Ohrensausen

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War der Jan nach Düsseldorf gegangen um gegen die Regierung Schröder und gegen Hartz IV zu demonstrieren.

Vor dem Fernseher hatt er gesssen und machtlos den Nachrichten zugesehen , die es in der Demokratie zu ertragen gilt.

Alleine war er dabei gewesen und hatte sich wieder und immer wieder geärgert.

Heute war er nach Düsseldorf gefahren um mit vielen Anderen seinen Protest gegen Hartz IV auszudrücken.

Eine Eisenbahnerpfeife aus Metall mit einer Holzkugel im Inneren ihres Klangkörpers hatte er sich besorgt .

Mit allen Kräften wollter damit pfeifen und den Menschen zeigen, was er von der neuen sozialpolitischen Gesetzesinitiative der Regierung hielt und auch von den Medien , die den Boden dafür bereitet hatten.

Von Alternativlosigkeit aufgrund der engen Kassen war ständig und trommelfeuerartig im Fernsehen, im Radio und in in den meisten Zeitungen die Rede.

Der Jan hatte heute keine Alternative mehr als seine Verachtung gegenüber der geplanten Ausgrenzung von Millionen und der endgültigen Installierung eines Billiglohnsektors in Deutschland zu zeigen.

Das erste Jahrzehnt des 21ten Jahrhunderts hatte seine Mitte erreicht und dem Jan war klar, dass bei der politischen Lage der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag Hartz IV kommen würde, doch heute würde er demonstrieren.

Irgendwann begann der Zug und der Jan zog seine Pfeife raus und blies in sie hinein mit allem was seine Lunge hergab.

Immer und immer wieder.

Mit der Zeit begann es schon in den Ohren weh zu tun, doch der Jan musste pfeifen.

Immer und immer wieder.

Mit der Zeit begannen die, die vor ihm liefen die Geduld zu verlieren und fragten ihn recht nett, ob er es mit dem Pfeifen nicht etwas langsamer und weniger heftig gehen lassen könnte.

Da war der Jan ein bißchen eingeschnappt.

Hatte er doch geglaubt, etwas Gutes zu tun und für eine gerechte Sache zu kämpfen.

Heute mit dem Abstand der Jahre ist dem Jan klar, dass im Kampf gegen Hartz IV niemanden damit gedient war, wenn alle Demonstranten ein Ohrensausen bekommen würden.

Einige standen dem Jan auch bei und meinten, dass es doch richtig ist, bei einer Demonstration seinen Unmut zu zeigen.

Dennoch wurde es rund um dem Jan im Demonstrationszug immer lichter und weite offen Stellen waren da, wo der Jan lief.

Der nahm das gar nicht wahr und pfiff wie ein Wahnsinniger weiter.

Besonders beim Einzug in die Düsseldorfer Nobelmeile Königsallee pfiff er mit allem was sein eher fülliger Körper hergab.

Es war unheimlich laut an der Schmerzgrenze für die Ohren und die weit vor ihm liefen lachten und hielten sich die Ohren zu.

Ein Gutbürgerlicher machte einen Scheibenwischer und beleidigte den Jan.

Das kränkte ihn nicht.

Er pfiff einfach weiter und fühlte sich aufgewertet, weil sein Protest wenigstens bei einem angekommen war.

Vielleicht hatten dem Gutbürgerlichen aber auch nur einfach die Ohren weh getan.

Ein Polizist in zirka 20 Meter Entfernung liess den Jan gewähren.

Im Laufe des Demonstrationszuges wurde der Jan immer müder und er konnte den Krach mit der Pfeife nicht mehr die ganze Zeit unentwegt schlagen, worüber sich die Mitmaschierenden freuten.

In irgend einem Park gab es sie Abschlußkundgebung , wobei der Jan nicht mehr pfiff sondern zuhörte.

Dann fuhr er wieder nach Hause und saß wieder alleine vor dem Fernseher und ärgerte sich wieder und immer wieder über das neue sozialpolitische Vorhaben der Bundesregierung unter Gerhard Schröder.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

poor on ruhr

Vielseitiger interessierter Arbeiter und ziemlich stark in die in die in aller Welt bekannten Pandabären vernarrt. 🐼

poor on ruhr

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