Frauen schauen

Superhero Wieso „Guardians of the Galaxy“ so viele weibliche Zuschauer anzieht
Ausgabe 34/2014
Fluffig: Rocket Raccoon
Fluffig: Rocket Raccoon

Bild: Screenshot

Gleich am Wochenende seines Erscheinens spielte Guardians of the Galaxy, die neueste Verfilmung eines Marvel-Comics, in den USA 94 Millionen Dollar ein. Damit lag der Film (der in der kommenden Woche in Deutschland startet) vor X-Men: Zukunft ist Vergangenheit (90 Millionen Dollar), nur knapp hinter Transformers: Ära des Untergangs (100 Millionen Dollar) und kann damit das dritterfolgreichste Startwochenende dieses Jahres verbuchen.

Solche Zahlen sind natürlich eindrucksvoll – auch weil es sich bei Guardians of the Galaxy um einen der weniger bekannten Titel von Marvel (Spider-Man, Hulk) handelt. Was aber für noch mehr Aufsehen sorgt, ist der hohe Frauenanteil unter den Zuschauern. Umfragen unter Kinogängern ergaben, dass bisher beinahe die Hälfte (44 Prozent) der Guardians-of-the-Galaxy-Gucker weiblichen Geschlechts war, das sind deutlich mehr als gewöhnlich bei Marvel-Superheldenfilmen.

Zwei Fragen, um den Wissenschaftlern und Experten kostbare Zeit zu sparen: Sind Frauen Menschen? Und haben sie, in Anbetracht der Tatsache, dass sie über die ganze Bandbreite menschlicher Emotionen verfügen, gern Spaß? Lautet die Antwort auf beide dieser Fragen Ja, dann ist die Sache klar: Frauen mögen Guardians of the Galaxy, weil es ein guter Film ist. Er ist spritzig, originell und lustig und hat jede Menge Charme. Es ist ein Superheldenfilm, der das Herz auf der Zunge trägt und wunderbar heroische Momente, große Explosionen, einen sprechenden – und wütenden – Waschbären und einen baumähnlichen Humanoiden mit einem Vokabular von fünf Wörtern vorweisen kann. Es gibt also jede Menge Gründe, Gefallen daran zu finden.

Interessanterweise war mit Nicole Perlman eine Frau Ko-Autorin des Drehbuchs. Das ist deshalb bemerkenswert, weil Perlman die erste Frau ist, die an einem Film der Marvel-Studios mitgeschrieben hat. Als Hollywood-Neuling kann man Perlman aber nicht bezeichnen. Ihr Drehbuch über die Explosion des Spaceshuttles Challenger schaffte es 2005 auf die allererste Black List(eine Art Archiv der besten, nicht realisierten Drehbücher eines jeden Jahres). Gerade arbeitet Perlman für Dreamworks an einer Adaption von The Fire Sermon, einem postapokalyptischen Jugendroman mit Fantasy- und Science-Fiction-Elementen.

Es wäre zu einfach und auch ein wenig einfältig, den Erfolg von Guardians of the Galaxy auf den sanften, „feminisierenden“ Einfluss Perlmans zurückzuführen. In Guardians of the Galaxy laufen nicht massenweise Frauen herum, und sie tragen auch keine Plakate mit feministischen Slogans oder diskutieren die Lohngleichheit für Männer und Frauen. Die beiden weiblichen Charaktere, die am längsten und häufigsten zu sehen sind, nämlich Gamora (Zoe Saldana) und Nebula (Karen Gillan), sind tough, grausam und stark.

Die Männer in Guardians of the Galaxy sind, wenn es sein muss, nicht weniger gnadenlos, verwegen und kampflustig. Aber sie alle haben etwas, das den entscheidenden Unterschied ausmacht: eine Menschlichkeit, die sie auf eine Art und Weise dreidimensional erscheinen lässt, – die mehr ist als das, was man mit den an der Kasse ausgehändigten Spezialbrillen zu sehen bekommt. Gerade an solcher charakterlicher Komplexität mangelt es Superheldenfilmen oft. Wenn man den hohen Anteil weiblicher Zuschauer bei Guardians of the Galaxy also irgendwie erklären will, dann doch damit. Und – im Falle von heterosexuellen Frauen – vielleicht noch mit den Bauchmuskeln von Chris Pratt.

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Übersetzung: Zilla Hofman
Geschrieben von

Bim Adewunmi | The Guardian

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