Netzpolitik ist nun Frauensache

Bär, Zypries & Co Zwar hat das Internet auch im dritten Kabinett Merkel keinen eigenen Ministersessel ergattert, aber auf der Ebene der Staatssekretärinnen tut sich Erstaunliches
Ausgabe 51/2013

Dorothee Bär (CSU) soll als Staatssekretärin im Verkehrsministerium für den flächendeckenden Breitbandausbau sorgen. Bereits bei den Koalitionsverhandlungen hatte die 35-Jährige die Arbeitsgruppe „Digitale Agenda“ für die Union geleitet. Als Vorsitzende des CSU-Netzrats half sie mit, die Ängste der Konservativen vor dem digitalen „Bösen“ abzubauen. Netzpolitik versteht sie als „Querschnittsaufgabe“. Insofern wird sie genauestens verfolgen, was die anderen Ministerien so treiben.

Brigitte Zypries (SPD) soll als Gabriels Staatssekretärin „für Internet und Raumfahrt“ die entscheidende Gegenspielerin zu Dorothee Bär geben. Per Twitter hat Zypries bereits klargestellt, dass die wichtigsten netzpolitischen Vorhaben der Regierung im Wirtschaftsministerium verbleiben, etwa das Wettbewerbsrecht und die Verankerung der Netzneutralität, die Digitalisierung der deutschen Wirtschaft und die Förderung der Internet-Start-ups.

Monika Grütters (CDU) wird sich als Staatsministerin für Kultur und Medien in Zukunft nicht ganz so intensiv um Filmförderung, Kulturstiftungen und Schlossneubauten kümmern können, sondern auch profanere Dinge wie die Reform des Urheberrechts, die Ausgestaltung des Leistungsschutzrechts und die digitale Medienpolitik in Angriff nehmen müssen. Zwar erwartet der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, hier eine „spannende Arbeitsteilung“ zwischen Grütters und Bär, aber die netzpolitischen Konflikte werden woanders stattfinden.

Maria Böhmer (CDU) wird im Außenministerium für die Auswärtige Kulturpolitik zuständig sein, und das heißt: für einen „barrierefreien“ und abhörsicheren Zugang der wissbegierigen Weltbevölkerung zu digitalen Deutschkursen, Bibliotheken, Medien und wissenschaftlichen Einrichtungen. Dabei wird sie eng kooperieren mit der fünften im Bunde, mit Bildungs- und Forschungsministerin Johanna Wanka (CDU). Wanka wird es künftig nicht mehr nur darum gehen können, Exzellenz-Cluster und Spitzenforschung zu pampern, sie wird auch die wachsende digitale Spaltung in der Bevölkerung beheben und die Internetnutzung als vierte Kulturtechnik neben Lesen, Schreiben und Rechnen in Schulen wie in der Lehrerbildung verankern müssen.

Zusammen könnten die fünf viel erreichen. Ihre Stärke wäre die klammheimliche Schaffung eines Netzwerks für das Digitale – und damit die Erzeugung eines ressortübergreifenden Internetministeriums in der zeitgemäßen Form des sozialen Netzwerks. Gemeinsam könnten sie dem Gewurschtel der Ministerien eine alternative Internetpolitik gegenüberstellen. Da sie weniger konkurrenzorientiert arbeiten als Männer, würden sie damit ein Zeichen setzen für eine neue Art, Politik zu machen. Sie könnten zur Öffnung und Demokratisierung althergebrachter Ressort-Strukturen beitragen.

Doch aufgepasst! Das übliche Gerangel der Alphamännchen zeichnet sich bereits ab. Zwischen Gabriel und Dobrindt in Sachen Netzneutralität, zwischen de Maizière und Maas in Sachen Datenschutz. Noch haben die Männer das Internet fest in der Hand. Aber die Frauen haben jetzt die Chance, aus dem Gedöns etwas zu machen.

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Geschrieben von

Wolfgang Michal

Journalist; Themen: Umbrüche & Entwicklungen

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