Der Himmel über Oberhausen

Ruhrgebiet Der Sommer verabschiedet sich mit fantastisch schönen Farben. Da kommt man / frau schon ins Schwärmen.

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...und die Erde dreht sich für menschliche Dimensionen unaufhörlich weiter. Überall passiert etwas. Von dem meisten kann ich gar nicht mitreden. Was in New York passiert weiss ich hauptsächlich nur aus der fiktionalen Darstellung in den Krimiserien und das ist eben nicht wahr.

In Deutschland kommen Flüchtlinge und Asylbewerber an. Das ist real. Diese Menschen kann ich sehen . Auch wenn ich bei Lidl im Essener Nordwesten einkaufen gehe. Kaum habe ich den Supermarkt verlassen, bin ich wieder alleine und konzentriere mich auf das Tragen meiner schweren Tasche mit Softdrink-Flaschen und allerlei Lebensmitteln , die ich brauche, weil ich in letzter Zeit mein Essen selbst koche.

Gegen 9 Uhr ist es schon fast dunkel in diesen Tagen des späten kalendarischen Sommers. Vor mir sehe ich ein fremdes Wohnungsfenster. Ich weiss , dass man /frau eigentlich nicht in fremde Fenster reinschaut, aber im 1ten Stock des Hauses dem ich entgegen gehe leuchtet eine merkwürdige fast lebensgrosse Person auf einem dieser Riesenflachbildschirme. Obwohl ich sicher 30 Meter entfernt bin erkenne ich Sheldon , den Ober-Nerd aus der Big-Bang-Theory von Pro 7.

Das wirkt fast so , als ob der Sheldon hier in der Ruhrgbietsprovinz wohnt , weil man / frau die Personen die vor der Riesenglotze die sich das anschauen, nicht sieht.

Ich bin amüsiert. Vielleicht viel zu sehr als es mir gut tut. Auch darüber, dass Sheldon als virtuelle aber verdammt echt aussehende Gestalt im Nordwesten von Essen seine Spässe macht und dabei durch das Fenster leuchtet.

Die Spur von Einsamkeit die in einer solchen Betrachtung auch liegen könnte, verdränge ich mehr unbewusst als bewusst.

Auch der Himmel ist ja relativ , was nicht nur im wissenschaftlichen Sinne z.B. bei Albert Einstein stimmt.

Im Essenerr Nordwesten habe ich wie überall auf der Welt die Freiheit meinen Blick zu wenden , wohin ich will, solange ich niemand anderen damit beeinträchtige.

Mein Blick und meine Sehnsucht an diesem Ort am Stadtrand von Essen geht aber immer nach Oberhausen.

So schön ist der Gasometer, auch wenn ich manchmal denke, dass der alte 1928 geborene Junge sich lansam mal was Anderes anziehen kännte. Immer hängt ihm noch der riesige Fetzen mit dem Aufdruck für die Ausstellung "Der schöne Schein" an seinem dickbauchigen rundem Leib in ZylinderForm und der stattlichen Höhe von ca. 120 Metern. Manchmal wenn ich am Bahndamm vom Essener Hauptbahnhof kommend aussteige, denke ich: "Eyh Alter! Immer noch die gleichen Klamotten an? Mach dich doch mal so richtig piekefein!", aber einen konkreten Vorschlag welches Gewand denn besser wäre , habe ich auch nicht.

Vor allem ist das so vom Bahndamm und der zugehörigen S-Bahnhaltestelle aus , der fast wie eine mittelalterliche Stadtmauer für die Siedlung- in der ich wohne- wirkt.

Der Essener Nordwesten ist sehr grün. Von dort geht es mit dem Zug den Bahndamm entlang nach Bottrop und in das münsterländische Haltern , das geografisch noch dem Ruhrgebiet zugerechnet wird.

Das ist für mich aber mehr reine Ruhrgbiets-Theorie.

Ruhrgebiet ist in vielen Augen immer noch dort, wo es stinkt und hässlich ist. Nur bekommt man da mit dieser aus den Medien übernommenen Fremdanschauung (Z.B Schimanski /Tatort(e) der 1980er) immer mehr Probleme.

Sicher gibt es im Ruhrgebiet noch hässliche und stinkende Ecken , aber die werden gottseidank immer weniger.

Der Teil von Essen, wo ich wohne grenzt fast unmittelbar (1km) an Oberhausen.

Bei diesem Blick nach Oberhausen schaut man derzeit noch auf sehr , sehr , wirklich außerordentlich viel Grün.

Am Rande der Stadt fallen die Hochhäuser sowie die hohen Häuser weg. Ein oder zwei Geschosse plus Dachgeschoß sind hier die Regel. Das bringt meine Aufmerksamkeit dem Himmel näher. Selbst die kleinen schrägen Fenster meiner schönen Dachgeschoßwohnung benutze ich oft eher als Fernrohre für den Blick in den Himmel. Tagsüber staune ich dabei über die Vielfalt der Wolken und des Lichts , was ganz unterschiedliche Stimmungen in mir auslöst und in einer Nacht habe ich eine vom fahlen gelbweissen Mondlicht geschwängerte und immer wieder von runden Öffnungen durchbrochene Wolkendecke gesehen, die ich unglaublich schön fand und mich fast mehr an Kunst als an Natur erinnerte.

Wahrscheinlich ist die Natur aber wohl ein sehr große Künstlerin die sehr viel zu bieten hat und bei der wir Menschen , die ja auch Produkte der Natur sind, uns anstrengen müssen, wenn wir ebenso schöne Kunstwerke außerhalb dem Bereich der Zufälligkeit , die ich hinter der von mir beobachteten Wolkendecke vermute, schaffen möchten, womit dieser kleine Exkurs beendet sein möge.

Wiegesagt das Ruhrgebiet ist viel grüner als vielleicht etwa der Berliner oder die Münchnerin denkt. ...aber bei diesem Blick nach Oberhausen ist es von meinem Standort aus wirklich ganz besonders grün.

Fast wie in einer LSD-ähnlichen Haluzination, was bei einem der keine Erfahrungen mit dem Zeug hat vielleicht auch etwas daneben gehauen sein könnte.

Türkischstämmige Mitbewohner/innen und auch ebenso die anderen Einheimischen lassen dort im Sommer in ihren Schrebergärten schöne rote Rosen blühen.

Vom Bahndamm aus dann der Gasometer in der Ferne.

Ein Abendhimmel von überweigend feinstem hauchzarten Graublau, dass schon recht dunkel wirkt aber noch nicht von der eigentlichen Nacht angeschwärzt ist.

Auf der Höhe des Gasometers ein feines Bett von glatten Wolken, wie Laken auf einem Bett, das fast rechteckig wirkt und etwa mit der Oberkannte des Gasometers abschließt.

Das Wolkenbett reflektiert ein sagenhaftes unbeschrieblich schönes Abendrot.

Rot,viel Rosa, etwas Orange, kaum wahrnehmbare Spuren von Violett alles in einer Farbe und diese ist dabei doch von unbeschreiblicher Feinheit.

Oberhausen bei Duisburg im Rheinland steht eigentlich für Strukturprobleme und für soziale Brennpunkte sofern es überhaupt mal in seiner diesbezüglich scheinbaren Gottverlassenheit überhaupt mal in die bundesweite Berichterstattung kommt.

In diesem magischen Moment interessiert mich das aber nicht, denn ich möchte nur noch mit diesme Abendrot verschmelzen: Eins werden mit dieser Farbe und mit diesem bezaubernden Moment.

Sicher kann man solche Naturschauspiele und Italien erleben oder die Südseeinseln mögen ja möglicherweise ähnlich schöne Momente haben, was ich gar nicht in Abrede stellen möchte aber in diesem Moment da oben auf dem Bahndamm zählt für mich nur der Himmel über Oberhausen, so schön Berlin, London , Paris, Peking oder New York vielleicht auch sind.

Fast bin ich mir sicher , dass dieser so beschriebene Himmel über Oberhausen sogar einem von den Naturschönheiten des Bambuswaldes verwöhnten Pandabären gefallen würde.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

poor on ruhr

Vielseitiger interessierter Arbeiter und ziemlich stark in die in die in aller Welt bekannten Pandabären vernarrt. 🐼

poor on ruhr

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