Bedrückt Sie die Finanzkrise? Aber natürlich! Schlimm! Und die Arbeitslosigkeit? Furchtbar! Aber wissen Sie, was mich aufregen kann, das ist diese blutige Beschneidung der unschuldigen Babies. Warum machen die das?! Und dass die sich immer einmischen müssen. Wie beim - wie heißt der nochmal - Adornopreis.
Es geht wieder einmal um Bedrohliches. Es geht um Juden. Genauer: um die Circumcision und um Judith Butler. Noch genauer: um die Reaktion jüdischer Organisationen. So voll war das Sommerloch selten. Volkserregungen von ganz rechts bis irgendwie links.
Dabei geht es doch nur um die strenge Majestät des Rechts in unseren Gesetzen. Und darum, dass man alles kritisieren kann, wenn man aber über "die Juden" spricht, man von der gesamten Presse als Barbar und Religionsverfolger gebrandmarkt wird. Die Sprache zeigt: hier spricht jemand aus dem 19. Jahrhundert, und zwar der berühmte Historiker von Treitschke in den "Preußischen Jahrbüchern", Novemberausgabe 1879 .
Der Text ist mit "Unsere Aussichten" betitelt und gilt als Initialtext eines Streites (nicht nur) unter Historikern, des "Antisemitismusstreites". Treitschke, den schon 1871 der Groll über die kolossale Macht der Juden obsediert , geht es vor allem um die treue Eintracht zwischen der Krone und dem Volke. Daraus schlußfolgert er den Kampf gegen die "inneren Feinde", konkret: die SPD und die Juden. Die SPD war durch das Sozialistengesetz matt gesetzt. So blieben die anderen "Gespenster" (Hofprediger Stoecker).
Was wir von unseren israelitischen Mitbürgern zu fordern haben, ist einfach: sie sollen Deutsche werden - unbeschadet ihres Glaubens und ihren alten heiligen Erinnerungen, die uns Allen ehrwürdig sind, schreibt Treitschkscheinbar konziliant, um dann vor "deutsch-jüdischer Mischkultur zu warnen. Er stellt zudem fest, dass in neuster Zeit ein gefährlicher Geist der Ueberhebung in jüdischen Kreisen erwacht ist. So konstatiert er bei dem jüdischen Historiker Heinrich Graetz eine "fanatische Wut", "Todeshass", "beleidigende Selbstüberschätzung", "hämische Schimpfreden". Bedrohlich empfindet er die betriebsame Schar der semitischen Talente des "Literatenschwarms", und vor allem natürlich das unbillige Uebergewicht des Judenthums in der Tagespresse. Seine literarische Bête noire ist - natürlich - Börne (nicht Broder), der in unsere Journalistik den eigenthümlich schamlosen Ton einfürhte. Der Text kulminiert im seitdem bekannten: die Juden sind unser Unglück!
Der Aufsatz schlägt Wellen. Antisemitismus ist in der damaligen Zeit wahrlich nichts Neues. Hier jedoch repräsentiert der Autor die Universitas der Gelehrten. Hier spricht das symbolische Kapital des deutschen Professors. Allerdings gibt es sofort Widerstand. Der kritisierte Heinrich Graetz sc hreibt in seiner prompten Erwiderung von einer in Baumwole gewickelten Angriffswaffe gegen die Juden in Deutschland, weist Treitschke falsche Zitate nach und endet mit einem essentialistischen (Shlomo Sand) "Gegenschlag": Kein Strafgesetz, keine physische Tortur kann bewirken, dass eine höhere Rasse von einer niederen aufgesogen oder zerstört werde, ein Satz, der einen Antisemiten natürlich nur anstacheln kann.
Treitschke reagiert prompt in seinen Jahrbüchern: "vollendete Selbstgerechtigkeit", "Mitschuld des Judenthums an dem Unfrieden", das "ganze Füllhorn deutscher Entrüstungssuperlative" findet er bei Graetz, der ein Fremdling auf dem Boden seines zufälligen Geburtslandes sei. Es ist evident: manche "Argumente" wiederholen sich bis heute. Auch, dass Treitschke am Ende seinem Opponenten die Auswanderung empfiehlt. Graetz reagiert bitter ironisch: Ich werde Ihnen nicht mehr antworten... und bittet: machen Sie meine Religion und Stammesgenossen nicht für das verantwortlich, was ich geschrieben habe.
Die Kollegen Treitschkes, darunter Droysen, Battenberg und Mommsen nehmen gegen ihn Partei. Der spätere Nobelpreisträger Theodor Mommsen bedauert zunächst in einem Leserbrief an die Nationalzeitung (19.11.1880), dass Treitschke das Evangelium der Toleranz nicht predigt, das Lessing gepredigt hat. Er erinnert den Professor an seine Aufgabe als Lehrer. Was heißt das, wenn er (Treitschke) von unseren jüdischen Mitbürgern fordert, sie sollen Deutsche werden? Sie sind es ja, so gut,wie er und ich. Treitschke habe den Bürgerkrieg gepredigt.
Der Gescholtene geht zur Gegenattacke über. Zunächst allgemein: an den Juden läge es, die "Verstimmung" zu beseitigen. Aber sie hätten das Judentum der ausländischen Presse ins Feld gerufen, sie haben offenbaren Terrorismus geübt (10.12.1880). Dann wendet er sich höflich an den Kollegen Mommsen. Er habe keinen Einfluss auf die antisemitischen Aktionen seiner Studenten genommen. Mommsen wiederum reagiert mit einen für einen deutschen Professor der Zeit mutigen Satz: Wenn ein Theil meiner Mitbürger von einem Berliner Universitätslehrer, der noch manches andere thut als dociren, gemißhandelt wird, dann stecke ich den Professor in die Tasche.
Aber weder Mommsen noch die liberalen Politiker Bamberger und Richter (die SPD bleibt stumm) können verhindern, dass die deutschen Antisemiten in den achtziger und neunziger Jahren an Zahl zunehmen ("Antisemitenliga", "Soziale Reichspartei", "Deutscher Volksverein"). Es sind viele, die so denken wie die Debattenteilnehmer Endner und Naudh. Ersterer sei aus aktuellem Anlass leider etwas länger zitiert:
Das, was den Juden dem Deutschen fremdartig macht, ist nicht bloß die Race, die sich in seiner äußeren Erscheinung offenbart, - seine Gebräuche, Ceremonien, Anschauungen, die sich auf die jüdischen Gesetze stützen, hindern ihn gewiss ebenfalls in hohem Grade, sich dem Deutschen in seiner Art und Weise zu assimilieren (Zur Judenfrage, 1880)
Und so hatte zwar - Walter Boehlich zufolge - der liberale Mommsen den verstockten Konservativen Treitschke in die Tasche gesteckt, aber nur für den Augenblick.
Walter Boehlich (Hrsg.), Antisemitismusstreit. Frankfurt 1965
Shlomo Sand, L'invention du peuple juif. Paris 2008
Kommentare 59
Guter Beitrag! Sachlich, kenntnisreich, auch trotzig (weil es für Autoren Deiner Couleur derzeit geradezu von Selbstüberwindung kündet, hier überhaupt noch was zu posten), deshalb: ermutigend!
Danke!
Es kostet Selbstüberwindung. Wohl wahr!
Es fehlte die Freude am Schreiben.
Gruß
wwalkie
Ja, auch von mir Danke. Es ist halt eine "alte Geschichte". Ich habe irgendwo gerade Thomas Manns "Lösung der Judenfrage" von 1907 beim Wickel gehabt und dann später auch im Tagebuch einige reichlich antisemitsche Bemerkungen aus den 30er Jahren schon in der Schweiz, aber noch nicht im Exil.
Was damals noch Süffisanz und reichlich Rivalitätskampf auch unter Intellektuellen gewesen sein mag: Es stimmt, Antisemitismus war in nicht in Deutschland allein ein Thema. Aber hier liegen die Höllenfeuer des Holocaust dazwischen. Und darum ist das Getöse so fürchterlich.
Danke für den Blog. Hier ein paar Quellen zum Nachlesen:
Treitschke, Heinrich von, Unsere Aussichten, in (Hrsg. ders.) Preußische Jahrbücher, Band 44/1879, S. 559-576, via gehove.de, pdf, online; s. auch http://germanhistorydocs.ghi-dc.org/pdf/deu/411_Treitschke_Juden%20sind%20Unglueck_112.pdf
Mommsen, Theodor, Auch ein Wort über unser Judenthum, zitiert bei Wiesehöfer, Josef (Hrsg.), Theodor Mommsen. Gelehrter, Politiker und Literat, via ku-eichstaett.de, pdf, online
Notabeln-Erklärung vom 12.11.1880, via dgdb online, online
Wenn es um das selbstbewusste Vertreten von Meinungen geht, so scheint mir vor allem folgender Satz Treitschkes nicht nur in Bezug auf das Judentum, sondern auch im Umgang mit Muslimen im heutigen Deutschland von Bedeutung:
„Kaum war die Emancipation errungen, so bestand man dreist auf seinem „Schein“; man forderte die buchstäbliche Parität in Allem und Jedem und wollte nicht mehr sehen, daß wir Deutschen denn doch ein christliches Volk sind und die Juden nur eine Minderheit unter uns”
Eine Überlegung dazu: Die Radikalisierung in der Selbstdefinition Deutschlands als Nation (wovon ja der erste Teil des Aufsatzes handelt) und damit der äußeren wie inneren Verhältnisse in der Zeit Treitschkes. Ich sehe da eine Parallele eines Deutschlands nach 1989, das vom europäischen ‘inter pares’ zum ‘primus inter pares’ avanciert ist und dem ganz dezidiert eine Leitfunktion zugeschrieben wird: von der ersten Wirtschafts- zur Führungsnation in Europa.Wirtschaftlicher Umbruch, Migrationsketten (nicht nur von außerhalb sondern vor allem innerhalb Deutschlands im Zuge der sog. “Flexibilierung” des Arbeitsmarktes), Entfremdungseffekte lassen nach ‘dem Fremden’ suchen, um ihn verantwortlich zu machen. Charlotte Knobloch reflektiert (http://www.sueddeutsche.de/politik/beschneidungen-in-deutschland-wollt-ihr-uns-juden-noch-1.1459038) diese Form, die sich als große ‘Aufklärer’ auch bei Treitschke als Orientierung finden, im Bewußtsein der Entfremdung, die allgemein zugewiesen und derzeit speziell wie sichtbar an ‘den Muslimen’ per Plakaten, an ‘den Juden’ mit der Beschneidungsdebatte exekutiert wird.
Die Dreyfus-Affaire zeigt die Gemeinsamkeiten (doppeldeutig, wie ich gerade merke) und die Unterschiede. Einer der Unterschiede ist das unglaubliche Engagement von liberalen, christlichen und (!) sozialistischen Politikern (so einen Typ wie Jaurès gab's halt nicht in Deutschland) und Intellektuellen (der Begriff kam nicht umsonst damals auf). Da gibt's eine anti-antisemitische Kontinuität bis heute (auch - das schreibe ich jetzt bewusst in Klammern - ein manchmal vorschneller und ungerechtfertigter Antisemitismusvorwurf). Und eine entsprechende sprachliche Sensibilität.
Man müsste natürlich den akademischen Antisemitismusstreit noch stärker historisch kontextualisieren (da stecken auch nachweisbare handfeste politische Interessen drin), um einen Vergleich mit der gegenwärtigen Situation zu ermöglichen. Aber da gibt es schon Parallelen, auch mediale.
Ich finde übrigens weder in der Circumcisions- noch in der Butler"debatte" irgendeinen Menschen vom Format eines Theodor Mommsen. Wenn ein Theil meiner Mitbürger von einem Berliner Universitätslehrer, der zugleich noch manches andere thut als dociren, gemißhandelt wird, dann stecke ich den Professor in die Tasche..., das ist einfach stark.
So stark wie die Aussage Sartres, der die weitere Geschichte aufnehmend formuliert: Ich weigere mich, eine Doktrin Meinung zu nennen, die ausdrücklich auf bestimmte Personen zielt, um ihre Rechte zu unterdrücken oder um sie zu vernichten (Réflexions).
Lieber xxm (da wird's übrigens schon schwierig. Wie redet man Buchstaben an?)
Ich "moderiere" jetzt mal.
a) Ich habe wirklich "xxm (oder so)" geschrieben, wenn es herablassend wirkte, bitte ich um Entschuldigung. Aber (auch hier!): das kommt davon, wenn man sich immer zu einem kleinen Satelliten macht. Das ist jetzt nicht "von oben herab" gemeint.
b) Es wäre schön, wenn Sie zum Thema zurückfinden würden: Finden sich in der gegenwärtigen Debatte situative, inhaltliche und sprachliche Kontinuitäten? Der Rekurs auf den "Antisemitenstreit" von 1879f zeigt, meine ich, dass dem so ist.
Da ich glaube, dass man sogar von Lenin etwas lernen kann, Geduld zum Beispiel, erinnere ich an das Thema. Es geht mir nicht um kommunikative Hierarchien und Befindlichkeiten - dazu sollten Sie einen eigenen Beitrag schreiben -, sondern um die Frage der historischen Kontinuität in unseren täglichen Diskursen hier und anderswo.
Danke für den Kommentar, koslowski. Diese skurrilen Beiträge, von denen du sprichst, müssen wohl einfach 'raus und haben irgendetwas Tragikkomisches. Walser wird ja demnächst die Mode der Briefromane im 21. Jahrhundert lancieren, hier exzellieren wohl einige schon in der Textsorte "Net-Novel".
Das Verhalten der SPD im damaligen akademischen Antisemitismusstreit und in den achtziger und neunziger Jahren im Hinblick auf ihr späteres Verhalten der NSDAP zu untersuchen, wäre ungemein interessant (ähnliches gilt für die spätere KPD). Der "Antisemitismus des dummen Kerls" war keine gute "Erbschaft dieser Zeit".
Die französischen Linken und Anarchisten in ihrer Rothschildfixierung waren fast im ganzen 19. Jahrhundert zum Teil antisemitisch, zumindest aber indifferent ."Jüdisch" hieß für sie oft "kapitalistisch". Ob Beschnittener oder nicht, beide sind Kapitalisten, schrieb Eugène Pottier. Einige Kommunarden wurden exponierte und widerliche Judenhasser. Vor allem das Engagement von Jaurès während der Dreyfus-Affaire brachte dann die Wende. Seine Ermordung vor dem 1. WK war katastrophal.
Der ganz normale, alltägliche und in allen Schichten verbreitete Judenhass, lange vor jedem Auftritt der Braunhemden und Kackhosen, kann gar nicht oft genug und möglichst genau dargestellt werden.
Treitschkes Diktum ist da immer wieder zu Recht ein Ausgangspunkt, viel mehr Geschichtswissen wieder aufzufrischen und sich auch bewusst zu machen, das formale Ausbildung und Intellekt allein, nicht vor Rassismus und z.B. Judenhass bewahren.
Leider sind ja selbst heute öffentliche Personen nicht in der Lage, endlich die Mär von einem judäo-christlichen Abendland aufzugeben.
Die Chance dazu, ist doch eine sehr späte, verspätete, erst unseren Generationen mögliche Option. Nämlich das "Abendland" endlich zu einer vielfach kulturellen, ohne Diskriminierung und Verfolgung auskommenden Region zu machen.
Bis auf ein paar wenige Jahrzehnte der deutschen Geschichte, wurden Juden als Fremde und Fremdkörper gesehen und behandelt. So groß war der Zwang und die Erniedrigung, dass er einige jüdische Bürger dazu brachte, sich selbst zu hassen. Im Wilhelminismus war die Judenfeindschaft längst bis zu öffentlich verbreiteten Vernichtungs- und Ausbürgerungsfantasien gediehen.
Vielleicht kennen sie den expressionistischen Schriftsteller Alfred Lichtenstein. Er lebte in der Berliner Künstlerboheme und litt unter der ich ubiquitären, judenfeindlichen Stimmung der letzten Kaiserzeitjahre. Selbst in Intellektuellenkreisen, in den gutbürgerlichen Haushalten, unter Hoschulabsolventen, setzte sich das durch. Der eher säkularisierte Jude Lichtenstein porträtierte bitter und verzweifelt die expressionistische Dichterszene der Hauptstadt. Die Hälfte der Mitglieder in diesen Kreisen, viele Verleger und Mäzene, waren Juden.Lichtenstein begann, die schwirrenden Stereotype gegen sich und seine eigenen Kreise einzusetzen.
Lichtenstein, bekannt als Lyriker, gedruckt im "Sturm" Waldens und in der "Aktion" Franz Pfempferts, entwickelte mit "Kuno Kohn" eine groteske Figur, die ihr jüdisches, expressionstisches und intellekttuelles Dasein erleidet. Auf diese literarische Erfindung Lichtensteins, stürzten sich prompt Schreiber und Zeichner des alltäglichen Antisemitismus. Hekatomben an Schmähungen entstanden, die den "Kuno Kohn" asmalten. Von Tag zu Tag und in aller Öffentlichkeit erschienen die Ergüsse des Namens- und Bildantisemitismus.
Ich kann dazu die Dissertation Ines Siegfried Schniders, "Die Verzerrung des verzerrten Bildes, Studien zu Alfred Lichtensteins Kuno-Kohn-Zyklus", Freiburg (CH), nur sehr empfehlen, die im Web verfügbar ist und, entgegen aller Befürchtungen die man bei solchen Arbeiten haben könnte, für jedermann und jede Frau lesenswert geschrieben ist.
Ganz besonders aufschlussreich ist das von Frau Schnider beigegebene Bildmaterial, aus dem das Ausmaß der Gewöhnlichkeit und Alltäglichkeit der Judenfeindschaft klar hervor geht (http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&cad=rja&ved=0CCUQFjAA&url=http%3A%2F%2Fethesis.unifr.ch%2Ftheses%2Fdownloads.php%3Ffile%3DSiegfriedSchniderI.pdf&ei=3PBJUN_jKMWztAa4zIGwBQ&usg=AFQjCNGiFGqf3HGWy9lHrPgxDzIKEzevBA ). Aber auch das detailreiche letzte Drittel der Arbeit, das sich mit den schriftlichen, antisemitischen Ergüssen zu "Kuno Kohn" beschäftigt.
Nur weiter so, WWalkie
Christoph Leusch
Na, es ist doch einfach, Xxm.
Macht man die Polemik (überzeichnende und persönlich beleidigende, ehrabschneidende Kritik) mit, egal um was es sich im Kontext so dreht, Vorhaut- Urteil, Butler Adornopreisträgerin, Linke die ihren Kryptoantisemitismus nicht erkennen wollen, Konservative die immer schon anfällig waren und sind, usw., so kommt man schnell auf den Stand von damals. Herrliche Zeiten sähen aber anders aus.
Lernt man aus dieser wirklich reichen Adolf H.- und Braunhemden- Vorgeschichte, in der vom Hochschulprofessor bis zum Volksschullehrer fast alle mitantisemitierten, dann lässt man die Polemik sein, die zwar zu allen Zeiten behauptet, sie fördere die Diskussionen und ohne sie wäre nichts los, weil in Wahrheit auf allen Seiten die Türen in die Schlösser fallen. Jeder bringt dann seine Glaubenssicherheiten hinter mindestens drei Riegel, lässt die Rolläden herab, schaltet den Notstrom ein und denkt über teuflische andere Straßenseite nach, die es genau so macht. Ab und an schielen die Verbarrikadierten auf die leere Straße, in die öden Viertel.
Gutes WE
Christoph Leusch
Ab und an schielen die Verbarrikadierten auf die leere Straße, in die öden Viertel.
Sehr gut beschrieben, Columbus. Ich möchte ergänzen: Manchmal hört man das Bellen der Schäferhunde.
Ein Beispiel dafür, wie man einen Thread zerschießen (lassen) kann.
"...Mir Besessenheit vorzuwerfen, wäre übrigens spätestens jetzt angebracht. Ich bin tatsächlich bessen davon, nicht missverstanden zu werden..."
Da stehst Du nicht allein da...
So gehts - nicht nur hier - einigen. Ist halt menschlich...
Sehe ich genauso, weinzstein. Und die Herren werden dies in lustvoller Unterwerfung und/oder moralischer Entrüstung auch mit anderen threads so machen, vor allem, wenn es um ihre Obsession geht.
Sie merken gar nicht (oder es ist ihnen egal), in welcher Kontinuität sie stehen (was immerhin Thema meines Beitrages ist). Ihnen ist es gleich, was ihr Treiben für die Freitag-Community bedeutet. Der eine will Spaß, der andere Zuwendung (auch negative).
Wie kommt's. dass ich an Heine denken muss, der über Aachen schreibt (könnte damals fast jede andere deutsche Stadt gewesen sein):
Zu Aachen langweilen sich auf der Straß
Die Hunde, sie flehn untertänig:
'Gib uns einen Fußtritt, o Fremdling, das wird
Vielleicht uns zerstreuen ein wenig.'
Entastungsangriff hier:
https://www.freitag.de/autoren/seriousguy47/judith-butler-und-die-kunst-zu-googlen
Das mit dem Antisemitismus Vorwurf ist für mich erledigt, Xxm. Ich will und kann damit nicht so leichtfertig umgehen, wie es durchaus prominente Medienpersönlichkeiten vormachen und leider, leider Blogger, Kommentatoren und Twitterer sehr beliebig nachahmen. - Das mitagieren bringt in der Sache nie etwas und am Ende stehen immer Denunziationen, weil mittlerweile viele Menschen, gebildete und ungebildete, wissen, im Netz bleibt immer irgend etwas hängen. Ich bin mir sicher, es gibt sogar viele Leute, die mit dieser Art Denke völlig zufrieden sind und also das Mittel des Anschwärzens bewusst einsetzen. Dazu erregt es momentan die größte Aufmerksamkeit.
Noch ein kleines Beispiel für den Hang zu falscher und übler Nachrede in der Informationsgesellschaft, die sich eben leicht zur Erregungsgesellschaft wandelt: Mittlerweile wird Judith Butlers Vita von emsigen „Rechercheuren“ überprüft. Wem hat sie unter Umständen bei offiziellen und halboffiziellen Terminen je die Hand geschüttelt, mit wem auf einem Forum gesessen, wem ist sie begegnet, mit wem hat sie gesprochen. Wehe die „Rechercheure“ werden fündig. - Ihrer Haltung gemäß, hat sie mit sehr radikalen Leuten diskutiert und geredet.
Ich meine, auch unbedarften Lesern dürfte klar sein, dass diese Masche gar nichts mit Tatsachen zu ihrer Position oder mit seriöser Information zu ihrer ethischen Grundhaltung zu tun hat.
Zu ihren Fragen:
1. Ja, das ist nachvollziehbar. Aber sie selbst können ermessen, was mit einem solchen Argument passiert. Die häufigste Antwort wird wohl sein, darum sei es nicht gegangen, und die Gruppen-Betroffenheit als gegeben anzunehmen, sei man selbst „schuld“. Die zweithäufigste: „Das kann schon sein, aber es ist uns Wurst“.
2. Sie können natürlich ungehalten reagieren, oder wie G.v.G. nun hier im Thread, zusätzlich das Argument nachschieben, Homosexuelle, Behinderte, Sinti und Roma, Zeugen Jehovas, die sog. „Bibelforscher“, pp., seien doch ebenso verfolgt worden, erhielten aber nicht solche Beachtung, und leiteten aus dieser Tatsache keine weitgehenden Einspruchsrechte in der deutschen Öffentlichkeit ab. - Beides sind aber keine guten Argumente, weil sie damit praktisch „alles“ in diesem Zusammenhang mit diskutieren, den Rahmen immer größer machen, obwohl es hier um aktuelle Vorwürfe („Israelhasserin Butler“) und zum anderen, bei Nachama und Graumann, um ganz konkrete Anlässe (Kölner-Urteil) geht.
Ihre schon mitgelieferten Antworten betreffend: Leider hat sich die Diskussion um das „Vorhaut-Urteil“ mit den Fragen rund um Butlers Adorno-Preis verquickt. Das ist auch mir in manchen Formulierungen passiert.
Der Vorwurf Kramers lautet auch, es gingen zu viele, in Deutschland vergebene Kulturpreise an „Israelkritiker“, die er in seiner Sprache, jedenfalls wenn er konkrete Personen ausmacht, samt und sonders als „Israelhasser“ einschätzt (Langer, Avnery, Butler). Zu Leuten die ihm in der Rolle passen und gefallen, die er „zulassen“ möchte, schreibt Herr Kramer nicht.
Er wollte, im Namen des Zentralrates, die Verleihung an Frau Butler verhindern. Das scheitert. Ebenso, wie dem Zentralrat und auch jüdischen Gemeinden kein Einspruchsrecht anläßlich von Preisverleihungen gegen völlig unbescholtene Bürger und Weltbürger zusteht. Schon gar nicht entlang pauschaler Vorwürfe, die so inkriminierten Personen hätten keine gefestigte Moral.
„Bleibt die Frage zu klären, ob es sich bei dem Unwort der "moralischen Verderbtheit" tatsächlich um ein Wort die sexuelle Orientierung Judith Butlers betreffend gehandelt haben könnte. (xxm)“ - Das ist Spekulation. Ich glaube das nicht. Die moralische Verderbtheit à la Kramer bezieht sich auf Personen, die langjährig die Position der israelischen Regierung kritisieren, die die doppelten Standards kritisieren, die Israel für sich weiterhin in Anspruch nimmt (Auch die Gegenseite tut das, was nun nicht Thema ist!), und die Kontakte zum Gegner, der aber in Kramers Sprache „Feind“, „Todfeind“ oder „Israelhasser“ heißt, nicht nur aufnimmt, sondern pflegt.
Kurzum: Unter das Diktum Kramers fallen alle, die offen Verständnis für die Motive der Gegner Israels aufbringen und Kritik am Verhalten Israels üben, die sich nicht auf Kramers Argumentationslinie bewegen, sich nicht von ihm oder dem Zentralrat „testieren“ lassen. - Dabei ist das der einzige Schlüssel zum Fortschritte, ins Gespräch und in Kontakte zu kommen. Ansonsten geht es eben dort, vor Ort, weiter ums gegenseitige Umbringen und hier bei uns, bei all´ den kleineren und größeren Anhängern einer Seite, um möglichst viele rhetorische Delegitimierungsversuche durch Verleumdungen und Nachrednerei.
Zur Aufrechterhaltung dient übrigens auf beiden Seiten der notorischen Freund-Feind-Denker-Parteien, direkte Gespräche kategorisch auszuschließen oder so lange wie möglich hinaus zu schieben. Der langweiligste und auch auf Dauer gefährlichste Satz ist immer schon: „Mit denen reden wir aus Prinzip nicht.“
Ganz allgemein: Aus der Zugehörigkeit zu einer jetzt oder einst diskriminierten, sozialen oder gesellschaftlichen Gruppe ergibt sich selbstverständlich weder ein moralischer- noch ein sachlicher Vorteil in gesellschaftlichen Diskussionen.
Sie haben ja weiter unten, schon mit aussagekräftigen Linktiteln, die beiden, völlig unterschiedlichen Verhaltensweisen für kritische Diskussionen passend aufgezeigt. Butler: Lasst uns diskutieren. Kramer: Ich entscheide mit wem ich rede.
Selbstverständlich legitimieren Gespräche mit Hamas und Hesbollah nicht deren Gewaltsamkeit und Grausamkeit. Selbstverständlich ist es dumm, ein solches Argument gegen Butler anzuwenden, die sich gerade in dem hier immer als Bezug verwendeten, aber nie zitierten, Statement in Berkeley (2006) genau gegenteilig einlässt.
Beste Grüße
Christoph Leusch
*****
"...Nur zu „Das kann schon sein, aber es ist uns Wurst“ noch ein paar Sätze:
Es ist mir selbstverständlich nicht Wurst, sonst hätte ich an anderer Stelle nicht von "purer Verzweiflung" und "Klärungsversuch" gesprochen..."
Ich glaube, das war ein Missverständnis.
Ich habe Columbus so verstanden, das er dies als zweithäufigste Antwort auf die Frage 1 des Bloges ansieht...
Korrektur :
Ich meinte natürlich den Blog "Nur diese beiden Fragen"
Ich bin mir sehr sicher, dass hier auch die alten Blogzerschießer in neuen Kleidchen unterwegs sind. Vor zwei Jahren oder so sind die hier aus sehr guten Gründen rausgeflogen. Da gründeten sie eigene betrübliche Foren und hecken dort sogar Nachwuchs. Da sind einzelne Akteure nämlich mit zehn und mehr Nicks unterwegs und ziehen über die FC her. Tolle Sache.
Der Hinweis auf Heinrich Heine gefällt mir sehr. Mir war dazu Brecht eingefallen:
Es war einmal eine Kellerassel
Die geriet in ein Schlammassel
Der Keller, in dem sie asselte
Brach eines Tages ein
So daß das ganze Haus aus Stein
Ihr auf das Köpfchen prasselte
Sie soll religiös geworden sein.
(Bertolt Brecht, Gesammelte Werke 9, Gedichte 2)
Tamirm, sie bestätigen Butlers Position. Sie will nämlich nicht Kramer analysieren, wie sie behaupten, sondern den Sprechakt. Sie führen es wortwörtlich an, sie zitieren. Gesprächsangebote hat sie hingegen mehrfach gemacht.
Aber sie zitieren ja noch ein wenig mehr von diesem Rhetoriker vor dem Herren, Kramer, der analog so mancher Parteigeschäftsführer, das Holzen bevorzugt und inhaltlich gerade nicht stark auftrumpft. Er wirkt ein wenig wie der Dobrindt-Klon beim Zentralverband.
Ja, nicht nur Frau Butler wurde von Kramer geext, sondern gleich noch diese Preisjury, sowie weiterer Jurys bekannter Kulturpreise der vergangenen Jahre, die sich erdreisteten "Israelkritikern" Preise angedeihen zu lassen, die Kramer recht eigentlich für Israelhasser und Feinde Israels hält, sie auf jeden Fall für unwürdig erklärt Preise zu bekommen. Ihnen fehlt der Stempel der Zulassung durch den Zentralverband. Ein bisschen albern, nicht wahr?
Kramers erster Text und der zweite als Antwort auf Frau Butlers Erklärung, strotzen nur so vor Einschätzungen ihrer Person. Wie man das als rechter Polemiker eben so macht: Die Jury und sie, Butler, moralisch nicht gefestigt. Sie, eine Selbsthasserin, Israelhasserin und den feindesliebend.
Alles auf die Person, nichts an Argumenten. Denn seien wir einmal knapp: Die Frau Butler und der Adorno-Preis liefern dafür gar kein Material, an dem sich ein solcher Oberschmock festhalten könnte. Schlichtweg hat die Berkeley-Professorin nichts Böses gegen Israel, die Juden allgemein, gar die Juden in Deutschland gesagt und die Jury des Adorno-Preises auch auch keine moralische Schwäche gezeigt.
Beste Grüße
Christoph Leusch
Was die Einschätzung der Debatte um die Preisverleihung angeht, stimme ich Ihnen natürlich zu (versuche aber trotzdem Kramers Überreaktion zu verstehen).
Auf einem ziemlich anderen Blatt steht aber die sich auch mit antisemitischen Ideologemen äußernde obsessive Heftigkeit, mit der wiederum auf diese "Debatte" reagiert wurde - bekanntlich auch hier.
So isses. Danke für die Klarstellung. C.Leusch
"Tamirm, sie bestätigen Butlers Position. Sie will nämlich nicht Kramer analysieren, wie sie behaupten, sondern den Sprechakt. Sie führen es wortwörtlich an, sie zitieren. Gesprächsangebote hat sie hingegen mehrfach gemacht.
Aber sie zitieren ja noch ein wenig mehr von diesem Rhetoriker vor dem Herren, Kramer, der analog so mancher Parteigeschäftsführer, das Holzen bevorzugt und inhaltlich gerade nicht stark auftrumpft. Er wirkt ein wenig wie der Dobrindt-Klon beim Zentralverband."
Im ersten Abschnitt nehmen Sie mir die die Worte aus dem Mund, im zweiten ordnen Sie Kramer dort ein, wo er hin gehört: an den durch und durch teutschen Dobrindt-Stammtisch. Anderswo nennt man es vielleicht Tea Party.
Aus meiner Sicht ordnen Sie die obsessive Heftigkeit der falschen Seite zu - zumindest, was die Heftigkeit betrifft. Ich habe aber kein Problem damit, beiden Seiten eine obsessive Verhakelung ineinander zu unterstellen. Deshalb bleibt die Auseinandersetzung fruchtlos, sinnlos, hasserfüllt und verletzend.
Nachdem ich den verlinkten Artikel überflogen habe, möchte ich Ihrer Interpretation widersprechen. Sie berufen sich auf die Auffassung eines Dritten über Butler. Und den würde ich anders interpretieren, nämlich so, dass er meint, Butlers Vorstellungen hätten, würde man sie umsetzen, (indirekt) das Ende des Staates Israel zur Folge. Aus Butlers Vorstellungen wiederum würde ich schließen, dass Butler nicht den Staat Israel (an sich) ablehnt, sondern die Art wie er ausgestaltet ist. Das ist etwas anderes als Sie andeuten - und in meinen Augen als Denksport völlig legitim.
Ich selbst allerdings sehe es so wie der von Ihnen verlinkte Autor. Alles aber unter dem Vorbehalt, dass ich die Sache nur überflogen habe.
Ich möchte so kurz wie möglich den Verlauf dieses Threads analysieren:
Ein historisch denkender Kommentator urteilte am Ende:
Dieser Kommentarthread ist in weiten Teilen ein Dialog auf SA-Niveau.
Ich stimme diesem verbitterten Urteil zu, möchte aber ergänzen: SA-Niveau auf dem Stand deutschen Bewusstseins des 21. Jahrhunderts.
Dabei begann es durchaus konstruktiv mit Ergänzungen, Erweiterungen und Korrekturen meines Beitrags mit dem Thema: der Antisemitismusstreit 1879ff und die Kontinuität antisemitischen Denkens.
Das änderte sich, als ein Kommentator, mit dem ich mich in ziemlich disparater Diskussion befand (mein Vorwurf: er sei ein Satellit eines Bloggers und Kommentators, der sich antisemitischer Ideologeme bediene) eingriff. Zu spät erkannte ich, dass ich mich mit einer ausgeklügelten Strategie konfrontiert sah: der eine schrieb mich und die anderen Kommentaren mit langen persönlich gehaltenen und ungemein redundanten Texten zu, auf die wegen ihrer scheinbaren Simplizität schwer zu reagieren war. Nervende endlose Kommentare, die man nur mit ständigem Blogwechsel verstehen konnte (wenn man denn wollte) wechselten mit Kommentaren zur persönlichen Situation des KOmmentators und appellierten an das schlechte Gewissen (der Kommentator kokettierte mit seiner angeblichen Unbildung), so dass ich mich fragte, ob man dem Armen nun Unrecht getan habe, als man ihm ein Heine-Zitat "antat". Und dann trat auch noch der Stratege auf den Plan: "Seht ihr nicht, was mit X los ist?" Wir önt ihr nur? Ich fürchtete schon Suizid.
Währenddessen verwirrte besagter X auf einem anderen Blog mit irrelevanten Fragen seine Kritiker, indem er auf seine eigene Verwirrtheit hinwies. Man versuchte Antworten, um den Armen zu entwirren, der aber nicht verstand ... Just der Moment, in dem der zweite, der Strategen auf die Blogbühne springt, um seinen Monolog zu halten: Wie inkonsistent doch meine Kritiker sind, wie out of time. Ja, bei Lichte gesehen, sind sie, nicht ich, nicht wir, die Faschisten.
Und siehe da: auf einmal entpuppt sich der erste Kommentator des Duos als eloquenter, fast juristisch argumentierender Streiter, der plötzlich Fremdwörter benutzt, nach denen er gestern noch googeln musste. Honni soit...
Dies ist mittlerweile erkannt. Insofern habe ich gelernt. Doch warum springen andere Blogger federnd auf genau diesen Zug: Auf einmal sind die Kritiker der Antisemiten, besser: der antisemitisch Spielenden, Schillernden) der Spiegel der Kritisierten. Anti-Antisemiten gleich Antisemiten Diffamieren tun schließlichg beide. Ist das wahr? Wie steht es um das Bewusstsein der kritischen Intelligenz in diesem unseren Lande?
Damit muss man in postdemokratischen Zeiten wohl leben (und dagegen kämpfen, versteht sich). Es wird alles gleich gültig. Und man muss wohl auch damit leben, dass all dies in einer "irgenwie" linken Community passiert, einer Community, die lange über die Ereignisse in Lichtenhagen lamentiert (mit Recht), die aber wie das Kaninchen vor der Schlange zusieht, wie sich ein moderner Antisemitismus konstituiert. Neben schleichender Militarisierung, Sozialdarwinismus etc.
Ich habe hier Moshe Zuckermann, der den ubiquitären Antisemitsmusvorwurf kritisiert, positiv besprochen, habe die Konkret, die m.E. unfair mit dem Autor umging, kritisiert, aber so langsam sitze ich nicht mehr "zwischen den Stühlen".
La nuit peut être fière. Elle a obtenu que la lumière ait honte d'être lumière (Julien Benda, 1933). Ich übersetze es mal nicht, par honte.
"Ein historisch denkender Kommentator urteilte am Ende:
Dieser Kommentarthread ist in weiten Teilen ein Dialog auf SA-Niveau."
Haben Sie so wenig Respekt vor sich selbst, ihrer Würde und Ihrer Bildung, dass Sie sich zu sowas herablassen?
"...ich hatte es auch so verstanden, aber das Bedüftnis, nochmal was dazu zu sagen, weil der (von mir nicht) verehrte Gastgeber dieses Blogs mir weiter oben genau diese Vorwürfe macht..."
Ja das verstehe ich !
Auf "SA-Niveau" ist eine ebenso haltlose Unterstellung, wie ich von den "Kritikern der Antisemiten" nicht eine Argumentation lesen konnte, die das tatsächlich Geschriebene der Kritisierten aufnimmt. Vielmehr wird diesen durch die Hintertür Treitschke-Sprech unterstellt oder wenigstens ein Denken in solchen Kategorien. Den "gelehrten" Antisemitismus des 19. Jh. zu referieren mag Ihnen als Geschichtslehrer nicht schwer fallen. Diese für Sie relativ leichte Übung aber einzig als möglichst schweren Schlag in die Magengrube derer zu veranstalten, die Sie längst, jedoch unargumentiert, als "Antisemiten" ausgemacht haben, ist letztlich nur Blendwerk. Wohlgemerkt: Nichts gegen ausholende geschichtliche Vergleiche und Erinnerungen - aus Geschichte soll ja gelernt werden. Und wohl dem, der seine Argumentationen unterfüttern kann. Jedoch muss sich der Kreis zum ursprünglichen Gegenstand auch wieder schließen. Das ist hier aber nicht hergestellt worden.
Und dass Sie sich schließlich an von Grote und xxm ob ihres vermeintlichen Auftretens als 'Meister und Protege' aufreiben ... geschenkt. Wir sind hier zwar bei freitag.de aber eben auch im Internet. Dass xxm gerade nun auch an diesem Thema einen viel zu persönlichen Zirkus veranstaltet - nunja, so was kommt eben vor in solchen threads. Dass aber Sie sich nun aber ausgerechnet den Kuntz als Wortgeber ("SA-Niveau") erwählen, wo der kaum mehr als zwei- bis dreizeilige Behauptungen in die threads stellt, lässt fast schon eine ähnlich anmutende Liasion vermuten, wie die, die sie zwischen GvG und xxm vermuten.
So wie z.B. GvG's "Zentralrat"-Text in der Art und Weise seiner Kommunikationsaufnahme ein nicht gerade leuchtendes Beispiel für verhärtete Debatten war (siehe Kramer; dagegen Butler als positives, krampflösendes Beispiel), haben die von Ihnen sogen. "Antisemitismus-Kritiker" sich ebenso, wenn nicht noch ärger, nicht um einen wirklichen Dialog bemüht. Z.B. in der Art, dass man GvG auch mal wirklich Fragen gestellt hätte. Nein, die Behauptungen kamen vorneweg. Dass es auch anders geht, das haben Kommentatoren wie z.B. Columbus bewiesen. Und zuguterletzt verweisen Sie, wwalkie, noch darauf, sie hätten Zuckermann positiv besprochen. Die Crux liegt ja auch hierin: Darf nur ein Zuckermann reden, wie ein Zuckermann redet (naja, in Israel darf er es ja nur sehr zähneknirschend)? Und wie wird es einem GvG ausgelegt, wenn er auf jüdische Freunde oder Bekannte verweist, so, wie Sie auf Zuckermann?
Der Text ist bedenkenswert.
Einige Anmerkungen aus Anlass des Inhaltes (keine Kritik am Inhalt): "Es geht wieder einmal um Bedrohliches. Es geht um Juden. Genauer: um die Circumcision und um Judith Butler. Noch genauer: um die Reaktion jüdischer Organisationen. So voll war das Sommerloch selten. Volkserregungen von ganz rechts bis irgendwie links."
Jawoll, so soll es sein. Die Volksseele sieht sich schon immer mehr von denen bedroht, die anders aussehen und andere Religionsrituale betreiben, als von jenen, die ihnen die Butter vom Brot klauen und sie in den Krieg schicken, sie als Kanonenfutter verheizen. Und es funktioniert auch hier bestens: Statt Finanzkrise und Arbeitslosigkeit und Minilöhne streiten wir lieber, wer der größe Antisemit ist usw. Das stört keinen wirklich. Und so regen wir uns endlos über Beschneidung und deren Verbot auf, darüber, ob eine Jüdin antisemtisch ist usw. usf. Würden wir über die anderen Themen ernsthaft nachdenken, Stzreiten und Lösungen suchen, wäre das tatsächlich bedenklich. Aber selbst wenn wir darüber reden würden, würden wir nichts zu sagen haben, nichts an den kritikwürdigen Verhältnissen, die jeden und jede treffen, egal welchen Glaubens und ob beschnitten oder nicht, ändern könen, sie nicht zum Tanzen bringen können.
Und so lassen wir uns lieber weiter ablenken, diskutieren über Dinge, die wir noch weniger ändern können, wo wir aber mal so richtig gegenseitig die jeweils richtige Meinung geigen können. Soll alles sein, sind auch wichtige Themen. Aber ich staune immer wieder über die Heftigkeit und die Inbrunst solcher Debatten wie dieser hier, während andere Themen irgendwie unterbelichtet erscheinen. Kann aber daran liegen, dass ich hier nicht alles mitbekomme.
"...Und so lassen wir uns lieber weiter ablenken, diskutieren über Dinge, die wir noch weniger ändern können..."
Und ich dachte schon, das Kölner Gericht hätte etwas geändert, nämlich einfach mal die Frage nach frühkindlicher Zwangsbeschneidung und der Verfassung aufgeworfen.
Wäre aber auch interessant, wer mit wieviel Empörung die Debatten um "Beschneidung" und Butler so richtig angefeuert hat....? Ich habe da eine unrecherchierte - und deshalb möglicherweise nicht ganz korrekte - Vermutung, deshalb möchte ich die Frage als offen in den Raum stellen.
Jedenfalls denke ich, dass es zumindest bei der "Beschneidung" im Kern um das gesellschaftliche, auch rechtsstaatliche Zusammenleben geht, um das Verhältnis von säkularem Staat/ Recht und Religion.....
Das dies keine zentralen Grundfragen sein sollen, vermag ich nicht zu erkennen. Insofern würde ich das, was Sie vorbringen eher dahingehend verstehen wollen, dass es u.a. Fragen gibt, die uns aktuell auf den Nägeln brennen und solche, die langfristig von zentraler Bedeutung sind - und Sie würden lieber erstere mehr debattiert sehen.
Recht würde ich Ihnen darin geben, dass man eine "Beschneidungs"- oder Butler-Debatte sehr gut als Flucht-aus-der-Realität-Debatte nutzen kann. Und als Verbal-Prügel-Anlass.
Ich bezog mich auf den Startabsatz des Textes.
Natürlich ist die Beschneidung und die von Ihnen erwähnte Dimension kein unwichtiges Thema. Darüber soll auch gesprochen und diskutiert werden, keine Frage. Ich bezog mich mit meiner Bemerkung nur darauf, wieviel Beiträge dazu hier auf dieser Plattform gepostet und mit welcher Vehemenz aus diesen Anlässen debattiert, gestritten und beschimpft wurde.
Aber auch ein reiligiöses Ritual, das seit mind, zwei Jahrtausenden ausgeübt wird, können wir nicht ändern, auch wenn wir wollten. Dass die rein materiellen Gründe für dieses Ritual, die Lebensbedingungen in den Ländern, in denen es religiös verbrämt ausgeübt wird, andere als zur Entstehungszeit sind inzwischen, dass Ritual aber weiter ausgeübt wird, zeigt, wie stark Rituale verankert sind in den Menschen, kollegial und individuell, besonders, wenn sie religiös verpackt sind. Das lässt sich kaum mit Vernunft und erst recht nicht mit einem Gerichtsurteil verändern.
Ja, und manches Mal erschienen und erscheinen mir die erhitzten Debatte zu diesem und anderen Themen durchaus wie eine Ersatzdebatte, Ersatzhandlung, Ablenkung. Aber das ist nur mein Eindruck, der mich täuschen kann.
Korrektur: ... die Lebensbedingungen in den Regionen, ...
Für die restlichen Schreibfehler entschuldige ich mich wieder mal.
"Behaupten wir also weiterhin, dieser Blogeintrag (samt Kommentaren darunter) habe mit dem Rest der Debatte nicht das Geringste zu tun .."
Also da würde ich glatt das Gegenteil behaupten. Ob wwalkie schwebt, vermag ich nicht zu beurteiln.
Danke, thinktankgirl, für die Zusammenstellung der Kommentare, die, noch einmal gelesen, so schlecht nicht sind, vor allem nicht "unmenschlich". Selbst mit xxm bin ich doch ganz nett umgegangen, obwohl er subtextuell um Ressentiment bettelte.
xxm hat sich mit dem "Unmenschen" drastisch im Ton vergriffen. Dass hier "SA-Niveau" herrsche, wurde aber schon lange vorher konstatiert. Wer die Muße hatte, ein bisschen xxm und Grote durch die Blogs zu lesen, dürfte sich kaum über so etwas von xxm wundern: Schrieb er sich doch die letzten Tage hier auf 180. Das muss man nun aber auch nicht höher hängen, als sein muss. Meine Güte - die Behauptung vom "SA-Niveau" hängt genauso lose und unargumentiert im Raum ... Aber sie ist in Ordnung, oder was??
"xxm und Grote interessieren mich normalerweise nicht, allerdings wurde hier ein Blog zerschossen, dessen Ausführungen über historische et al. Kontinuitäten mit einer wirklichen Diskussion hätten vertieft werden können."
"Zerschossen" ... von xxm und GvG ... hmm, kann man sicher so sehen. Allerdings würde ich dagegen stark vermuten, dass dieser Artikel wwalkies recht konkret seinen Anlass nicht nur hier in der FC fand, sondern ziemlich konkrete Adressaten sucht. Was funktioniert hat. Nur mit einem wenig positiven Ergebnis. Wwalkie hat zwar nicht die hier "konventionelle" Art aufgesucht, auf Artikel anderer per eigenem Artikel zu reagieren. Hat aber trotzdem bewußt provoziert. Das sei ihm auch unbenommen - solche dialogischen Auseinandersetzungen müssen sein, sind an sich gut! Dass sich die Art und Weise der Kommentardiskussion nun ähnlich darstellt, wie etwa unter den jüngsten Artikeln GvG's, war dabei aber abzusehen. Denn es ist, so gelehrig und vgl.weise milde der Text wwalkies klingen mag, doch eine direkte Ansprache der Anschuldigungen und Unterstellungen erfolgt, wie wir sie im Grunde auch schon in den threads bei GvG lesen konnten (habe ich auch bereits in meinem längeren Kommentar ein Stück weiter oben ausgeführt).
Ich habe auch nochmal über die Kommentare hier geschaut und muss feststellen, dass die "SA-Niveau"-Beschimpfung nach wie vor der schlimmste verbale Ausrotz ist, der hier aktuell zu finden ist! Wer sich da immer noch an xxm aufhängt, dessen Erregungskurve in ihrer Genese recht transparent und v.a. nachfühlbar ist, sucht tatsächlich mit Hängen und Würgen das Haar in der Suppe!
10, 15 Herforder Pils und er sagt, was Sache ist, der musicman. thx.
Sie glauben, hier der opinion leader zu sein, der Meinungsführer oder ein Schiedsrichter?
Amüsant.
Ein historisch denkender Kommentator urteilte am Ende:
Dieser Kommentarthread ist in weiten Teilen ein Dialog auf SA-Niveau.
Ich stimme diesem verbitterten Urteil zu, möchte aber ergänzen: SA-Niveau auf dem Stand deutschen Bewusstseins des 21. Jahrhunderts.
Dies ist der besagte "Ausrotz" (wie ein Kommentator zu formulieren beliebt), um den es geht und den zu lesen wohl schwierig ist:
1. "ein Dialog auf SA-Niveau" bedeutet nicht, dass die Beteiligten organisatorisch Mitglieder der Sturmabteilung sind. Auch keine Radau-Antisemiten. Mit "SA-Niveau" meine ich das Sich-Breitmachen, der arbeitsteilige Zugriff, das Auftrumpfende, die Ironieunfähigkeit, die Empathielosigkeit (irgendwo schrieb xxm: Ich bin nach wie vor der Überzeugung, Abscheu gegen alles Mögliche (also Sachen, wwalkie) entwickelt zu haben, nicht aber gegen Juden (Menschen, wwalkie), an einer anderen Stelle versucht er's doch ironisch und bekundet seine Solidarität mit Judith Butler, obwohl sie Jüdin ist. Herr von Grote entscheidet, wer "repräsentativer" Jude ist, etc. etc.) und der Stolz auf die eigene Unbildung: Ich bin geschichtlich und literarisch vollkommen ungebildet (xxm), Ich kenne nicht einmal das Wort "Rekurs" (xxm), Mir ist das alles viel zu theoretisch (xxm). Um sich trotzdem weit- und breitzumachen, und andere Kommentatoren wegzudrängen.
2. "verbittert" bedeutet auch Resignation angesichts der Obsession anzeigenden Hartnäckigkeit, aber auch - von meiner Seite - Enttäuschung über die Entwicklung der Freitag-Community, auf der sich die xxms und von Grotes nauseam tummeln können (und Blogs buchstäblich besetzen, siehe 1).
3. "aber" signalisiert die nicht aufgehende Identität. Dieses "SA-Niveau" ist natürlich nicht das der zwanziger und dreißiger Jahre, sondern - versuche ich wenigstens anzudeuten - ein "SA-Niveau" auf der Höhe der Zeit (ohne ganz offenen Antisemitismus und doch in der Kontinuität, nicht immer mit Männlichkeitskult, manchmal auch softig, weinerlich gar, ein Antisemitismus auf Umwegen, wie Heitmeyer es nennt). Ein "SA-Niveau", das im Kontext mit Militarisierung und neuem Sozialdarwinismus zu sehen ist.
Insofern war dies alles hier ein Art Lehrstück für mich. Meine Intention, einen kurzen Beitrag über den Antisemitismusstreit zu schreiben, ergab sich aus meinem Erstaunen über die Heftigkeit der Beschneidungsdiskussion in den deutschen Medien und an den Stammtischen. Ich wollte auf deren historische Tiefendimension hinweisen. Dass andere Foristen sich als Adressaten identifizierten, ist ihr, nicht mein Problem.
Vielleicht möchte der eine oder andere "Antisemitismus"-Bschuldiger ja mal seinen Horizont in punkto "Antisemitismus" und Debatten-Niveau erweitern - und sich plötzlich selbst als "Antisemit" wiederfinden:
http://fidelchescosmos.wordpress.com/2012/04/22/die-reservisten-des-freitag/
http://thinktankboy.wordpress.com/2010/08/09/freitags-avantgarde-vol-1/
http://thinktankboy.wordpress.com/2010/08/16/%E2%80%9Efreitags-avantgarde%E2%80%9C-vol-2/
Weitere 8 Volumes hier:
http://thinktankboy.wordpress.com/tag/freitags-avantgarde/
Wie kann man sich gegen Antisemitsmus einsetzen und andere Blogger mit Zitaten beleidigen? fragen Sie, musicman.
Schlimm! Vor allem wenn bedenkt, dass man andere Blogger mit ihren eigenen Zitaten "beleidigt". Oder welche Zitate meinen Sie?
Oh je, musicman. Da muss ich mich ja richtig zurückhalten, um nicht ironisch zu werden. Sie nehmen sich den Lehrer vor und schreiben:
Zu meiner Abizeit konnte jeder mit 'nem Durchschnittsabi Lehrer werden... Ob das jetzt irgendetwas über die eigene Bildung aussagt? Wohl kaum.
Ich weiß nicht, was ein Durchschnittsabi über Ihre eigene Bildung aussagt. Vielleicht ist der Artikel schuld. Sie hätten gleich "meine Bildung" schreiben , also den Possessivdeterminanten benutzen sollen. Oder was möchten Sie dem Leser mit dieser Aussage mitteilen, die Sie dann auch noch sofort wieder einschränken?
In mein Menschenbild passt das zum Glück nicht, frage mich gerade, ob man dieses als moralische Verderbtheit bezeichnen kann.
Schon wieder ein falscher Bezug. Langsam wird's peinlich. Sie fragen nämlich, ob man Ihr Menschenbild als moralische Verderbtheit bezeichnen kann. Kann ich nicht beurteilen, musicman. Ein Menschenbild kann auch nicht als Verderbtheit bezeichnet werden. Also syntaktisch und lexikalisch falsch. Doppelfehler und Punktabzug. Das geht auf den Abidurchschnitt. Sie müssen wohl doch Lehrer werden. Aber nicht Geschichtslehrer!
Tut mir leid. Ein deutscher Lehrer mit seinem Durchschnittsabi kann ganz schön pingelig sein.
Als deutscher Ex-Lehrer erinnere ich mich an einen verbreiteten Mangel an Bereitschaft zu Selbstreflexion.
Damit wäre dies auch gesagt.
Als Lehrer beende ich hiermit die Stunde, nicht ohne an das heutige Thema zu erinnern: "Argumente, die nicht vergehen wollen".
Sie wissen, dass man Sie selbst in einem, der von mir oben eingestellten Links als "Antisemitin" handelt?
Ergänzung: die ihre Schüler brandmarkten, beschämten, demütigten.
Ich wollte Sie darauf aufmerksam machen, dass es Menschen gibt, die Sie da einordnen, wo Sie andere einordnen. Oder: wie relativ manches ist, das man für Gewissheit hält. Darf ich?
Ach du meine Güte, Herr von Grote und seriousguy! Jetzt wird mir manches klarer. Sie verstehen noch nicht einmal Ironie und Selbstdistanzierung. Was hat die deutsche Schule nur aus Ihnen gemacht!
Jetzt versuchen die beiden, der eine, ein Gambler in antisemitics, der andere ein Kämpfer für was auch immer, ein Lehrerbashing.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Aber vielleicht haben Ihre Lehrer, Herr von Grote, es wirklich versäumt, Ihnen Kritikfähigkeit, Empathie, Geschichtsbewusstsein, Solidarität und - vor allem - weniger Ichbezogenheit zu vermitteln.
Andererseits: soviel Macht haben wir Lehrer nun wahrlich nicht. Für die "soziale Reproduktion" (Bourdieu) sind andere Faktoren wichtiger, vor allem das, was man so germano-deutsch das "Elternhaus" nennt. Darum mache ich auch für Ihre antisemitischen Fingerübungen, Herr von Grote, eben nicht meine sehr alten und wohl verstorbenen Kollegen verantwortlich.
Ich hatte übrigens sehr demokratische Lehrer, in deren Kontinuität ich mich sehe. Insofern sind Ihre, Herr von Grote, und auch Ihre, seriousguy, Projektionen vollkommen neben der Spur. Wie einiges andere auch.
Ihre Reaktionen zeigen mir, dass ich mit meinen Thesen so falsch nicht liege. Zumindest nicht in Gänze.
Vielleicht interessiert Sie, wie das schon vor zwei Jahren von Umberto Eco glossiert wurde http://espresso.repubblica.it/dettaglio/taci-sporco-intellettuale/2123336
Da wurde einiges verschluckt. Darum der komplette letzte Absatz:
Ihre Reaktionen zeigen mir, dass ich mit meinen Thesen so falsch nicht liege. Es gibt halt "Argumente, die nicht vergehen". Darum sollten Sie des Oberlehrers Adorno Vortrag betr. "Tabus über dem Lehrerberuf" lesen. Daür müssten Sie aber ein Buch in die Hand nehmen. Im Internet finden sie den Text nicht. Zumindest nicht in Gänze.
Als pingeliger Oberlehrer lege ich Wert darauf, anzumerken, dass mir nicht bewußt wäre, auf welchen Ihrer Kommentare ich mich in Sippenhaftt mit GvG beziehen soll. Ich habe lediglich GvG etwas hinzugefügt, was ich in vielem wahrzunehmen meine, das Sie hier insgesamt äußern. Dass ich es da selbst an einem klaren Bezug habe fehlen lassen, gebe ich gerne zu.
Nun wird man also schon zum Faschisten ernannt, wenn man Sie darauf aufmerksam macht, was anderswo über Sie geschrieben wird? Außerdem habe ich nicht zitiert, sondern einen Link eingestellt. Und schließlich habe ich mich in einem anderen Blog hinreichend deutlich über diese Blogs geäußert. Allerdings gegenüber GvG - womit ich mich dann vermutlich auch wieder als Faschisten geoutet habe?...:)
Ganz ironiefrei: Ich hatte eigentlich bislang mehr menschliche Qualitäten bei Ihnen vermutet.
Mich stört nur dieser völlig unnötige Schulterschluss mit Andreas Kuntz.
Zu recht. - Manchmal sollte man sich jemanden erst genau angucken, bevor man sich für den Beifall bedankt.
Es kostet Selbstüberwindung. Wohl wahr!
Es fehlte die Freude am Schreiben
schrieb ich auf Deinen ersten Kommentar, lieber Goedzak. Das zeigt, dass es mich wirklich nervt, immer wieder über diese Kontinuität schreiben zu müssen. Was mich wirklich interessiert, ist im Moment das wundervolle Buch eines amerikanischen Literaturwissenschaftlers über den Zusammenhang klassischer französischer Gärten und Metaphysik.
Aber die Zeiten sind nicht so: kein seufzendes "Klopstock", sondern Brecht ist angesagt, mit allen Widersprüchen. Die Freude am Schreiben fehlt, vor allem in einer Freitag Community, die - wenn überhaupt - müde auf die schillernden Antisemitismen und die virtuellen Herrenabende hegemonialer Blogger reagiert. Was ich für eine linke Community - gelinde gesagt - peinlich finde. Ich habe das gemacht, was ich ganz gut kann, weil es unter anderem mein Beruf ist: die historische Dimension bestimmter Denkweisen darzustellen.
Ich wusste im voraus, dass mir reflexhafter Anti-Antisemitismus vorgeworfen werden würde. Und so war es denn auch. Ich will's hier nicht wiederholen.
Überrascht haben mich die Verbündeten der Gegenseite, deren "Schulterschluss" hier überhaupt nicht kritisiert wird. Warum legt sich jemand, von dem mich politisch wohl gar nicht so viel trennt, dermaßen ins Zeug? Bizarr, isn't it?
Überrascht hat mich der geringe Rückhalt durch die allerdings wenigen "Vernünftigen". Ein "geschichtsbewusster Kommentator" jedoch, mit dem ich mich bisher kaum beschäftigt habe (ich lese immer weniger, was die Community bewegt, leicht bewegt), zeigt sich sehr reflektiert, faktensicher, empathisch (jawohl!) und kommt zum Urteil des "SA-Niveaus", was ich später aufnehme und modifiziere.
Keiner nimmt zur Kenntnis oder diskutiert, dass ich dieses Urteil später konkretisiere (vielleicht diskussionswürdig, vielleicht sind die Analogien noch nicht überzeugend, wir werden sehen). Nur wenige erkennen die Relevanz historischer Diskussion (wie du z.B.). Und wenn, relativieren sie dies sogleich, weil ich einem Urteil eines "konservativ-sozialistischen" Bloggers, dessen sonstigen Ansichten ich nicht kenne, in diesem Punkt weitgehend, aber dieses trotzdem modifizierend zustimme. Dann kann das Urteil ja nicht stimmen. Dann kann das ja nur ein "Ausrotz" sein. Nun gut.
Keiner meldet sich allerdings, wenn die antisemitisch Schillernden oder Spielenden oder wegen vermeintlich reflexhaftem Anti-Antisemitismus Schäumenden zur mittlerweile zweitbilligsten aller Kritiken greifen: der Autor ist Lehrer. Lehrer wird man auch mit einem Durchschnittsabi, schreibt jemand, der's wissen muss. Wo ist der "Schulterschluss" mit dem so dumm Angegriffenen? Höre ich nicht vielmehr Freude der "Praktischen" (Adorno) darüber, dass hier ein arroganter wirklichkeitsfremder Typ aufs "Normalmaß" reduziert werden soll?
Erfreulich immerhin: In der heutigen Printausgabe des Freitag schreibt Anetta Kahane sehr klug zur Antisemitismusdebatte und insistiert auf genau dem, was ich auch beschrieben habe: der "Obsession der Deutschen mit den Juden und 'ihrem Nahostkonflikt". Das war in historischer Perspektive das Thema dieses Blogs.
Ach, Janto Ban. 20 Jahre später (Alexandre Dumas) und 40 Jahre weiser. Ich hoffe, Sie tragen mir das Heinezitat nicht in alle Ewigkeit nach. Ihre Texte schätze ich übrigens - mittlerweile.