Mich muss Manuela Schwesig nicht mehr überzeugen: Ich verbringe weniger Zeit mit der Erwerbsarbeit als meine Partnerin, und während unsere Anteile an der Kinderbetreuung exakt paritätisch sind, trage ich deutlich mehr Last, wenn es um die im Haushalt zu erledigenden Aufgaben geht. Klar, empört war ich, als Angela Merkel vor bald zwei Jahren den Plan ihrer Familienministerin Schwesig zur Einführung der Familienarbeitszeit abkanzelte. Doch bringen wird mir das Modell nichts mehr – zumal es in Bezug auf Kinder zwischen einem und drei Jahren gelten soll, unsere sind älter.
Die Familienarbeitszeit soll bewirken, dass Eltern mehr Zeit für die Familien- und weniger Stress mit Erwerbsarbeit haben. Wer weniger Zeit mit seinem Job verbringt, dem kompensiert der Staat einen Teil des Lohnausfalls, der im Vergleich zu einer Vollzeitstelle entsteht. Nur wenn beide Elternteile reduziert arbeiten, dann fließt die Kohle – Effekte wie beim Elterngeld, für dessen Bezug sich Mütter viel stärker und länger um Kinder kümmern als Väter, verhindert das. Merkels Abkanzeln 2014 haben die Denkfabriken hinter dem Modell, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung, für dessen Weiterentwicklung genutzt, die sie nun der Öffentlichkeit präsentiert haben.
Demnach zahlt der Bund Eltern, die jeweils zwischen 28 und 32 Stunden pro Woche einer Erwerbsarbeit nachgehen, pauschal 250 Euro pro Monat. Zuvor hatten die Forscher eine starre Arbeitszeitvorgabe von 32 Stunden und einen Lohnersatz, der sich prozentual am Einkommen bemisst, vorgesehen. Die neue Version ist also besser, weil sie den Kreis der Anspruchsberechtigten erhöht und gleich noch ein bisschen Umverteilung betreibt, da ein solcher Pauschalbetrag Geringverdiener gegenüber Haushalten mit hohem Einkommen bevorteilt. Die Familienarbeitszeit wäre vor allem aber ein kleiner Schritt auf dem langen Weg zur Anerkennung des Fakts, dass Familienarbeit mindestens genauso wichtig und wertvoll ist wie Erwerbsarbeit. Meinen Segen hat das Ganze, dann eben mehr aus politischen denn aus persönlichen Gründen.
Meine ostdeutsche Partnerin nämlich findet die Vorstellung, weniger als 40 Stunden in ihrem Job zu arbeiten, alles andere als erstrebenswert und hält mich wegen meiner gegenteiligen Meinung in dem Punkt für eine Art westdeutschen Hippie. In diesem Fall hilft also nur die ganz große Keule: Die allgemeine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich für alle, und zwar zwangsweise.
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