Spanien hat gewählt, und es ist tatsächlich so spannend geworden wie vorhergesagt. Die Medien bezeichnen den konservativen Regierungschef Rajoy als "Wahlsieger", tatsächlich hat seine PP jedoch 16 Prozent bzw. 63 Sitze verloren. Dass das alte Zweiparteiensystem beendet werden würde, war seit Jahren klar und hatte sich bereits bei den Regionalwahlen im Mai gezeigt. Wie dies genau aussehen würde haben die Medien jedoch wieder einmal grandios falsch eingeschätzt: Nachdem im Frühling zeitweise die neue linke Podemos-Partei in Umfragen führte, wurde diese in den letzten Monaten offenbar gezielt schwach- und die auf nationalem Niveau ebenfalls neuen Ciudadanos starkgeschrieben.
Der zeitweise möglich scheinende Wahlsieg von Podemos, in den Medien gern fälschlicherweise als "Protestpartei" abgestempelt, hatte sich mit der Unterzeichnung des Abkommens zwischen Griechenland und seinen Gläubigern am 13. Juli erledigt. Nichts Anderes dürfte auch das Hauptziel dieser Demütigung von Alexis Tsipras gewesen sein: Was ist ein "rotes Athen" gegen die Gefahr eines "roten Madrids"? Die ursprünglich aus Katalonien stammenden Ciudadanos hingegen werden zwar medial wahlweise als "liberal" oder "wirtschaftsfreundlich" betitelt - tatsächlich stehen sie jedoch politisch klar rechts und sind von der PP inhaltlich kaum zu unterscheiden, auch wenn sie sich ein jugendliches Reformer-Mäntelchen umhängen. So blöd sind die meisten WählerInnen also offenbar doch nicht, dass sie eine derart durchsichtige Kampagne zur Rettung der konserva- tiven Mehrheit nicht erkennen und sich nach Jahren sozialer Proteste so schnell wieder von Podemos abwenden würden.
Die Ergebnisse der Wahl: PP 123 Sitze, PSOE 90, Podemos 69, Ciudadanos 40, ERC-CATSI 9, DL 8, PNV 6, Unidad Popular En Comun 2, EH Bildu 2, CCa-PNC 1. Aufgrund der Verteilung der Sitze über die Stimmenanteile in den Regionen ist die Sitzverteilung nicht proportional zur Stimmenzahl, so erzielten PP 28,7%, PSOE 22%, Podemos 20,7% und Ciudadanos 13,9%. (ERC-CATSI: katalanische Linksnationalisten, DL: katalanische konservative Nationalisten, PNV: baskische konservative Nationalisten, Unidad Popular En Comun: Sammelbewegung der Linken Madrids, EH Bildu: baskische Linksnationalisten, CCa-PNC: kanarische Nationalisten)
Optionen...fast keine.
Damit haben die "rechten" PP und Ciudadanos zwar einen leichten Vorsprung von 163 zu 159 Sitzen gegenüber den "linken" PSOE und Podemos, aber das nützt ihnen wenig, weil weder baskische noch katalanische Nationalisten mit den Erz-Zentralisten der PP koalieren werden. Selbst für eine denkbar knappe Mehrheit unter den 350 Abgeordneten fehlen den Rechten 13 Sitze. Eine Koalition aus PSOE und Podemos sowie ERC, baskischen Nationalisten und Unidad Popular wäre zwar rechnerisch (und vielleicht sogar politisch, um die PP zu verhindern und bestimmte Reformen zu ermöglichen) möglich, aber sicherlich wenig dauerhaft. Der früher oder später unweigerlich einsetzende interne Streit würde zum Zerbrechen der Koalition führen und damit letztlich wieder der PP helfen.
Damit dürfte es wohl auf eine "große Koalition" aus PP und PSOE hinauslaufen, bei der sich beide Seiten genau belauern und auf einen für sie günstigen Zeitpunkt warten, um das Bündnis platzen zu lassen und Neuwahlen zu erzwingen - ähnlich wie in Griechenland von Mitte 2012 bis Ende 2014 unter Samaras. Beide Parteien eint ihr Interesse an "Stabilität" und daran, allzu drastischen Wandel und eine ernsthafte Trockenlegung des Korruptionssumpfes zu vermeiden. Auch in der Frage des katalanischen Seperatismus liegen ihre Positionen nicht weit auseinander, und dass es die "sozialistische" PSOE unter ihrem geradezu jugendlichen neuen Vorsitzenden Sanchez mit ihrer Ablehnung der Austeritätspolitik Ernst meint, muss sie erst noch beweisen. Vielleicht wäre ein solches Bündnis sogar stabil genug für die gesamte Legislaturperiode, wenn die PP sich etwas flexibler zeigte als in der Vergangenheit? Dass es die EU-Aufseher mit der Austerität in Zeiten von Terrorhysterie und Aufstieg nationalistischer Parteien nicht mehr ganz so genau nehmen, hat auch Rajoy bereits feststellen dürfen.
Dauerhafte Verschiebung oder Strohfeuer?
Für die politisch noch relativ unerfahrenen Podemos muss es kein Nachteil sein, nicht zu schnell in Madrid Regierungsverant- wortung übernehmen zu müssen - daran sind schließlich schon viele junge Parteien gescheitert. Nicht zuletzt dank der medialen Präsenz ihrer Galionsfigur Pablo Iglesias könnte es ihnen gelingen, weiterhin wichtige (v.a. soziale) Themen in die Diskussion zu bringen und so die Regierung vor sich herzutreiben. Zugute kommt ihnen dabei auch, dass die beiden größten Städte Madrid und Barcelona von populären Bürgermeisterinnen aus ihrem Umfeld regiert werden. Insofern könnten Podemos auch in der Opposition durchaus eine gewisse Wirkung erzielen und sich damit dauerhaft etablieren. Ob das auch für die Ciudadanos gilt, darf indes bezweifelt werden: Weder vertreten sie eigenständige politische Positionen, noch dürfte ihre faktische Rolle als Mehrheitsbeschaffer für die PP in etlichen Regionen ihre Glaubwürdigkeit als "Erneuerer" steigern. Dieses Risiko besteht jedoch für Podemos bei ihren regionalen Bündnissen mit der PSOE ebenfalls.
Alternativ könnte es natürlich durchaus sein, dass die Koalitionsverhandlungen irgendwann ergebnislos abgebrochen und Neuwahlen angesetzt werden (laut Gesetz frühestens in zwei Monaten), aber inwiefern könnten sich PP und PSOE davon einen Vorteil erhoffen? Würde diese Unfähigkeit der Etablierten nicht die WählerInnen erst recht in Scharen zu den "Neuen" treiben? Und rein theoretisch gäbe es auch noch die Möglichkeit einer von der PSOE geduldeten Minderheitsregierung von PP und Ciudadanos, bzw. PSOE und Podemos mit Duldung durch die Ciudadanos. Aber auf eine so offensichtlich nachteilhafte Konstellation dürfte kaum eineR der Beteiligten große Lust verspüren.
Kommentare 27
Die Gesellschaft in Spanien ist gespalten, ganz Europa, die ganze Welt, gespalten.
Warum?
Ich bin weniger pessimistisch. Neuwahlen scheiden m.E. aus, weil's dann fuer die alten Parteien nur noch schlimmer kommen wuerde.
M.E. muss es eine Regierung ohne Rajoy geben und ein sozialistischer (PSOE) Ministerpraesident geht auch nicht. Das sind alles Leute des ancient regime.
Die sozialistische Partei koennte sich aber bei den Waehlern "rehabilitieren", wenn sie in eine Regierung mit dem linken Iglesias einsteigt. Der brauchte dann noch ne 10% Partei fuer die Mehrheit.
Und warum nicht mit den Neuen Liberalen (Konservativen)? Syriza regiert von Anfang an zusammen mit Nationalisten.
Ich halte das fuer eine wahrscheinliche Loesung, die zudem den Charm haette, dass die EU in eine Schreckstarre fiele. Spanien ist schliesslich eine der groessten Volkswirtschaften in Europa. Wenn die nicht mehr wie gewohnt mitspielen....
Das sieht doch nur so aus. Von aussen.
The world is one.
Anfang der 80er-Jahre hatte ich beruflich sehr viel in Spanien zu tun und lernte da vom Wirtschaftsattaché der deutschen Botschaft bis zu hochrangigen Bankern einige Menschen kennen, die zum "innersten Zirkel" derer gehörten, die in Spanien das Sagen hatten. Es gibt bei Madrid den sog. "königlichen Club", das sind so ca. 2000 Menschen , die sich dort treffen, miteinander diskutieren und entscheiden, was in der nächsten Zeit so ansteht.
Das ist zwar schon eine ganze Weile her....aber daran dürfte sich nicht viel geändert haben.
"Für die politisch noch relativ unerfahrenen Podemos muss es kein Nachteil sein, nicht zu schnell in Madrid Regierungsverant- wortung übernehmen zu müssen - daran sind schließlich schon viele junge Parteien gescheitert."
Das sehe ich auch so. Wenn man wirklich etwas an den Mustern und Strukturen verändern will, die uns gesellschaftlich und politisch in Europa bestimmen, dann kann das auch gar nicht von einem einzelnen Staat allein ausgehen. In diesem Jahr ist so einiges geschehen in der Hinsicht. Das hellste Feuer, Syriza war auch sehr schnell wieder runter gebrannt. Portugal, jetzt Spanien und die gegenläufige Bewegung in Osteuropa, die einem ja nur noch Sorge bereiten kann. Ich denke, dass das gesamte System Europa völlig in Bewegung gekommen ist und dass es wichtig ist, in längeren Zeiträumen zu denken, als in nur einer Legislaturperiode. Ich hoffe, dass die Podemos Leute sich nicht durch die Professionalisierung korrumpieren lassen, in die sie jetzt zwangsläufig hineingeraten und ihre ursprünglichen Ziele nicht verraten. Ich finde, gerade mit Blick auf das, was in Polen und in Ungarn passiert ist es enorm wichtig, ganz Europa im Blick zu behalten und bewusst ein Gegengewicht zu dieser Reaktion zu entwickeln, das die liberalen Tendenzen in der EU koordiniert und stärkt. Eine Langzeitentwicklung, in deren Rahmen, diese unsägliche Osterweiterung hoffentlich irgendwann einmal wieder an Bedeutung verlieren wird.
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(fragen Sie Podemos...)
Reiche werden reicher, Arme werden ärmer. Seit 35 Jahren, dem Neoliberalismus sei Dank. Wenn die Armen darauf keine Lust mehr haben, wird ihre Wut in rassistisch-nationalistische Bahnen abgelenkt. Leider nichts ganz Neues.
Darauf läuft es momentan in der Tat hinaus. Der neue PSOE-Chef ist jung und persönlich wohl eher unbelastet. Eine Zusammenarbeit mit den Ciudadanos ist aber ausgeschlossen, weil die keinerlei Interesse daran haben, die wirtschaftliche Situation der Menschen zu verbessern und sich ggf. mit Brüssel anzulegen.
Das wird zwar die EU verändern, aber nicht in eine "Schockstarre" fallen lassen, da diese Möglichkeit mit Sicherheit längst durchgespielt wurde. Schon Rajoy hatte die Austeritätspolitik deutlich abgeschwächt, und auch jetzt werden Kompromisse möglich sein, zumal es m.E. kein Interesse an einem erneuten öffentlichen Großkonflikt gibt. Die Anleihenkäufe der EZB dürften auch ein probates Druckmittel sein...
....ist es nicht so, dass in unserer Gesellschaft Armut etwas verworren betrachtet wird?
Die Maßstäbe sind in meinen Augen irrsinnig!
Menschen die nicht mit der Kaufkraft ausgestattet sind, im Segment jener mitzukonsumieren, die für sich drei, vier oder wenn mann das 1% betrachtet, dass lebt als gäbe es für sie 50 Erden, schon freizusprechen, da dies Grund für Wut und Frustration sein, kann ich nicht.
Mich widern diese Massen an, die da plärren und ständig messen, jammern, vergleichen, sich benachteiltigt fühlen - und dann würdelos für einen Euro in Parks Scheissdreck aufsammeln.
Wo sind sie, die freien Menschen, die mit einem Verstand bedacht, diesem System die kalte Schulter zeigen?
Die Reichen werden nur reicher, da die Armen ihre Leben willig opfern.
Dass sie, quasi Gipfel der Dummheit, als gäbe es der Beweise für die instinktive Verlorenheit, die Absenz des Verstandes nicht schon genug, am Ende sogar den gräßlichsten Fratzen nachkriechen, lässt mich fast die Folgen als verdientes Los begrüßen.
Meine Antwort auf die Spaltung der Gesellschaften lautet - der Mensch ist ein feiges Hordentier, just zufrieden, in dem Augenblick, da er ein scheinbar sicheres Zuhause gefunden hat, egal was nebenan geschieht - ja gespalten ist der Mensch gar in sich, einerseits flehentlich der Gruppe zugetan, andererseits rücksichtslos seinen Vorteil suchend.
Nicht erst seit 35 Jahren läuft dieses Verhaltensmuster in den menschlichen Horden ab, sie können wohl einige Nullen anfügen.
Es ist ein trauriges Rätsel, der Verrat des Menschen an seinem Verstand. (... und ich behaupte, selbst die reichsten Artgenossen sind armseelige Individuen, getrieben, unzufrieden, sich gierig nach dem Mehr reckend...... - mehr Macht, mehr Besitz, mehr "Schönheit", ja - seit ewigen Zeiten - mehr Lebenszeit.....)
Nur die Masse gestattet dem "erfolgeichen" Hordenmitglied, dass im Schatten seiner Paläste seit jeher nicht wenige jämmerlich verhungern, neuerdings gestattet sie gar, das jene ganz nochchalant neben die soziale, eine ökologische Spaltung betreiben - wenige bewohnbare Zonen für die Sieger, wohl fast als todeszonen zu bezeichnende "Vegetationsräume" für die Diener, die Sklaven, die willigen Helfer ...... - wie soll man die arbeitenden Schichten mit Wohlwollen betrachten?
Fragen Sie nicht nach meinem Lebensentwurf - er ist nicht gesellschaftsfähig, doch lieber wär ich tod, als eine Arbeitsdrohne.
>>...die gegenläufige Bewegung in Osteuropa,...<<
Ich denke, die Leute müssen erst von ihren Führen heftig enttäuscht werden bevor sie was lernen. Das dauert, aber wird zweifellos passieren.
>>Reiche werden reicher, Arme werden ärmer. Seit 35 Jahren, dem Neoliberalismus sei Dank.<<
Das ist schon länger so. Allerdings wurde die Bereicherung der Besitzenden durch Verarmung der Nichtbesitzenden mit dem Endsieg im „Kalten Krieg“ wieder beschleunigt.
Wir können natürlich das Ende des Endsieges herbeiführen. Allerdings müsste es eine Mehrheit wollen. Das ist bis jetzt (in Europa) immer nur partiell der Fall: wo es den Leuten dreckiger als anderswo. Die bislang noch eher glimpflich davon kamen, möchten ja nicht glauben, dass es auch mit ihnen abwärts geht. Nur eben langsamer bzw. später...
>>Die Reichen werden nur reicher, da die Armen ihre Leben willig opfern.<<
Das ist zweifellos so. Es fällt offenbar vielen Untertanen schwer, sich von der Verblödungstaktik der Herrschenden fernzuhalten.
>>Fragen Sie nicht nach meinem Lebensentwurf - er ist nicht gesellschaftsfähig, doch lieber wär ich tod, als eine Arbeitsdrohne.<<
Nein, fragen lohnt sich wohl nicht. Individuelle "Lebensentwürfe" sind eben keine "Gesellschaftsentwürfe". Sondern individuelle Lösungen, die einer individuellen Situation entspringen.
Die "Schockstarre" koennte ausbrechen, weil jetzt in Suedeuropa die Sparpolitik massiv in Frage gestellt wird, von Griechenland bis Spanien. Das ist ca. ein Drittel des EU BSP (wenn ich nicht irre.) Eine solche Bewegung gegen den deutschen Kurs kann auch Draghi nicht auffangen. Mal sehen, wie Renzi sich jetzt positioniert. Ob der nur droht und meckert oder tatsaechlich was aendern will.
Zur Ciudadanos: mich wuerde es nicht wundern, wenn die sich der linken Regierung andient. Das ist ja die Partei, die die Interessen des "neuen" Kapitals vertritt, das sicher beim "Neubeginn" mitreden wuerde.
Rajoy vertrat das alte, noch frankistische (faschistische) Kapital, dessen Einfluss jetzt am Ende geht.
Die neue Linksregierung sich wohl nicht mit einer der seperatistischen Klein-Parteien,verbuenden. Damit waere die neue Regierung innenpolitisch zu leicht erpressbar.
Aber man muss das wohl abwarten.
Weltweit betrachtet ja, aber auf Europa und Nordamerika bezogen fällt diese Entwicklung sehr eindeutig mit dem Aufstieg des Neoliberalismus ab 1979 zusammen.
Linksruck in Südeuropa, Rechtsruck im Norden und Osten, und beides hat dieselbe Ursache: Die zunehmende soziale Ungleichheit und Existenzängste der Menschen. Der "Endsieg" entpuppt sich immer mehr als Pyrrhussieg, weil das Resultat vollkommen instabil ist.
Die Frage ist, was daraus folgt: Ich gehe davon aus, dass der Druck von links und die Sorge vor einer Verschärfung der Konflikte in Europa zu maßgeblichen Reformen führen werden - auch ohne linke Mehrheit. Unklar ist mir, wie es in den USA aussieht: Ist das Land reformfähig?
Diese Sichtweise ist ja nachvollziehbar und in sich konsistent, aber ich sehe nicht ganz, was das uns politisch-gesellschaftlich bringen soll. Das Bildungsniveau sinkt seit Jahrzehnten, und das ist mit Sicherheit auch beabsichtigt, damit die Menschen nicht mehr Partizipation einfordern. Mag sein, dass die Unmündigkeit dennoch weitgehend selbstverschuldet ist - aber es kann keine Alternative sein, deshalb einfach "selbst schuld!" zu sagen und keine Verbesserung mehr anzustreben. Zumal darunter auch viele Menschen leiden, die sich sehr wohl des Problems bewusst sind, gerade auch im Globalen Süden.
Früher war nicht alles besser. Es gab andere Formen der Ablenkung und Herrschaftssicherung, und nur in seltenen Ausnahmefällen nahmen die Menschen das Schicksal in die eigenen Hände - wenn es gar zu schlimm wurde.
In der Tat. Gerade denke ich, wenn PSOE und Podemos es geschickt anstellen, können sie die rechten Parteien bloßstellen und damit bei Neuwahlen profitieren, etwa wenn Ciudadanos sich klar gegen die von Podemos vorgeschlagenen demokratischen Reformen aussprechen. Das könnte gut deren tieferer Sinn sein. "Neues Kapital" bezweifle ich etwas, auch angesichts des teils sehr rechten C's-Personals. Worauf gründet sich diese Annahme?
Es ist nicht nur Südeuropa - auch im Norden und Osten gibt es starke anti-Austeritäts-Stimmungen, aber die wenden sich leider nach rechts. Dass die EZB bis 2017 Nullzinsen garantiert, sorgt bis dahin für eine gewisse Entspannung auf dieser Front - aber danach (und nach der Flüchtlingsdebatte) dürfte es wieder stärker in den Fokus rücken.
Früher war nicht alles besser. Es gab andere Formen der Ablenkung und Herrschaftssicherung, und nur in seltenen Ausnahmefällen nahmen die Menschen das Schicksal in die eigenen Hände - wenn es gar zu schlimm wurde.
Mir ist es im Grunde seit meiner Kindheit - zu schlimm.
.... ich habe das große Glück, ohne Not leiden zu müssen, ein freies Leben führen zu können - ich lasse mir auch von Besitz die Freiheit nicht nehmen.
Eine politische Kraft, die tatsächlich die Umstände in Richtung Egalität, Solidarität (die ab und an ja zu beobachten ist....) und Freiheit in einem hegelschen Sinne bewirkte, müsste zwangsläufig von einer großen Zahl, der großen Mehrheit im jeweiligen "Staatsgebiet" ausgehen - nur wenn das Individuum sich regt, wird es zum Teil einer Gemeinschaft, als passives, erduldendes Wesen, bleibt es schlicht entweder "Nützling" oder "Schädling" - wobei die Zugehörigkeit zur jeweiligen Kahtegorie von den wirksamen Individuen - eben den Führungsfiguren - den herrschenden "Blöcken", sowie der schweigenden Mehrheit bestimmt wird.
Falls ich zum Ausdruck brachte, ich wünschte keine Verbesserung, tut mir dies leid, so meinte ich es nicht.
Einzig ich bin überzeugt, innert des Systems wird es diese Verbesserung nicht geben - es bedarf einer grundlegenden Revision - einer Revision die nur Erfolg haben kann, so sie ohne Gewalt erfolgt, so die Menschen eine Zeit der Umbrüche in Kauf nehmen, in der sie in die Pflich genommenb werden, in die Pflicht, Opfer zu bringen, um einer anderen Zukunft Willen.
Opfer können im Übrigen nur jene bringen, die sich heute zu den "Gewinnern" zählen, jene, die im Grunde das Spiel erfolgreich betreiben, obschon sie es bemängeln.
Doch da tut sich schon die erste Barriere auf, jene in den "linken" Spektren, die als Multiplikatoren einer neuen Gesellschaft dienen könnten, schwelgen leider nur allzu gerne in den ganz banalen konventionellen materiellen Statusmustern und kommen nicht minder lächerlich daher, wie die Popanze aus den bürgerlichen Ecken.
Wer glaubt eine gerechte, am Materialismus orientierte Gesellschaft, begründen zu können, dessen Theorie kann sich nicht an die alten Maximen etablierter Staatsphilosophen orientieren, da diese erwiesenermaßen ins Leere laufen.
"Der Revolutionär muss sich unter den Massen bewegen wie ein Fisch im Wasser." - ohne ein Anbindung an die Welt, in der die meisten Menschen leben, wird es schwerlich möglich sein, eine Mehrheit zu erreichen.
Allerdings glaube ich, dass der Wandel eher von oben als von unten kommen wird, wie es in der chinesischen Geschichte m.W. immer war. Das bringt zwar dann vielleicht kein Mehr an Freiheit, aber an Sicherheit und Stabilität.
Allerdings glaube ich, dass der Wandel eher von oben als von unten kommen wird, wie es in der chinesischen Geschichte m.W. immer war. Das bringt zwar dann vielleicht kein Mehr an Freiheit, aber an Sicherheit und Stabilität
Ich bin keine Revolutionärin, da die Revision, so wie ich sie verstehe, keiner Revolution bedarf.
Mir liegt das Ghandi Zitat auf den Fingerkuppen (sei du selbst die Veränderung, die Du dir für die Welt wünschst.... - oder so ähnlich....) - doch was nutzen Sprüche?
Nichts - nein, es muss aus dem eigenen Antrieb erfolgen.
Ganz simpel in dem Sinne - alle im deutschen Automobilsektor Beschäftigten hören morgen für immer auf Autos zu bauen, die mehr als 600 kg wiegen (ich bin keine Ingenieurin.... - bitte es ist nur ein Beispiel...) - sie lieben ihre Kinder, sie verstehen, dass ihr Produkt im Grunde ein zerstörerisches Gut ist, sie wissen, wie man eine Fabrik betreibt - die Planungssabteilung weiß, wie man Fahrzeuge konzipiert und herstellt - einzig die Direktione und die Aktionäre zwingen die vielen Hunderttausend Menschen dazu jene Produkte zu produzieren, die das Marketing den Massen als Bedarf in die Hirne pumpt.
Ja, ein utopischer Traum - doch er wäre verblüffend einfach zu realisieren.
Die Aktien verfallen wertlos, die Belegschaften fangen bei Null an, doch sie akzeptieren keine Führungsebene mehr, sie sehen sich jedoch in der Lage die Grundstoffe und eine existenziell sichere Versorgung für sich und ihre Familien durch die Produktion neuer Varianten zu ermöglichen - womöglich werden sie binnen kurzer Zeit zu Protagonisten einer neuen Individualmobilität - und andere Länder - Produktionsstandorte folgen ihnen.
Falls man ihnen die Fabriken verweigert, schließen sie sich in Kooperativen zusammen und man beginnt ein minimalisisches Dasein - in jedem Falle würde die deutsche Volkswirtschaft einen veritablen Kollaps erleiden.
Man kann das weiter flechten - z.B. arbeiten Mediziner nicht mehr nach Renditevorgaben, sondern nach dem Vernunftprinzip im Sinne von Menschenwürde - natürlich - ein schwammiger Aspekt - ich denke aber der Kern der Aussage ist längst klar.
Wahrscheinlich werden ökologische Zwänge in spätestens zwei Dekaden ohnehin eine grundlegende Transition bedingen - dann unter den unmittelbaren Zwängen, die sich aus dem simplen 'Aspekt des Überlebenwollens ergeben.
Dann geht es nicht mehr darum, wie zahle ich mein Haus ab, sondern darum, werde ich morgen noch genießbares Essen finden, werde ich die Luft noch atmen können, werde ich sauberes Wasser finden.
Übrigens Aufgabenstellungen, denen sich heute schon etwa eine Milliarde Menschen täglich widmen müssen, knallhart - auf Leben oder Tod.
Wir ignorieren die wahre Natur unseres Treibens.
In unserer Gesellschaft gilt ein Mensch als erfolgreich, der ein maximal destruktives Lebensmodell exekutieren kann und darf, ja, der dafür bewundert wird - von der Mehrheit der Artgenossen.
Paradox, gerade in jenen Ländern, wo die Menschen ohnehin furchtbaren Druck bewältigen müssen, ist der Traum von solchen Lebensentwürfen inzwischen geradezu grotesk lebendig.
Ich bin überzeugt, wenn nicht irgendwo eine Gesellschaft ostentativ neue Entwürfe zu leben beginnt (nicht eine winzige Kommune mit 20 Artgenossen auf einer Burg..... - die gibt, die gab es immer..... ), werden hinter den Phrasen die Realitäten immer deutlicher, auch in unseren Breiten, hervortreten und dann wird es für viele Menschen zu späte sein, zu reagieren, sie werden schlicht das erleben müssen, was wir bislang nur aus den absoluten Elendszonen der menschlichen Gesellschaften gewohnt sind.
Dann gilt der Spruch eines M.G. noch wesentlich drastischer - Wer zu spät handelt, den bestraft das Leben!
Wir leben in spannenden - sehr spannenden Zeiten - und wie göttlich, wir können das Elend vom Divan aus betrachten und uns die Trüffel von unseren Dienstsklaven servieren lassen ;-)......
Mir persönlich nutzt Eure Systemtreue - ohne Euch wäre mein Leben vielleicht weniger amüsant, zumal ich dem Zynismus nicht abgewogen bin.
in sternklaren vollmond-nächten tausche ich die sänfte mit der barke und lasse mich vom klang der mandolinen erlösen von den anstrengungen des ziel-strebigen denkens.
Die bislang noch eher glimpflich davon kamen, möchten ja nicht glauben, dass es auch mit ihnen abwärts geht. Nur eben langsamer bzw. später...
Das Paradoxon bezüglich der "Liebe" zu den Kindern - müsste es ich eher Verachtung statt Liebe lauten?
Sehenden Auges in den Abgrund zu rennen, hoffend, der Fall käme erst nach dem eigenen Ablaufdatum - das gerne noch einige Dekaden entfernt sein darf - dazu gehört schon eine gehörige Protion Verachtung den eigenen Nachkommen gegenüber.
Vor allem jene, die Zeit und Muse zur Reflektion haben, in der Regel die "bessergestellten" Damen und Herren, muss diese Verachtung besonders ausgeprägt sein.
Diese Menschen wissen wohl welche Probleme unmittelbar vor der Türe stehen, sie können doch nicht so naiv sein, zu glauben, ein hoher Zaun würde ihre Nachkommen vor diesen behüten.
Bei den täglich im Hamsterrad strampelnden - vor allem den Milliarden in den Schwellenländern - bin ich mir nicht so sicher.
Diese Menschen träumen wohl ganz unbedarft vom Wohlstand, den sie in den Werbebotschaften aufsaugen.
Ich fürchte, das gilt sogar für manche Gruppe von Menschen in unserer europäischen Gesellschaft - vor allem die bravsten Untertanen, scheinen den Glauben an die bequemsten Parolen nie aufzugeben.
Exkulpation für die indoktrinierten Massen?
Ich denke Nein - den hinter jeder Stirn liegt ein menschliches Gehirn!
... und wieder lande ich beim Verrat des Individuums, das es an seinem Verstand begeht.
Bei den "Eliten" handelt es sich jedoch um blanken menschenverachtenden Zynismus - und da mache ich keine Ausnahme!
... wir selbst - dieses Forum hier - eine nette Gelegenheit sich zu unterhalten - für das ein oder andere junge Menschenwesen eine Möglichkeit zu Übung, für einige ganz liebe - vielleicht - die ehrliche Hoffnung etwas bewegen zu können?
Ich bin erst kurz hier, gedenke mich zu unterhalten, bis dato macht es Spaß, es füllt die Wartezeit erfreulich ..... - und das Entlassen von niederschmetternden Gedanken, befreit ein klein wenig, befreit von der Last, der Last jenes Zynismus, den ich wohl selbst täglich lebe.
In diesem Sinne, Dank für jegliche Replik.......
nicht eher.....
... auf den Wellen, sanft geschwungen
vom Liebreiz umarmt
reisten jene ohne Erbarmen
dorthin, wo die Lust alles umgarnt
wohl jener, derer Barke in die Arme eines stattlichen Neptun versinkt...............
Mein Denken ist - wohl zu meinem Glück
schlicht und ohne Anspruch
doch just erfreut mich jener Zuspruch
(und hoff der Mann hat eine Barke die nicht karg,
die gleich jener einer Königin den Nil befahrend,
in seinen Sinnen wohl getragen ;-)...... - der Schelm, was wenn er mich auf Brettern darbend kauernd sieht?
und ungestimmte, dissonante Seiten meine Ohren quälen?
wohl denn, gefasst ist dieser Wicht,
wenn er mit groben Bildern meine heile Welt zerbricht!
(ups - mein Mißtraun schlägt mir wohl den Streich....... -
wolln wir uns wenden zu den Lords -
andern Orts - andrer Zeit -
.................... es gilt der Pflicht zu folgen nun.
.... ich habe das große Glück, ohne Not leiden zu müssen,
Heisst das, dass Sie "leiden muessen", ganz ohne Not, ohne Notwenigkeit? (Mal boesartig interpretiert)
Ich verstehe Sie schon, kann ihre Gefuehlslage nachvollziehen. Kenn ich alles. (Ich lebe einfach schon zu lange.) Aber irgendwann war mir das zu viel und ich habe mich nicht mehr um die Luxusproblemchen der ersten Welt gekuemmert, sondern bin fuer zehn Jahre nach Indien gegangen. So kann man das eigene Leiden abkuerzen, was fuer konkrete Menschen tun. Man verliert dabei allerdings den Glauben, dass die armen Menschen die besseren Menschen sind.
Meditation ist auch immer gut, um das Innenleben auszubalanzieren.
(Das ist nur als Hinweis gemeint, nicht als Besserwisserei. Was Sie tun koennen, wollen, etc. ist Ihre Sache. Eins weiss ich aus eigener Erfahrung: Veraenderung zu erhoffen, zu fordern etc. nuetzt nichts. Es ist besser selbst was zu tun! )
Zwei Dekaden? So lange noch glauben Sie?
Ich glaube, die meisten hier Diskutierenden teilen +- Ihre Sichtweise, weshalb es ehrlich gesagt etwas knapper zusammengefasst auch genügen würde. Unterschätzen Sie nicht, was bereits passiert: In China fahren die Menschen schon zu zig Millionen auf Elektrorollern durch die Städte und sinkt der Ölverbrauch durch eine weitreichende Umstellung der Wirtschaft, und auch hier bei uns setzt längst ein Bewusstseinswandel ein. Viel zu langsam und viel zu inkonsequent natürlich, keine Frage. Die Menschen werden sich anpassen, aber es muss ihnen etwas erleichtert werden: Denn wir sollten ebenfalls nicht unterschätzen, wie viele sich immer noch als Gewinner in diesem System ansehen(!). Dazu die Angst vor dem Umbekannten, und wir verstehen warum so Viele lieber die Augen verschließen.
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