Lafontaine auf Jamaika

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Die Saar-Grünen haben sich mit deutlicher Mehrheit für Jamaika ausgesprochen. Die Entscheidung kam nicht überraschend: Nach der Ankündigung von Oskar Lafontaine vom Freitag, sich auf den Bundesvorsitz der Linken und die Fraktionsarbeit in Saarbrücken zu konzentrieren, hatten führende Grüne von einer Belastung für ein rot-rot-grünes Bündnis gesprochen. Eben diese Begründung war es auch, mit der Hubert Ulrich am Sonntag die grünen Delegierten für Jamaika zu begeistern suchte: kein Vertrauen zum Bundeschef der Linken. Dieses Argument ist alt bekannt, bleibt aber genauso unpolitisch und dumm, wenn es statt von einem Sozialdemokraten nun von einem Grünen benutzt wird. Oskar Lafontaine als das personifizierte Hindernis für Regierungsbündnisse, nun ja. Da verabschiedet sich der Mann schon aus der ersten Reihe des Bundestags, um nicht immer für solche Begründungen herzuhalten, und dann wird er von diesem Argument noch bis nach Hause verfolgt.

Die Frage ist nun, ob Lafontaine seinen Schritt bereut, schließlich ist seine Wirkung als Oppositionschef im Saarland eher begrenzt. Oder hofft er darauf, dass die Grünen pokern - und es am Ende, nach gescheiterten Koalitionsverhandlungen mit der CDU, vielleicht doch noch eine Chance auf Rot-Rot-Grün gibt? Eher nicht.

Dass die Grünen jetzt von einem Politikwechsel reden, erstaunt gewaltig. Denn worin besteht der Wechsel, wenn der alte Ministerpräsident auch der neue ist? Andererseits kann von einem Wechsel immerhin insoweit geredet werden, als dass es das erste Mal wäre, dass auf Landesebene über eine Jamaika-Koalition verhandelt wird. Wenn sich die Grünen nicht alsbald zerlegen, weil eine Koalition mit CDU und FDP, sozusagen die erweiterte Variante der Bundesregierung, zur Zerreißprobe führt und mit dem Scheitern der Koalition im Saarland gleich auch noch das Modell Jamaika nachhaltig beschädigt wird, dann wäre eine machtpolitische Bündnisoption auch für die Bundesebene im Spiel. Vom Saarland aus könnte das Beispiel hell bis nach Berlin leuchten - und SPD und Linkspartei hätten ein Problem.

Ohnehin: Das rot-rote Morgengrauen, von dem man nach den Herbstwahlen berichten konnte, es leuchtet immer schwächer. Erst fährt der Thüringer Fraktionszug Richtung „große“ Koalition, dann legt der Saar-Dampfer nach Jamaika ab. Wenn jetzt noch der Deichgraf von Potsdam die Brandenburger SPD in der Koalition mit der CDU belässt, statt auf Rot-Rot zu setzen, stünden die Regierungslinken mit leeren Händen da.

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Geschrieben von

Tom Strohschneider

vom "Blauen" zum "Roten" geworden

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