Perlen der Propaganda (5)

Quergelesen: Die FAZ-Wirtschaftsredaktion betreibt Volksverdummung.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Heute: Wie Amerikas sinkende Produktivität den Wohlstand gefährdet" von Winand von Petersdorff-Campen und Philip Plickert. Ein schönes Beispiel für mutwillige Desinformation.

Hier heißt es: „Die Arbeitsproduktivität steigt nur noch langsam, in Amerika fällt sie sogar. Ökonomen rätseln noch über die Gründe […] Ökonomen, Statistiker, Politiker und Notenbanker rätseln, wie die angebliche Innovationswelle und die Flaute der Produktivitätsstatistik zusammenpassen

Dazu werden einige abwegige Erklärungen angeboten:

  • Messfehler: „Ein Beispiel: Googles Suchmaschine ist sehr nützlich, aber es wird kein Preis für die Suchabfragen verlangt. Daher taucht diese Leistung nicht in der Bruttoinlandsprodukt-Berechnung auf – und entsprechend fallen auch die Produktivitätsstatistiken zu niedrig aus.“

Der Satz ist gleich zweifach falsch. Zum einen steigt die Produktivität nicht mit den Produktionskosten sondern gerade umgekehrt. Würde also beim Erstellen von Gütern die Suchanfrage auf Google Geld kosten, würde das nicht die gemessene Produktivität steigern, sondern senken. Man erahnt aber, was der Autor uns sagen will: dass nämlich Google doch fortschrittlich sei und die Produktivität steigere. Richtig! Nur wird dieser Produktivitätszuwachs sehr wohl gemessen. Denn der Angestellte, der Zeit bei der Recherche spart kann sich in der selben Zeit anderen Aufgaben zuwenden – die Lohnstückkosten sinken, die Produktivität steigt.

  • Prinzip Hoffnung: „Es könnte sein, dass die Innovationskraft zwar intakt ist, dass es aber länger dauere, bis sich die Digitalisierung in der Breite durchsetze.

Womit die Frage, warum die Produktivität sinkt, nicht im Mindestens beantwortet wird. Aber man kann sich vorstellen, dass doch noch alles gut wird, weil, es muss erst Zeit vergehen. Warum? Weiss man nicht.

  • Dumme Arbeiter: "Ein Grund [...] in Deutschland war, dass seit 2005 etwa 3 Millionen Arbeitslose wieder in die Wirtschaft integriert wurden [...]Die Arbeitsproduktivität der ehemaligen Hartz-IV-Bezieher, darunter viele Geringqualifizierte, ist niedrig; das drückt den Durchschnittswert."

Wie man hier sieht, schlicht unwahr. Die Arbeitsproduktivität ist just 2005 nach oben geklettert. Aber so findet sich zumindest ein Sündenbock. Schön sieht man auch, dass der Knickpunkt der Arbeitsproduktivität exakt mit dem Beginn der Finanzkrise ab 2007 zusammenfällt.

Womit wir bei den plausiblen Gründen für einen Knick im Produktivitätswachstum – oder gar einem Produktivitätsrückgang – sind.

Ihr erinnert euch an die Kurzarbeit? Arbeitnehmer wurden staatlich subventioniert nach Hause geschickt um die Überproduktion zu drosseln. Betroffen waren vor allem Automobilindustrie und Maschinenbau, also Branchen mit hoher Produktivität. In der Unsicherheit und bei wild schwankenden Rohstoffpreisen haben Unternehmen Investitionen verschoben oder gar Kapital aus den Unternehmen abgezogen – alles zu Lasten der Produktivität.

Langfristig liegt der wesentliche Grund für geringere Produktivität in Niedriglöhnen. Ja, in Niedriglöhnen. Warum?

Man spricht hier von der Faktorausstattung eines Landes. Ein Land, das viel billige Arbeit anzubieten hat, wird sich auf die Produktion solcher Güter spezialisieren, die mit viel billiger Arbeit hergestellt werden. Wenn also Schröder davon geschwärmt hat, einen neuen Niedriglohnsektor zu schaffen kann man genau hier nach dem Grund für sinkende Produktivität suchen.

Aber auch bei der Produktion kapitalintensiverer Güter wirken sich stagnierende oder sinkende Löhne aus. Ein Unternehmen steht dann zB vor der Wahl, eine Sortiermaschine zu kaufen oder lieber einen prekär beschäftigten einzustellen, der dieselbe Arbeit verrichtet. Automatisierung lohnt sich da, wo Arbeitskraft ein teures Gut ist.

Weswegen übrigens auch Frankreich über eine höhere Arbeitsproduktivität verfügt, als Deutschland. Aber das werden sie in der FAZ nicht lesen.

Wer technischen Fortschritt will muss dafür sorgen dass sich die Löhne der Produktivität angleichen. Ansonsten gleicht sich die Produktivität den Löhnen an – auf niedrigem Niveau! Eine dauerhafte Entkoppelung von Produktivität und Löhnen gibt es nur in der Wunschtraumwelt beschissener Ökonomen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Sikkimoto

Linkspopulist & Wutbürger

Sikkimoto

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden