Der seltsame Marquis

Gestorben Zum Tode des portugiesischen Adligen und Demokratie-Verfechters, des 11. Marquis de Fronteira, Dom Fernando Jose Fernandes Costa Mascarenhas.

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Er liebte Schmuck. Und guten Portwein. Und Dissideten. Während der Diktatur Salazars ermöglichte er vielen Dissidenten und Oppositionellen, sich auf seinem Grundstück zu verstecken, unterzutauchen oder sich freibewegen zu können. Die Geheimipolizei PIDE wagte es trotz ihrer Macht nicht, den fetten Marquis auch nur zu besuchen. Zu mächtig war der Einfluss der Familie bis heute in Portugals Politik und Gesellschaft.

Geboren in Lissabon, studierte er Philosophie, arbeitete an der Universität von Evora, bevor er sich als Vorsitzender einer Kulturstiftung um die Verbreitung der Kultur in Portugal, vor allem an untere Schichten, verdient gemacht hatte. Sein eigenes Schloss lies er nicht aufmöbeln, obwohl er darin lebte. Alles naturbefangen. Und überhaupt, er war so unförmig, der Marquis. Zweimal verheiratet und geschieden, blieb er kinderlos, jedoch nicht sprachlos: Er widmete sich nach der unblutigen Nelkenrevolution der Verteidigung der portugiesischen Demokratie, darin liegt wohl sein größter Verdienst.

Zu dick war er, um regelmäßig das Schloss zu verlassen, liebte er die Supper mit gutem Wein und dem Tost auf das Bildnis der Frau Mama. Billig aussehender, aber letztlich doch schöner Schmuck wurde von ihm für die Damen von Welt kreiert.

Mit dem Marquis verliert Portugal einen seiner großen Kulturförderer und Kämpfer um die Demokratie. 2014 wurde er durch die Filmreihe "Schlösserwelten Europas- Teil 5, Estremadura" auch einem kleinen Publikum in Deutschland ein Begriff.

Er ist heute im Alter von 69 Jahren in Lissabon gestorben. Er wird zur Stunde im Sala das Batalhas (dem Saal der Schlachten) aufgebahrt und später auf dem Friedhof in Benfica beigesetzt. Das ganze Land nimmt Abschied.

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