Ganz Deutschland gegen Rechts?

Protest Neonazis und Rechtsradikale fühlen sich nach der "HoGeSa"-Demonstration gestärkt. Die Antwort muss ein breites antifaschistisches Bündnis sein

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Die deutsche rechtsradikale Szene schnuppert nach dem vergangenen Sonntag Morgenluft und spricht von Aufbruchsstimmung. Die Demonstration unter dem Motto „Hooligans Gegen Salafisten“ (HoGeSa) konnte in Köln zwischen 3.000 und 5.000 Teilnehmern mobilisieren und überforderte die anwesenden Polizeikräfte anscheinend maßlos. Nachdem Nazi-Aufmärsche in Deutschland in den letzten Jahren eher kläglich wirkten und kaum mit Medienecho belohnt wurden, muss in jedem Fall die Frage gestellt werden, was zu dem großen Andrang in Köln geführt hat. Diese Frage wird bereits einige Tage später kanonisiert in allen Mainstream-Medien beantwortet und soll daher hier nicht weiter im Detail erläutert werden. Dass der Protest gegen den unmenschlichen Terror des „Islamischen Staates“ (IS) in Syrien und Irak ein Vorwand ist, um nationalsozialistische, faschistische und rassistische Parolen auf die Straßen zu bringen und zu propagieren scheint Jedem klar zu sein. Viel wichtiger und dringender ist an dieser Stelle die Frage, wie jetzt mit dieser „unseligen Allianz“ umzugehen ist.

Besonders aus konservativen Kreisen wird der Ruf nach einem Demonstrationsverbot laut. Dieser Wunsch scheint bekannt, erklingt jedoch üblicherweise eher nach Demonstrationen aus dem linken Spektrum. Er war und ist gleichermaßen als völlig verfehlt zu betrachten und man kann von Glück sprechen, dass elementare demokratische Grundrechte nicht so leicht einzuschränken sind, wie sich manch einer wünschen würde.

Was wir dagegen brauchen ist ein breites antifaschistisches und antirassistisches gesellschaftliches Bündnis, das glasklar macht, dass die Mehrheit in Deutschland nicht auf die platten Parolen der Neonazis hereinfällt. Ein Bündnis, das entschlossen gegen die Taten des „IS“ protestiert und sich dabei nicht auf die islamophobe und generell ausländerfeindliche Hetze der Rechten einlässt, sondern entschieden gegen sie vorgeht. Dieses Bündnis kann und muss aus einer Mischung aus radikalen linken und gemäßigten bürgerlichen Gruppierungen bestehen. Diese Zusammenkunft, die bisher schon bei großen Naziaufmärschen teilweise funktioniert hat, muss nun beständig werden. Die Stigmatisierung der antifaschistischen Gruppen als linke Gewalttäter muss aufgebrochen und ihre Verdienste im steten Kampf gegen neonazistisches Aufbegehren gewürdigt werden. Dennoch: Die Folge kann in diesem Zusammenhang kein Freifahrtschein für diese Gruppen sein, muss aber eine Öffnung nach links hin bedeuten.

Ebenso wichtig wie die aktiven Blockierungen von rechten Aufmärschen, geplant zum Beispiel in Berlin und Hamburg, sind symbolische Proteste der breiten bürgerlichen Zivilgesellschaft. Nicht jeder kann oder will sich auf die Straße stellen, um unter dem Einfluss von Pfefferspray und Schlagstöcken Neonazis zu blockieren. Die Bedeutung von abseitigen Gegendemonstrationen und -Kundgebungen, die das berühmte "Zeichen gegen Rechts" setzen, sollte daher nicht unterschätzt werden.

Neben diesem zivilen Widerstand müssen die neuesten Ereignisse auch die Diskussionen um ein Verbot von NPD und rechtsradikalen Gruppen neu aufrollen und beleben. Nicht etwa die Einschränkung vom demokratischen Demonstrationsrecht, sondern von der Handlungsfreiheit rassistischer und faschistischer Gruppen ist hier ein Lösungsansatz, um Mobs wie in Köln zu verhindern. Dass dies im Jahre 2014 noch immer nicht realisiert wurde ist beschämend und sollte ein Weckruf sein.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

T Capus

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