Aus des Dichters Werkstatt

Klassisch und lakonisch Clemens Schittkos Gedichtband „Ein ganz normales Buch“

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Hallo Jungs, alle mal zusammenhören, auch du Mann vom Freitag, der du sinnabstinent rumbloggst, weil du immer noch keine Freundin hast, die dich etwas ablenken könnte. Der Dichter Clemens Schittko schickte sittsam & sittlich heute in der zwölften Runde durch einen gekonnten Aufzählungshaken den Literaturtrieb in die ewigen Fussnoten der Literaturgeschichte. Klassicher K.O.!! Kostbar erwählte Worte, der Atavismus der Metaphern und missglückte Netzwerke samt ihrer Schwarmintelligenz fiel

en zu

Bo

den. .

Darauf erst mal einen Roten vom Lidl für 1, 69 Euro, wie der Dichter sagt. Denn Clemens Schittko ist sonderbar und eigenartig Und dies liegt keinesfalls an seinen Themen, die freilich andere sind als die der Bionadebewisperer in ihrem süsslichen Biedermeier. Einen Gedanken, der Schittko zufliegt, breitet er in akribischer Wiederholung und sanfter Abwandlung aus. „aber das hatten wir schon“, heisst es dann. Die Länge seiner Gedichte vertreibt die Langeweile.

Im„Germanifesto“ begegnet das Grundgesetz der Wirklichkeit. Oder in der Version, die Schittko nervt, Verfassung dated Realität.

Die Würde des Menschen

wird angetastet.

Die Persönlichkeit eines jeden

entfaltet sich nicht,

schon gar nicht frei.

Usw. (etc. bevorzugt Schittko) bis

zur Lottoziehung:

Der Rechtswegt ist ausgeschlossen,

und ohne Gewähr

sind (wie immer) die Angaben.“

Schittko verändert also einen Text durch Weglassung oder Hinzufügung eines schlichten Wörtchens. Das zeigt welchem Respekt er jedem einzelnen entgegenbringt. Derselbe Kniff bei der erfundenen Parlamentsrede zur „Generallyrik zur Situation in Lyrikdeutschland“. Die Lyrik drängelt sich überall vor und ist ein rechter Adabei. So gibt es Lyrikbrutto, Lyriknehmer, Lyrikproduktion, Lyrikmeister.......Das Rotwelsch der Politik, das unablässig aus Internet und TV quillt, wird nur durch Klamauk erträglich.

Trinklied“ gefällt mir durch seine Lakonie und gleichzeitig wilden Assoziationsstrom am besten.. Leute trinken, kommen und gehen und Schittko kommt vom Trinken zu Kommen und Gehen und Internet.

Hauptsache, man ist irgendwie abgelenkt

Hauptsache, man ist beschäftigt und kann sagen,

dass man beschäftigt ist“

Schittko fängt seitenlang von vorne an und wiederholt sich ständig. Er versichert dem Leser:

ich will nicht wieder von vorne anfangen

ich will mich nicht ständig wiederholen“

In ein paar Jährchen wird das Feuilleton schreiben, dass Schittko die deutsche Sprache entschlackt und vom rhetorischen Plunder befreit habe.

Bis dahin noch einen schönen Schittkogedanken: „Ich schreibe Gedichte, weil ich den Erzählstrukturen der Prosa, speziell der Romane, misstrauen. Die Wirklichkeit, wie wir sie wahrnehmen, läuft auch nicht nach bestimmten Handlungsmustern ab – jedenfalls nicht die Gegenwart.“ Der Prosa wirft Schittko vor, sie verhehle ihre Konstruktion. Schittkos Geheinis besteht dagegen darin, seine Technik offen zu legen. Schittko führt vor, wie man den Zauberspruch bastelt. Schittko ist der Handwerker mit 24 Werkzeugen. Also das Gegenteil der marktgängigen, konformierenden Selbstinszenierung als dunkel-raunender, unverstandener Geistesriese. (Dichter und Priester = Depp, sagt Arno Schmidt dazu)

Nicht zufällig schreibt Schittko auch auf niederländisch. Im Klassiker Paul van Ostaijen hat er einen Geistesverwandten. Der schickt ihm druckfrisch aus dem Elysium eine Würdigung:

Paul van Ostaijen

HULDEGEDICHT AAN SCHITTKO

Schittko

Schittko

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wie zegt dat

waar is het bewijs jawel hij heeft gelijk Panem et Schittkoem Panem et Schittkoem Panem et Schittkoem Schittkoem Schittkoem SCHITTKOS GEDICHTENBOEK IS DE BESTE Schittkos Faszination besteht darin, dass er nachahmbar ist.

Ein ganz normales Buch

freiraum verlag, Greifswald

2016 · 132 Seiten · 14,95 Euro

ISBN:

978-3-943672-96-1

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