lediglich ein großer Wagen mit einem Riesenmonitor auf dem Platz. Dort liefen in einer Endlosschleife Videos, die Horrorszenen der verschiedenen Art zeigten. Dazwischen gab es immer wieder Videoszenen mit extrem rechten Inhalten. Es ging gegen Migrant*innen, die liberale Willkommenskultur und der Islam. Angemeldet wurde die ganze Choose von einem Heinz Meyer, der bereits wegen rassistischer Beleidigungen und dem Horten von Sprengstoff verurteilt wurde. Das wirft schon die erste Frage auf. Warum wird ein vorbestrafter Rechter als Anmelder anerkannt, während auf linken Kundgebungen und Demonstrationen Anmelder*innen zurückgewiesen wurden, gegen die schon mal ermittelt wurde, selbst wenn es nie zur Anklage kam? Doch das waren nicht die einzigen Fragen, die sich Anwohner*innen gestern gestellt hatten, als sie vor den Absperrungen standen. Umliegende Restaurants mussten schon nachmittags schließen, weil kein Durchkommen mehr war. Und das an einem Samstag, wo ihr Geschäft besonders gut läuft. Und dann standen da fünf (kein Rechtschreibfehler) Rechte und zeigten bis Mitternacht in Endlosschleife die Videos, deren Urheberrechte teilweise ungeklärt sind. Warum hat das Ordnungsamt oder die Polizei vor Ort nicht angesichts der geringen Teilnehmerzahl (es waren fünf Männer) die Kundgebung auf ein kleines Eck auf dem Platz verbannt, wo sie genug Raum hatte und die Sperrung der Straße aufgehoben? Bei jeder linken Kundgebung betont die Polizei immer, dass sie die Sperrung der Straße so schnell wie möglich aufheben will, wenn die Teilnehmer*innenzahl auf dem Fußgänger*innenweg Platz hat. Warum wurde die Kundgebungszeit nicht verkürzt? Es hätte ohne weiteres eine Handhabe gegeben, nach zwei Stunden zu sagen, dass jetzt der Film mehrmals wiederholt wurde und es keine Zuschauer*innen gibt und die Kundgebung jetzt beendet wird.

Das wäre sicher geschehen, wenn die Kundgebung in den Stadtteilen Mitte oder Prenzlauer Berg stattgefunden hätte. Dort hätte man es den Anwohner*innen nicht zugemutet, dass wegen 5 Hanseln die Straße einen halben Tag gesperrt wird. Demonstrationen mit hunderten Rechten mussten umkehren, weil in Mitte die Route blockiert wurde und sich auch einigen Politiker*innen darunter gemischt hatten. Doch die Rigaer Straße ist nicht nur von Pegida und Co. als linker Kiez verschrieen. Auch konservative Politiker*innen und Medien mobiliseren mit ähnlichen Argumenten wie Pegida gegen linke Bewohner*innen und vor allem gegen rebellische Hausprojekte. Genauso wie der Görlitzer Park von den gleichen Kreisen ständig als Drogenplatz diffamiert wird. Den Platz hatten sich die fünf rechten aus München am Freitag für ihre Show ausgesucht. Da ist es kein Wunder, dass von Ordnungsamt und Polizei den Anwohner*innen in diesen Kiezen zumutet wird, die rechte Freakshow einen halben Tag zu ertragen. Wer das nicht wollte und zu heftig protestierte, bekam am Samstag Polizeigewalt ab und es gab mehrere Festnahmen. Schon vor Jahren wurden Neonazidemonstrationen in Berliner Ostbezirke wie Hellersdorf umgeleitet. Den dortigen Bewohner*innen meinte man von Seiten der Behörden zumuten zu können, was man in Mitte und Prenzlaer Berg nicht tolerieren wollte. Es ist ein bezeichnendes Bild, Pegida-München veranstaltet ihren rechten Zirkus im Berliner Osten, fast 30 Jahre nach dem ganz in der Nähe eine gesamtdeutsche Polizeiarmada unter westdeutscher Führung mit der bürgerkriegsmäßig durchgesetzen Räumung von Häusern der Mainzer Straße allem Menschen ddeutlich gemacht hat, dass jetzt die kapitalistische Gewalt auch hier eingezogen ist. Und dazu gehören auch die importieren Rechten, die auch schon vor 30 Jahren in Teilen der ostdeutschen Bevölkerung ein lohnendes Objekt sahen. Gestern blieben die 5 Münchner Rechten allein. Die Bevölkerung ging weg oder protestierte. Einige wissen vielleicht, dass schon in der Endphase der Weimarer Republik Nazis in rebellischen Kiezen als Drohungen genutzt wurde. Für die herrschenden Institutionen sind die Ultrarechten heute nicht bündnisfähig, schon gar nicht die 5 Hanseln von Pegida-München. Aber als Drohung gegen rebellische Kieze, wo ein Großteil der Bevölkerung sich vor 3 Jahren solidarisch gegen die rechtswidrige Räumung und Belagerung des Hausprojekts Rigaer Straße 94 zeigen, taugen sie allemal.

Peter Nowak

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Peter Nowak

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