Schwere Wirkungstreffer

Landtagswahlen Für die Linkspartei war der Wahlsonntag ein Waterloo. Die Etablierung der AfD wird für sie mehr und mehr zur Katastrophe
Nichts zu lachen: Bernd Riexinger
Nichts zu lachen: Bernd Riexinger

Bild: Reiner Zensen/Imago

Als der Parteivorsitzende der Linken Bernd Riexinger am Wahlabend das Mikrofon in die Hand bekam, sprach er immer noch von dem Politikwechsel, den er hatte erreichen wollen. Riexinger stammt aus Leonberg, das ist schwäbisches Kernland, im Herzen Baden-Württembergs gelegen. Man hört es dem früheren Verdi-Funktionär an, dass er aus dem Ländle ist, und der Wahlabend des 13. März hätte so etwas wie ein Triumph für ihn werden sollen. Er wollte mit der Linken in dem reichen Powerland, in dem es tatsächlich noch Industrie gibt, zeigen, was eine Partei der Umverteilung und der sozialen Gerechtigkeit erreichen kann. Aber nichts da. Die Linke hat im Südwesten ganze 0,1 Prozentpunkte dazu gewonnen und liegt damit bei 2,9 Prozent. Damit kann man nicht mal Opposition machen.

Ein Parteichef holt 2,9 Prozent bei einer Wahl. Es gibt Politiker, die dann ihren Rücktritt anbieten. Nicht so Bernd Riexinger. Und vielleicht hat er ja Recht. Vergleicht man alle drei Wahlen vom Sonntag, so ist der Parteichef innerhalb seiner Linken so etwas wie der strahlende Sieger: in Rheinland-Pfalz verlor die Linke 0,2 Prozentpunkte, in Sachsen-Anhalt gar 7,4 Punkte. Die Linke gewinnt im Westen nichts hinzu, und im Osten verliert sie dramatisch, sie gibt ein Drittel ihrer Wähler ab.

Das stellt die Partei vor eine harte Prüfung. Denn es gelingt der Linken erstens nicht, mit linken Themen durchzudringen. Und das in einer Zeit, da die Studien über Ungleichheit, ungerechte Vermögensverteilung und soziale Spaltung in ein ein mikroskopisch kleines Oben und ein breites Unten nur so sprießen. Zweitens aber, und das ist noch viel schlimmer, verliert die Linke – jedenfalls da, wo sie verlieren kann – massenhaft Wähler an eine stramm rechtsradikale Partei – an die AfD in Sachsen-Anhalt. Fast 30.000 Wähler wanderten vom linken Flügel des Spektrums hinüber zum extrem rechten, da wo mit André Poggenburg ein Mann die Partei führt, der tief im rechtsintellektuellen Milieu verankert ist.

Wahlerfolge sind oftmals auch Eintagsfliegen. Was in Sachsen-Anhalt passiert ist, stellt jedoch einen nie dagewesenen demoskopischen Erdrutsch in einem Bundesland dar. Die AfD holt aus dem Stand 24 Prozent der Stimmen, die Linke und die SPD haben die stärksten Verluste. Und die AfD siegt auch perspektivisch – sie ist bei den Jungwählern mit Abstand die stärkste Kraft und liegt hier weit vor der Linken, die üblicherweise bei den jungen Leuten hip war. 26 Prozent der 18- bis 24-Jährigen wählten die rechtsradikale Alternative – die Linke holte hier nur 13 Prozent. Bei den 25- bis 34-Jährigen gewinnt die AfD fast ein Drittel der Stimmen, und die Linke schrumpft weiter auf 10 Prozent.

Für die Linke ist die Etablierung der AfD als neue Partei eine Katastrophe. Sie ist ihr schärfster Gegner geworden, ein lebensbedrohlicher, obwohl sie doch ein – vermeintlich – ganz anderes Wählersegment bedient. Die Linke verliert in ihrer Kernwählerschaft, und zwar da, wo die Partei bislang am stärksten war – im Osten der Republik. Je genauer man hinsieht, desto verheerender werden die Aussichten, denn die Linke holte am Sonntag nur ein einziges Direktmandat; die AfD hingegen gewann praktisch alle Direktmandate im Süden Sachsen-Anhalts – 15 Stück.

Auch der Fingerzeig nach Thüringen, wo die Linke nach der Wahl 2014 eine Regierung mit rot-rot-grüner Mehrheit bilden konnte, kann die Genossen nicht wirklich zufrieden stellen. Schon dort verlor die Linke, trotz ihres Wahlsieges, 16.000 ihrer Wähler an die AfD, die mit dem völkisch denkenden Björn Höcke ebenfalls tiefbraun eingefärbt ist.

Für die Linke – aber auch ganz persönlich für Bernd Riexinger – ist die Wahl vom Sonntag ein Waterloo. Denn er war 2012 angetreten, als die Linke sich beinahe in zwei Hälften gespalten hätte, die Partei im Westen der Republik nach vorne zu bringen. Am besten in seinem Ländle, wo er als Spitzenkandidat antrat. Riexinger war, das darf man nicht vergessen, derjenige, der sich instrumentalisieren ließ, um den überaus erfolgreichen – aber pragmatischen – Parteimanager Dietmar Bartsch aus dem Osten abzuschießen. Riexinger war mithin ein Spaltungskandidat. Die Wahlen jetzt zeigen, dass er obendrein ein Verlierer ist. Spalter und Verlierer – das ist ein bisschen viel auf einmal.

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Geschrieben von

Christian Füller

http://christianfueller.com

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