Jutta Ditfurth ist die Klimabewegung Extinction Rebellion also suspekt. In einem längeren Thread auf Twitter ließ sich die Frankfurter Ökosozialistin über die Bewegung als religiöse Sekte mit Pathos für Aufopferung aus. Auch, wenn Ditfurths Kritik teils als überzogen wahrgenommen wird – mit ihren Befürchtungen, die Klimaaktivistinnen könnten es mit der Demokratie nicht ganz ernstnehmen, steht sie nicht alleine da. Seit die Klimarebellen am vergangenen Montag begonnen haben, wichtige Verkehrsknotenpunkte in verschiedenen Städten weltweit zu blockieren – darunter in Berlin –, wird heiß über ihre Mittel und Ziele diskutiert.
Der Vorwurf der Demokratiefeindlichkeit bezieht sich auf eine Aussage, die Roger Hallam, einer der Mitbegründer von XR in Großbritannien, in einem Interview mit dem Spiegel Mitte September gemacht hat. Darin sagte er, dass das Thema der Klimakrise „größer ist als die Demokratie, oder wie auch immer Sie das beschreiben wollen, was derzeit noch davon übrig ist“. Und: „Wenn eine Gesellschaft so unmoralisch handelt, wird Demokratie irrelevant. Dann kann es nur noch direkte Aktionen geben, um das zu stoppen.“
Die Überzeugung, die parlamentarische Demokratie stecke in einer fundamentalen Krise und würde angesichts der ökologischen Katastrophe versagen, wird tatsächlich innerhalb der Bewegung geteilt. Aber ist Extinction Rebellion deshalb antidemokratisch?
Ruft man die Homepage der deutschen Gruppe auf, findet man unter ihren Forderungen den Punkt „Politik neu leben“. Als Form für diese neu gelebte Politik schlagen die Aktivisten eine Bürger*innenversammlung vor, die die dringend notwendigen Maßnahmen gegen die ökologische Katastrophe durchsetzen könnte.
Darunter versteht Extinction Rebellion nicht etwa eine zufällige Versammlung von Aktivistinnen und Engagierten, wie sie sich auf den Plätzen der Indignados- und Occupy-Bewegung in Spanien oder in den USA 2011 zusammengefunden haben, sondern eine durchdachte Institution. Sie schlagen ein Gremium einer bestimmten Anzahl von durch Losverfahren ausgewählter Bürger*innen vor, die sich über einen festgelegten Zeitraum zu einem bestimmten Thema beraten und bindende Beschlüsse verfassen. Durch eine Quotensystem soll sichergestellt werden, dass diese Bürger*innenräte in ihrer Zusammensetzung die Gesellschaft spiegeln. Dabei werden Alter, Geschlecht und Bildung genauso berücksichtigt wie die Herkunft, um möglichst breit die verschiedenen gesellschaftlichen Perspektiven zu integrieren. Anders als ein gewähltes Parlament, das von Berufspolitiker*innen gebildet wird, wäre ein solches Gremium unabhängig von Lobbyinteressen und Wahlzyklen, könnte also langfristiger planen und muss nicht um die Wiederwahl fürchten.
Die Bürgerinnen versammeln sich längst
Auch wenn diese Art von demokratischen Verfahren zuerst befremdlich wirkt, ist die Idee des Losverfahrens zur Vergabe politischer Ämter so alt wie die Demokratie selbst. Im antiken Griechenland wurden Posten auf diese Art besetzt. Für Aristoteles war das Losverfahren das tatsächlich demokratische, wohingegen Wahlen lediglich Oligarchien bildeten und eben keine Herrschaft des Volkes wären.
Ist die Bürger*innenversammlung gegründet, wird sie in einem nächsten Schritt durch Expert*innen und Wissenschaftler*innen verschiedenster Bereiche auf einen gemeinsamen Wissensstand gebracht. In Bezug auf die Klimakrise sollen neben politischen und soziologischen auch wirtschaftliche Perspektiven vermittelt werden. Die Informationen, die der ausgeloste Bürger*innenrat erhält, sollen auch für die Öffentlichkeit einsehbar sein, damit diese sich ebenfalls ein Bild der Lage machen kann.
Nach der wissenschaftlichen Aufarbeitung werden die Probleme in Kleingruppen verhandelt, die von geschulten Moderator*innen unterstützt werden, damit sich jede*r Bürger*in gleich einbringen kann. Die Entscheidung wird am Ende nicht von den Expert*innen, sondern ausschließlich durch die ausgelosten Bürger*innen gefällt und muss für das Parlament bindend sein.
Gänzlich aus der historischen Mottenkiste gezaubert hat Extinction Rebellion diese Bürger*innenversammlungen natürlich nicht. Viele Länder wie das Vereinigte Königreich, Kanada, Belgien und Polen führen Bürger*innenversammlungen auf nationaler Ebene durch. In der UK und Frankreich fanden bereits welche zur Klimakrise statt. In Deutschland kennt man solche Versammlungen bisher lediglich auf kommunaler Ebene.
Die irische „Ehe für alle“ kam von unten
Eine wichtige Rolle spielten Bürger*innenversammlungen in den letzten Jahren in Irland. In dem katholischen Land war es für Berufspolitiker*innen schwierig, eine klare Haltung zur „Ehe für alle“ oder zum rigiden Abtreibungsverbot einzunehmen. Auf der einen Seite wollte die Bevölkerung zwar Veränderungen, gleichzeitig mussten die Politiker*innen aber um die Wiederwahl fürchten, würden sie konservative Wähler*innen und die katholische Kirche verprellen. Durch die Einberufungen von Bürger*innenversammlungen zu beiden Themen konnten die Politiker*innen sich aus der Debatte weitestgehend zurückziehen. Sowohl die gleichgeschlechtliche Ehe als auch das Recht auf Abtreibung sind auf diese Art beschlossen und von der Gesellschaft positiv aufgenommen worden.
So könnte in der Vorstellung von „Extinction Rebellion“ also nicht nur ein gesellschaftlich breit akzeptierter Beschluss zur Klimapolitik entstehen, sondern auch die Politiker*innen um ein Thema entlastet werden, das ihnen offensichtlich so schwer zu fallen scheint, dass sie mit ihren Beschlüssen keine einzige Interessensgruppe befriedigen können. Statt die Demokratie aufgrund einer Krise zu verfluchen, stellt sich Extinction Rebellion also effektiv die Frage, wie man das Dilemma demokratisch lösen kann. Ihre Antwort darauf ist nicht die Abschaffung, sondern die Erweiterung von Demokratie.
Kommentare 26
Ich denke, die Kritik von rechts kann man vernachlässigen; da ist das in-Sachen-Klima-Weiter-wie-bisher das ausschlaggebende Motiv. Die von links – solche aus der sozialen Warte nehme ich hiermit explizit aus – treibt naturgemäß den Keim der Spaltung in die Bewegung. Auch wenn an XR sicher das ein oder andere zu kritisieren ist (auf welche Bewegung träfe das nicht zu?), sind mit dem Absolutheitsanspruch der reinen Lehre gesetzte Generalverdammungen, wie sie Jutta Ditfurth vorgebracht hat, sicher kein Ding, das linke Bewegungen weiterbrächte.
Explizit aufgrund der Pauschalität und des durchgängigen Behauptungsmodus ohne Belege hatte ich gestern Ditfurths Vorhaltungen in einem eigenen Blog-Beitrag einer Kritik unterzogen.
Vergessen Sie aber bitte nicht, das es auch noch eine politische Mitte gibt, die sehr wohl für Veränderungen und verstärkten Klimaschutz sind, aber politisch weder rechts noch links eingeordnet werden wollen oder können.
Wenn alles was Umweltschutz und Flüchtlinge betrifft nur noch politisch links sein darf, um akzeptiert oder glaubwürdig zu sein, läuft sehr viel schief.
Ich bin kein Freund von Sitzblockaden und ähnlichem. Nur, was bleibt einem anderes übrig als Rebellion. Zunächst noch als friedlicher ziviler Ungehorsam. Doch der Frust wirkt eskalierend. Die Demokratie ist längst abgeschafft. Welcher unserer Politiker (von Ausnahmen abgesehen) fühlt sich denn noch an den Willen seiner Wähler gebunden? Dem Bürger wird die Wahl zwischen Pest und Cholera vorgesetzt. Die Probleme, die jetzt zur Eskalation führen, werden seit Jahrzehnten von unseren Eliten ignoriert. Und dabei traut sich dort kaum einer unsere Kriegspolitik in Frage zu stellen. Das schreit nur so nach Mistgabeln. Die eigentliche Gewalt geht von Oben aus. Und wer die Demokratie wiederherstellen möchte, sollte sich mal bei Daniela Dahn informieren. Aufgebrachtes Volk allein sein reicht nicht.
Das Beispiel Ehe für alle ist schlecht gewählt. Das haben gewiss nicht irgendwelche heroischen basisdemokratische Zellen durchgesetzt, sondern ergab sich im Zuge des liberalen Zeitgeists mehr oder weniger von selbst. Selbst die CDU/CSU gibt sich in solchen Fragen ja inzwischen vollkommen liberal. Zudem betrifft es vor allem private Lebensbereiche, die schon den Nachbarn im Grunde kaum tangieren.
Die Klimafrage hat dagegen viele gesamtökonomische Komponenten und greift in die individuelle Freiheit vieler Menschen unmittelbar ein. Wenn darüber nach Losverfahren entschieden würde, käme wohl exakt das aktuelle Klimapaket heraus, das ja so ziemlich den kleinsten gemeinsamen Nenner in dieser Frage repräsentiert.
Ich versehe nicht wie die Autorin darauf kommt, dass das Los klimabewusster wäre als der Durchschnitt der Gesamtbevölkerung.
ER ist die Idee der Revolution von unten. Das losbasierte Rätesystem verhindert eine sich verselbständigende Politklasse. Diese Idee ist von Borges in „Lotterie in Babylon“ radikalisiert, einer Lotteriegesellschaft, in der das Herrschaftssystem festgeschrieben ist, aber alle an ihm gleich teilhaben, indem ihre Rolle im System immer wieder neu zugeteilt wird. Das ist einer linken Ordnung diametral entgegengesetzt und gleichzeitig verwirklicht es institutionell die vollkommene Gleichheit aller Menschen.
So zeigt es deutlich, was an dieser Idee der Entpersonalisierung der Herrschaft falsch ist, die Revolution von unten reicht nicht. Sie bedeutet Demokratisierung, aber nicht Befreiung, Selbstbestimmung. Sie ist nur die eine Seite der Medaille. Notwendig ist genauso eine Revolution von oben, oder, wie hier richtig auf Daniela Dahn verwiesen wurde, die Revolution des Staates, die Aufhebung des entfremdeten, von der Politklasse usurpierten Staates, dh die Einsicht der Bürger, daß der Staat wir alle sind, daß es nicht reicht, daß wir alle uns als Einzelsubjekte anerkennen, daß wir uns als Solidargemeinschaft erkennen und fühlen müssen. Diese Revolution von unten und oben ist notwendig.
„Ehe für alle“
Und was ist, wenn jemand nicht will?^^
Wer nicht will bleibt unverheiratet. Dass Alle dürfen heisst ja nicht dass alle müssen ;-)
>>Wenn darüber nach Losverfahren entschieden würde, käme wohl exakt das aktuelle Klimapaket heraus, das ja so ziemlich den kleinsten gemeinsamen Nenner in dieser Frage repräsentiert.<<
Nicht unbedingt. Dass eine finanziell hochausgestattete Lobby die wesentliche Entscheidungsmacht besitzt könnte theoretisch ausgeschaltet werden. Praktisch können Lobbyisten natürlich auch per Los bestimmte Delegierte kaufen. Nur ist es eben etwas aufwändiger, weil die Personen häufiger wechseln.
"Dass eine finanziell hochausgestattete Lobby die wesentliche Entscheidungsmacht besitzt könnte theoretisch ausgeschaltet werden."
Daran glaube ich nicht. Nochmal, es ist hier eine merkwürdige träumerische Illusion im Spiel zu glauben, das Los würde bessere oder gerechtere Menschen auswählen.
Dabei ist ein Lossystem ist im Grunde genauso blödsinnig wie das aristokratische System. Auf einen fähigen König kamen 10 Volltrottel, wieso sollte das beim Losen anders sein?
Dass ausgeloste Politiker weniger korruptionsanfälig sein sollen als gewählte, ist völlig illusionär.
>>Dass ausgeloste Politiker weniger korruptionsanfälig sein sollen als gewählte, ist völlig illusionär.<<
Ja. Siehe Zitat gelse:
>>Praktisch können Lobbyisten natürlich auch per Los bestimmte Delegierte kaufen.<<
Und wo wird dann der Lobbyismus ausgeschaltet?
Der Punkt ist nicht, daß das Lossystem bessere oder schlechtere Menschen auswählt, sondern nicht die machtgierigen, zielstrebig ihren Vorteil suchenden sich in die Ämter drängen können, es kommen nicht die skrupellosesten an die Macht, sondern der Durchschnitt. Damit wird die Korruption, die der Lobbyismus erzeugt, auf ein Duchschnittsmaß begrenzt, dieses System ist so korrupt, wie die Menschen halt sind.
Dasselbe gilt für die Un-/Vernunft des Systems. Das bisherige zielt auf den Vorteil Weniger, gegen das Vernünftige, das Lossystem realisiert die Durchschnittsvernunft/-unvernunft. Mehr ist in einer formalen Demokratie nicht zu haben. Darum mein erster Kommentar.
Wenn XR Verkehrsblockaden organisiert, lassen die dann Radfahrer durch? Und den ÖPNV?
Genau das könnte, sollte organisiert werden, ein Tag des Schienennahverkehrs.
>>>...dieses System ist so korrupt, wie die Menschen halt sind.<<
Ich denke, Menschen sind so korrupt wie die Angebote, die sie bekommen. Wer Korruption bekämpfen wollte musste an die Angebotsseite herangehen. Solange es Auftragsanbieter gibt, die der Kauf politischer Entscheidungen kaum ein Promille des Profites kostet wird sich daran nichts ändern.
Das ist ein Fall der Dialektik von Innenwelt und Außenwelt. Soziale Systeme werden von Menschen gemacht, aber sie stabilisieren sich durch Mechanismen, die sich dem bewußten Zugriff der Subjekte entziehen, von selbst funktionieren. Religionen sind zB solche Denksysteme. Der Kapitalismus nun ist das System schlechthin. Er funktioniert nach der Kapitallogik, die selbst den Kapitalisten vorschreibt, was sie zu tun haben. Er ist ein Ausbeutungssystem mit wenigen extremen Nutznießern, aber ohne wirklich souveräne Herrscher. Daher kommt dieses Herrschaftssystem mit sehr wenig Gewalteinsatz zu seiner Erhaltung aus.
Korruption bzw Korrumpierbarkeit ist in der Natur des Menschen angelegt, fußt auf seinem natürlichen organismischen Egoismus. Aber die Systeme haben Einfluß auf die Ausprägung, Performanz dieser Anlage. Der Kapitalismus sozialisiert die Menschen zu Egoisten, wie das Aufwachsen in einer mafiösen Gesellschaft zum Mafioso sozialisiert. Der Einzelne kann sich davon befreien, aber erst wenn genügend Bewußtsein über diese Verhältnisse vorhanden ist und man unter ihnen genug leidet, können die Systeme erfolgreich überwunden werden.
Wir haben es also bei der Korruption mit individueller und mit systemischer Korruption zu tun, die in einem dialektischen Interdependenzverhältnis stehen. Moralismus gegen die individuelle Korruption bringt nichts, greift zu kurz. Aber ohne die Selbsterkenntnis, daß man auch individuell das System stützt, wird sich das System nicht aushebeln lassen.
In diesem Sinn kann man den Vorschlag der E/XR-Bewegung für ein Lossystem verstehen, das Lossystem ist gewissermaßen in der Korruptionsfrage systemneutral, es fördert nicht, dämpft aber auch nicht den status quo der inneren Einstellung zur Korruption, es ersetzt nur die systemische Förderung.
der kapitalismus sozialisiert.
löst menschen aus ihren überkommenen bindungen tribaler,
ethnischer, religiöser,paternalistischer art.
und verweist sie auf markt-gerechtes verhalten.
er (er-)fordert geistes-gegenwart, orientierung an den zwängen des marktes,
in denen ihm die kapital-herrschaft entgegentritt.
insofern ist diese wie auch die gesetzes-förmige herrschaft des staates
eine rationale zwangs-macht, die verderbliches handeln(korrumpiertes)
nie aus-schließt, aber system-konformes soziales verhalten prämiert.
minder-reiche, minder-mächtige haben nur durch organisierten
widerstand gegen markt- und staats-mächte: bessere lebens-chancen.
Das ist genau der Grund, warum die Idee der Demokratie(sierung) der Gesellschaft nicht ausreicht.
Ja, allerdings ist Profiterwirtschaften korrektes Systemhandeln und systemische, als gerechter Tausch erscheinende Korruption.
ich plädiere dafür,
- system-konformes, konventionelles verhalten,
gegen individuelles/-gesellschaftlich verachtetes, verderbliches verhalten
(korrumpiertes), abzugrenzen:
daß (verselbständigte)macht, exorbitanter reichtum
die gesellschaftliche kontrolle hinter sich läßt, ist wahrscheinlich.
- aber daß mühe-volle arbeit/innovatives wirtschaften seinen lohn haben soll,
ist auch weithin: guter konsens.
- nicht überall, wo kapitalismus herrscht, sind kriminelle handlungs-weisen
so chaos- und alltags-nah wie in venezuela oder in narco-staaten.
Daß „mühe-volle arbeit/innovatives wirtschaften“ des VW-Konzerns, des deutschen Vorzeigeunternehmens, und anderer im Dieselskandal zunächst ihren Lohn bekam, ist, wenn Konsens, dann schlechter Konsens. Innovatives Profiterwirtschaften war es sicherlich, und es hat einen Profitlohn gebracht, selbst im Nachhinein sind Manager fürstlich abgefunden worden. Und die andere Seite betreffend, Marx hat uns doch gelehrt, daß Lohnarbeit von Übel. Ich sage ja nichts dagegen, Arbeit zusätzlich zu belohnen, aber erstens haben alle, auch die notorischen Faulenzer, ein Recht auf Leben, und wenn wir uns leisten und leisten können müssen, von Geburt an Behinderten, die keine effiziente Arbeitsleistung erbringen können, ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, warum dann nicht auch den wenigen Abweichenden, die man als krank oder fehlorientiert ansehen muß, für die Arbeit nicht auch ein Lebensbedürfnis ist. Dagegen kann man nur mit dem Ammenmärchen zu Felde ziehen, daß die Menschen ohne Lohnarbeit=Zwangsarbeit keinen Strich tun würden, was von der Wissenschaft und aus offensichtlicher Alltagserfahrung als widerlegt gelten kann. Die Funktion dieser Märchenerzählung ist die Legitimierung des Arbeitszwangssystems.
Es gab und gibt Unternehmer, Kapitalisten, die sich dafür interessieren, wirklich nützliche, dem allgemeinen Wohl zugute kommende Produkte zu entwickeln und auf den Markt zu bringen, aber das sind die Ausnahmen, ständig von wirtschaftlicher Bestrafung bedroht, wer nicht genug Profit erwirtschaftet, geht unter.
Und Venezuela ist ein Beispiel dafür, daß Korruption und Chaos von der herrschenden Klasse ins Unerträgliche getrieben wird, wenn man ihr die normale Korruption nicht gönnt.
Die Passagiere in den Bussen werden ganz schön sauer gewesen sein. Aber es wurde ja "im Konsens entschieden", dass sie blockiert werden. Von Leuten, die ebenfalls "zum Artensterben und zum Klimawandel" beitragen. Sehr beruhigend. Von so Leuten wie den XR möchte ich jedenfalls nicht regiert werden. Statt Busse im Nahverkehr zu blockieren, könnten sie ja mal eine Landebahn oder eine Autobahn blockieren. Das schafft heute jeder Hochzeitskorso.
1. nur in deutschland/auto-kanzlerland kommt die betrügerische
auto-industrie wohl mit einem blauen auge davon
(den image-schaden versuchen sie gerade mit elektro-engagement
vergessen zu machen).
2. eine demokratisch abgestimmte lebens-grund-sicherung fällt mager aus.
3. arbeit ist not-wendig und deshalb an mühsal/freizeit-verlust gebunden.
4. was linke ammen unter "von zwängen befreite arbeit" verstehen,
ist zum wenigsten arbeit, die zur reproduktion der menschheit nutze ist.
5. zum thema "venezuela" empfehle ich die ZDF-TV-doku:
"unter gangstern - kidnapping in venezuela"(2019,43 min.)
um zu sehen, wie ein "progressives regime" zur hölle degeneriert.
>>Wie verfahren wir mit der Quelle und Ursache sozialer und ökologischer Probleme, mit der weltweiten kapitalistischen Gesellschaftsordnung?<<
Monothematische Bewegungen, die dieser Frage ausweichen können schneller wachsen und sind „erfolgreicher“ weil sie nicht von Konterkräften unterwandert werden.
Ad 1. Wer glaubt denn, daß die anderen Autobauer den deutschen ethisch überlegen sind? Daß die Amerikaner vorrangig das Wohl der Konsumenten im Auge hatten? Daß die Praxis der Lebensmittel-, Pharma-, Rüstungs-, Energieindustrie einen höheren ethischen Standard aufweist?
Ad 2. Das hängt stark von der Einkommensvarianz ab. Unter gleichbleibendem Produktionsniveau wäre viel machbar.
Ad 3. Die „notwendige Arbeit“ nach Marx ist heute schon auf niedrigem Niveau. Und ein starkes Arbeitsmotiv ist für viele Menschen die allgemeine und allgemein geschätzte Nützlichkeit.
Ad 4. siehe 3. Und eine wachsende Reflexion, Mündigkeit wird sich von idiotischen Verausgabungen und Destruktionswünschen verabschieden.
Ad 5. Man muß blind sein, um den Anteil der bürgerlichen Volksverächter an der venezuelanischen Katastrophe zu übersehen (und das eigenverantwortliche Versagen; die Chavisten haben gravierende Fehler gemacht, aber sie sind weniger Subjekte als Getriebene).
Sie verstehen sich doch in der tradition des materialistischen,
wissenschaftlichen sozialismus stehend.
da verwundert es, mit welchem messianismus sie,
in post-kapitalistischen zeiten, eine ethische revolution/re-formation
erwarten.
und wie gering Sie die kapital-konformen/selbst-zerstörerischen
einstellungen/süchte nach massenhaftem, idiotischem konsum
veranschlagen.
ad 5 :
- um popularität/wahlsiege einzufahren, wird in manchen ländern
ein vorgriff auf kommendes staats-einkommen
(vornehmlich aus rohstoff/erdöl-verkäufen) riskiert.
- die außen-verschuldung führt dann bei sinkenden welt-markt-preisen
für diese rohstoffe zur strangulierung der binnen-wirtschaft.
- teuerungs-rebellionen beziehen sich heute seltener auf brot-preise,
eher auf diesel-preis-steigerungen und medikamente-knappheit.
- eine un-schöne parallele zum ruinösen latino-populismus venezuelas
kann man auch in ecuador besichtigen:
nach verschuldung durch kredite chinas wird nun die nochmalige
verschuldung um IWF-kredite zur zerreiß-probe für das land.
die von außen kommenden imperative der kredit-geber
bringen als regierungs-verordnete spar-zwänge
(preis-erhöhungen und forciertem ausverkauf von land)
die volks-seele zum kochen.
das populistische va-banque-spiel führt zur un-regierbarkeit
ohne aussicht auf konsolidierung.
die souveränität geht auf bewaffnete banden über,
brutalste gewalt wird zum überlebens-mittel.