Bombe! Maas steht treu bei Kim und Trump

Ostermärsche Protest gegen Atomwaffen ist so aktuell wie seit Jahrzehnten nicht mehr
Ausgabe 16/2019
2015: Teilnehmer des Ostermarschs laufen am Außenzaun des Luftwaffen-Fliegerhorsts in Büchel vorbei
2015: Teilnehmer des Ostermarschs laufen am Außenzaun des Luftwaffen-Fliegerhorsts in Büchel vorbei

Foto: Imago/Thomas Frey

Wenn am Wochenende wieder Zehntausende Menschen in ganz Deutschland für den Frieden auf die Straße gehen, hängen sie keineswegs einem überholten Ritual an. Im Gegenteil! Als sich die Ostermärsche formierten, ging es um atomare Abrüstung – ein Thema, das aktuell ist wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Dabei geht es nicht nur um das Ende des INF-Vertrags über nukleare Mittelstreckensysteme und ein drohendes Wettrüsten zwischen den USA und Russland. Was kaum jemand weiß: Auch das deutsche Verteidigungsministerium rüstet fleißig auf und will neue Atombomber kaufen.

Für viele Menschen ist das Atomwaffen-Thema jedoch weit weg: zu abstrakt das Risiko, zu unvorstellbar die mögliche Zerstörung, zu ohnmächtig die Bürger gegenüber den Atommächten. Doch die Gefahr ist real und die deutsche Politik könnte handeln – wenn sie wollte. Die deutsche Friedensbewegung braucht nicht an Donald Trump und Wladimir Putin zu appellieren; sie kann auch die Bundesregierung unter Druck setzen. Diese boykottiert das UN-Atomwaffenverbot und klammert sich an die US-Atombomben im rheinland-pfälzischen Büchel. Bisher lagern dort schätzungsweise 20 Sprengköpfe, im Ernstfall würden die US-Bomben laut „nuklearer Teilhabe“ der Nato von deutschen Tornados abgeworfen. Regelmäßig üben Bundeswehrpiloten diesen Massenmord an unschuldigen Zivilisten. Demnächst wollen die USA die Bomben durch modernere ersetzen. Für den Transport dieser modernisierten Atomwaffen will das deutsche Verteidigungsministerium nun sogar neue Kampfjets kaufen, die jahrzehntelang genutzt würden. Jetzt wird also eine Entscheidung über die Zukunft der deutschen Atomwaffenpolitik gefällt, womöglich gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit – und mit Milliarden an Steuergeldern. Pläne für neue Atobomber liegen in den Schubladen des Verteidigungsministeriums, Unionspolitiker drängen auf eine rasche Entscheidung.

Und SPD-Außenminister Heiko Maas? Schwingt schöne Reden zur atomaren Abrüstung und tut, als hätte Deutschland mit dem Rüstungswahnsinn nichts zu tun. Im März lud er zu einer internationalen Abrüstungskonferenz nach Berlin, kurz danach forderte er in seiner Rede vorm UN-Sicherheitsrat einen Plan zur nuklearen Abrüstung. Wie wäre es, wenn er mal zu Hause anfängt und Deutschland zur atomwaffenfreien Zone erklärt? Dann könnte die Bundesrepublik auch dem internationalen Atomwaffenverbot beitreten und zeigen, dass das Ziel einer Welt ohne Massenvernichtungswaffen ernst gemeint ist. Bislang verweigert Maas dem Verbotsabkommen seine Unterschrift und schlägt sich damit auf die Seite von Donald Trump, Wladimir Putin, Kim Jong-un und all der anderen Atomwaffenfans.

Sicher ist es unangenehm, sich mit der US-Regierung anzulegen. Aber wenn Maas in Abrüstungsfragen glaubwürdig sein will, darf er den Konflikt nicht scheuen. Bei den Wählerinnen dürfte das gut ankommen, es gibt klare Mehrheiten gegen die US-Bomber und für ein internationales Atomwaffenverbot. Jetzt muss die Friedensbewegung nur noch so stark werden, dass die Bundesregierung mit ihrer Doppelmoral nicht durchkommt. Die ersten Schritte werden jetzt gemacht – bei den Ostermärschen.

Felix Werdermann war Redakteur des Freitag und ist Mitglied des Vorstands der Anti-Atomwaffen-Kampagne ICAN Deutschland

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