Drum prüfe, wer sich gut informieren will

Medienkompetenz Berlin stehen drei Wahlen bevor: Bundestag, Abgeordnetenhaus und Bezirke. Durch Corona hat sich der Wahlkampf in die Medien verlagert. Wie gehen Jugendliche damit um?

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Dieser Frage stellte sich der Berliner Mediensalon „Jugend und Medien in der Hauptstadt“ dieses Mal live aus dem Studio von Alex TV, dem Fernsehen in der Hauptstadt. Gerade in Wahlkampfzeiten wird der verantwortungsvolle Umgang mit Medien immer wichtiger. Doch Medienkompetenz muss gelernt werden. Wie ist das Verhältnis von Jugend und Medien, fragte Moderatorin Charlotte Bauer von der Berliner Morgenpost in die Runde aus Politik, Bildung und Medien. „Paradox“, antwortete die Studentin und freie Journalistin Stefanie Michallek, Mitglied im Berliner Vorstand des Deutschen Journalistenverbands (DJV). Medien seien im Alltag von Jugendlichen zwar fest verankert, gleichzeitig wüssten Jugendliche aber wenig über die Medien, die sie dauernd nutzen. Tobias Schulze, stellvertretender Vorsitzender der Linken-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, hatte Michalleks Äußerung nickend begleitet. Warum, wollte Bauer wissen. Weil hier sofort von digitalen Medien die Rede war, sagte Schulze. Für seine Kinder und viele junge Menschen sei schon lineares Fernsehen kein Begriff mehr und das Erstaunen groß, dass man dort den Sendeablauf nicht beeinflussen könne. Medien außerhalb des Internets kämen in ihrer Welt nicht mehr vor.

Die Diskussion drehte sich dshalb weiter um die digitale Medienkompetenz. Astrid Oelpenich, die es als Jugendbildungsreferentin des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) eher mit älteren Jugendlichen zu tun hat, konnte kein rosiges Bild für das Training von mehr Medienkompetenz in den Berufsschulen zeichnen. Nach dem jüngsten DGB-Bildungsreport findet der größte Teil der Jugendlichen Medienkompetenz zwar wichtig, aber Ausstattungen und Lehrpläne stünden dem oft entgegen. Nicht mal die Hälfte der Berliner Berufsschulen verfüge über einen Breitbandanschluss, die Lehreraus- und -fortbildung behandle dieses Thema ebenfalls kaum.

Kritisches Denken fördern

Dass die einseitige Nutzung von Internet-Medien Jugendlichen zu wenig und auch zu viele falsche Informationen bieten könne, ließ die jüngste Berliner Abgeordnete, die Grüne June Tomiak, nicht gelten. Schließlich hätten Zeitungen und Sender auch ihre Internet-Auftritte und seien in Kanälen wie Instagram vertreten. In gedruckten Schulbüchern sei auch nicht immer alles korrekt gewesen. Wichtig sei deshalb, in der Schule das kritische Denken zu fördern und zum Informationsabgleich anzuregen, egal in welchem Medium. Die frühere „Gatekeeper“-Funktion der Journalist*innen falle heute weg, pflichtete Schulze bei, jeder Medienkonsument sei jetzt selbst in die Rolle des Bewerters gerutscht und müsse sich aus der großen Vielfalt die seriösen Medien herausfiltern.

Christian Goiny, medienpolitischer Sprecher der CDU im Abgeordnetenhaus, hat beobachtet, dass Jugendliche bei Themen, die sie interessieren, oft erstaunlich gut informiert seien. Vielleicht müsse man das Thema Medienkompetenz auch spannender verpacken. Journalist*innen sollten mehr über ihre Arbeitsweise und ihre Recherchen informieren, empfahl Michallek. Auch das helfe, für Fake News zu sensibilisieren. Tomiak verteidigte gerade bei diesem brisanten Thema die jungen Medienutzer*innen. Beim Thema Corona seien es eher die Älteren gewesen, die falsche Behauptungen unkritisch geteilt hätten. Da Jugendliche die sozialen Medien häufiger nutzten, bekämen sie auch die Richtigstellungen viel schneller mit als Ältere, die sich dort nur ab und zu bewegen. Die Pandemie habe gelehrt, griff Goiny das Corona-Thema auf, dass Infos zur Gesundheit deutlicher aufbereitet werden müssten, in den seriösen Medien wie auf behördlichen Plattformen.

Vielleicht müsse man die Eltern ja auch stärker in den Fokus für Medienkompetenz nehmen, gab Goiny zu bedenken. Oelpenich verwies darauf, dass die Älteren die digitalen Medien oft nur durch „Learning by Doing“ und nie systematisch kennengelernt haben, wie es vielen heute für den Schulunterricht vorschwebe. Wie weit Elternhäuser zur Ausbildung von Medienkompetenz beitragen könnten, sei auch eine Frage von Bildung und Finanzen. Sie befürworte jedenfalls ein länderübergreifendes Konzept für die Medienpädagogik, das gute Medienarbeit, die es ja schon gebe, allen zugänglich mache.

Medien und Jugend, generell Medien und Nutzer*innen, ist auch einr Frage von Glaubwürdigkeit, dessen seien sich Journalist*innen bewusst und diskutierten viel darüber, erklärte Michallek. Da Layout und Aufmachung seriöser Medien inzwischen nicht mehr schwer zu fälschen seien, müssten Journalist*innen ihre Prüfstrategien mit Nutzer*innen teilen. Sie bekomme immer wieder Screenshots von gefälschten Artikeln, die angeblich von Medien mit gutem Ruf stammen. Mit wenigen Klicks könne man aber überprüfen, dass es diese Berichte auf den echten Seiten gar nicht gebe und es sich um absichtliche Fälschungen handele. Solche Übungen müsse es schon für Kinder geben, forderte Michallek. Medienkompetenz gehöre in die Lehrpläne vieler Fächer, in die Jugendarbeit, und müsse kontinuierlich Thema sein. Das sei ihr Wunsch an die nächsten Parlamente in Bund, Land und Bezirken.

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#Mediensalon ist eine Kooperation von Deutscher Journalistenverband DJV Berlin – JVBB, Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union dju in ver.di und #mekolab, unterstützt von der Otto Brenner Stiftung und Landau Media. Gastgeber für diesen Mediensalon war ALEX Berlin.

Die Veranstaltungsreihe „Jugend, Politik und Medien im Wahljahr“ wird von der Landeszentrale für Politische Bildung gefördert.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Susanne Stracke-Neumann

Susanne Stracke-Neumann ist freie Journalistin. Für die meko factory berichtet sie über Veranstaltungen.

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