Ist nun Milch in der Milchstraße oder nicht?

Ernährung Soja-, Hafermilch und Co. dürfen keinesfalls an Kuhmilch erinnern, wenn es nach der EU geht. Alles andere verwirre nur die Verbraucher
Ausgabe 09/2021
Kuhmilch, Scheuermilch, Milchstraße – wenn es nach der EU geht, blickt da der Verbraucher schon lange nicht mehr durch
Kuhmilch, Scheuermilch, Milchstraße – wenn es nach der EU geht, blickt da der Verbraucher schon lange nicht mehr durch

Foto: Lou Benoist/AFP/Getty Images

Wir alle haben sie schon gehört, die Schreie der Verzweiflung. Sie hallen durch die Gänge der Supermärkte, ausgestoßen in der Nähe der Kühlregale. Sie stammen aus den Kehlen verlorener Menschen, die gänzlich verwirrt vor dem Milchsortiment stehen, weil sie unfähig sind, den Unterschied zwischen Kuhmilch und pflanzlicher Milch auszumachen. Ja, vielleicht zählten Sie selbst auch schon zu den Opfern des irreführenden Pflanzenmilchmarketings und verbrachten zähe Stunden mit dem vergeblichen Versuch, das richtige Produkt aus dem Regal zu wählen. Doch ich kann Ihnen verkünden: Rettung naht.

Denn die Europäische Union ist gerade dabei, ihre „Gemeinsame Agrarpolitik“ zu überarbeiten. Aus diesem Grund wird sie im März über den Änderungsantrag 171 abstimmen, der der Verwirrung in europäischen Supermarktregalen endlich ein Ende setzen soll. Gut, schon jetzt sind Begriffe wie „Milch“, „Käse“ oder „Joghurt“ einzig Produkten tierischen Ursprungs vorbehalten. Das heißt „Soja“, „Mandel“ oder der gerade boomende „Hafer“ dürfen nicht mit dem Wort „Milch“ kombiniert werden.

Deswegen steht auf den Verpackungen „Drink“, „Smelk“, „M*lk“ oder bloß „Hafer“ – in solchen Fällen vertrauen die Hersteller darauf, dass die Verpackung im Tetra Pak Indiz genug dafür sei, welcher Art der Inhalt ist. Immer noch viel zu irreführend, finden Interessenvertreter wie der Deutsche Bauernverband, der „ehrliche“ Produktnamen fordert. Also gar kein Bezug mehr zu Milch, auch nicht als Verneinung. Denn wenn da steht: „enthält keine Milch“ oder „Alternative zu Milch“, dann versteht man ja gar nichts mehr. Wie jetzt, Milch oder keine Milch? Es sollte auch nicht mit „sahniger Konsistenz“ geworben oder der ökologische Fußabdruck von Milch und pflanzlichen Getränken verglichen werden. Am besten sollte auch die ganze Verpackung anders aussehen, blickt ja kein Mensch durch sonst.

Das Europäische Parlament stimmte dem Änderungsantrag bereits zu (demzufolge auch die „Milchnachahmung“, der „Milchersatz“ oder dergleichen verboten sind), lehnte aber gleichzeitig ein Verbot der Bezeichnungen „Burger“, „Steak“ oder „Wurst“ für vegetarische Produkte ab. Nun hängt es an der Kommission und dem Ministerrat. Ich hoffe jetzt einfach, dass diese Zeilen von den Entscheidungsträgern noch rechtzeitig gelesen werden, denn was ist denn bitte mit der Scheuermilch oder Gesichtsmilch – ist da jetzt Milch drin oder nicht? Und Milchglas, Milchzähne, die Milchstraße? Das muss alles unbenannt werden, versteht doch sonst niemand!

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