Wochenende

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Die Fünfzigstundenwoche ging zu Ende. Es war kurz vor elf Uhr abends und es war Samstag. Die Woche war schnell rumgegangen und gut hatte sich der Jan in der Hochgarage gefühlt.

Der November war ungewöhnlich mild und die Menschen waren freundlich. Manche gingen mit dem T-Shirt zum Weihnachtmarkt in die Innenstadt.

Je mehr es gegen Feierabend ging um so weiter stieg die Laune von Jan an. Eine unbeschreibliche innere Freude hatte er in sich, die vielleicht nicht nur alleine duch den Feierabend zu erklären war.

So viele Fragen hatte er sich diese Woche gestellt. Er dachte an die Zeit, wo er eine Chance in besseren Jobs bekommen hatte.

Einzelne Situationen waren ihm vor die Augen gekommen und warum er damals so und nicht anders reagiert hatte. Das war bitter. Er hatte sich in diesen Augenblicken dafür gehasst, dass er so war wie er war und wohl auch heute noch ist. Irgendwann hatte er es aufgegeben. Was war, das war und war jetzt, heute oder in dieser Woche nicht mehr so ohne weiteres zu ändern!

Dann machte er nur seinen Job so gut es ging ihm und er fühlte sich bei der Arbeit gut . Er war alleine in diesem Parkhaus und in in dieser Spätschichtwoche trotz der vielen Kunden.

Sein bester Kollege hatte schon vor zwei Wochen in den Sack gehauen, aber auch das hatte ihm viel weniger angetan als er gedacht hatte. Die Arbeit ging ihm gut von der Hand. Sie war sein Gerüst und sein Krückstock mit dem er durch den Alltag gehen konnte.

In der letzten Zeit hatte er es auch noch über eine formale Höflichkeit hinausgehend gelernt, die Menschen noch viel mehr als früher zu achten und zu respektieren gelernt und trotzdem war er alleine. Viel zu alleine.

Einen Menschen zu berühren, ihn zu umarmen und zärtlich zu ihm sein, das so verdammt lange her.

Eine Zeit hatt er gedacht, dass er schwul wäre, weil er alles was in seiner Nähe war und irgendwie Wärme aussand, hätte anspringen und ihm die Wärme aussaugen können nur um innerlich so etwas wie Leben in sich zu fühlen.

Eine Wärme , die von einem anderen Menschen und nicht nur bloß von ihm herkommen sollte und ihn mit etwas Anderem ausfüllte , dass mehr war als dieses bloße Funktionieren und das Bewegen des eigenen Körpers.

Auch das das mögliche Schwulsein hatte er dann wieder verworfen, nicht etwa weil das etwas Schlimmes gewesen wäre, sondern weil er es ganz einfach nicht war.

Ob er schwul ist, konnte nur er entscheiden und er würde sich von niemandem, der das annahm, nur weil er so ,lange keine Freundin mehr hatte, als Etikett an seinen Körper anheften lassen.

So einfach war es leider nicht!

Am Sonntag nach der Spätschichtwoche war die ganze Freude von gestern in der Schicht wieder weg.

Er brauchte mal einen Tag Ruhe und tat nichts, aber diese Ruhe tat ihm nicht gut.

Ungeduscht und unrasiert ließ er die Glotze Regie führen, über diesen schönen Herbsttag, wo sie alle draussen spazieren gingen und den stark verspäteten goldenen Oktober mitten im November genossen, stand er nur von seinem Futton auf , wenn unbedingt aufs Klo musste oder sich eine Dose Jungesellenfutter warm machte.

Das war sein Leben und so würde es bleiben, wenn er es nicht ändern würde.

Die, die er als junger Mann mal eine kurze Zeit mal lieben durfte war schon lange tot und an manchen Tagen war er sich nicht alleine Grund genug aufzustehen, so einfach war das und doch so schwer.

Manchmal wenn er ganz alleine war und sich auf sie konzentrierte streckte er nach seine Hand nach ihr aus, die seit fünfzehn Jahren verstorben war und er meinte sie wäre im Raum und er könnte ihre Anwesenheit spüren, so lächerlich und kitschig das in einer globalierten Welt mit Space Shuttles und coolen Computern auch war.

Er war alleine und das Gestern war vorbei. Das war Fakt und nichts anderes!

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

poor on ruhr

Vielseitiger interessierter Arbeiter und ziemlich stark in die in die in aller Welt bekannten Pandabären vernarrt. 🐼

poor on ruhr

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