Vorwärts in die Zukunft

Falsche Prognosen Der 80er-Jahre-Blockbuster „Zurück in die Zukunft“ spielt im Jahr 2015, also heute. Glücklicherweise ist vieles doch anders gekommen als damals gedacht
Ausgabe 02/2015

Zukunft ist ja irgendwie immer. 1984 fand sie jedenfalls statt (George Orwell), 2010 (Stanley Kubrick) und 2012 (Maya-Kalender) trat sie ebenfalls ein. Und auch dieses Jahr ist wieder Zukunft: Jedes Mitglied der Generation Golf weiß, dass am 21. Oktober 2015 ein zur Zeitmaschine umgebauter DeLorean-Sportwagen mit Marty McFly (Michael J. Fox) und Dr. Brown (Christopher Lloyd) an Bord in unserer Gegenwart landen wird. Zurück in die Zukunft war ein Blockbuster der 80er. Und der zweite Teil der Trilogie – er kam 1989 in die Kinos – spielt im Hier und Heute.

1989 ist eine Vergangenheit, an die ich mich gut erinnere: an den Fall der Mauer, mein Abitur und meine ersten Stone-Washed-Jeans. Hollywood hatte für Michael J. Fox Hoovercraft-Skateboards erfunden, fliegende Autos und, besonders faszinierend: selbstschnürende Schuhbänder und eine selbsttrocknende Jacke. Die Zeitung kam per Fax aus dem Küchenschrank.

Damals habe ich mir auch meine eigene Zukunft zurechtgelegt. Ich hatte erste Artikel für eine Lokalzeitung geschrieben, an einer der ersten elektrischen Schreibmaschinen, hatte die Fotos im Badezimmer entwickelt und mit dem Auto (Polo, nicht Golf!) in die Redaktion gebracht. Meine Zukunft? Journalist werden, Ehe, Kinder.

Nun habe ich mit meiner 14-jährigen Tochter Zurück in die Zukunft II geschaut. Sie war schockiert, wie unkreativ Regisseur Robert Zemeckis war, und forderte einen neuen Titel: Vorwärts in die Vergangenheit. Am meisten lachte sie über die Telefonzellen im Film. Und ich schmunzelte, weil wir damals glaubten, Papier würde das Hauptmedium im Jahre 2015 sein. Noch kein Gedanke an das Internet. Dass wir so etwas wie Michael J. Fox’ Filmbrille, eine Art Google Glass, damals für unwahrscheinlich hielten, ebenso wie biometrische Schlösser an den Haustüren, konnte meine Tochter nicht verstehen.

Die Zukunft lässt sich eben nicht planen: So versuchte ich, den Film zu verteidigen. „Mama und ich haben uns scheiden lassen. Und der Journalismus – tja: Erst wurden die Setzer gefeuert, nun die Redakteure.“ Auch dass ich mal rede wie Opa, hätte ich nicht gedacht. Verblüfft war meine Tochter, dass der heute parkinsonkranke Michael J. Fox nur zehn Jahre älter ist als ich. „In 20 Jahren kann man das bestimmt heilen“, sagte sie, voller Zuversicht.

Ich glaube: Es ist gut, sich ab und an mit seinen Zukunftsvorstellungen aus der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Es ist ja auch beruhigend, dass das meiste doch ganz anders kommt. Dennoch: Im Oktober werd ich auf den DeLorean warten. Da bleib ich dran.

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Geschrieben von

Axel Brüggemann

Journalist und Autor in Wien und Bremen.

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