Wolle mer se rausschmeiße?

Sperrklausel Bereits am Wahlabend wurde die Diskussion, die eigentlich höchstrichterlich beendet wurde, mal wieder aufgewärmt.

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Alleine aus Deutschland stammen vierzehn Parteien, die ab Juli im Europäischen Parlament vertreten sein werden. Viel zu viele, außerdem wimmele es vor Unernsthaftigkeit und: der NPD. http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/4/4f/2014-05-22_Stellw%C3%A4nde_mit_Plakaten_zur_Europawahl_%28Europ%C3%A4isches_Parlament%29%2C_Wahl_des_Regionspr%C3%A4sidenten_und_von_zehn_B%C3%BCrgermeisterin_in_der_Region_Hannover%2C_Goetheplatz.jpg/800px-thumbnail.jpg

Im Gespräch mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" wirft sich nun selbst Frank-Walter Steinmeier mit dem Gewicht seines deutschen Außenamtes in den Streit. Wer sich publikumswirksam zurückziehe oder nur punktuell eine Programmatik vorweise, leiste auch keinen Beitrag zur Demokratie. Aber wesentlich dramatischer sei der Einzug der NPD nach Brüssel.

So dürfte dann auch eine gesamteuropäische Sperrklausel auf Dauer nicht unzulässig sein.

Deutlich am Problem vorbei

Der Außenminister, wie auch alle, die nun meinen eine neue Sperrklausel herbeireden zu müssen, täuschen sich grundlegend und zielen am Problem klar vorbei.

Der Einzug der NPD, welcher objektiv betrachtet der Einzug des einen Abgeordneten Udo Voigt bedeutet, wäre mit einer deutschen Sperrklausel von 2% verhindert worden. Den Einzug Geert Wilders' „Freiheitspartei“ oder gar des Front National um Marine Le Pen bei weitem nicht. Dafür bedürfte es enger europäischer Zusammenarbeit. Einer Zusammenarbeit, bei der zumindest der Front National zwar unsichtbar, aber überstark mit am Verhandlungstisch säße.

In beiden genannten Beispielen wäre nur eine extrem hohe Hürde geeignet gewesen, die dem Sinn und Zweck der einzelstaatlichen politischen Repräsentation und Legitimation vollends widersprochen hätte.

Die Bauchschmerz geplagten großen deutschen Parteien sollen daran erinnert sein, dass fast alle Bundesländer vermittelst des Bundesrates ein Parteiverbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht beschlossen und bereits beantragt haben. Der effektive Kampf gegen die NPD hieße daher staatlicherseits, die Ermittlungsbehörden im konkreten Verfahren zu stärken aber auch ihnen ordentlich auf die Finger zu kloppen, damit dem Karlsruher Gericht alle notwendigen Informationen zuteil werden.

Die Begründungen gehen daher auch vollkommen am Thema vorbei, da die so geschmähten „Ein-Themen-Parteien“ auch gerade die Lücken schließen wollen, die die etablierten Parteien entweder links liegen lassen oder nicht glaubhaft in ihre Programmatiken einzuarbeiten versuchen.

Bei den Themen Netzneutralität, Datenschutz und überhaupt Stärkung der Bürgerrechte – wozu auch stets die Demokratisierung des Wahlrechts gehört – auf die Parteien der Großen Koalition zu hoffen, bleibt vor allem eines: hoffen.

Die Piraten, die obschon ihrer desolaten innerparteilichen Lage diese Themen glaubhaft und glaubwürdig vertreten, wären mit Sperrklausel nicht in Brüssel vertreten.

Und zu einem der Aufhänger der ganzen Aufregung, der Partei „Die Partei“ um den ehemaligen Titanic-Chefredakteur Martin Sonneborn, bleibt eigentlich nur festzustellen, dass sie ihre Stimmenzahl von knapp 78.000 bei der Bundestagswahl im vergangenen Herbst auf nunmehr 184.000 bei der Europawahl mehr als verdoppeln konnte. Bei erheblich geringerer Wahlbeteiligung.

„Das beste Ergebnis seit Kriegsende“ heißt es regelmäßig bei den PARTEI-machern. Und wieder einmal haben sie recht. So viel Spaß muss sein.

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