Acta am Boden, aber nicht am Ende

Urheberrecht Das EU-Parlament hat Acta abgelehnt. Die einen feiern das als Sieg der Demokratie. Andere sehen den Schutz geistigen Eigentums bedroht und hoffen auf die EU-Kommission
Mitglieder des EU-Parlaments demonstrieren gegen Acta
Mitglieder des EU-Parlaments demonstrieren gegen Acta

Foto: Frederick Florin / AFP / Getty Images

Das Europäische Parlament hat mit überwältigender Mehrheit das internationale Anti-Produktpiraterie-Abkommen Acta abgelehnt. Damit hat es zum ersten Mal von seinen Recht Gebrauch gemacht, ein internationales Handelsabkommen abzuweisen.

Andere Staaten wie die USA oder Japan werden Acta wohl aber weiter umsetzen. Und auch in Europa könnte das Abkommen eine Wiedergeburt erleben, sollte die Europäische Kommission es für unerlässlich erachten und vor dem Europäischen Gerichtshof einen Sieg erzielen.

Bei der Abstimmung am Mittwoch gab es 478 Für- und 39 Gegenstimmungen, sowie 165 Enthaltungen.

Die Ablehnung beendet auch jahrelange internationale Geheimverhandlungen. Acta-Gegner bemängelten, dass das Abkommen öffentlich nicht ausreichend geprüft werden konnte. Als es dann schließlich bekannt gemacht und im Europäischen Parlament diskutiert wurde, kritisierten sie: Es könne bei strikter Umsetzung zu Zensur und zum Verlust der Privatsphäre im Internet führen. Vor allem die Angst um die Freiheit im Internet hatte in ganz Europa eine breite Opposition mobilisiert und im Frühjahr in zahlreichen Städten für Proteste gesorgt.

Acta vorläufig tot

Mit der gestrigen Entscheidung ist das Abkommen nun – zumindest vorläufig und soweit es die EU betrifft – tot. Andere Staaten könnten jedoch daran festhalten.

Ein Sprecher der Europäischen Kommission sagte, man werde vielleicht einen zweiten Anlauf nehmen, wenn man einen Gerichtsbeschluss erhalten habe, ob Acta grundlegende EU-Rechte verletze.

Frances Moore, der Geschäftsführende des Weltverbands der Phonoindustrie, drängte das EU-Parlament, der Schaffung wirkungsvoller Rechte zum Schutz geistigen Eigentums höchste Priorität in der Außenhandelspolitik einzuräumen.

Acta sei notwenig, damit die Gesetze zum Schutz des geistigen Eigentums einen internationalen Standard erreichen, sagen die Befürworter. Anne Bergman-Tahon, die Direktorin des Verbands europäischer Verleger, nennt es ein „wichtiges Mittel zum Schutz von Arbeitsplätzen und geistigem Eigentum in Europa“. Zusammen mit 130 weiteren Organisationen hat sie eine Koalition gebildet, die sich für das Abkommen einsetzt.

Vorrang für Bürgerrechte

Die Acta-Gegner hingegen jubelten. „Ich freue mich sehr, dass das Parlament meiner Empfehlung gefolgt ist und Acta abgelehnt hat", sagte David Martin von der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten und Demokraten im EU-Parlament (PASD) und Autor eines Parlamentsbericht über Acta. „Das Abkommen ist zu vage und zu offen für Fehlinterpretationen. Ich bin immer dafür, die Bürgerrechte in der EU über den Schutz des geistigen Eigentums zu stellen."

Jim Killock von der britischen Open Rights Group sprach von einem „gewaltigen Sieg für die Bewegung, die Demokratie und all jene europäischen Bürger, die den Respekt vor ihren Rechten eingefordert haben. Acta muss fallengelassen werden, die EU-Kommission muss von der Forderung ablassen, es noch einmal zu versuchen.“

„Die Kommission und der Rat wissen nun, dass sie das Parlament, das die Bürger repräsentiert und verteidigt, nicht übergehen können“, sagte Hannes Swoboda von der PASD. Nun aber sei Zeit, nach vorne zu schauen und mit der Kommission über den Kampf gegen Fälschungen und den Schutz des Urheberrechts zu beraten, ohne die grundlegenden Freiheiten zu schmälern. Diesmal aber „von Anfang an unter breiter Einbeziehung von Bürgern und Interessenvertretern.“

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Übersetzung: Zilla Hofman
Geschrieben von

Charles Arthur | The Guardian

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