Zwischen Theater und Lesebühne

Monologfestival Das Monologfestival, das am Sonntag endet, hat sich zwischen Lesebühne und Theater etabliert.

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Im Schatten des Roten Rathauses in unmittelbarer Nähe des Berliner Alexanderplatzes hat man den Eindruck am Stadtrand zu sein. Wer sich am Abend in die Klosterstraße verirrt, muss schon ein bestimmtes Ziel haben. Zur Zeit wird es oft das Monologfestival sein, das noch bis zum kommenden Sonntag im Theaterdiscounter in der Klosterstraße stattfindet. Insgesamt 11 Künstler_innen und Kunstkollektive sind eingeladen, ihre Vorstellungen von dem Thema „Jenseits von Gut und Böse darzustellen. Das Festival ist durch eine Veranstaltung auch bundesweit in die Diskussion geraten. Am Samstag wird Milo Rau die Erklärung des norwegischen Rechtsterroristen Breivik von einer Künstlerin verlesen lassen. In Weimar hatte sich das dortige Theater von der Vorführung distanziert und die Lesung musste verlegt werden. Fertig war der Kunstskandal, was sicher dazu geführt hat, diese Lesung in Berlin bereits ausverkauft ist. Den Verantwortlichen des Festivals sei die Publicity gegönnt und es zu hoffen, dass auch die übrigen Darbietungen dadurch mehr Aufmerksamkeit bekommen. Ansonsten scheint mir die Debatte auf beiden Seiten unsinnig. Weder macht sich eine Kunsteinrichtung, die einen solchen Text verlesen lässt, mit dem Verfasser gemein, noch ist eine Deckelung oder gar Zensur, wenn eine Institution oder auch ein Künstler sich an dieser Veranstaltung nicht beteiligen will. Der Text ist schon lange im Netz und wird von Rechtspopulist_innen aller Couleur längst eifrig diskutiert. Welche Debatte aber im Theater angeregt werden soll, bleibt doch die Frage. Denn eigentlich sollte klar sein, dass die Anleitung zum rechten Massenmord keine Diskussionsgrundlage sondern eine Feinderklärung ist. Es kann also bei seiner Vorführung nur darum gehen, das intellektuelle Rüstzeug dieses Feindes zu erkennen, um ihn besser bekämpfen zu können. So wie bei Hitlers „Mein Kampf“ oder Schriften von Holocaustleugner_innen gibt auch für Breivik-Text die Diskussionsverweigerung.

Nun aber zu den Aufführungen bei den Monologen, die es ohne Breivik im Hintergrund leider nicht an die große Öffentlichkeit schaffen, aber sich mit Fragen der Zeit in witziger Form und auf hohem intellektuellem Niveau befassen. Dazu gehört „Das Superpositionsprinzip“ von Christian Valerius, das sich auf einen kolportierten Ausspruch des Physikers Robert Oppenheimer befasst, dem eine wesentliche Rolle beim Bau der Atombombe in den USA zugeschrieben wird und der auf die Frage nach den moralischen Skrupeln erwidert haben soll, dass man den Begriff moralisch in diesem Kontext weglassen soll. Was aber zumindest in der Beschreibung wegfällt, ist die Motivation die nicht nur Oppenheimer zum Bau der Atombombe antrieb. Es war schlicht die Angst, dass Nazideutschland als erstes Land die Atombombe besitzen und damit die Welt beherrschen könnte. Um diesen Alptraum zu verhindern, haben Einstein, Oppenheimer und viele anderen Physiker durchaus mit moralischen Skrupeln für eine schnelle Entwicklung der Atombomben in den USA plädiert und auch ihren wissenschaftlichen Beitrag dazu geleistet. Viele der Wissenschafter_innen haben nach der Niederlage des NS-Blocks für eine atomare Abrüstung plädiert und waren ganz und gar nicht mit der US-Politik des Kalten Krieges einverstanden. Gerade über die Entwicklung von Oppenheimer gibt es mehrere Bücher und auch das Theaterstück „In der Sache J. Robert Oppenheimer von Heiner Kipphardt. Es ist zu hoffen, dass die Arbeit auf dem Monologfestival daran anknüpft.

„Es lebe der Kommunismus“

Zum Rechtsraum wird das Theater bei der Aufführung des Stücks „Das Grundgesetz“, in dem mit Dietrich Kuhlbrodt ein ehemaliger Staatsanwalt mitspielt. „Freispruch für Alle, die ihre Tugenden lieben, denn genau deswegen werden sie scheitern. Es lebe der Kommunismus“. Diese sympathische Erklärung stammt vom Künstlerkollektiv andcompany & Co, das auf dem Festival „Out oft he Dark into the night“ aufgeführt hat. Der Titel stammt von einem Falco-Song. Der Sänger wird auch in dem knapp 90minütigen Monolog über Gott und Welt eine kurze Rolle spielen. Ebenso wie der Euro und die Europäische Zentralbank, die auf der Bühne schon mal von einem Holzschrank gespielt wird. Witzig und mit Tiefgang ist das Stück meistens, selten langweilig und noch seltener seicht. Eine gute Leistung für 90 Minuten Unterhaltung. Bei der Darbietung wird deutlich, dass die Monologe ihren Platz zwischen Theater und Lesebühne gut besetzt haben.

Leider verhindern die Örtlichkeiten, dass auch in den Pausen ein Festivalatmosphäre aufkommt, weil die benachbarten Kultureinrichtungen und mit ihnen auch die Restaurants in der Klosterstraße alle zu den Vorführungszeiten geschlossen sind. Trotzdem sollte bei weiteren Festivals der verschlafene Ort im Zentrum Berlins beibehalten werden, schon weil er jenseits der ausgelatschten Hauptstadtkulturpfade liegt.

Peter Nowak

Monologfestival 2012

18. Okt - 28. Okt
Programm

http://theaterdiscounter.de/?p=3492

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Geschrieben von

Peter Nowak

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