Drei Grundideen: Linkspartei stellt Programmentwurf vor

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Viele in der Linkspartei haben lange darauf gewartet: Am Samstag wollen Lothar Bisky und Oskar Lafontaine den Entwurf für ein neues Grundsatzprogramm vorstellen. Zur exklusiven Premiere wird dieser Termin allerdings nicht mehr – das Papier ist längst an die Medien durchgesickert.

Was man bereits über den Inhalt der 42 Seiten lesen kann, ist wenig überraschend: Vom Selbstporträt einer „sozialistischen Antipartei“, schreibt der Tagesspiegel, das Handelsblatt sieht einen „Katalog von Regierungsbeteiligungs-Ausschlussgründen“ und der Spiegel titelt: „Linke rechnet mit Kapitalismus ab“. Die Suche nach Reizwörtern, etwa zur Frage der Mindestbedingungen für Regierungsbeteiligungen oder zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr, ist zwar schon deshalb einigermaßen spannend, weil auch die Partei um genau diese Fragen streiten wird. Aber eigentlich soll ein solches Papiers ja mehr sein, so etwas wie eine "große Erzählung" mit einer Anziehungskraft, die länger als nur ein paar Wahlperioden trägt. Weshalb die Kritik am Fehlen von konkreten Aussagen ein wenig daneben liegt. Zumal es da auch ganz andere Meinungen gibt.

Programmprosa der etwas komplizierteren Art hat ohnehin wenig Chancen, zur medialen Massenware zu werden. Die Verbindung von aktueller Reformpolitik, transformatorischer Bewegung und sozialistischem Ziel zum Beispiel, die sich als ein Faden durch den Entwurf zieht. Oder die „Verknüpfung von drei Grundideen“, die der Linkspartei als Leitbild dienen sollen. Wo vom Zurückdrängen der Vorherrschaft des Kapitals die Rede ist, wird gleichermaßen eingestanden, dass das Neue, Andere nicht per Parteitagsbeschluss oder Eroberung des Telegrafenamtes ins Werk gesetzt werden kann, sondern wenn überhaupt Ergebnis eines vielfältigen Stellungskampfes auf ganz verschiedenen Baustellen sein wird, in dem die Verhinderung einer Broilermastanlage, ein Pilotprojekt für kostenlose Öko-Mobilität in einem Landkreis und ein rot-rotes Veto im Bundesrat wichtige Bausteine sein können, auch wenn darauf nicht gleich das Label „Sozialismus“ klebt.

Erste Differenzen werden übrigens auch schon mitgeteilt: Während Sahra Wagenknecht den Entwurf lobte, zeigte sich Halina Wawzyniak enttäuscht. Der Streit wird in den kommenden Wochen weitergehen. Ab Samstag wird der Entwurf im Internet zugänglich sein, in der kommenden Woche liefert die Parteizentrale auch gedruckte Fassungen aus.


mehr zum Thema: lafontaines-linke.de

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Geschrieben von

Tom Strohschneider

vom "Blauen" zum "Roten" geworden

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