„Regieren ist viel attraktiver“

Bundestag Vom Staatsminister im Kanzleramt zum Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, so ganz ohne Einfluss ist Helge Braun (CDU) auch in der Opposition nicht. Dennoch macht er keinen Hehl draus, dass „Regieren viel attraktiver" ist.

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Und Optimist ist der Bundestagsabgeordnete aus Gießen auch. Braun zeigt sich im Gespräch mit Diana Scholl vom Bundesverband Deutsche Berufsförderungswerke (BFW) in der Veranstaltungsreihe „bwg sitzungswoche – Sprechstunde“ in der Ständigen Vertretung in Berlin davon überzeugt, dass am Ende der Wahlkämpfe in diesem Jahr „gute Ergebnisse für die CDU“ stehen werden – allen Umfrageergebnissen für die AfD zum Trotz. Denn die versuche einen künstlichen Gegensatz zwischen Wohlstand und Klimaschutz zu schaffen und würde mit ihren Plänen, aus der EU auszusteigen, Deutschland einen massiven Wohlstandsverlust zufügen. Für Braun gehören Klimaschutz und Wohlstandsbewahrung zusammen, wie er erläutert, aber nicht mit Verboten, sondern durch marktwirtschaftliche Mittel wie die CO2-Bepreisung.

Drei Themen prägten seine Jahre im Bundeskanzleramt von 2013 bis 2021, besonders als Chef des Kanzleramts seit 2018 besonders: Digitalisierung und Entbürokratisierung im föderalen Staat sowie der Kampf gegen Corona. Da war er als Koordinator in Bund-Länder Zuständigkeiten besonders eingespannt und als Arzt und früherer Staatsminister in der Gesundheitsforschung sich der großen Verantwortung im Kampf gegen die rasante Ausbreitung des neuen Virus bewusst. Er findet, dass Deutschland heute zu wenig Lehren aus Corona zieht und kaum Vorsorge für ein ähnliches Ereignis betreibe. Das Thema sei wohl „emotional zu stark besetzt“, als man derzeit darüber sprechen wolle. „Wir sind generell in der medizinischen Prävention in Deutschland nicht sehr gut“, findet Braun, der von sich erklärt, gerne Statistiken zu lesen.

„Kanzleramtsminister ist eine der Aufgaben mit dem höchsten Arbeitsvolumen“, meint Braun rückblickend und war deshalb dankbar, dass die Menschen in seinem Wahlkreis dafür Verständnis hatten. Bei Fragen wie der Digitalisierung seien die Zuständigkeiten zwischen Bund- und Ländern zu schwammig. Föderalismus biete zwar Kontinuität bei Regierungswechseln, sei aber auch sehr kompliziert. Im Vergaberecht sei in den vergangenen Jahren ein Bürokratieabbau gelungen, aber bei den Sozialgesetzbüchern stehe das noch an.

Einen zwei- bis vierprozentigen Personalabbau pro Jahr in den Ministerien halte er für möglich, dann müssten aber auch die Abläufe verschlankt werden und nicht neue Aufgaben dazu kommen. Und wenn er wieder so richtig mit bürokratischen Monstern zu tun hatte, dann wünschte er sich auch mal in seinen Gießener Notfallwagen zurück. Als Arzt praktizierte er nach den ersten Jahren im Bundestag nicht mehr, aber bei Fortbildungen und in der medizinischen Lehre an den Unis in Gießen, wo er studiert hat, und in Frankfurt am Main ist er engagiert.

Die Lust an der Politik, am Gestalten in Regierungsverantwortung habe er keineswegs verloren, erklärte Braun auf Scholls Nachfrage. Die CDU wolle kämpfen, damit Koalitionen nicht aus zu vielen Parteien bestehen müssten. Als Politiker dürfe man nicht konfliktscheu sein und müsse es ertragen, ständig unter Beobachtung zu stehen. „Politik ist klein Lehrberuf, sondern man spürt eine Berufung."

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Die Veranstaltungsreihe „bwg sitzungswoche – Sprechstunde“ ist eine Kooperation von bwg Berliner Wirtschaftsgespräche, sitzungswoche Unabhängiges Netzwerk für Politik, Wirtschaft und Medien, StäV Ständige Vertretung Berlin, Wöllhaf Gruppe und OSI Club mit Unterstützung von Studio Schiffbauerdamm, Landau Media und berlin bubble.

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Geschrieben von

Susanne Stracke-Neumann

Susanne Stracke-Neumann ist freie Journalistin. Für die meko factory berichtet sie über Veranstaltungen.

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