7 Jahre Haft für israelischen Journalisten Uri Blau?

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http://www.transatlantikblog.de/wp-content/uploads/2010/04/uri_blau1.jpgUri Blau hat Staatsgeheimnisse verraten. So sieht es der israelische Generalstaatsanwalt Yehuda Weinstein. Er hat nun angekündigt, für Blau sieben Jahre Haft zu fordern.

Die “Staatsgeheimnisse” hat die ehemalige Soldatin Anat Kamm beschafft, als sie 2008 beim Militärgouverneur der besetzten Westbank eingesetzt war. Die brisanten Unterlagen, die gezielte Tötungen sowie weitere Rechtverletzungen und -beugungen durch das Militär dokumentierten, hat sie an den Haaretz-Journalisten Blau weiter gegeben, der darüber berichtete.

Fraglos sind solche Unterlagen dazu geeignet, dem Ansehen Israels zu schaden.

Sind es Staatsgeheimnisse? Unfug. Sie müssen aber als Staatsgeheimnisse deklariert und mit entsprechenden Strafmaßen versehen werden, um allzu neugierigen Leuten wie Uri Blau einen Riegel vorzuschieben und couragierte Menschen wie Anat Kamm künftig davon abzuhalten, sich aus dem Giftschrank des Staates zu bedienen.

Anat Kamm wurde in einem Berufungsverfahren im Februar diesen Jahres erneut veruteilt. Sie hat sich als schuldig bekannt, um ein günstigeres Urteil zu bekommen. Das Strafmaß: Viereinhalb Jahre. Zuvor, seit Dezember 2009, stand Kamm unter Hausarrest.

Der national-konservative Knesset-Abgeordnete Michael Ben-Ari geht einen Schritt weiter und forderte ein Verfahren gegen die Tageszeitung Haaretz. Sie sei ein “Treibhaus” für solche “Verräter” wie Blau. Ben-Ari übrigens wurde unlängst die Einreise in die USA verboten. Begründung: Er ist Anhänger der terroristischen Kahane-Bewegung. Seinem Status als Parlamentsabgeordneter scheint das keinen Abbruch zu tun.

In Deutschland bleibt das Presse-Echo auf den Fall Blau bislang aus. Den “Leitmedien” wie ZEIT, Süddeutsche oder FAZ scheinen diese besorgniserregenden Vorgänge zum Thema Pressefreiheit in Israel keine Berichterstattung wert.*

Schade, geht es bei der Pressefreiheit doch um eine Stütze der Demokratie.

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Photo: Uri Blau (privat (c) Courtesy for Transatlantikblog)

* Der SPIEGEL berichtete in 2010 über Anat Kamm. Ebenso die Deutsche Welle und die ZEIT. Genügt es, einmal vor zwei Jahren berichtet zu haben? Ist der Neuigkeitswert damit erschöpft?

UPDATE 04.06.2012: Die Süddeutsche hat heute nachgezogen.

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Geschrieben von

schlesinger

"Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt" Jorge Louis Borges

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