„Was ich ankündige, setze ich um”, hat Horst Seehofer am vergangenen Donnerstag getwittert. Manch einem mag da schon etwas mulmig werden – bei dem Gedanken daran, was passiert, wenn Horst Seehofer das, was er ankündigt, umsetzt. Das Thema, bei dem Seehofer vergangene Woche Vollzug meldete, ist das Baukindergeld. Seit dem heutigen Dienstag können es Familien beantragen.
Geht es nach dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat dürfen sie sich auf ein wahres Allheilmittel freuen, das nicht nur bezahlbaren Wohnraum schafft, sondern auch noch wirksam vor Altersarmut schützt. Doch der große Wurf, als der es verkauft wird, ist das Baukindergeld nicht. Es wird vor allem denen helfen, die ohnehin schon wenig Grund zur Sorge haben. Insgesamt 12.000 Euro können Familien pro Kind für den Bau oder den Kauf des Eigenheims beantragen – solange das zu versteuernde Haushaltseinkommen nicht über 90.000 Euro liegt. Für jedes weitere Kind erhalten Familien weitere 12.000 Euro verteilt über zehn Jahre, die Einkommensobergrenze steigt pro Kind um 15.000 Euro. Haushalten, die sich um die jeweilige Obergrenze bewegen, mögen die zusätzlichen Fördergelder gut zupass kommen. Denen aber, die wenig Geld zur Verfügung haben und gerade deshalb um bezahlbaren Wohnraum bangen hilft das Geld wenig bis nichts – sei es, weil sie gar keinen Kredit bekommen oder weil die Kosten für Wohneigentum gerade dort, wo Wohnungen fehlen, so hoch sind, dass das Baukindergeld für den einzelnen keinen großen Unterschied machen wird.
Sinnbild für die Privatisierung der sozialen Sicherung
Die Gesamtkosten sollen laut Bundesregierung bei etwa zehn Milliarden Euro liegen. Das ist fast doppelt so viel, wie sie für den sozialen Wohnungsbau bereitstellen will. Und so ist das Baukindergeld vor allem entlarvend. Denn dass Wohnen eine der zentralen sozialen Fragen geworden ist, darüber sind sich die meisten einig. Dementsprechend sagt das Baukindergeld viel über den gegenwärtigen Umgang mit Fragen der sozialen Sicherheit aus. Denen, die diese Sicherheit wirklich brauchen, wird sie weitaus zähneknirschender gewährt als jenen, die es wirtschaftlich ohnehin schon leichter haben. Es ist Politik für Reiche, ein Geschenk für die Wahlklientel.
Vor allem aber ist die neue Förderung Sinnbild für eine Haltung, die einem Sozialstaat nicht gut zu Gesicht steht. Statt wirklich für die Menschen zu sorgen, die sich in existenzieller Not befinden, wird die soziale Absicherung zunehmend zur privaten Angelegenheit gemacht. Frei nach dem Motto: ,Ihr habt Angst, dass ihr euch bald eure Wohnung nicht mehr leisten könnt? – Baut euch doch selbst eine Wohnung, wir helfen euch dabei – solange ihr gut bis sehr gut verdient. Ihr habt Angst, von eurer Rente im Alter nicht mehr Leben zu können? Baut auch ein Häuschen, das ist noch immer die beste Vorsorge – solange ihr gut bis sehr gut verdient.‘ Nur, was ist mit denen, die sich das trotz Baukindergeldes nicht leisten können? Die haben es einfach nicht geschafft. Die haben wohl nicht genug geleistet. Die sind irgendwie selbst Schuld.
Es ist eine ernüchternde Antwort auf eine zentrale soziale Frage der heutigen Zeit aus einem Ministerium, dem dabei eine wichtige Aufgabe zukommen könnte. Andererseits ist es wohl das, was man vom Bauminister Seehofer erwarten kann. Frei nach ihm selbst: Was man sich von ihm verspricht, das hält er.
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