Störung im Salon

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Würde man den Spiegel bei diesem Thema ernst nehmen, über die Linkspartei in Schleswig-Holstein wären keine großen Hoffnungen erlaubt: „Mobben, schachern, bocken“ ist ein dieser Tage erschienener Beitrag überschrieben. Und wer mit Leuten spricht, die sich im linken Nordwesten auskennen, der darf das nicht einmal für eine böswillige Unterstellung der „bürgerlichen Presse“ halten. Es gehen Gerüchte, in Schleswig-Holstein könnten wieder einmal demonstrative Austritte kurz vor der vorgezogenen Landtagswahl am 27. September für neue schlechte Presse sorgen. Wie dem auch sei: Der Urnengang könnte Gewicht haben. Denn die Koalitionsbildung im Kieler Landtag dürfte Auswirkungen auf die Kräfteverhältnisse im Bundesrat haben. Angenommen, in Sachsen kommt eine schwarz-gelbe Regierung zustande und auch ein Bündnis Merkel-Westerwelle wird möglich, dann würde eine solche Bundesregierung durch einen Wahlsieg von Carstensen und Kubicki in Schleswig-Holstein erst eine Mehrheit in der Länderkammer bekommen. Deshalb wird auch aufmerksam die linke Diskussion über eine mögliche Tolerierung einer rot-grünen Regierung in Kiel beobachtet. Was Ulrich Maurer für möglich hält, wird von Antje Jansen zurzeit eher abgelehnt. “Wir wollen eine harte und konstruktive Oppositionspolitik machen“, sagt die Spitzenkandidatin in einem INterview (leider nicht online). Maurers Äußerung sei „zunächst nur“ dessen persönliche Meinung. Immerhin: „Wenn es im Ergebnis zu einer besonderen Situation kommen sollte, werden wir das mit der Partei beraten“, so Jansen. Neuesten Umfragen zufolge ist es nicht einmal so abwegig, dass diese Situation eintritt. FDP und CDU liegen im Nordwesten nur noch vier Prozentpunkte vor Rot-Rot-Grün, hinzu kommen Mandate des SSW, für den die Fünfprozenthürde nicht gilt. Die Bedeutung des Bundesrats als politischer Hebel ist zuletzt mehrfach von Linksparteipolitikern hervorgehoben worden. Bodo Ramelow, der in Thüringen um eine rot-rote Regierung ringt, hatte nach den Landtagswahlen Ende August erklärt, es sei „konsequent und richtig“, die Länderkammer gegen Schwarz-Gelb einzusetzen. Dabei hatte er vor allem die SPD im Visier, die diese „Machtoption“ noch nicht richtig zu begreifen scheint. Gregor Gysi hat gerade in der Frankfurter Allgemeinen auf den möglichen sechsten Einzug der Linkspartei in ein westdeutsches Landesparlament hingewiesen: „Wir stören im Salon.“ Angela Merkel wird das auch mit Blick auf die Bundesratsstimmen mit einigen Sorgen gelesen haben.

Auch erschienen auf lafontaines-linke.de

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Geschrieben von

Tom Strohschneider

vom "Blauen" zum "Roten" geworden

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