Geil bleibt geil

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Sony und Universal glauben nicht mehr, dass Menschen Geduld haben, wenn es um Musik geht – Blödsinn! Ich habe sogar zwei Monate Geduld.

Alle klugen Menschen, die seit Jahren darüber grübeln, wie sich die Musikindustrie noch retten lässt, können ihre Arbeit einstellen. Sofort. Augenblicklich. Jeeetzt! Denn Sony und Universal haben das Problem gelöst. Haben sie soeben verkündet.

Der Gedankengang ist der: Bevor eine Single zum Verkauf angeboten wird, läuft sie zunächst einige Wochen im Musikfernsehen und im Radio, um die Nachfrage zu steigern. Weil aber niemand mehr Lust hat, so lange zu warten, besorgt er sich den Song entweder illegal oder verliert das Interesse und kauft lieber ein anderes Lied. Deshalb haben sich Sony und Universal gedacht: Wir sind so schlau, wir bieten den Song zum Verkauf an, sobald er im Radio läuft. So retten wir die Musikindustrie.

Liebe Berufsüberleger von Sony und Universal: Das ist doch nicht das Problem. Das Problem ist doch, dass es immer weniger Songs gibt, die so gut sind, dass ich sie auch nach sechs Wochen Wartezeit noch kaufe. Songs, die so gut sind, dass ich sie erst aus dem Radio mitschneide, und sie ein paar Wochen später sogar kaufe, weil sie mich noch immer daran erinnern, dass Musik das beste ist, was es abgesehen von Menschen gibt. Und ich kaufe mir nicht nur den Song, sondern gleich die ganze Platte. Eine Platte, liebe Menschen von Sony und Universal, wisst ihr noch, was das ist? Das ist ein zusammenhängendes Stück Musik mit einer Länge von deutlich mehr als dreieinhalb Minuten.

Es ist noch einige Tage bis März. Dann erscheinen neue Alben der Bands Bodi Bill und Wye Oak. Wye Oak ist ist ein Folk-Duo aus Baltimore. Die neue Platte heißt „Civilian“ und erscheint am 7. März. Bodi Bill sind drei junge Männer aus Berlin, die so genannten Indie-Tronic spielen, also Musik zwischen Rock- und Computermusik. Ihr neues Album heißt „What?“ und erscheint am 18. März.

Beide Bands bieten aber bereits jetzt einen Song der neuen Platte zum kostenlosen Download an. „Civilian“ von Wye Oak ist einer dieser Lieder, die leise beginnen, nur um dann aus sich selbst herauszubrechen. „Hotel“ von Bodi Bill hat Beats so präzise wie ein Skalpell und so trocken wie ein Zwieback. Und wie geil dazu erst Menschen tanzen werden.

Zwei Monate sind es noch, bis die CDs im Plattenregal liegen, liebe Männer von Sony und Universal. Ich würde ein Jahresgehalt darauf verwetten, dass ich mir beide Alben kaufe.

Den kostenosen Download von Wye Oak gibt es hier, von Bodi Bill hier.

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