Im Sommer 2016 beendeten Wissenschaftler des Internationalen Währungsfonds eine lange und erbitterte Debatte über den Neoliberalismus. Sie räumten ein, dass er existiert. Drei führende Ökonomen des IWF – eine Organisation, die nicht gerade dafür bekannt ist, mit linken Analysen vorzupreschen – veröffentlichten einen Bericht, in dem sie erstmals die Zweckdienlichkeit des Neoliberalismus in Frage stellten. Sie trugen so dazu bei, die Vorstellung zu begraben, dass der Ausdruck nicht mehr sei denn ein verleumderischer politischer Kampfbegriff ohne analytische Wirkmacht. Der Bericht kritisierte zaghaft eine „neoliberale Agenda“, welche Ökonomien auf der ganzen Welt zu Deregulierung dränge, nationale Märkte zur Öffnung für Handel und Kapital zwinge und fordere, dass Regierungen sich selbst durch Austerität und Privatisierung klein schrumpfen. Die Autoren belegten statistisch die Ausbreitung neoliberaler Politik seit 1980 – und deren Korrelation mit schwachem Wachstum, dem Auf und Ab der Boom-Bust-Zyklen und nicht zuletzt steigender Ungleichheit.
Neoliberalismus ist ein altes Wort, das zunächst in den 1930er Jahren aufkam. Jedoch wird der Begriff nun wiederbelebt, um die derzeit vorherrschende Politik zu beschreiben – oder präziser: das bisschen Denk-Bandbreite, das unsere Politik noch erlaubt. Nach der Finanzkrise 2008 bot der Neoliberalismus so eine Möglichkeit, einen Verantwortlichen für das Debakel jenseits politischer Parteien an sich zu benennen: ein Establishment, das seine Autorität willfährig an den Markt verkauft hatte.
Für einige US-Demokraten und Anhänger der Labour-Partei in Großbritannien war dies eine geradezu groteske Prinzipienverletzung. Bill Clinton und Tony Blair, so hieß es, hätten die traditionelle Verpflichtung der Linken, insbesondere gegenüber den Arbeitern, aufgegeben. Stattdessen wandten sie sich nun einer globalen Finanzelite zu, die sich wie im Selbstbedienungsladen bereichert hatte. So legten sie den Grundstein für ein verheerendes Anwachsen der Ungleichheit.
Eine Brille, mit der man die Welt sehen kann
In den vergangenen Jahren – in denen die Debatte mit zunehmend schmutzigeren Mitteln geführt wurde – ist der Begriff Neoliberalismus zu einer rhetorischen Waffe geworden, einer Möglichkeit für jeden links der Mitte, jene anzuschwärzen, die sich auch nur ein bisschen rechts von ihm bewegten. Es ist kein Wunder, dass die politische Mitte die Zuschreibung „neoliberal“ als bedeutungslose Beleidigung empfindet: sie ist es, auf die sie am ehesten zutrifft. Aber Neoliberalismus sollte für Linke mehr sein als eine bequeme – wenn auch gerechtfertigte – Verhöhnung des politischen Gegners. Auf gewisse Weise ist er auch eine Brille, ein Art, die Welt zu sehen.
Blickt man durch ihre Linsen, sieht man klarer, wie die von Thatcher und Reagan ach so verehrten politischen Vordenker dazu beigetragen haben, das Ideal der Gesellschaft als allumfassenden Markt – und nicht etwa als Polis, einen zivilgesellschaftlichen Bereich oder eine Art Familie – zu prägen. Es ist ein Bild vom Menschen als Gewinn-und-Verlust-Rechner – und eben nicht als Inhaber unveräußerlicher Rechte und Pflichten. Ziel war freilich, den Wohlfahrtsstaat abzubauen, jede Verpflichtung zur Vollbeschäftigung über Bord zu werfen, Steuern immer weiter zu senken und fleißig zu deregulieren. Aber „Neoliberalismus“ ist weit mehr als eine klassische rechte Wunschliste. Er war und ist ein Werkzeug, die gesellschaftliche Realität zu ordnen und unseren Status als Individuen neu zu denken.
Ein weiterer Blick zeigt, dass der freie Markt – genau wie der Wohlfahrtsstaat – eine menschliche Erfindung ist. Man erkennt, wie allgegenwärtig wir heute dazu gedrängt werden, uns als Individuen zu verstehen, die für ihr Glück eigenverantwortlich sind. Wie selbstverständlich uns mit auf den Weg gegeben wird, dass wir miteinander konkurrieren und uns anpassen müssen. Man erkennt ebenfalls das Ausmaß, in dem eine Logik, die sich früher auf die vereinfachte Darstellung von Warenmärkten auf einer Tafel beschränkte (Wettbewerb, perfekte Information, rationales Verhalten), mittlerweile auf die gesamte Gesellschaft angewandt wird – bis sie unser ganzes Leben beherrscht. „Verkauf dich immer richtig“ ist Leitspruch der Selbstverwirklichung geworden.
Der Freie Markt – blutleerer Inbegriff der Effizienz
„Neoliberalismus“ ist also nicht einfach eine Bezeichnung für marktorientierte Politik oder den nächsten faulen Kompromiss mit dem Finanzkapitalismus, den abgehalfterte sozialdemokratische Parteien eingehen. Der Begriff bezeichnet die Prämisse, die sich still und leise in unser Leben geschlichen hat und bestimmt, was wir tun und glauben: dass nämlich Wettbewerb das einzig legitime Organisationsprinzip menschlichen Handelns ist.
Keine Sekunde nachdem der IWF den Neoliberalismus als Realität zertifiziert und so die Scheinheiligkeit des Marktes entlarvt hatte, standen Populisten und Authoritaristen schon auf der Matte. In den USA verlor Hillary Clinton, die Archetypin einer Neoliberalen, die Wahl – gegen einen Mann, der gerade genug wusste, um vorgeben zu können, den Freihandel zu hassen. Taugt also die Brille des Neoliberalismus nicht mehr? Kann sie uns noch irgendwie helfen zu verstehen, was in der Politik schief läuft? Gegen die Kräfte der Globalisierung wird plumper Nationalismus wieder in Stellung gebracht – und das auf krudeste Weise. Was könnten der militante Provinzialismus von Brexit-Großbritannien und das Trump-Amerika mit neoliberaler Rationalität zu tun haben? Welche Verbindung könnte zwischen dem Präsidenten – einem freilaufenden Irren – und dem blutleeren Inbegriff der Effizienz – besser bekannt als freier Markt – bestehen?
Nicht nur, dass der freie Markt bloß eine Handvoll Gewinner und im Gegensatz dazu eine Heerschar an Verlierern produziert – und sich diese Verlierer auf Rache sinnend dem Brexit und Trump zugewandt haben. Von Beginn an gab es auch eine vorprogrammierte Beziehung zwischen dem utopischen Ideal des freien Marktes und der dystopischen Gegenwart, in der wir uns heute befinden; zwischen dem Markt als einzigem Wertgeber und Freiheitswächter und dem aktuellen Abstieg hin zum Postfaktischen und Illiberalismus.
Die Möglichkeit, eine neue Welt zu erfinden
Will man die stagnierende Debatte über Neoliberalismus vorwärtsbringen, muss man damit anfangen, das Ausmaß seiner kumulativen Wirkung auf uns alle, unabhängig unseres politischen Standpunkts, ernst zu nehmen. Und das erfordert eine Rückkehr zu seinen Ursprüngen, die nichts mit Bill oder Hillary Clinton zu tun haben. Es gab einmal eine Gruppe von Leuten, die sich als Neoliberale bezeichneten. Sie taten dies mit Stolz und ihr Ansporn war nichts weniger als eine komplette Revolution des Denkens. Der Prominenteste von ihnen, Friedrich Hayek, hätte nicht damit gerechnet, dass er eine Position auf dem politischen Spektrum abstecken, Entschuldigungen für die Superreichen suchen oder an den Ecken der Mikroökonomie herumschrauben würde.
Er glaubte, er würde das Problem der Moderne lösen: das Problem des objektiven Wissens. Für Hayek ermöglichte der Markt nicht nur den Handel mit Gütern und Dienstleistungen, er offenbarte Wahrheit. Wie konnte Hayeks Zielsetzung in ihr Gegenteil umschlagen – die bewusstseinsverändernde Möglichkeit, dass – dank unserer gedankenlosen Verehrung des freien Marktes – die Wahrheit komplett aus dem öffentlichen Leben vertrieben werden könnte?
Als Friedrich Hayek 1936 die Idee kam, wusste er mit der Überzeugung einer „plötzlichen Erleuchtung“, dass er auf etwas Neues gestoßen war. „Wie kann die Kombination aus Einzelteilen an Wissen, die in verschiedenen Köpfen existieren“, schrieb er, „zu Ergebnissen führen, die – wenn man sie gezielt herbeiführen wollte, ein Wissen auf übergeordneter Ebene erfordern würde, über das kein Einzelner verfügen kann?“
Hier ging es nicht um eine technische Frage von Zinsraten oder Deflationskrisen, nicht um eine reaktionäre Polemik gegen Kollektivismus oder den Wohlfahrtsstaat, sondern um die Möglichkeit, eine neue Welt zu erfinden. Hayek erkannte, dass der Markt als eine Art Bewusstsein verstanden werden konnte.

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Neoliberalismus ist Adam Smith ohne Bedenken
Adam Smiths „unsichtbare Hand“ hatte uns bereits das moderne Konzept des Markts eröffnet – als eine autonome Sphäre für menschliches Handeln und daher potenziell als Objekt, das man wissenschaftlich durchdringen kann. Aber Smith war bis zum Ende seines Lebens ein Moralist des 18. Jahrhunderts. Er dachte, der Markt sei nur im Licht individueller Tugend zu rechtfertigen, und seine Sorge war, dass eine Gesellschaft, die durch nichts als vollständiges Eigeninteresse regiert wird, überhaupt keine Gesellschaft ist. Neoliberalismus ist Adam Smith ohne Bedenken.
Dass Hayek als Ahnherr des Neoliberalismus gilt – einer Denkschule, die alles auf die Wirtschaft reduziert – ist angesichts der Tatsache, dass er ein solch mittelmäßiger Ökonom war, ein wenig paradox. Eigentlich war er nichts weiter als ein junger, unbedeutender Wiener Technokrat, als er an die London School of Economics berufen wurde, um mit John Maynard Keynes in Cambridge zu wetteifern oder dessen aufsteigenden Stern möglicherweise sogar ein wenig in den Schatten zu stellen.
Der Plan ging nach hinten los, denn Hayek konnte Keynes nicht im Geringsten das Wasser reichen. Keynes’ General Theory of Employment, Interest and Money, veröffentlicht 1936, wurde als Meisterwerk gefeiert und dominierte die öffentliche Debatte, insbesondere unter jungen, in der Ausbildung befindlichen englischen Ökonomen, für die der brillante, schneidige und sozial gut vernetzte Keynes auch ein gewisses Schönheitsideal darstellte. Am Ende des Zweiten Weltkrieges hatten sich viele prominente Anhänger der Theorie des freien Marktes Keynes Denkweise angeschlossen und räumten ein, dass dem Staat bei der Führung einer modernen Volkswirtschaft möglicherweise doch eine Rolle zukommen könne. Die ursprüngliche Aufregung über Hayek war verfolgen. Seine befremdliche Vorstellung, man könne eine Wirtschaftskrise überwinden, indem man einfach überhaupt nichts unternehme, war sowohl theoretisch als auch praktisch diskreditiert. Später räumte er selbst ein, er würde sich wünschen, die Arbeiten, in denen er Keynes kritisiert hatte, würden vergessen werden.
Hayeks Denken durchdringt die Welt
Hayek gab eine seltsame Figur ab: ein hochaufgeschossener, aufrechter Professor mit breitem Akzent, der einen hochgeschnittenen Tweed trug und darauf bestand, mit „von Hayek“ angesprochen zu werden, aber hinter seinem Rücken mit dem Spitznamen „Mr Fluctooations“ bedacht wurde. Im Jahr 1936 war er ein Wissenschaftler ohne Portfolio und ohne absehbare Zukunft. Und dennoch leben wir heute in Hayeks Welt, so wie wir einst in der von Keynes lebten. Der Clinton-Berater und ehemalige Präsident der Harvard University, Lawrence Summers, sagte einmal, Hayeks Konzeption des Preissystems als kollektiver Verstand sei „eine so durchdringende und originelle Idee wie sie die Mikroökonomie im 20. Jahrhundert hervorgebracht“ habe und „die wichtigste Einzelheit, die man heute in einem Kurs über Ökonomie lernen“ könne. Und das ist sogar noch untertrieben. Keynes hat den Kalten Krieg weder hervorgerufen noch vorhergesagt, doch sein Denken durchdrang jeden Aspekt der Welt des Kalten Krieges. Und in gleicher Weise ist Hayeks Denken in jeden Aspekt der Welt nach 1989 eingedrungen.
Hayeks Weltsicht war absolut: eine Art, die gesamte Realität nach dem Modell der wirtschaftlichen Konkurrenz zu gestalten. Das beginnt bei der Annahme, dass fast die gesamte – wenn nicht die gesamte – menschliche Aktivität eine Form der ökonomischen Berechnung darstelle und somit an die übergeordneten Konzepte von Wohlstand, Wert, Tausch, Kosten – und insbesondere dem Preis angepasst werden könne. Preise sind ein Mittel, um knappe Ressourcen effizient bereitzustellen, entsprechend dem Bedarf und dem Nutzen, wie sie durch Angebot und Nachfrage geregelt werden. Damit das Preissystem effizient funktioniert, müssen die Märkte frei und wettbewerbsorientiert sein. Seitdem Smith sich die Wirtschaft als autonome Sphäre vorgestellt hat, existiert die Möglichkeit, dass der Markt nicht nur ein Teil der Gesellschaft sein könnte, sondern die Gesellschaft als Ganzes. In solch einer Gesellschaft müssen Männer und Frauen nur ihrem Eigeninteresse folgen und um rare Güter konkurrieren. Durch Wettbewerb „wird es möglich“, wie der Soziologe Will Davies schreibt, „festzustellen, wer und was wertvoll ist“.
Was jeder, der mit der Geschichte vertraut ist, als notwendiges Bollwerk gegen Tyrannei und Ausbeutung begreift – eine prosperierende Mittelschicht und Zivilgesellschaft; freie Institutionen; allgemeines Wahlrecht; Gedanken-, Versammlungs-, Religions- und Pressefreiheit; die grundsätzliche Anerkennung der menschlichen Würde – nahm in Hayeks Gedanken keinen besonderen Platz ein. Er baute in den Neoliberalismus die Annahme ein, dass der Markt allen nötigen Schutz gegen die einzige wirkliche politische Gefahr bietet: den Totalitarismus. Um diesen zu verhindern, muss der Staat Hayek zufolge nichts weiter tun, als den Markt frei zu halten.
Der letzte Punkt steht für das „Neo“ in Neoliberalismus und stellt eine entscheidende Veränderung des älteren Glaubens an einen freien Markt und einen möglichst schlanken Staat dar, der als „klassischer Liberalismus“ bekannt ist. Im klassischen Liberalismus wollten die Kaufleute lediglich, dass der Staat sie in Ruhe lässt – laissez-nous faire. Der Neoliberalismus hingegen vertritt die Auffassung, der Staat müsse aktiv an der Organisation einer Marktwirtschaft mitwirken. Die Bedingungen, die einen freien Markt zulassen, müssen politisch gewonnen und der Staat so umgestaltet werden, dass er den Bestand des freien Marktes dauerhaft gewährleistet.
Schmollend in Cambridge
Das ist aber noch nicht alles: Jeder Aspekt demokratischer Politik, von der Wahlentscheidung der Bürgerinnen und Bürger bis hin zu den Entscheidungen der Politiker, muss einer rein ökonomischen Analyse unterworfen werden. Der Gesetzgeber ist dazu verpflichtet, die als natürlich unterstellten Handlungen auf dem Marktplatz nicht zu stören und darf sie auf keinen Fall verzerren. So stellt der Staat idealerweise einen festen, neutralen und rechtlich umfassenden Rahmen bereit, innerhalb dessen die Marktkräfte spontan wirken können. Die bewusste Lenkung durch eine Regierung ist nie dem „automatischen Mechanismus der Anpassung“ vorzuziehen – d. h. dem Preissystem, das nicht nur effizient ist, sondern auch die Freiheit vergrößert oder die Möglichkeit für Männer und Frauen, bezüglich ihres Lebens freie Entscheidungen zu treffen.
Während Keynes zwischen London und Washington hin- und her flog, um die Nachkriegsordnung zu gestalten, saß Hayek schmollend in Cambridge. Dorthin war er während der Evakuierungen des Krieges geschickt worden und beklagte sich darüber, von „Ausländern“ umgeben zu sein, an „Orientalen aller Art“ und „Europäern praktisch aller Nationalitäten“ bestehe kein Mangel, doch nur sehr wenige von ihnen seien „wirklich intelligent“.
Hayek saß in England fest, ohne Einfluss oder Ansehen, und konnte sich nur mit seiner Idee trösten, einer Idee so groß, dass sie Keynes und allen anderen Intellektuellen eines Tages den Boden unter den Füßen wegziehen würde. Sich selbst überlassen funktioniere das Preissystem wie eine Art Bewusstsein – und nicht nur irgendein Bewusstsein, sondern ein allwissendes Bewusstsein: der Markt berechne, was Individuen nicht zu fassen vermögen. Der amerikanische Journalist Walter Lippmann wandte sich als intellektueller Mitstreiter in einem Brief an Hayek: „Kein menschlicher Geist hat je das gesamte Schema der Gesellschaft verstanden … Am ehesten kann ein Geist seine eigene Version dieses Schemas verstehen, etwas wesentlich Dünneres, das zur Realität in etwa in demselben Verhältnis steht wie eine Silhouette zu einer Person.“
Das ist eine große erkenntnistheoretische Behauptung – dass der Markt eine Form des Wissens darstelle, die die Möglichkeiten eines jeden individuellen Verstandes radikal übersteige. Solch ein Markt ist weniger eine menschliche Erfindung, die manipuliert werden kann wie jede andere, als vielmehr eine Kraft, die studiert und beschwichtigt wird. Ökonomie ist keine Technik mehr – wofür Keynes sie hielt –, mit der man erstrebenswerte gesellschaftliche Ziele wie Wachstum oder Währungsstabilität erreicht. Das einzige gesellschaftliche Ziel besteht im Fortbestand des Marktes. In seiner Allwissenheit konstituiert der Markt die einzig legitime Form von Wissen, mit dem verglichen alle anderen Formen der Reflexion unvollständig sind, im doppelten Sinne: Sie erfassen nur ein Bruchstück des Ganzen und stehen immer im Dienste eines Partialinteresses. Unsere individuellen Werte sind immer persönlich oder reine Meinungen; kollektiv konvertiert der Markt sie in Preise oder objektive Tatsachen.
„Sie ist so wunderbar“
Nachdem er bei der London School of Economics ausgeschieden war, hatte Hayek nie wieder eine dauerhafte Anstellung, die nicht von privaten Geldgebern finanziert worden wäre. Selbst seine konservativen Kollegen an der University of Chicago – dem weltweiten Epizentrum für liberalistischen Widerspruch in den 1950er Jahren – betrachteten Hayek als ein reaktionäres Sprachrohr, einen „stockkonservativen Mann“ mit einem „stockkonservativen Sponsor“, wie einer es einmal formulierte. Als ihn 1972 ein Freund in Salzburg besuchte, wo er mittlerweile lebte, fand er einen älteren Herrn, der sich in Selbstmitleid erging und glaubte, sein Lebenswerk sei vergebens gewesen. Niemand kümmerte sich um das, was er geschrieben hatte.
Es gab allerdings Zeichen der Hoffnung: Hayek war Barry Goldwaters politischer Lieblingsphilosoph und angeblich schätzte ihn sogar Ronald Reagan sehr. Und dann war da Margaret Thatcher. Gegenüber jedem, der es hören wollte, schwärmte sie von Hayek und versprach, seine Philosophie des freien Marktes mit einem Revival viktorianischer Werte zu vereinen: Familie, Gemeinschaft, harte Arbeit.
Hayek traf 1975 privat auf Thatcher, in einem Augenblick, in dem sie, gerade zur Oppositionsführerin im britischen Unterhaus ernannt, sich darauf vorbereitete, seine große Idee in die Tat umzusetzen. Sie hockten 30 Minuten im Institute for Economic Affairs in der Londoner Lord North Street zusammen. Danach fragte ein Mitarbeiter Thatchers Hayek besorgt, was er denke. Was sollte er sagen? Zum ersten Mal in vierzig Jahren spiegelte die Macht Friedrich von Hayek das Bild zurück, das er selbst von sich hatte – das eines Mannes, der Keynes besiegen und die Welt verändern könnte.
Er antwortete: „Sie ist so wunderbar.“

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Die ganze Gesellschaft als Markt
Hayeks große Idee ist eigentlich gar keine großartige Idee – solange man sie nicht gehörig aufbläst. Organische, spontane, elegante Prozesse die, wie eine Million Finger auf einem Ouija-Brett, koordinieren, um etwas zu schaffen, was ansonsten ungeplant wäre. Angewandt auf einen aktuellen Markt – einen für Schweinebäuche oder Getreide-Futures – handelt es sich bei dieser Beschreibung um wenig mehr als eine Binsenweisheit. Sie kann erweitert werden, um zu beschreiben, wie verschiedene Märkte, in Form von Waren und Arbeit und sogar von Geld selbst jenen Teil der Gesellschaft bilden, der als „die Wirtschaft“ bekannt ist. Das ist weniger banal, aber noch immer inkonsequent. Ein Keynesianer akzeptiert diese Beschreibung gern. Was aber, wenn wir es einen Schritt weiter aufblasen? Was, wenn wir unterstellen, die ganze Gesellschaft sei eine Art von Markt?
Je mehr Hayeks Idee sich ausweitet, desto reaktionärer wird sie, je mehr versteckt sie sich hinter der Behauptung ihrer wissenschaftlichen Neutralität – und desto mehr erlaubt es der Ökonomie, sich mit dem intellektuellen Trend zu verbinden, der im Westen seit dem 17. Jahrhundert prägend ist. Der Aufstieg der modernen Wissenschaft hat zu einem Problem geführt: Wenn die Welt vollständig Naturgesetzen unterworfen ist, was bedeutet es dann, Mensch zu sein? Ist ein menschliches Wesen einfach ein Objekt in der Welt, wie jedes andere auch? Es scheint keine Möglichkeit zu geben, die subjektive, innere Perspektive des Menschen in die Natur zu integrieren, wie die Wissenschaft sie versteht – als etwas Objektives, dessen Gesetzmäßigkeiten wir durch Beobachtung ergründen.
Alles an der politischen Nachkriegskultur kam John Maynard Keynes und einer erweiterten Rolle des Staates bei der Führung der Wirtschaft entgegen. Doch alles an der akademischen Nachkriegskultur begünstigte Hayeks Große Idee. Vor dem Krieg hatte selbst der konservativste Ökonom den Markt als ein Mittel zum Zweck betrachtet, der effizienten Verteilung knapper Güter. Seit den Zeiten Adam Smiths Mitte des 17. Jahrhunderts und bis hin zu den Gründungsvätern der Chicago School in den Nachkriegsjahren war der Glaube allgemein verbreitet, dass die ultimativen Zwecke der Gesellschaft und des Lebens in der nicht-ökonomischen Sphäre angesiedelt sind.
Dieser Weltsicht zufolge werden Fragen nach der Wertigkeit politisch und demokratisch beantwortet, nicht ökonomisch – durch moralische Reflexion und öffentliche Debatten. Der klassisch-moderne Ausdruck für diese Auffassung geht auf den Essay Ethics and the Economic von Frank Knight aus dem Jahr 1922 zurück, der zwei Jahrzehnte vor Hayek nach Chicago gekommen war. „Die rationale ökonomische Kritik von Werten führt zu Ergebnissen, die dem gesunden Menschenverstand widerstreben”, schreibt Knight. „Der homo oeconomicus ist das egoistische, rücksichtslose Objekt, das wir moralisch verurteilen.“
Von der hoffnungslosen menschlichen Beschränktheit zur majestätischen Objektivität der Wissenschaft
Ökonomen hatten seit 200 Jahren mit der Frage gerungen, wie sie die Werte begründen sollten, auf denen eine ansonsten durch und durch kommerzielle Gesellschaft jenseits des bloßen Egoismus und der Berechnung organisiert ist. Knight und seine Kollegen Henry Simons und Jacob Viner verweigerten sich Franklin D Roosevelt und den Markt-Interventionen des New Deal. Sie etablierten die University of Chicago als die rigorose intellektuelle Heimat der Ökonomie des freien Marktes, die sie bis heute geblieben ist. Simons, Viner und Knight begannen ihre Karrieren jedoch alle, bevor das konkurrenzlose Prestige der Atomphysik enorme Geldsummen in das Universitätssystem lockte und den “exakten“ Wissenschaften in der Nachkriegszeit zu einem Boom verhalf. Sie beteten weder Gleichungen noch Modelle an, sondern machten sich über nicht-wissenschaftliche Fragen Gedanken. Am ausdrücklichsten dachten sie über Fragen des Wertes nach, bei denen der Wert völlig vom Preis unterschieden war.
Simons, Viner und Knight waren nicht nur weniger dogmatisch als Hayek, oder eher bereit, dem Staat zu verzeihen, dass er Steuern erhebt und sie wieder ausgibt. Hayek war ihnen intellektuell nicht überlegen. Aber sie erkannten als erstes Prinzip an, dass die Gesellschaft nicht dasselbe ist wie der Markt und Preis nicht dasselbe ist wie Wert.
Hayek war derjenige, der uns zeigte, wie wir von der hoffnungslosen menschlichen Beschränktheit zur majestätischen Objektivität der Wissenschaft gelangen. Hayeks große Idee fungiert als Verbindungsglied zwischen unserer subjektiven menschlichen Natur und der Natur selbst. Dabei stellt sie jeden Wert, der nicht als Preis ausgedrückt werden kann – als Urteil des Marktes – auf die gleiche unsichere Basis, macht sie zu nichts anderem als einer bloßen Meinung, Vorliebe, Folklore oder Aberglauben.
Mehr als jeder andere, selbst als Hayek selbst, war es der große Chicagoer Nachkriegsökonom Milton Friedman, der dabei half, Regierungen und Politiker von der Wirkmacht von Hayeks großer Idee zu überzeugen. Zuvor brach er allerdings mit einer zwei Jahrhunderte alten Tradition und erklärte, die Ökonomie sei „im Prinzip unabhängig von jeder ethischen Position oder normativem Urteil“, „eine ‘objektive’ Wissenschaft, in genau dem Sinn wie alle Naturwissenschaften“. Traditionelle, normative Werte betrachtete er als mangelhaft, bei ihnen handelte es sich um „Unterschiede, um die die Menschen letzten Endes nur kämpfen können“. Mit anderen Worten: Es gibt den Markt und es gibt den Relativismus.
Eine aufgeblasene Idee
Märkte mögen menschliche Reproduktionen natürlicher Systeme sein, und wie das Universum selbst, hat niemand sie erschaffen, und sie haben keinen Wert. Doch Hayeks Idee auf jeden Aspekt unseres Lebens anzuwenden, negiert das, was uns ausmacht. Sie tritt das, was am Menschen am menschlichsten ist – unser Bewusstsein und unser Wille – an Algorithmen und Märkte ab und lässt uns nachahmend und zombiehaft zurück, die geschrumpften Idealisierungen ökonomischer Modelle. Hayeks Idee aufzublasen und das Preissystem radikal zu etwas sozial Allwissendem aufzuwerten, bedeutet, die Bedeutung unserer individuellen Fähigkeit zur Vernunft radikal abzuwerten – unsere Fähigkeit, unsere Taten und Vorstellungen zu begründen und zu bewerten.
Dies führt dazu, dass die öffentliche Sphäre – der Raum, in dem wir Gründe anführen und die Begründungen anderer infrage stellen – aufhört, ein Raum zu sein, in dem debattiert wird, und zu einem Markt von Klicks, Likes und Retweets verkommt. Das Internet ist die persönliche Vorliebe, vervielfältigt durch Algorithmen – ein pseudo-öffentlicher Raum, der lediglich die Stimme widerhallen lässt, die sich bereits in unserem Kopf befindet. Anstatt eines Raums, in dem diskutiert wird, in dem wir – als Gesellschaft – einen Weg zum Konsens suchen, haben wir es mit einem Apparat der gegenseitigen Affirmation zu tun, der banal als „Marktplatz der Ideen“ bezeichnet wird. Was aussieht, als wäre es etwas Öffentliches und Übersichtliches, ist in Wahrheit nur die Verlängerung unserer eigenen, bereits bestehenden Meinungen und Ansichten, während die Autorität der Institutionen und Experten durch die aggregierte Logik von Big Data ersetzt wurde. Wenn wir uns der Welt durch eine Suchmaschine nähern, haben die Ergebnisse eine Reihenfolge, wie der Google-Gründer es ausdrückt, „rekursiv” – durch eine unendliche Zahl individueller Nutzer, die wie ein Markt funktionieren, unablässig und in Echtzeit.
Wenn man die unglaublich praktischen Aspekte der digitalen Technologie einmal beiseite lässt, unterschied eine frühere und humanistischere Tradition, die jahrhundertelang die dominierende war, stets zwischen unseren Geschmäckern und Vorlieben – die Begierden, die Ausdruck im Markt finden – und unserer Fähigkeit, über diese Vorlieben nachzudenken, was es uns erlaubt, Werte zu begründen und zum Ausdruck zu bringen.
„Ein Geschmack ist nahezu definiert als eine Vorliebe, über die man nicht diskutiert“, hat der Philosoph und Ökonom Albert O Hirschman einmal geschrieben. „Ein Geschmack, über den man mit anderen oder sich selbst streitet, hört dadurch auf, ein Geschmack zu sein – und verwandelt sich in einen Wert.“

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Wir entscheiden, wer und was wir sind
Hirschman machte einen Unterschied zwischen jenem Teil des eigenen Selbst, das als Konsument agiert, und dem, der Gründe bereitstellt. Der Markt spiegelt wider, was Hirschman die Vorlieben nannte, die „die Akteure offenbaren, wenn sie Waren und Dienstleistungen erstehen“. Doch, so Hirschman weiter, verfügen Männer und Frauen gleichzeitig über die „Fähigkeit, von ihren ‘offenbarten’ Bedürfnissen, ihrem Willen und ihren Vorlieben zurückzutreten, um sich zu fragen, ob sie wirklich wollen, was sie sich da wünschen und diese Vorlieben wirklich lieben“. Wir formen unser Selbst und unsere Identität auf der Grundlage dieser Fähigkeit zur Reflexion. Die Anwendung der individuellen reflexiven Fähigkeiten nennt man Verstand, die kollektive Anwendung dieser Fähigkeiten Vernunft; die Anwendung von Vernunft zur Formulierung von Gesetzen und politischen Auseinandersetzung heißt Demokratie. Wenn wir Gründe für unsere Taten und Überzeugungen anführen, bringen wir uns selbst hervor: individuell und kollektiv, wir entscheiden, wer und was wir sind.
Der Logik von Hayeks großer Idee zufolge sind diese Ausdrucksformen menschlicher Subjektivität bedeutungslos, solange sie nicht durch den Markt ratifiziert wurden – wie Friedman sagte, sie sind nichts außer Relativismus, jede so gut wie irgendeine andere. Wenn die einzig objektive Wahrheit vom Markt bestimmt wird, haben alle anderen Werte den Status bloßer Meinungen, alles andere ist relativistische heiße Luft. Doch Friedmans „Relativismus“ ist ein Vorwurf, der gegen jede Behauptung gerichtet werden kann, die auf der menschlichen Vernunft basiert. Es ist eine unsinnige Beleidigung, da alle humanistischen Zwecke auf eine Art „relativ“ sind, wie die Wissenschaften dies nicht sind. Sie sind relativ zu dem privaten Zustand, ein Bewusstsein zu besitzen, und der allgemeinen und öffentlichen Notwendigkeit, nachzudenken und zu verstehen, selbst wenn wir keinen wissenschaftlichen Beweis erwarten können. Wenn unsere Debatten nicht mehr länger durch die Erörterung von Gründen gelöst werden, dann bestimmen die Launen der Macht über das Ergebnis.
An dieser Stelle treffen der Triumph des Neoliberalismus und der politische Albtraum, in dem wir heute leben, zusammen. Hayeks großes Projekt, wie er es zuerst in den 1930ern und 1940ern verstand, war ausdrücklich darauf ausgerichtet, einen Rückfall ins politische Chaos und den Faschismus zu verhindern. Doch die große Idee war in Wirklichkeit stets dieses Gräuel, das darauf wartete, einzutreten. Sie ging, von Anfang an, schwanger mit der Sache, die sie angeblich verhindern wollte. Wenn man die Gesellschaft nur noch als gigantischen Markt begreift, führt das zu einem öffentlichen Leben, das auf Gezänk über bloße Meinungen verkommt, bis die Menschen sich schließlich einem starken Mann zuwenden, als vermeintlich letztem Ausweg, ihre ansonsten scheinbar unlösbaren Probleme zu bewältigen.
Ein zweifelhaftes Paradies
1989 klopfte ein US-amerikanischer Reporter bei dem mittlerweile 90-jährigen Hayek an die Tür, der inzwischen in einer Wohnung in der Freiburger Urachstrasse lebte. Die beiden Männer setzten sich in ein sonniges Zimmer, dessen Fenster zu den Bergen hinausgingen, und Hayek, der sich von einer Lungenentzündung erholte, zog sich während ihres Gesprächs eine Decke über die Beine.
Dies war nicht mehr länger der Mann, der sich einst darin gesuhlt hatte, dass er gegen Keynes das Nachsehen hatte. Thatcher hatte ihm erst in einem Ton von millenarischem Triumph geschrieben. Nichts von dem, was sie und Reagan erreicht hätten, „wäre möglich gewesen, ohne die Werte und Überzeugungen, die uns auf den rechten Weg gebracht und uns die richtige Richtung gewiesen haben“. Hayek freute sich nun über das, was er geleistet hatte, und war optimistisch, was die Zukunft des Kapitalismus angeht. Der Journalist schrieb: „Insbesondere sieht Hayek eine größere Wertschätzung für den Markt unter der jüngeren Generation. Heute gehen arbeitslose Jugendliche in Algier und Rangun nicht für einen zentral geplanten Wohlfahrtsstaat auf die Straße, sondern für Möglichkeiten: die Freiheit zu kaufen und zu verkaufen – Jeans, Autos, was auch immer – zu den Preisen, die der Markt bestimmt.“
30 Jahre später leben wir in einem Paradies, das auf Hayeks großer Idee errichtet wurde. Je mehr die Welt so eingerichtet werden kann, dass sie einem idealen Markt ähnelt, der lediglich vom perfekten Wettbewerb regiert wird, desto mehr gesetzmäßiger und „wissenschaftlicher“ wird das menschliche Verhalten insgesamt. Jeden Tag streben wir danach – das muss uns niemand mehr sagen – wie vereinzelte, diskrete, anonyme Käufer und Verkäufer; und jeden Tag behandeln wir den Wunsch, mehr zu sein als nur Konsumenten, als Nostalgie oder Elitismus.
Was als neue Form intellektueller Autorität begann – verwurzelt in einer zutiefst unpolitischen Weltsicht – verwandelte sich schnell in eine ultra-reaktionäre Politik. Was nicht quantifizierbar ist, darf nicht real sein, sagt der Ökonom. Und wie misst man die Vorteile der Grundwerte der Aufklärung – namentlich kritisches Denken, persönliche Autonomie und demokratisches Selbstbestimmung? Wenn wir die Vernunft verwerfen, weil sie immer an Subjektivität gebunden bleibt, und die Wissenschaft zum einzigen Vermittler sowohl des Realen als auch des Wahren machen, schaffen wir eine Lücke, die von der Pseudowissenschaft dankend gefüllt wird.
Die Autorität der Professorin, des Reformers, der Gesetzgeberin oder des Juristen erwächst diesen nicht aus dem Markt, sondern aus humanistischen Werten wie Gemeinschaftsgefühl, Bewusstsein oder dem Wunsch nach Gerechtigkeit. Lange bevor die Trump-Regierung damit begann, sie herabzusetzen, hatten sie an Strahlkraft verloren. Sicherlich besteht eine Verbindung zwischen ihrer wachsenden Irrelevanz und der Wahl Trumps, einer Kreatur, die allein von ihren Launen regiert wird, einem Mann, der weder Prinzipien oder Überzeugungen braucht, um mit sich im Reinen zu sein. Ein Mann ohne Bewusstsein, der die totale Abwesenheit der Vernunft repräsentiert, regiert die Welt – oder ruiniert sie zumindest. Als erfahrener Manhattaner Immobilenhai weiß er aber immerhin, dass seine Sünden erst noch auf dem Markt bestraft werden müssen.
Kommentare 55
Ich halte Hayek für unwichtig. Wichtig erscheint mir
Der Neoliberalismus verschlingt seine Kinder.
Der Autor hat Walter Eucken, ebenfalls Vordenker des Neoliberalismus unerwähnt gelassen.
Ich halte Hayek für unwichtig. Die Machtstrukturen, welche unsere "fortschrittlichen" Gesellschaften regieren, erscheinen mir da sehr viel wichtiger. Es bedarf keiner grossartigen analytischen Fähigkeiten, um zu erkennen, dass hier die Interessen der supranationalen Konzerne stark privilegiert werden, welche wiederum den Interessen ihrer Aktionäre dienen. Es zählen nicht die Interessen der von ihrer Arbeit lebenden BürgerInnen, sondern diejenigen der von ihrem Kapital und Renten Lebenden. Dummerweise ist es so, dass die gewählten Regierungen fast aller "fortschrittlichen Gesellschaften" eine Politik (besonders Steuerpolitik) führen, welche die Interessen der supranationalen Konzerne (welche Grossbanken ausdrücklich einschliessen) und die Interessen der von Kapitaleinkommen Leben, in besonderer Weise vertreten. Wir leben nicht in einer Demokratie sondern in einer Oligarchie, in quasi feudalen Verhältnissen, mit gewissen rechtsstaatlichen Strukturen. Die gute Nachricht: man muss da nicht mitmachen und man kann dabei gut leben.
Erstaunlich , dass man meint nach 35 Jahren praktiziertem Neoliberalismus hier , auf einem Portal , das sich irgendwie links nennt, also dieser Ideologie kritisch gegenüberstehen sollte, erklären und beschereiben zu müssen , was und wer der Neoliberalismus ist. ... aber sich dann noch nicht mal ans Eingemacht herantraut , das zB kürzlich erst im ZDF zum Besten gegeben wurde.
Ob man vielleicht auf die Idee kommen könnte mal lieber die katastrophale Geschiche des Neoliberalismus als bekannt vorauszusetzen und lieber etwas dazu bringen sollte, wie wir den Scheiß möglichst schnell und ohen weitere letalen Schäden loßwerden könnten, zB. indem man sich mit den Autoren und Denkern befasst , die dazu bereits reichlich Material geliegert haben?
Anscheinend nicht, warum?
geliefert
Ordoliberalismus ist nicht Neoliberalismus. Allerdings hat Hayek und seine Bande stets darauf gewirkt diesen Unterschied zu verwischen. In erster Linie vermutlich um eine geschlossene Front gegen Kommunismus und Sozialismus zu organisieren, was ihnen ja auch gelungen ist.
Eucken war Befürworter des "dritten Weg", zwischen Liberalismus und Kommunismus, und deshalb definitiv nie ein Neoliberaler.
Ich glaube der Neoliberalismus lässt sich am besten "entzaubern" indem man seinen sozialdarwinistischen Kern offen legt und auf die damit verbundenen, potenziellen Konsequenzen für jeden Einzelnen hinweist.
Dass Hayek als Philosoph oder Ökonom völlig überbewertet wurde und für seinen Unsinn auch noch einen Nobelpreis bekam, scheint mir, ähnlich wie der Autor es angedeutet hat, eher durch gewisse machtvolle bzw. steinreiche Netzwerke begründet als durch eine wissenschaftliche Leistung.
Könntest du netterweise ein paar ausgewählte Links von diesem reichlichen Material hier posten? Dankeschön!
Neoliberalismus - Neue Freiheit oder da capo al fine? Das Kapital ist zur tödlichen Megamaschine verkommen, für alle. Die Globalisierung ihr finales Spielfeld. Wir sind live dabei, sitzen in der ersten Reihe, zum Auftakt des Abgesangs eines Paradigmas, das scheitern muss. Der "Club of Rome" 2017 nennt sie auch, die 8 Täter, manche sprechen auch von 62 "Je suis Panama". In Frankreich sollen es ca. 300.000 "Grandes familles" sein. Und in USA sollen 200.000 families alles beherrschen. Wie auch immer, ihre Aggressivität und ihre Veränderungsresistenz sind umgekehrt proportional zu ihrer Untergangsgeschwindigkeit. Aktuell haben wir mister Trump Titanic. Käptn Donald rast frontal auf den Eisberg zu, seine Band spielt Tanzmusik. "The angry white man" schlägt wieder einmal zu. Es ist nicht wirklich neu, dass die "Herrenrasse" dies tut, um die Weltherrschaft zu übernehmen. Wie so etwas enden muss, ist auch nicht neu. Doch, Rom ging ja nicht an einem Tag unter. Der Abschied vom "Schlaraffenland" geht peu à peu, schleichend, Schritt für Schritt, doch unaufhaltsam. Das "Unsichtbare Komitee" führt uns ein, was es heisst: Destitution statt Institution. Um den Kapitalismus zu überwinden, genügt es, sich das Geld selbst anzueignen. Das Kapital nämlich hat sich jeder Dimension der Existenz bemächtigt. Als Einführungsliteratur empfiehlt sich Albert Cossery "Gewalt und Gelächter!"
Neoliberaler Denken ist in der Tat dabei, alle Lebensbereiche mit Ökonomisierung, Markt- und Wettbewerbsdenken zu durchdringen. Dazu zwei Beispiele:
Seit der Einführung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements (NKF) werden Gemeinden und Städte als kleine, mittelständische oder große Betriebe betrachtet, die Eigenkapital in Form von Schulen und Wirtschaftswegen besitzen, Aufwendungen für Abwasserkanäle, Parkplätze usw. ausweisen, abschreibungsfähige Investitionen vornehmen und Erträge erzielen in Form von Steuern, Gebühren und Zuweisungen von Land und Bund. So lassen sich dann Kennziffern wie die Eigenkapitalquote, Personalkostenquote usw. errechnen, die dann wieder in interkommunalen Rankings mit dem Ziel präsentiert werden, Angebot und Kosten möglichst effizient zu gestalten, indem man Dienstleistungen outsourcing und privatisiert und - siehe Monheim - aggressiven Steuerwettbewerb betreibt.
Ähnliches ist auf dem Bildungsmarkt zu beobachten, wo nicht zuletzt durch die OECD (PISA-Studien) und die einflussreiche Bertelsmann Stiftung Schulen, Bundesländer und Staaten in den Bildungswertbewerb geschickt werden, was natürlich standardisierte und messbare Parameter erfordert, letztendlich z.B. den Anteil der Abiturienten an einem Jahrgang, die Abiturnoten, die Ergebnisse von PISA, von Lernstandserhebungen, zentralen Abschlussprüfungen, IGLU usw. Will dann z.B. eine Schule im Ranking besser dastehen als andere, müssen die Noten - wie auch immer - besser werden, die Sitzenbleiberzahlen gegen Null gehen, die Abiturientenquoten ständig steigen. Bildungspolitik begreift sich dann als ständige Verbesserung der Qualitätsstandards durch ständige Qualitätsanalyse und - optimierung.
Sicher wird man auch bald die marktwirtschaftliche Effizienz unserer Gesetzgeber im internationalen Wettbewerb unter die neoliberale Lupe nehmen. Wie viele Gesetze beschließen Bundestag und Bundesrat pro Abgeordnetem jährlich, oder besser: wie viele Paragraphen wurden pro ausgegebenem Euro für die Legislative beschlossen? Da bleibt noch viel zu tun!
Man kann ja über den Neoliberalismus denken wie mal will! Und natürlich über Hayek selbst! Aber eine so schlechte mit Unwahrheiten gespickte Rezension habe ich wirklich noch nicht gelesen. Entweder der Autor hat noch nie ein Buch von Hayek gelesen oder seine Bücher schlichtweg nicht verstanden!!!!!!!!
Wenn ich hier gleich zwei Beiträge über den Neoliberalismus von "The Guardian" - einem Blatt, dass gegen Corby und für Blairites sich ausgesprochen hatte - lesen darf, dann ist das so wie eine Bertelsman-Studie über Armut, ungleiche Chancen, Rentenarmut...
Hier also zuerst die Anstalt, die ein sehr aufklärerische Sendung zum Thema gamacht hat :
Die Anstalt vom November im ZDF
Der Faktencheck zur Sendung vom 7. November … und eine ergänzung zum Faktencheck : Die Mont Pèlerin Gesellschaft als graphische Schema.
Dann gibt es natürlich einiges an Büchern aus dem linken Spektrum , darunter welche, die vor allem die Neoliberale Wirklichkeit analysieren und damit von den ideologischen Ansprüchen und (gesellschaftlichen) Mythen trennt.
Recht kurzweilig und spannend zu lesen sind zB. die beiden Bücher von Fabian Scheidler : "Das Ende der Megamaschine" und "Chaos". Das ist ein Überblick, der sehr viele Quellen enthält zu den historisch relevanten Einzeltexten, zur Entwicklung des rechtskonservativen Liberalismus seit Smith, Bentham, Ricardo etc. ( im Gegensatzt zum linken , Owen , Mills , Fourier etc.) und auch spätere Schlüssewerke der Analyse einbezieht ( Polanyi, Wallerstein, Gräber , Mauss, Kurz ...).
Bei alle dem muss man sich darüber im Klaren sein, dass der sogenannte Neoliberalismus nur der Kulminationspunkt einer globalen Krise des Kapitalismus, bzw. seiner Paradigmen ist. Der konservativen Liberalismus war immer "ökonomisch" - politische Rechtfertigung des kapitalistischen Ausbeutungs- , Umverteilungs- und Herrschaftssystems. Wurde er im Frühkapitalismus noch als "Philosophie" gehandelt", ist er heute längst als ein herrschaftspolitisches Dogma erkannt, das sich kanibalisiert.
hab ich gemacht , aber mein Kommentr ist zu Besichtigung bei der Moderation ???
Ideologie ist eine raffinierte systematische Kombination von Wahrheit und Falschheit, genauer einer Oberflächenwahrheit mit Verschleierung der darunterliegenden fundamentaleren Wahrheit, das ist der Grund, warum sie als einfaches Verständnismodell sich bei einer großen Mehrheit festsetzen kann und Gedankenkonstrukten, die sich noch weniger auf Wirklichkeit beziehen, wie etwa religiösen Denksystemen, die im nichtmarxistischen Sinne ebenfalls Ideologie genannt werden, überlegen ist. Hayek formuliert solche Ideologie, freilich auf wissenschaftlichem Niveau, und ist dabei der Antipode von Keynes. Während letzterer sich für eine weniger brutale Wirtschaft mit abgemilderten Krisen einsetzt, von einem herzustellenden Gleichgewicht ausgeht und diese Aufgabe dem Staat zuschreibt, setzt Hayek auf die Dynamik des sich selbst überlassenen Systems, das durch die Konkurrenz auf dem freien Markt die Ungleichgewichte, die in der Dynamik entstehen und nicht beherrschbar sind, automatisch behebt. Das wird im Beitrag richtig Smith ohne Moral genannt.
Gegenüber der menschenfreundlicheren Sicht von Keynes ist der Neoliberalismus Hayeks aber die der Wirklichkeit angemessenere, er begreift die Ordnung als subjektloses System, in dem die Menschen angemessen funktionieren müssen, Marx würde sagen „Charaktermasken sind“, ein System, das gerade mit seiner rücksichtslosen Brutalität Produktivität und Effizienz spektakulär steigert, den gesellschaftlichen Reichtum, inzwischen allerdings auch die Beschädigungen mehrt. Diese System beruht formal auf dem Prinzip der Gleichheit, auf der Ebene des Markts sind alle und der Wert aller Geldscheine mit gleichem Aufdruck gleich, die formale Demokratie ist die politische Organisationsform dieses Systems. Substantiell allerdings könnten die Unterschiede der Menschen, ihrer Macht und ihres Vermögens, nicht ungleicher sein. Das System ist die systematische Produktion der Ungleichheit. Hayek ist einer der radikalsten Ideologen, die das System als Konkurrenzgesellschaft der freien Marktwirtschaft preisen. Und die Kritik von Keynes geht nicht weit genug, da er glaubt, der Staat könne den Gemeinheiten des Kapitalismus hinreichend zuwiderhandeln. Das ging eine zeitlang unter Bedingungen der Systemkonkurrenz.
"Gegenüber der menschenfreundlicheren Sicht von Keynes ist der Neoliberalismus Hayeks aber die der Wirklichkeit angemessenere,"
Diese Aussage soll wohl eher einen "Sachverhalt" innerhalb des liberlistischen Denkens beschreiben , als eine Wertung. Was aber mMn auf Hayeks politische Position nicht zutreffen kann, weil man dann davon ausgehen müsste , dass er nie darüber nachgedacht hat , dass eine tradiertes Herrschafts-, Ausbeutungs- uned Umverteilungssystem fragwürdig sein kann ...
Welcher Sachverhalt aber ist eigentlich gemeint? Du schreibst weiter . "er begreift die Ordnung als subjektloses System, in dem die Menschen angemessen funktionieren müssen". Das aber weist ja vor allem auf die unglaubliche Ignoranz eines Hayek hin, die willentlich oder nicht darüber hinweggeht, was Danelle Meadows etwas später so formulierte : "Ein komplexes System erzeugt vor allen Dingenl sein ihm eignes Verhaltensmuster." Unnötig zu sagen, dass Sie natürlich in dem Zusammenhang auch definierte, bzw. erklärte was und in wieweit die kapitalistische Marktwirtschaft ein komplesxes System ist.
Das "Anxiom" Hayeks zum Verhalten der Akteure im System wird hiermit zwar nicht direkt falsifiziert, jedoch die Annahme, die Ordnung sei "subjektlos," entpuppt sich spätestens hier als anmaßende und haltlose Behauptung, als genau das, was die Ideologie des konservativen Liberalismus immer schon versucht hat, nämlich die Legitimität dieser Herrschaft über ökonomische Abhängigkeiten als Naturzustand , Natur des Menschen zu "verkaufen" , bzw. zu ignoriern, dass eine zwanghaft und durch Gewalt erzwungene Anpassung der Akteure an die herrschaftliche Ordnung keinesfalls einen Naturzustand beschreiben kann.
Wir haben hier also die übliche Tautologie des liberalistischen Oportunismus , der sich keine Kritik an den Zuständen erlaubt, sondern sich rein beobachtend wissenschftlich geben möchte, indem er aus dem was er sieht ableiten will, dass es nur so funktionieren kann wie es funktioniert. Man erkennt also schon in ihren Ansätzen die nun sprichwörtliche "Alternativlosigkeit", die sich wie selbstverständlich aus der gedankenlosen Tautologie ergiebt. Denn mit Denken hat das alles an sich nichts zu tun, selbst wenn sich dieser Ansatz historisch zunächst als Philosophie verstand, oder besser von Marktradikalen jeder couleur als solche propagiert oder missinterpretiert wird. Es ist aber nichts weiter als der Oportunismus seiner jeweiligen Zeit - vor allem was den Neoliberalismus angeht, und damit eine antimanzipatorische, antidemokratische, einer exklusiven Freiheit des elitären Paternalismus sich anbiedernde Religion.
Diese "Sicht" Hayeks ist also wenn dann nicht die seine, sondern er macht sich einen Namen als Rechtfertigungtheoretiker oder - akademiker der kapitalistischen Eliten. Man könnte ihn auch Prediger, Sophist und Sinnverdeher nennen.
Mein Kommentar vom 22. 12. um etwa 18 Uhr mit 3 Links zu Quellen und Hinweisen auf weitertragende Anlysen zum Neoliberalismus hat sich in der systemischen Wartschleife einer nicht anwesenden Moderation verloren.
@ Liebe Redaktion, falls sich noch etwas aus der Systemmeldung, mein Kommentar sei zu Beurteilung an die Moderation weitergegeben worden, ergeben sollte, lassen Sie es mich wissen. Interessant wäre auch zu erfahren welches Wort darin den Filter nicht passieren konnte. Ich kann mich nicht erinnern "verbotene" Worte benutzt zu haben.
Ich hatte lediglich geschrieben, dass die Novemberausgabe der "Anstalt" im ZDF ein anschauliches Beispiel für Aufklärung zum Neoliberalismus gewesen sei, und dann Links dorthin und zum dazugehörigen Faktencheck angefügt. Diese links kann man auch selbst finden, wenn man nach der Anstalt sucht.
Der Rest meines Kommentars bezog sich auf den Autor Fabian Scheidler, der zwei sehr übersichtliche Bücher zu den akuten Entwicklungen geschrieben hat, die einen historischen als auch einen vorausschauenden Überblick zu vermitteln wissen was die Analyse, Kritik und Alternativen zum Neoliberalismus angeht. Diese Bücher gibt es bei jeden online Anbieter oder um Buchhandel.
sorry : Donelle Meadows hieß die Dame
but: sry
"der Neoliberalismus" stellt doch einach dar, wie die Spezies derzeit gebürstet wirkt: und zwar ausnahmslos.
Meinten Sie Antoin Doinel?
e
Wer Danelle Meadows ist, weiß ich nicht, aber Hayek würde die Aussage "Ein komplexes System erzeugt vor allen Dingen sein ihm eignes Verhaltensmuster." sicher unterschreiben. Mit „der Realität angemessener“ meinte ich genau dieses Denken im herrschenden System, in dessen Logik. Das System ist das Profitsystem, da kann zB ein Kapitalist nicht freundlich sein und seinen Arbeitern mehr Lohn bezahlen als üblich, denn das würde die Produktionskosten seines Produkts erhöhen und unverkäuflich machen, der menschenfreundliche Kapitalist würde Pleite gehen, er muß, wenn er überleben will, die allgemeine Ausbeutung mitmachen, sogar die Verschärfung. Das schreibt die Logik des Systems vor, hier gibt es keine Subjektivität. Ähnlich ist es übrigens mit der staatlichen Maßnahme der Steuersenkung. Die Steuersenkung in den USA wird alle kapitalistischen Länder zwingen, mehr oder weniger nachzuziehen, sonst können sich die Unternehmen nicht gegen die amerikanischen behaupten. Auch hier gibt es keine wirkliche politische Handlungsfreiheit. Die Idee, die Steueroasen auszutrocknen, ist zwar löblich, aber welches Land, das nicht wettbewerbsfähig ist – jedes Land, das zu klein ist, kann nicht wettbewerbsfähig sein –, wird versuchen, durch niedrigere Steuern Kapital ins Land zu locken. Auch hier wieder ein unregulierbarer Wettbewerb zugunsten des Kapitals, was immer die Politiker eines Landes wollen, ein Systemzwang, der nur durch einen globalen Vorrang der Politik über die Wirtschaft gebrochen werden könnte, dh aber die Abschaffung des Kapitalismus. Innerhalb ist die Systemlogik zwingend.
Nun zu Deiner Aussage, daß die bürgerliche Ideologie die gesellschaftliche Wirtschaftsweise als Naturform mißinterpretiert. Das ist richtig und falsch zugleich. Falsch ist es insofern, als die (Neo-)Liberalen nicht konservativ sind, die vorbürgerlichen Produktionsweisen ablehnen, der Meinung sind, daß erst die moderne Gesellschaft die Form des Wirtschaftens gefunden hat, die für die Menschen am vorteilshaftesten ist, den größten Reichtum und die höchste Effizienz geschaffen hat. Richtig ist es allerdings, insofern die Nutzenoptimierung und damit diese Form des Wirtschaftens für die Bürgerlich-liberalen im Grunde alternativlos ist, die Menschen mußten das kapitalistische Wirtschaften lernen, aber jetzt leben sie in der besten aller möglichen Welten, die es nur noch zu bewahren gilt. Jetzt wird die wahre Natur des wirtschaftlichen Handelns praktiziert. Das kann man die Religion der Hayeks und der Bürgerlich-liberalen nennen, ich spreche lieber von ihrer Ideologie, denn es ist unter falschen Voraussetzungen rational gedacht. Und statt Sinnverdreher würde ich sagen Apologeten des bürgerlichen Sinns.
Danelle oder Donelle, Antoine Doinel war der Prototyp des französischen Linken, Leaud die perfekte Verkörperung. Das waren noch Zeiten.
Lieber iDog, sorry für die späte Reaktion: Ihr Kommentar ist wieder freigeschaltet, wir haben Ihnen auch eine Mail dazu gesendet. Verzeihen Sie bitte die Unannehmlichkeiten! Ihr Community-Support
Nein , ich meinet Donella Meadows, Hauotautorin von: "Die Grenzen des Wachstums" von 1972
die steuer-senkungen fürs groß-kapital in den usa
sind staatliche subventionen für aufkauf-kräftige,
die sich auf der erde nach profitablem umsehen...
Was du sagst ist nur dann richtig , wenn man von einem Liberalismus ausgeht. Aber nach Meinung nicht weniger Denker gibt es zwei davon. Um es knapp zu sagen: den linken und den rechten. Die beiden Freiheiten , die damit jeweil gemeint sind, sind selbstverständlich nicht dieselben, können nicht dieselben sein. Daher kann man nicht von "der" bürgerlichen Ideologie an sich sprechen, wie ich finde. Der linke Liberalismus geht (wie gesagt) auf Owen, Mills , Fourier etc. zurück und entwickelt sich logisch als Reaktion auf den konservativen Liberalismus mit seinem instrumetalisierten Utilitarismus, der sich nur der Kapitallogik unterwirft, währen der linke die sozial Frage sozusagen "erfindet", die sich daraus erst ergibt, nämlich das Wohl der Allgemeinheit, das heute noch unsere Debatten bestimmt.
Die rechtsliberalistische Auffassung , sie, die Rechtsliberalen seien nicht konservativ was die Herrschaftslogik angeht und ihr Bemühen genau diese mit einer pseudowisschenftlichen, ökonomischen Dogmatik zu verdecken ist für mich Teil des liberalen Mythos, den die linkesliberalistische Analyse oder einfach auch die kritische Geschichtsschreibung aufklären will und immer wollte. Wir sind sozusagen immer noch dabei. Wobei ich bemerken muss, dass sich heute unter selbsternannten Linksliberalen meist ein rechtes Denken findet, das geflissentlich den totalen Unterscheid dieser beiden grundsätzlich verscheidenen liberalen Ansätze verschleiert und nicht mehr wahrhaben will, gar nicht kennt. Es wird also der rechtsliberale Herrschaftsanspruch von angeblich linksliberalen Positionen getragen, währen die aber eigentlich historisch-emanzipatorischem Denken verpflichtet sind. Dieses Denken indes wird gerade und aktueller denn je als Radikalismus diskreditiert. Soweit hat der rechtsliberale Herrschaftsanspruch die "bürgerliche Ideologie" mittlerweile durchsetzt. Die Wirklichkeit aber zeigt, dass sich nichts weiter durchgesetzt hat als eine ökonomisch basierte Herrschaft, die von Linken und deren Liberalismus nach wie vor in einem Kampf um soziale Emanzipation abgelehnt wird. Niemand, der diese Herrschaft nicht ablehnt ist links, soviel steht fest. Der Liberalism als Definition und Rechtfertigungslogik der Herrschaft als "liberal Herrschaft" ist von links betrachtet ein Oxymoron.
ach so ja, Donelle Meadows : "Die Grenzen des Wachstums" , auch "Meadows report" - genannt 1972 ... Club of rome ...., der uns allen schon vor 45 Jahren zeigte wohin die Reise geht. Untertitle : the predicament of mankind , oder so ähnlich.
Donella - verdammt :-((
tja, den markt als über-subjektives gehirn
des homo-oeconomicus zu vergötzen,
kann man religion/kult nennen.
eine kirche brauchts nicht.
die voll- und teil-gläubigen
bilden die gemeinde,
die mit weihrauch versieht, was sich vollzieht.
gebannt werden wir zeugen einer zauberhaften macht,
die über-menschliche rationalität zu einem regime verhilft,
das überzählige weg-rationalisiert wie gering-profitables.
die erzeugnisse profitabel-genutzter menschl.denk-/arbeits-kraft
treten uns als ungeheure waren-menge gegenüber.
kaum faßbar, was menschl. produktivität auf den markt wirft
und die natur hergibt.
Sie haben die letzten Zeilen vergessen ?
... solange sie es hergibt.
denn nichts währet ewiglich. Amen.
si
war schon klar...
merci
Ja, so kann man es natürlich sehen. Liberalismus ist ein vielfältig schillernder Begriff. Ich bevorzuge eine etwas andere Terminologie, das habe ich in einem Parallelblog beschrieben und begründet. Daher zitiere ich mich hier mal selbst:
Der Begriff liberal charakterisiert schon vor dem allgemein durchgesetzten Kapitalismus eine Realität der großen Handelsstädte, der Übergang zur bürgerlichen Gesellschaft ist der von einer autoritären, starren, durch persönliche, herkunftslegitimierte Herrschaft geprägten zu einer liberalen, egalitären, dynamischen, auf Verdienst statt Erbschaft gründenden Unterschieden beruhenden Gesellschaft. Die Linke stellt dann fest, daß das bürgerliche Ideal eine Ideologie ist, mit der etwas vorgegeben wird, was sich dem oberflächlichen Blick aufdrängt, aber die tatsächlichen, gegenteiligen Verhältnisse verbirgt. Und sie fordert substantielle, nicht bloß formale Liberalität und Egalität und an der Stelle der Konkurrenz, dem Gegeneinander, das Miteinander, die Solidarität (das sind die die drei Ideale der Aufklärung). Wenn das bewußt ist, kann man, muß man einräumen, daß der bürgerlichen Gesellschaft die Liberalität und Egalität des anything goes, der universellen Käuflichkeit (alles ist käuflich, also durch Geld vergleichbar, gleich) und der Gleichgültigkeit aller Werte (Wertenihilismus) zukommt. Eine starre, autoritäre Ordnung entspricht dieser Gesellschaft nicht, soweit sie sich rein entfaltet.
Nach dem Gesagten macht für mich eine Unterscheidung von zwei Arten der Liberalität keinen Sinn, schon eher die Unterscheidung von Kultur- und Wirtschaftsliberalismus, aber auch da gehören beide zur bürgerlichen Gesellschaft. Freilich stimmt es, daß sich in letzter Zeit wieder vermehrt antiliberale Tendenzen zeigen, es gibt Bürgerliche, die bei Gefährdung der bürgerlichen Ordnung ihr Heil in totalitären Methoden zur Erhaltung des status quo suchen, von einer Verwandlung in eine wertkonservative oder gar faschistische Gesellschaft sind wir jedoch weit entfernt, wie auch von der Abschaffung der (formalen) Demokratie als der dem Kapitalismus adäquaten Regierungsform. Inwiefern die Genannten um Hayek stockkonservativ sein (Diversität ablehnen) sollen, ist mir nicht nachvollziehbar, konservativ im Sinne der Erhaltung des Systems sind sie sicher, aber das ist ja wohl nicht gemeint.
Wenn also Liberalismus und Neoliberalismus bürgerliche Charakteristika sind, zur Mitte gehören, macht das Wort linksneoliberal (oder auch progressiv neoliberal) keinen Sinn. Links hat mit dem Neoliberalismus, wie er heute allgemein verstanden wird, nichts zu tun, und auch im Falle des bürgerlichen Wertliberalismus gibt es zwar eine gewisse Übereinstimmung, aber ebenso eine fundamentale Kritik an der Form der liberalen Werte, die sich zu stark auf das atomisierte Individuum beziehen.
Und eine letzte Bemerkung. Im linken Verständnis sind sozial (Sozialstaatlichkeit) und liberal (Erweiterung der Freiheitsgrade des Denkens und Handelns) keine Gegensätze, sondern sie bedingen einander. Die soziale Marktwirtschaft sieht sie dagegen als Gegensätze und sucht einen für beide Seiten akzeptablen Kompromiß.
"Die Linke stellt dann fest, daß das bürgerliche Ideal eine Ideologie ist, mit der etwas vorgegeben wird, was sich dem oberflächlichen Blick aufdrängt, aber die tatsächlichen, gegenteiligen Verhältnisse verbirgt."
Genau da sind wir einer Meinung , und nicht nur terminologisch. In sofern hat "der" Liberalismus keine weitere Freiheit zu bieten , als die historische der Bourgeoisie von der klerikalen und aristokratischen Herrschaft, deren Platz sie damit also übernommen hat, genau wie deren Herrschaftsanspruch, der nun nicht durch Geburt, Dogma und Gewalt getragen wird, sondern , durch Kapital, Dogma und Gewalt. In dieser "Lesart" ist der Begriff "Liberal" in sich ein Widerspruch und aus heutiger Sicht keinesfalls aufklärerisch und universell, zumal er den politischen Zusammenhang zwischen Gewalt, Staat und Eigentum ideologisch transzendiert. Gerade dieses Triumvirat aber hat der Liberalismus eins zu eins vom Ancien Regime übernommen, und kann also dahingehend auch nicht liberal sein.
Linksliberale sind dann die, die so tun als würde sie den Spagat zwischen dem Herrschaftsanspruch und der "sozialen" Frage schaffen. Schafft aber keiner wie man an der Ausprägung der neoliberalen Politik erkennt. Da werden Sächelchen als "sozial" bezeichnet, die tatsächlich antisozial sind. Und von Befreiung an sich kann sowieso kein Rede sein. Emanzipation bleibt doch immer die von der Herrschaft, nun der Kapitalherrschaft.
Wenn damit also der Liberalismus als Ganzes sich faktisch als antifreiheitlich, als antisozial entpuppt, als autoritär, hierarchisch ... wie nennst Du die "linke" Bewegung, auch die historisch manifeste, die sich von alle dem befreien will ? Ist das dann nur antiautoritär, antikapitalistisch, libertär ( wie die Franzosen anstatt von liberal sagen würden), ist es Anarchismus, ist es demokratischer Kommunismus ??? Von irgend etwas Bestimmtem muss man ja reden können , wenn man sich verständlich machen will. Diese Linke einfach Linke zu nennen ist möglich aber unscharf, denn Linksliberale sind nicht links. Und "Linksradikal" etc sind Begriffe im Kampfwortschatz des "rechten" Liberalismus. Wenn ein politischer Kampf noch Sinn machen soll, muss er kommunizierbar sein und bleiben. Ich sehe daher eine Möglichkeit in der direkten analytischen Unterscheidung der fundamental verschiedenen Freiheiten , die der linke oder rechte Liberalismus propagiert. Eins bliebt historisch wahr : die eine Befreiung (1789) ist passé und für die meisten "Teilnehmer" keine, die andere liegt noch vor uns, sei es als Untergang oder als Chance.
Mit Deiner letzten Bemerkung: "Im linken Verständnis sind sozial (Sozialstaatlichkeit) und liberal (Erweiterung der Freiheitsgrade des Denkens und Handelns) keine Gegensätze, sondern sie bedingen einander. Die soziale Marktwirtschaft sieht sie dagegen als Gegensätze und sucht einen für beide Seiten akzeptablen Kompromiss.” kann ich nicht sehr viel anfangen, da ich als Linker nicht an "Sozialstaatlichkeit" glaube - auch wenn die historische Assimilation weiter Teile der Linken suggerieren will , dass es sich um eine Volonté handele, sondern den Staat als reine Gewaltinstanz zum Schutze des Eigentums verstehen muss. Allein die historische Analyse lässt da wenig anderes zu. Und das hat sich von den Anfängen im Persien der Bronzezeit bis zu Gegenwart nicht geändert. Auch die kapitalistische Moderne seit ihren Anfängen in den italienischen Stadtstaaten des späten 13. JH. zeigt dies explizit. Und die Hervorbringung eines "sozial" genannten Wirtschaftens in einer sehr kurzen Periode der kapitalistischen Ökonomie ist anderen Gründen geschuldet als der ethischen Erkenntnis, die jedem linken Denken zugrunde liegt. Es kann keine "Soziale Marktwirtschaft" gegeben, es gibt nur mehr Wachstum oder weniger, das zur Verteilung steht, und sobald diese Wachstum, paradigmatisch unabdingbar für das Funktionieren des Kapitalismus, ausbleibt verwandelt er sich wieder in ein Tributsystem - da sind wir jetzt, das antisozialer nicht sein könnte. Nennen tut man es dann gerne "Sharing-Economy", ähnlich Sinn verdrehend wie dar Begriff "Liberalismus". Diese Sprachschöpfungen sind herrschaftsprachliche Meisterleistungen und heißen in diesem Fall, das sich die prekären Teilnehmer den letzten Rest des ihnen Zugestandenen teilen sollen. Wenn du mich fragst, werden so Revolutionen angeblasen, die im Kontext der Herrschaft immer einen Sinn machen als Neuschreibung des Mythos von der Befreiung.
Präzision: Ich glaube als Linker nicht an eine "Sozioalstaatlichkeit" im Rahmen der realen kapitalistischen Marktwirtschaft. Das macht auch keine Sinn wie man von Hayek und Konsorten ja lernen soll. Das hast Du bereits in etwa gesagt, wenn ich richtig verstanden habe.
Vielleicht spielen Sie auf die Sendung „die Anstalt“ an, in der am 07.11.2017 ausführlich die Mont Pelèrin Society auf die kabarettistischen Hörner genommen wurde. Hayek war einer der Mitbegründer der MPS, nicht mehr aber auch nicht weniger.
In dieser Sendung wurden immer wieder die drei Grundpfeiler des Neoliberalismus genannt:
Sozialabbau
Steuersenkungen
Privatisierung
Der Neoliberalismus kann nur schwer in eine schlüssige Gesamtdefinition gefasst werden. Er verhält sich wie ein Krebsgeschwür, bei dem ja bekanntermaßen die eigenen Zellen entarten und dann ihre zerstörerische Wirkung entfalten.
Insofern ist der Neoliberalismus eine Fortentwicklung des Kapitalismus, der im Übrigen in jeder Regierungsform – Demokratie, Autokratie, Diktatur - prächtig gedeiht, weil er in der Lage ist, sich optimal anzupassen.
Kurz gesagt, er basiert auf dem Prinzip der Gier, in Einzelfällen der Habgier, die jedem Menschen innewohnt. Das kommt u.a. in solchen Slogans zum Ausdruck, „Jeder kann es ganz nach „oben“ schaffen, wenn er sich nur genügend anstrengt“. Jeder heißt aber nicht alle! Wir müssen wettbewerbsfähiger werden, nur dann können wir unseren Wohlstand sichern. Ich könnte diese Reihe beliebig fortsetzen.
Insofern ist mit den o.g. Begrifflichkeiten fast alles gesagt. Sie bedürfen jedoch der Interpretation und der Ausgestaltung.
wer aus der sozialen marktwirtschaft
(rheinischer kapitalismus,ordo-liberalismus)
das soziale tilgt,
hat sich über rechts-radikalismus nicht zu wundern.
als heutiger "linker" sollte man sich mit der
-->regulationstheorie auseinandersetzen,
die im anschluß an marx erklärt,
warum es im k-system unterschiedliche regime-formen gab und gibt.
übrigens:danke für den link auf die sendung, die mir entgangen war.
und die lit-liste, deren auf-arbeitung mir kopf-zerbrechen bereitet
(trotz vor-arbeiten).
ob die nachtwache an der krippe des HERRN reichen wird?
Das bedeutet de facto "Revolution". Das ist schon einmal schief gegangen und aus der Diktatur des Proletariats blieb am Ende der blanke Neoliberalismus übrig, der durch ein Oligarchensystem regiert wird.
Man kann von einem politischen Gegner immer lernen, mehr als von einem so ganannten politischen Weggefährten. Die Bestätigung im eigenen Echoraum ist trügerisch und nur begrenzt zielführend.
Schlimm wird es nur dann, wenn sich die politischen Weggefährten untereinander bekämpfen, so wie dies aktuell in der Linkspartei zu beobachten ist.
"(...) und lieber etwas dazu bringen sollte, wie wir den Scheiß möglichst schnell und ohne weitere letalen Schäden loßwerden könnten, (...)
Da kann ich nur zustimmen, aber es ist ja auch einfacher (und besser gegen Kritik gefeit), wenn man sich auf die Vergangenheit beschränkt und die xte Version darüber schreibt.
meine sie ? .. auch wenn es darum geht sich von Regimeformen an sich zu emanzipieren , bzw. von der politischen Ökonomie , die sich an jedes Regime anpassen lässt außer an Kein-Regime.
Wenn Sie diesen Kommentar bitte lesen würden, dann wüssten sie , was ich von Revolution halte und dass die allenfalls durch die noliberale Praxis selbst entfacht wird.
so sieht's aus.
Wir leben in einer Plutokratie.
Walter Eucken und die Freiburger Schule ist Neoliberalismus at it´s best!
Ordoliberalismus nennt man diese spezifisch deutsche Spieart des Neoliberalismus.
Der Antisemit Walter Eucken und die Freiburger Schule sind Neoliberalismus at it´s best!
Ordoliberalismus nennt man diese spezifisch deutsche Spielart des Neoliberalismus!
Danke! Werde mich da mal bisschen einlesen. Schöne Feiertage
Der Artikel ist perfekt - und zwar für mich so perfekt, wie er nur sein kann.
Das Schwert der Wahrheit. Die richtige Wahl des Fasses, das angestochen werden muss, ist genau das Fass, das man selbst bestimmt. Denn Fässer gibt es viele und Schwerter ebenfalls. Es ist die Entscheidung unter Experten, wie man „Defekte“ bewertet, nachdem sie nicht rechtzeitig behoben werden konnten. Es gibt in der Praxis keinen alleinigen „Experten“ für das, was heil oder kaputt ist.
Und mir läuft auch "nur ein Fass aus", wenn mir ein Experte gesagt hat: „Schau dir mal dieses Fass hier an“. Dann habe ich dieses Fass zu spät gesehen, obwohl es zuvor schon andere Experten gab, denen ich keinen Glauben gab oder ihnen das Wissen nicht zugetraut habe. Ich könnte auch sagen, es wird viel "Experten-Unsinn" erzählt, um mich zu täuschen oder weil ich eben kein Experte bin und der Experten gibt es viele. Weswegen meine Meinung auch ohne Bedeutung ist, weil ich kein Experte bin.
Aber ganz ohne Meinung lebt es sich schlecht. Für die Zustände ist man selbst verantwortlich und auch dafür, wie man sie interpretiert. Mehr sogar, wie man sie interpretiert. Für die Zustände kann ich nichts. Sie passieren. Einfach so, ich habe da nichts dran gedreht.
Das Wasser der Interpretationen ist nicht das Wasser. Das Wasser stinkt, aber das Wasser stinkt nicht nur. Man kann sich noch lange darüber streiten, welchen Zustand das Wasser vorher mal hatte, bevor es wie stark und wo und bei wem überhaupt verunreinigt wurde. Und dennoch ist es glänzend gesagt, (bezüglich dieses Artikels), dass Zustände bedeutungslos werden. Denn Wasser ist Wasser und es stinkt definitiv nicht. Wenn ich aber der Meinung bin, dass es stinkt, dann sagen die Wasserexperten, dass man entweder unter Geruchsstörungen leidet oder es gibt eine Ursache für stinkendes Wasser. Und auch das passiert einfach so: Entweder man findet einen Experten für stinkendes Wasser oder man sucht sein Leben lang danach. Ob Wasser stinkt oder nur manchmal stinkt, und das aus Gründen, ist so subjektiv, wie das, ob es überhaupt Gründe hierfür zu geben scheint. Da kann man lange suchen und die Zeit mag noch so begrenzt sein mit dem Risiko, dass man „auf der Suche nach der falschen Wasserader“ an seinem subjektiven Empfinden nichts ändert. Denn ob Wasser einen Grund hat zu stinken oder nicht, ist so subjektiv, so lange, bis der Ozean stinkt.
Wer war zuerst da? Der Experte für defekte Wasseranschlüsse oder den falschen Umgang mit Wasser, der das richtige Wassersystem installiert? Oder war es der einzelne Mensch, der angeblich unter Geruchsstörungen oder falschen Geruchsempfindungen leidet, aber er hat ja nach Wünschelrutengängern gesucht und nicht nach Experten für die perfekte Kanalisation. Ich weiß, dass ich das Wasser brauche, weil ich auch weiß, dass es alle brauchen. Und es ist gut so, dass man sich dafür entscheidet, dass genau deswegen das Wasser nicht nur das Wasser ist. Jeder braucht es und deswegen läuft einem das Fass über, wenn da jemand gewesen sein sollte, der es verunreinigt hat, weil es nämlich verunreinigt wurde – und das ist (leider) oder zum Glück subjektiv. Man kann über Wasser einfach nicht objektiv urteilen. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit. Warum macht man es aber dann? Ich mache es, um wenigstens für mich selbst nicht bedeutungslos zu sein, obwohl es objektiv keinen Sinn macht.
Keynes ist tot und Hayek lebt? Selten so gelacht, angesichts der gigantischen Neuverschuldungsorgie die dieser Globus gerade wieder erlebt. Die Zentralbanken drucken auf staatliche Anweisungen Geld wie Heu, entwerten damit die Ersparnisse des kleinen Mannes und blähen die Finanzindustrie auf. Und das soll unter freiem Markt laufen wie Hayek ihn versteht?
Wie parasitär der Leitgedanke des Neoliberalismus ist - stellt sich einem nur dar - wenn man bedenkt - dass das in Geld gesetzte Vertrauen das "Kapital" ist. Die allgemeine Wirtschaftlichkeit und Segnung des Seins - soll einem radikalen Markt konfrontiert sein?
Warum ist eine "liberale" Wirtschaftsordnung nicht so wichtig - für Mitmenschlichkeit.
Zum Beispiel - nachdem ich in meinem Leben alles verlor - bin ich mit Harz4-Frührente in die Psychiatrie als Nikolaus und habe 40 Geschenke gebracht oder über 180 Holzherzen verteilt http://holztaler.wahrheitssuche.org - für mehr soziales in der Mitmenschlichkeit. Ohne Gewinngedanken und habe einfach gegeben was ich kann - mittlerweile stelle ich für 1,60 Euro Baumskulpturen her um mein soziales Umfeld zu beschenken. http://baumgeist.wahrheitssuche.org
So kann man nicht kaufen - das Glück - gesunde Umstände und Kinderreichtum die einen wertschätzen und anerkennen. Sowieso lässt man beim Ableben für die nächste Inkarnation alles zurück - das Rattenfängerlied des freien Marktes ist der Einstellung der Sozialen Marktwirtschaft zu unterstellen.
Wer bezahlt das Mutter sein oder Verstandespfleger der Vernunft - Geld ist der falsche Gott und ich wünsche euch noch ein schönes Leben mit viel Glück und Segen auf all eueren Wegen.
vale icasear.it
Hier noch zum Neoliberalismus Eroberung der Welt in Ökonomie - mit Privatisierung und sozialem Abbau. http://www.doppelfreun.de/2017/12/wirtschaftsfaschismus-neoliberale.html
Ich fände es sehr nett wenn einige der Kommentatorinnen hier sich ehrlich eine Frage stellen würden: Habe ich Hayek gelesen und kann ich seine Argumente bewerten? Mir scheint es so als wäre die Antwort auf diese Frage bei so gut wie allen hier "Nein".Bei Metclaf ist das offensichtlich so.
Hier einige klärende Anmerkungen zu Hayek:
Zum Thema "Moral": Hayek hat vermutlich rationalistische Letztbegründungen in der Ethik abgelehnt - seine Aussagen deuten sehr stark in diese Richtung. Den Ursprung der Moral sieht er eher in evolutiven Entwicklungen sozialer Systeme. Das heißt jedoch nicht das Hayek ein "Amoralist" war. Seine Moralvostellungen finden sich ziemlich ausgewalzt in seinem Buch "Recht, Gesetz und Freiheit". Mit einem kleinen Zitat kann man diese vielleicht etwas zusammenfassen: "Die beste Gesellschaft wäre die, in die wir unsere Kinder gäben, wenn wir wüßten, daß ihre Position darin durch das Los bestimmt würde." Das ist eine eindeutige normative Wertung.Zum Thema "Markt": Ich hätte gern eine Quellenangabe zu der Behauptung, Hayek wolle die gesamte Gesellschaft auf das Marktgeschehen reduzieren. Hayek war kein Anarchokapitalist (wie z.B. Rothbard). Für Hayek sind die Ziele wirtschaftlichen Handelns immer außerwirtschaftliche Ziele, die wiederum subjektiv sind (das ist eben ein Grundprinzip der österreichischen Schule). Das erklärt er eigentlich in jedem seiner Bücher, zumindest in jedem mir bekannten und ich habe tatsächlich einige gelesen (im Gegensatz zu all den "Hayekkritikern" die hier kommentieren). Den Markt verteidigt Hayek aus einer "maximin"-Perspektive heraus; er glaubt das der auf diese Weise generierte Wohlstand für einen höheren Lebensstandard auch bei den ärmsten in der Gesellschaft sorgt als in allen anderen Wirtschaftssystemen. Hayek ist im übrigen kein reiner laisser-faire Liberaler; schon in "Der Weg zu Knechtschaft" macht er das deutlich. Er schreibt hier bspw.: "Nichts dürfte der Sache des Liberalismus so sehr geschadet haben wie das starre Festhalten einiger seiner Anhänger an gewissen groben Faustregeln, vor allem an dem Prinzip des Laisser-faire." Hayek fand Mindestversorgung für Menschen die am Markt nicht teilnehmen können durch Steuern immer legitim - siehe alle Bücher in denen er das Thema anschneidet. (Constitution of Liberty; Road to Serfdom; Law, Legislation and Liberty; und so fort.)Hayek als Ökonom: Laut Metcalf war Hayek ja offensichtlich ein völlig bedeutungsloser Ökonom. Es wäre immerhin erwähnenswert, dass Hayek für "Prices and Produktion" den Nobel-Gedächtnispreis erhielt, offensichtlich trotz "Mittelmäßigkeit". Der Homo-Oeconomicus: Die vereinfachende Idee des Menschen als Homo-Oeconomicus wurde von Hayek immer abgelehnt. Ebenso wie vom Rest der österreichischen Schule - diese Idee ist definitiv nicht Hayek zuzuschreiben, er hat sie schlicht übernommen. Es ist interessant wie Autoren ebendie Ideen zugeschrieben werden, die sie ihr leben lang bekämpft haben.Die heutige Welt im Geiste von Hayek: Metcalf behauptet, unsere heutige Zeit wäre ein Kind von Hayeks Geiste, während die Nachkriegszeit von Keynes beherrscht wurde. Nun, wie seltsam. Zumindest ökonomisch und auch politisch sehe ich keinerlei Übereinstimmung in den Organisationsformen die Hayek vorschlägt und denen die heute allerortens üblich sind. Hayek war ein entschiedener Gegner von dem heute noch absolut üblichen und auf Keynes zurückgehenden Vorgehen von Zentralbanken in Krisenzeiten (siehe Prices and Produktion). Hayek war später sogar Vertreter des Free-Banking, also ein prinzipieller Gegner von Zentralbanken. Hayek wollte die Demokratie kommunaler gestalten und hat hierfür einige Vorschläge für ein verändertes Wahlsystem vorgebracht (siehe Recht, Gesetz und Freiheit) - heute sehen wir, wie z.B. innerhalb der EU demokratische Verfahren immer stärker zentralisiert werden. Die Liste ließe sich ziemlich lang fortsetzen; einige weitere Schlagworte sind Subventionen und Steuerprivilegien - beides von Hayek stets verdammt und verflucht.Hayek als "Neoliberaler": In seinem Essay "Why I am not a Conservative" positioniert sich Hayek innerhalb der politischen Ideengeschichte sehr genau. Ich muss hier einige allgemeine Worte zum Begriff "Neoliberalismus" fallen lassen. Innerhalb der liberalen Tradition wird der Begriff für die, hauptsächlich deutschen, Vertreter der Idee des "dritten Weges", also einer Mischung aus Sozialismus und Kapitalismus, verwendet. Beispielhafte Vertreter dieser Richtung sind Rüstow, Röpke, Eucken. Der Ordoliberalismus gilt hier als Untergruppe des Neoliberalismus. Außerhalb der liberalen Tradition wird der Begriff für alle "Free-Market"-Ökonomen verwendet, also gleichermaßen für M.Friedman, Mises, Hayek und vermutlich sogar für Rothbard und D.Friedman (?). Die Aussage, Hayek hätte sich selbst als "Neoliberal" bezeichnet ist schlicht eine Lüge, oder ein Fehler - je nachdem ob die Falschinformation intentional als solche verbreitet wurde oder nicht. Er verwendete den Begriff in dem Sinne in dem er innerhalb des Liberalismus verwendet wird. Hayek sah sich in der Tradition des Whig-Liberalismus um Acton - also als "klassischen Liberalen". Theoretisch ist diese Zuordnung m.E. einwandfrei. Man kann natürlich M.Friedman und Hayek unter dem Begriff "Neoliberale" zusammenfassen. Das verwischt dann aber die ziemlich gravierenden Unterschiede die zwischen Chicago-School und österreichsicher Schule bestehen und scheint mir unzweckmäßig zu sein. Überzeugend wäre hier eine Quelle in der Hayek sich selbst als "neoliberal" bezeichnet.Ad hominem Argumente: Der Autor versucht trickreich Hayek als Menschen zu diskreditieren. Hayek habe z.B. auf das "von Hayek" bestanden. Nun, auch dies lässt sich leicht widerlegen: In seiner privaten korrespondenz mit Keynes unterschrieb er seine Briefe mit "F.A. Hayek" - ohne "von" (ebenso wie er auch seine veröffentlichten Texte mit "F.A. Hayek" unterschrieb). Keynes sprach ihn mit "Dear Hayek" an - kein Einspruch von "von Hayek". Was will der Autor mit der Behauptung, Hayek hätte auf sein "von" bestanden, wohl bezwecken? Biografische Wahrheit verbreitet er offensichtlich nicht. Auch hier wäre eine Quelle interessant, die Hayeks angebliche Verbissenheit in dieser Frage illustriert. Es ist außerdem sehr interessant das der Autor Hayeks Erscheinungsbild und seine angebliche Bitterkeit in den 50gern thematisiert. In den 50gern war Hayek ein weltweit anerkannter intellektueller, dessen Buch "The Road to Serfdom" als eines der wichtigsten Bücher seiner Zeit galt. Die suggestiven Andeutungen, Hayek wäre evtl. rassist gewesen, sind eine weitere Veranschaulichung der Strategie nicht Argumente, sondern Personen anzugreifen.Metcalf hat offensichtlich kaum etwas von Hayeks reichhaltigen Hinterlassenschaften gelesen. Ich vermute der einzige Text den er kennt ist "The use of Knowledge in Society" - auf die hierin enthaltene Idee scheint er sich immer wieder zu beziehen, auch wenn sein Verständnis der Idee eher vage ist und er Hayek eine ziemlich abenteuerliche Ontologie unterstellt, die bei Hayek schlicht so nicht zu finden ist.Sicher lässt sich über die Schlüssigkeit von Hayeks Argumenten streiten. Ich persönlich stimme ihm in vielen zu (z.B. in seiner Erklärung von Konjunkturzyklen), bin aber Stellenweise auch nicht einverstanden (z.B. beim Free-Banking). Aber es ist ein Armutszeugnis für den Zustand der Linksintellektuellen wenn linke "Kritiker" Texte kritisieren die sie weder kennen noch verstanden haben. Innerhalb der linken Szene ist die Hayek-Rezeption einigermaßen erbärmlich, wenn man sie z.B. in Relation zur Marx-Rezeption innerhalb der liberalen Tradition setzt. Der einzige ernstzunehmende Hayek-Experte von links scheint mir Burczak zu sein, der dann aber auch eine Bandbreite an Argumenten anerkennt und versucht seine Position entsprechend zu modifizieren.Lange Rede kurzer Sinn: Ein recht verantwortungslos geschriebener Text der eher die Ignoranz des Autors illustriert als "Fehler in Hayeks denken" oder den "Einfluss Hayeks auf unsere Welt" aufzuzeigen.
Der Autor klebt melancholisch an einem bürgerlich-humanistischen Weltbild, dem der Neoliberalismus schon längst den Teppich unter den Füßen weggezogen hat.
Das beruht aber nicht darauf, dass -wie der Autor meint- erstmal jemand wie Hayek daherkommen musste, der urplötzlich eine "große Idee" hat, die dann zu einer "großartigen Idee wird, wenn man sie "gehörig aufbläst", eine Idee, die "ein Werkzeug, die gesellschaftliche Realität zu ordnen und unseren Status als Individuen neu zu denken" sein soll. Dann wäre ja der Neoliberalismus eine Erfindung wie die des Kronkorkens.
Der Neoliberalismus ist aber keine Erfindung, sondern nur der Name für eine Entdeckung:Tatsächlich hat Hayek nichts anderes (wieder-)entdeckt, als das, was Marx schon ein paar Jährchen früher bemerkt hat, dass nämlich im Kapitalismus letztlich alles zur Ware wird und folglich nur noch Beziehungen zwischen Waren bestehen, in denen für gefühlsduseligen Humanismus kein Platz ist.
Hayeks Verdienst besteht bestenfalls darin, dass er seiner eigenen Klientel die Augen geöffnet hat für etwas, was unabhängig von ihm entstanden ist, nämlich für die ungeheure Macht -insbesondere des monopolistischen- kapitalistischen Marktes. Er hat den Kapitalisten das Gaspedal und das Lenkrad des Kapitalboliden gezeigt, woraufhin die ganz erfreut waren und losgefahren sind.
Was das im Zeitalter der digitalen Revolution bedeutet, kann man sich kaum ausmalen: Milliarden von arbeitslosen Menschen wird es so gehen, wie den Tomaten der Überproduktion: Sie sind wertlos und werden zerquetscht: Humanabfall. So regelt sich dann der freie Markt ganz automatisch. Alles Überfüssige verschwindet.
Die übrig Gebliebenen werden das zu loben wissen. Wenn man dann zwecks Ressourcenschonung noch ein bißchen nachhilft, wird´s auch die Umwelt den übrig Gebliebenen danken, die dann -ganz nachhaltig- in Saus und Braus werden leben können, von den letzten noch nötigen Haus- und Arbeitssklaven einmal abgesehen.
Das wird so in etwa das Modell der Zukunft sein, das schon fleißig vorbereitet wird und in dem sich der einzelne frühere Kapitalist und nunmehr ewige Rentier nicht mal mehr die Hände schmutzig machen muss: Es ist doch nur das Gesetz des Marktes.
Auf mangelnden Tauschwert steht die Todesstrafe, plötzlich oder in Raten, durch Hunger, Epidemien, mangelnde Kranken- und Altenversorgung, und der Knast oder die Kugel für die, die sich nehmen wollen, was ihnen der Markt nicht mehr gibt. Dafür ist dann einmal mehr die staatliche Ordnungsmacht zuständig.
Das kann man in den -bereits durchaus fortgeschrittenen- Anfängen alles schon beobachten, wenn man den Fernseher und die Spielekonsole ausschaltet und das Smartphone zur Seite legt.
Ende der Komfortzone.
Will sich noch jemand wehren? Dann wäre "Aufstehen" eine Chance, sofern die "Aufständischen" nicht nur anitkapitalistisch lamentieren, sondern auch entsprechend handeln.