Ukraine: Hausdurchsuchungen bei 25 Kritikern

Repression Parallel zum Treffen Poroschenko-Mogherini in Kiew führt der ukrainische Geheimdienst Hausdurchsuchungen bei 25 Journalisten und Regierungskritikern durch

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Während die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini zu Gesprächen in Kiew weilt, bei denen es um die Lage in der Ostukraine und eine mögliche UN-Friedensmission geht, führt der ukrainische Geheimdienst SBU Durchsuchungen bei ukrainischen Journalisten und Oppositionellen durch.

Wie die Sprecherin des SBU, Jelena Gitljanskaja, am Montag, den 12. März, via Facebook mitteilte hat der Geheimdienst 25 Durchsuchungen bei Personen in verschiedenen Regionen der Ukraine durchgeführt, die der Hilfe für das „Aggressor-Land“ (gemeint ist Russland, U.H.) verdächtigt werden. „Während der Durchsuchungen wurden Propaganda-Materialien, Waffen, Sprengsätze und viele andere Beweise für Untergrundtätigkeit gegen unser Land beschlagnahmt“, erklärte die SBU-Sprecherin. Durchsuchungen seien auch bei Journalisten durchgeführt worden, die sich „staatsfeindlicher Bestrebungen“ schuldig gemacht hätten. Einzelheiten würden nach Abschluss der Durchsuchungen mitgeteilt, erklärte die Sprecherin.

Wie das ukrainische Internetportal Vesti berichtete, brachen die SBU-Mitarbeiter bei dem Kiewer Journalisten Juri Lukaschin die Tür auf. Die Durchsuchung der Wohnung begann, bevor der Rechtsanwalt des Journalisten eintraf. Dem Journalisten und seinem Anwalt wurden von den SBU-Mitarbeitern die Handys abgenommen. Nach Aussagen von Freunden des Journalisten habe dieser in den letzten Tagen mehrmals Anrufe von SBU-Mitarbeitern bekommen, mit der Aufforderung, sich zu „Gesprächen“ zu treffen.

Der Journalist Lukaschin veröffentlichte 2015 einen Artikel über die Morde auf dem Maidan im Februar 2014. Nach der offiziellen Version wurden Demonstranten damals auf dem Maidan von Berkut-Polizisten erschossen. Angehörige der Berkut-Polizisten hatten den Journalisten über Unstimmigkeiten bei den Ermittlungen der ukrainischen Ermittlungsorgane informiert.

Am heutigen Montag blieb es in Kiew nicht bei Hausdurchsuchungen. Der ukrainische Journalist Ruslan Kotsaba teilte mit, dass das ukrainische Außenministerium ihm die Akkreditierung für die gemeinsame Pressekonferenz von der EU-Außenbeauftragten Mogherini und dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko verweigert habe. Die Ablehnung wurde damit begründete, dass Kotsaba wegen „schwerer Verbrechen“ verurteilte worden sei.

Tatsächlich wurde Kotsaba - wegen seinem Aufruf zur Kriegsdienstverweigerung in der Ost-Ukraine im Januar 2015 - verurteilt, im Juli 2016 aber von den Vorwürfen freigesprochen und aus der über einjährigen Haft entlassen.

Kotsaba arbeitet für den Kiewer Fernsehkanal NewsOne. Die ukrainische Staatsanwaltschaft hat gegen ihn im letzten Jahr ein neues Verfahren wegen Landesverrat eingeleitet. Dem Journalisten drohen 13 Jahre Haft.

Da Kotsaba heute nicht wie geplant zur Pressekonferenz von Poroschenko und Mogherini gehen konnte, hatte er Zeit sich um seinen Kollegen Juri Lukaschin zu kümmern, bei dem gerade eine Hausdurchsuchung stattgefunden hatte. Kotsaba führte mit Lukaschin ein Video-Interview, indem der Journalist berichtet, dass die Ermittler einzelne Visitenkarten und zahlreiche Datenträger beschlagnahmt haben.

Die Merkwürdigkeiten in der Ukraine überschreiten Alles was man sich vorstellen kann. Bereits in der letzten Woche wurde Wladimir Ruban verhaftet. Ruban ist Leiter des ukrainischen Zentrums für den Austausch von Gefangenen mit den international nicht anerkannten „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk. In einem von Ruban gesteuerten Kleinbus wurde eine große Menge Waffen gefunden. Der ukrainische Geheimdienst wirft Ruban vor, er wollte Präsident Poroschenko töten und plante andere Anschläge "mit Tausenden von Toten". Ruban bestreitet alle Vorwürfe und meint, bei dem Waffenfund handele es sich um eine Verschwörung des Geheimdienstes. Die Haftzeit für Ruban wurde auf zwei Monate festgesetzt. Eine Freilassung auf Kaution ist nicht möglich.

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