Die Flüchtlinge nicht allein lassen!

Wir bilden einen Block. Die Ereignisse von Paris dürfen unser Verhältnis zu den Migranten nicht belasten. Es liegt ohnehin viel im Argen. Eine abschließende Betrachtung

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Was wir den Afrikanern anbieten, stinkt zum Himmel

Der Skandal überhaupt: Die Aufklärungsquote für fremdenfeindliche Vergehen geht gegen NULL

Viel Gefasel, aber die Wahrheit ist: Der soziale Wohnungsbau ist nicht in Sicht

Schäuble bleibt bei der schwarzen Null – ein Affentheater ohnegleichen

Rechtspopulisten, ja ganze Staaten, benutzen die Attentate von Paris zur Kriminalisierung von Flüchtlingen

Bevor ich meine Serie zum Thema „Flucht“ beschließe, noch zwei Anmerkungen: Die Regierenden haben offenbar begriffen, dass der Beseitigung der Fluchtursachen eine besondere Bedeutung zukommt. Sie sind maßgeblich an der Durchführung der Syrienkonferenz beteiligt und tagen in Malta mit afrikanischen Staatschefs. Ob Europa bei diesen Zusammenkünften eine maßgebliche Rolle spielt oder Merkel ziemlich allein dasitzt, ist von hier aus nicht auszumachen. Dass derzeit wenig interesse besteht, Deutschland (als Vorzugsziel) zu unterstützen, habe ich bereits mehrfach erwähnt. Jetzt liefern die Attentate von Paris – völlig irrwitzig, aber populistisch gut verkaufbar – einen zusätzlichen Grund, die Zuwanderung abzulehnen. Die Legende vom Einsickern islamistischer Gewalttäter mit den Flüchtlingsströmen gewinnt neue Fahrt. Polen und die anderen osteuropäischen Staaten schotten noch strikter ab. Und Frankreich wird in dem Moment, wo Marie le Pen die Pariser Ereignisse für ihre Zwecke ausschlachtet, ähnlich reagieren.

Das alles verheißt düstere Perspektiven. Wenn Frau Merkel dann noch versucht, im Poker mit den afrikanischen Staatschefs möglichst preiswert davon zu kommen, geht wohl das Licht aus. Wer 236 Milliarden Euro in die Hand nimmt, um deutsche Geldinstitute aus der Finanzkrise zu retten http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/04/05/banken-rettung-kostet-deutsche-steuerzahler-236-milliarden-euro/und dann auf Malta ganze 1,3 Milliarden zur Disposition stellt, lebt wohl nicht auf dieser Welt. Das Verhältnis schaut noch abstruser aus, wenn man bedenkt, dass es parallel zur Kungelei um die Einhegung von Flüchtlingen den Versuch der EU gibt, den Westafrikanern ein ähnlich hinterhältiges Freihandelsabkommen überzustülpen wie das bei TTIP, TISA und CETA gegenüber uns EU-Bürgern geschehen soll http://www.attac.de/startseite/detailansicht/news/freihandelsabkommen-mit-westafrikanischen-laendern-nicht-unterzeichnen/. Ein noch größerer Einfluss, eine Markterweiterung für die Europäer, noch mehr Billigst-Hähnchen, Trockenmilch und Pfennigartikel – mit dem Ziel, auch die letzten afrikanische Eigeninitiative kaputt machen. Das alles ist bodenlose Frechheit – in diesem Kontext nicht nur doppelte Ausbeutung sondern auch teilweise Komplizenschaft mit Diktatoren. Deren Mitwirkung von der Höhe der angebotenen Bestechung abhängen dürfte, deren Beamten – mag kann es einfach nicht glauben - nach Deutschland geschickt werden sollen, um Flüchtlingsstatus und – anliegen zu verifizieren. Ich kann mir nicht helfen. Aber wahrscheinlich muss es erst eine verheerende Katastrophe geben, damit ethisch vertretbare Lösungen zustande kommen, damit den Armen und Klimaflüchtlingen die Unterstützung zu Teil wird, die ein Ausharren im Heimatland ermöglicht.

Zum zweiten noch offenen Kapitel: Wenn Frau Merkel bis heute bei ihrem großmäuligen „Das schaffen wir!“ bleibt, zeugt das vor allem auf einem Gebiet für völlige Ignoranz: bei der Verbrechensbekämpfung. Wenn ich nicht irre, sind allein in den ersten drei Quartalen 2015 vierhunderteinundsechzig Brandanschläge auf Asylunterkünfte verübt worden. Die Aufklärungsquote – so berichtet der Spiegel – sei beschämend niedrig https://www.tagesschau.de/inland/bka-fluechtlingsunterkuenfte-101.html. Was heißt „beschämend niedrig“? Ich habe bisher von KEINER EINZIGEN handfesten Verurteilung gehört. Ich kenne keinen Täter und keine Verbindung zu irgendwelchen Strippenziehern. Wenn das die Qualität der polizeilichen Arbeit in Deutschland kennzeichnet, dann hilf uns Gott bei Anschlagsvorbereitungen a la Paris. Oder ist man da sehr einseitig aufgestellt, vielleicht sogar auf dem einen - dem brauen Auge – blind?

Die Integration der Flüchtlinge – vor allem die Sprachvermittlung, Ausbildung, medizinische Versorgung und Unterbringung – dürfte vor allem in den kommenden 3 Jahren erhebliche Probleme bereiten, denn es gibt weder genug Lehrer, noch genug Ausbildungsstellen und Ärzte. Hinzu kommt, dass sich die Bundesregierung nicht entschließen kann, privaten Unternehmen konkrete Aufträge für den Bau von Sozialwohnungen zu erteilen. Um diese dann als Staatsbesitz zu vereinnahmen – natürlich mit dem Ziel bezahlbare Mieten/ wenn notwendig, subventionierte – durchzusetzen. Denn es ist längst klar, dass die rein privatwirtschaftliche Wohnungsvergabe und – Verwaltung für die Lösung des Flüchtlingsproblems nicht in Frage kommt. In dieser Sphäre – so heißt es - seien inzwischen völlig überzogene, ja dekadente BauKostenNiveaus um 3.000 Euro pro Quadratmeter Neubau zu verzeichnen, die allein gut betuchte Kunden stemmen könnten. Ganz klar, dass aus dieser Situation heraus dringender Handlungsbedarf besteht. Immerhin dauere es derzeit drei bis fünf Jahre bis das sogenannte Baurecht vorliege. An der Verkürzung der Planungsphasen werde zwar gearbeitet – ohne dass bisher Ergebnisse vorlägen.

Die für die Bewältigung des Flüchtlingsproblems anfallen Kosten werden – je nach Quelle – sehr unterschiedlich beziffert. Sie reichen für 2016 bis etwa 20 Milliarden Euro http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bundesfinanzministerium-schaeuble-fluechtlinge-kosten-deutschland-rund-milliarden-euro-1.2724277. Ich halte es für geradezu abenteuerlich, wenn Finanzminister Schäuble angesichts dieser Zahlen noch immer von einer schwarzen Null faselt. Der Etat wurde gerade verabschiedet http://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_76111904/haushalt-trotz-fluechtlingskrise-schwarze-null-fuer-2016-beschlossen.html

In ziemlicher Hektik beeilt sich das Bundeskriminalamt festzustellen, dass die Kriminalitätsrate bei Flüchtlingen nicht höher sei als im deutschen Durchschnitt http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-11/bundeskriminalamt-fluechtlinge-deutsche-straftaten-vergleich. Damit – so vermute ich – will man all diejenigen beruhigen, denen die Fremdenfeinde entsprechend dumme Sprüche untergejubelt haben. Niemand kann heute glauben, dass ein Flüchtling – so er denn nicht massive Not leidet – zum Dieb oder Schwerverletzer wird. Man muss sich nur vorstellen, welche Verantwortung auf ihm ruht. Er möchte die Voraussetzungen für ein neues Leben schaffen und entweder seine Familie nachziehen oder regelmäßig Geld in die Heimat schicken. Alles Träume, die … sofort aus sind, wenn er kriminell wird. Ausnahmen wird es natürlich immer geben, aber die bestätigen bekanntlich die Regel.

Weitere Infos zum Thema (Teile 1-9) unter www.stoerfall-zukunft.de

Dr. Ulrich Scharfenorth, Ratingen

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Scharfenorth

Bis 1990 fuer die DDR-Stahlindustrie tätig. Danach Journalist/ Autor in Duesseldorf. 2008: "Stoerfall Zukunft"; 2011: "abgebloggt" und Weiteres

https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Scharfenorth

Scharfenorth

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