Die Regionalwahlen in Frankreich haben ein zerrissenes Land gezeigt. Der Front National war nur durch eine Koalition zwischen den verfeindeten Sozialisten unter Hollande und den Republikanern unter Sarkozy zu verhindern. Diese Koalition der Patrioten gab es zum letzten Mal bei der Stichwahl für die Präsidentschaft von Jacques Chirac. Doch diesesmal war alles anders, denn der Parteichef der Republikaner verbot diese Koalition, doch seine Mitglieder scherten sich nicht um das Verbot und riefen die Republikaner zu einer "Barrage" mit den Sozialisten gegen den FN auf. Dies zeigt ganz klar den Ansehensverlust von Sarkozy in seiner eigenen Partei auf, daher ist nicht mehr sicher, ob Sarkozy tatsächlich noch einmal als Präsidentschaftskandidat aufgestellt werden wird. Die nun neu gewählten republikanischen Regionalpräsidenten (in Deutschland Ministerpräsidenten der Länder genannt) werden selbst ihre Ansprüche geltend machen. Der FN hat zwar auf Grund des französischen Wahlgesetzes alle Regionen verloren, aber seine Anhänger eben nicht! Darin liegt die Gefahr für die Nation. Der rechte FN mit seinen eindrittel Anhängern wird immer mehr frustriert und damit brutaler und mächtiger. Wenn man ein drittel der Wähler durch ein Wahlgesetz daran hindert, in die Regionalparlamente und in die Nationalversammlung zu kommen, dann radikalisiert sich die Strasse. Und dazu sind die Franzosen durchaus in der Lage. Nicht umsonst hat der Premierminister Manuel Valls gestern vor einem Bürgerkrieg in Frankreich gewarnt.
Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community
12:24 14.12.2015
Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von
Rainer Kahni
Rainer Kahni besser bekannt unter dem Namen Monsieur Rainer ist Journalist und Buchautor. Er ist Mitglied von Reporters sans frontières.

Kommentare 2
Vielleicht sind die Wähler der Republikaner doch schlauer als gedacht. Das gibt Hoffnung.
Allerdings wird es immer schwieriger werden für Hollande und er wird sich als Rechter gerieren müssen um noch ein paar Stimmen von linken Traditionswählern zu bekommen. Fatale Entwicklung
Die Beobachtung von Rainer Kahni zu Sarkozys Ansehens- und Autoritätsverlust in den eigenen Reihen ist sehr interessant. Danke dafür. Dieses Großmaul hat sich nicht nur bei diesen Wahlen überschätzt, er hat doch tatsächlich im Wahlkampf behauptet, dass unter seiner Präsidentschaft die Pariser Anschläge nicht passiert wären. Der reine Größenwahn.
Zu den Sozialisten: Ich denke, man sollte ihren teilweisen Rückzug zugunsten der Konservativen nicht gering schätzen und vor allem als eine Tat der republikanischen Staatsräson ansehen, die offensichtlich doch viele Wähler wach gerüttelt hat. Immerhin gingen 4 Millionen Wähler mehr zur Wahl als vor einer Woche und es wehte ein Hauch von republikanischem Widerstand gegen die FN durchs Land.
Dennoch scheinen rund 30 Prozent der Wähler in Frankreich erst einmal zu Stammwählern der FN geworden zu sein. Das Gefährliche ist m. E., dass hier neben vielen Protestwählern sich immer mehr Franzosen von den Programminhalten des FN überzeugen lassen. Sie sind eine Mischung aus völkischem Antikapitalismus, Globalisierungskritik und fremdenfeindlicher Paranoia. Alles Böse kommt aus dem westlichen Ausland.