Appell gegen die nukleare Aufrüstung

Hyperschallraketen „Niemand hat das Recht, das völlig unkalkulierbare Risiko des Atomkrieges jemals einzugehen.“

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Die u.a. in Kaliningrad stehenden russischen, nuklear bestückbaren Hyperschallraketen können in wenigen Minuten Deutschland erreichen. Dies stellt eine bedrohliche Entwicklung dar und ist eine unverantwortliche Maßnahme der Regierung der Russischen Föderation. Nun droht die Gegenreaktion der USA und der NATO, indem sich die Anzeichen verdichten, dass auch in Europa, z.B. in Deutschland oder in Polen, Hyperschallraketen (‚Dark Eagle‘) mit konventionellen Sprengköpfen stationiert werden sollen.(1)

Hyperschallraketen sind auch als konventionelle Waffe ein nicht zu verteidigendes Kampfmittel im Sinne eines Enthauptungsschlages.

Diese Waffen bewegen sich deutlich schneller als Mach 5 (=über 6000 km/Std.), tragen lenkbare Gleitflugkörper, die mit den bisherigen Abwehrtechniken nicht mehr zu verteidigen sind. Eine Reaktion ist aufgrund der hohen Fluggeschwindigkeit und der Unberechenbarkeit der Flugbahn nicht mehr möglich. Bei einem Softwarefehler bzw. einer Eigendynamik oder einem fehlerhaften Verhalten der KI ist weder die Abwehr noch die umfassende Prüfung einer angemessenen Gegenreaktion möglich. Analysiert man diese bedenkliche Entwicklung im Kontext nuklearer Modernisierungstendenzen, wie z.B. der im Rahmen der nuklearen Teilhabe neu anzuschaffenden Kampfjets F-35, einem Tarnkappen-Mehrzweckflugzeug mit der Höchstgeschwindigkeit von 1,6 Mach, sowie dem damit verbundenen Kampfflugzeugsystem FCAS, dann wird auch der westliche, und insbesondere der deutsche, Anteil an der militärischen Eskalationsspirale in Europa deutlich. (2)

Daher haben wir – Bernhard Trautvetter und die Erstunterzeichner_innen – gerade angesichts der gegenwärtigen aggressiven globalen Situation einen Appell gegen die nukleare und die konventionelle Aufrüstung auf den Weg gebracht und die Rückkehr zu Abrüstungsverhandlungen eingefordert. Hierbei ist die deutsche Bundesregierung der Adressat. Wir fordern von der Bundesregierung ein Veto gegen die zukünftige Stationierung von Hyperschallraketen sowie ein Eintreten für die Wiederbelebung bzw. Weiterentwicklung von Verträgen zur nuklearen und konventionellen Abrüstung.

Der Text des Appells gegen die nukleare Aufrüstung:

"Die Anzeichen verdichten sich, dass die USA in Deutschland Hyperschallraketen in naher Zukunft stationieren wollen. Wir appellieren an die Bundesregierung, eine Aufstellung von US-Hyperschallraketen in Deutschland zu verhindern.

Diese Raketen steigern, wie auch die ebenso unverantwortliche Stationierung der russischen Hyperschallraketen in Kaliningrad, aufgrund ihrer kurzen Flug- und damit faktisch nicht mehr vorhandenen Vorwarnzeit das Risiko eines Atomkriegs aus Versehen. Das Mitteilungsblatt (Bulletin) kritischer Nuklearwissenschaftler stuft die Gefahr eines Atomkriegs ohnehin schon so hoch ein, wie nie seit Hiroshima.
Niemand hat das Recht, das völlig unkalkulierbare Risiko des Atomkrieges jemals einzugehen.

Schon konventionell bestückt steigern US-Hyperschallraketen auf europäischem Boden im Spannungsfall wegen ihrer Fähigkeit, gegnerische Führungszentralen mit einem Enthauptungsschlag auszuschalten, die Eskalationsgefahr im Vorfeld eines Atomkrieges.
Wir fordern die Bundesregierung auf, umgehend eine Verhandlungsinitiative zwischen den Nato-Staaten und Russland zu initiieren, um die gekündigten Abrüstungs- und Beschränkungsverträge für atomare und konventionelle Waffen- und Trägersysteme unverzüglich zu reaktivieren, so dass ein Atomkrieg aus Versehen oder aufgrund technischer Fehler auszuschließen ist.
Mittelfristig erwarten wir von unserer, der westlichen Seite eine Initiative zu einer weitgehenden Abrüstungsoffensive gemäß der unterzeichneten Verträge wie dem UNO-Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NVV). Ein erster Schritt dafür ist Deutschlands Unterschrift unter den bereits völkerrechtlich gültigen Atomwaffenverbotsvertrag (AVV)."

Zur Unterzeichnung auf Change.org: https://www.change.org/p/gegen-die-atomare-bedrohung

Gern würde ich die Diskussion – wie bei meinen anderen Beiträgen in der Community - hierzu eröffnen und bin gespannt auf weitere Hinweise in Bezug auf eine drohende militärische Eskalation im Zusammenhang mit Hyperschallraketenstationierungen und Maßnahmen im Rahmen der nuklearen Teilhabe der Bundesrepublik Deutschland. Natürlich sind wir nicht naiv. Hinter der militärischen Eskalation stehen politische und ökonomische Interessen. Doch bei einem nuklearen Inferno sind alle Verlierer – auch die Milliardäre und die Kriegsherren auf allen Seiten.

Die österreichische Nobelpreisträgerin Bertha von Suttner (1843-1914) kritisiert die Uneinsichtigkeit und Dummheit der Kriegstreiber und der Politik der Abschreckung und eskalierender Bestrafungsaktionen. Sie schreibt in diesem Zusammenhang sehr treffend

"Keinem vernünftigen Menschen wird es einfallen, Tintenflecken mit Tinte, Ölflecken mit Öl wegputzen zu wollen - nur Blut, das soll immer wieder mit Blut ausgewaschen werden." (3)

Anmerkungen

(1):Vgl. folgende Quellen hierzu:

https://www.imi-online.de/2021/12/16/die-neue-nachruestung/,

https://www.rand.org/content/dam/rand/pubs/research_reports/RRA800/RRA809-1/RAND_RRA809-1.pdf,

https://www.hessenschau.de/panorama/hyperschallwaffen-in-mainz-kastel-der-kalte-krieg-kehrt-zurueck-nach-wiesbaden,airbase-kastel-hyperwaffen-100.html,

https://www.nachdenkseiten.de/?p=107893,

https://merkurist.de/wiesbaden/us-militaer-das-sagt-die-us-regierung-zu-den-raketengeruechten-in-mainz-kastel_XLP,

https://www.fr.de/rhein-main/wiesbaden/wiesbaden-alte-befuerchtungen-91277511.html,

https://www.thedrive.com/the-war-zone/43051/army-revives-cold-war-nuclear-missile-unit-to-deploy-new-long-range-weapons-in-europe

(2) Vgl. hierzu die Verlautbarungen des Bundesverteidigungsministeriums in
https://www.bmvg.de/de/tornado-nachfolger-beschaffung-neue-kampfflugzeuge-fuer-truppe und https://www.bmvg.de/de/aktuelles/f-35-das-mehrzweckkampfflugzeug-der-neuesten-generation-5371316

(3) Aus:Bertha von Suttner "Die Waffen nieder", S.218 - Livi Verlag 2022 (mein Dank gilt Ulrike Koushan für den Hinweis auf dieses aussagekräftige Zitat.)

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Klaus Moegling

apl. Prof. Dr. habil. i.R., Pol.wiss. u. Soziologe, Autor von 'Neuordnung', https://www.klaus-moegling.de/aktuelle-auflage-neuordnung/

Klaus Moegling

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