Heute Gaza, morgen Ramallah, dann Palästina

Friedensunwillig Hamas tönt, Israel macht. Wo ist der Unterschied?

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Sein dritte Geburt sei das, meinte Khaled Meshal, Chef des Politbüros der Hamas, als er vor einigen Tagen nach Gaza zurück kehrte.

Jahrzehnte verbrachte Meschal im Exil. Dort versuchte ihn der israelische Geheimdienst zu vergiften. Die tölperlhafte Aktion misslang. Meshal überlebte. Das bezeichnet er als seine zweite Geburt.

Und nun, anlässlich der Feiern zum 25jährigen Bestehen der Hamas, ist seine Einreise nach Gaza die dritte Geburt.

Wie es sich gehört für einen populären politischen Führer – zumal in einer konfliktreichen Lage – hat Meshal viel Emotionales gesagt.

Und daran erinnert, für was die Hamas steht: Für die Rückgewinnung Palästinas für die Palästinenser. In den Worten Meshals:

Today is Gaza.

Tomorrow will be Ramallah and after that Jerusalem, then Haifa and Jaffa

[in order to]

free the land of Palestine inch by inch

Wer noch nie etwas auf die Friedenswilligkeit oder Verhandlungsbereitschaft der Hamas gab wird sagen ‘seht, wie kompromisslos und aggressiv ihre Führung spricht' Sie wollen einfach keinen Frieden!'

Wer der Meinung ist arabische Führer müssen immer pointierter auftreten als man es von Politikern aus dem Westen oder aus Fernost kennt, sieht es nicht ganz so dramatisch, weil dabei auch mitschwingt, solche Reden würden nur “der Straße zuliebe” gehalten. In Wirklichkeit sei auch ein Meschal pragmatischer.

Kann stimmen, ist aber in jedem Fall brandgefährlich, weil es zu einem Selbstläufer wird. Das konnte man sehen an Gamal abd el Nasser, der zwar in Wirklichkeit gemäßigter war, als viele Beobachter annahmen, der sich aber aufgrund des Drucks der Straße (und des Militärs) zusehends radikaler gab. Bis er nicht mehr zurück konnte.

Letztlich kommt es nur auf die Taten an. Auf beiden Seiten.

Hamas und der Islamische Jihad in Gaza setzen nach wie vor auf Gewalt und Militanz, um die Besatzung zu beenden.

Israel spricht zwar viel über Friedensliebe und Verhandlungsbereitschaft, fährt aber in der Westbank unbeirrt in ihrem Siedlungsbau fort und lässt Palästinenser durch ihre Siedler derart malträtieren, dass selbst ein israelischer General von Terrorismus spricht.

Letztlich scheint es Israel um genau dasselbe zu gehen wie Hamas-Führer Meshal. Der frühere Ministerpräsident Levi Eshkol hatte für die Inbesitznahme ganz Palästinas eine ähnlich prägnante Formulierung:

Ziege um Ziege, Hektar um Hektar

Eine Kassam-Rakete, die in die Negev fällt, richtet nur psychologischen Schaden an.* Jeder niedergebrannter arabische Olivenhain, jede zubetonierte Wasserquelle zerstört eine Familie. Das wird auch nicht durch “zivilisiertes”, “gemäßigtes” Auftreten israelischer Politiker geheilt.

Schaut auf die Taten. Der Rest ist Gerede.

* Damit soll der Raketenbeschuss keinesfalls klein geredet werden. Nur macht es hinsichtlich der medialen Aufmerksamkeit einen gehörigen Unterschied aus, ob alle Raketenangriffe von Hamas et.al. bei uns berichtet werden, oder ob zerstörte Olivenhaine, versiegelte Brunnen, abgebrannte Getreidefelder in der Westbank etc.pp. nie ihren Weg in unsere großen Medien finden. Diese Schieflage trägt dazu bei, die Palästinenser tendentiell als die Aggressoren anzusehen und die Israelis als die, die sich "nur" verteidigen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

schlesinger

"Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt" Jorge Louis Borges

schlesinger

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