Pressemitteilung
Heute haben die Eltern von Muhammet Eren Dönmez für Ihren Sohn einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung gegen das Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) beim Landgericht Gießen eingereicht. Sie wollen damit erwirken, dass ihr schwerkranker Sohn einen Platz auf der Warteliste für eine Herztransplantation erhält. Einen Wartelisten-Platz hatte ihm das Universitätsklinikum unter Berufung auf „Richtlinie für die Wartelistenführung und Organvermittlung zur Herz- und Herz-Lungen-Transplantation“ verweigert. Diese Haltung war zuletzt von der „Überwachungs- und Prüfungs-Kommission nach §§ 11, 12 Transplantationsgesetz“ bestätigt worden. Nach ihrer Auffassung schließen die Richtlinien die Herztransplantation bei einem Kind mit einem Hirnschaden aus.
Diese Interpretation der Richtlinie ist nach Auffassung der Anwälte der Familie nicht mit dem Benachteiligungsverbot für Menschen mit Behinderungen aus Artikel 3 Absatz 3 Satz Grundgesetz zu vereinbaren. Sie verstößt auch gegen Artikel 25 der UN-Behindertenrechtkonvention, die eine diskriminierungsfreie Gesundheitsversorgung für Menschen mit Behinderungen in Deutschland verlangt. Deswegen muss die Richtlinie, die keinen Gesetzescharakter hat, so ausgelegt werden, dass sie mit höherrangigem Recht vereinbar ist.
„Wer auf die Warteliste kommt, hat Chancen weiterzuleben, wer nicht muss meistens sterben“ heben Ramazan Akbas und Dr. Oliver Tolmein, die Anwälte der Familie, hervor. Deswegen müssen ihrer Meinung nach angesichts der gegenwärtigen Rechtslage alle Patienten, bei denen eine Transplantation überhaupt medizinisch notwendig und nicht aussichtslos ist, das Recht haben auf die Warteliste zu kommen – und zwar unabhängig davon, wie sich der Nutzen, den sie aus der Zuteilung eines Organs ziehen könnten, im Verhältnis zu dem Nutzen anderer Menschen darstellt, die ein Organ benötigen.
Die Organknappheit könne nicht auf Kosten von Menschen mit Behinderungen dadurch abgemildert werden, dass ihnen keine oder nur geringe Chancen gegeben werden. „Insofern hat die Auseinandersetzung um den Wartelistenplatz für Muhammet Bedeutung über den Einzelfall hinaus“ hebt Rechtsanwalt Dr. Oliver Tolmein hervor, der im Bundestag als Sachverständiger vor der Reform des Transplantationsgesetzes 2012 gehört worden war. „Es geht um die Frage, ob der Gesetzgeber die Entscheidung darüber, nach welchen Kriterien Organe verteilt, also Lebenschancen in unserem Gesundheitswesen vergeben werden, einfach an die Bundesärztekammer abgeben darf.“
Rechtsanwalt Ramazan Akbas weist darauf hin, dass sich am Fall seines Mandanten zeige, „wie schwach ausgestaltet die Stellung der Patienten, die Organe benötigen, gegen die Transplantationszentren ist.“ Im Transplantationsgesetz müsste ein klar ausgestalteter Rechtsschutz für Patienten geregelt werden. Klare Aussagen, welche Rechte Patienten haben, die Organe benötigen, würden auch allen Beteiligten helfen, auftretende Konflikte besser lösen zu können.
Die Anwälte der Familie heben hervor, dass jetzt die Gerichte am Zug seien: „Wir verbinden damit die Hoffnung auf eine sachliche und unabhängige Klärung dieser schwierigen Fragen.“
Hamburg, Berlin, Gießen, Wiesloch, den 7.9.2014
Hinweis für Journalisten:
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an Rechtsanwalt Dr. Oliver Tolmein, Fachanwalt für Medizinrecht, Kanzlei Menschen und Rechte, 040.600094700, kanzlei@menschenundrechte.de
Oder wenden Sie sich an Rechtsanwalt Ramazan Akbas, Rechtsanwaltskanzlei Akbas & Kollegen, Lempenseite 58, 69168 Wiesloch, Telefon: 06222.387185, Telefax: 06222.387241, info.wiesloch@kanzlei-akbas.de
Über den Fall wurde in der deutschen Presse zuerst am 2. August in der SZ S. 16 berichtet, taggleich wiedergegeben auf freitag.de - Lokale Medien veröffentlichten am selben Tag eine erste PM des Universitätsklinikums Gießen und Marburg (UKGM) zu medinischen Aspekten und wenig später eine zweite PM zu den Behandlungskosten. Erste Berichte der Lokal- und Regionalpresse sind dort in der Diskussion aufgeführt.
Am 13. August sendete RTL NRW seinen ersten Bericht zum Fall [hier stand urpsprünglich: " ... in dem der Vorsitzende der Ethikkommission bei der Bundesärztekammer, Prof. Birnbacher, die Entschdeidung ehtisch damit begründet, dass man mit dem knappen Gut eines Spenderorgans mehr oder weniger Gutes tun könne, je nachdem, wem man es gebe." Dies Statement gab Prof. Birnbacher jedoch dem WDR, Genaueres hier am Ende der Info-Box]
Die zweite Welle der Berichterstattung begann tagsdarauf am 14. August mit einer "Seite 3" der SZ und einer kürzeren online Fassung - taggleich gespiegelt auf freitag.de - mit Statements der Bundestagsfraktionen Grüne und Linke zum Fall und dem politischen Handlungsbedarf einer Überprüfung des Transpalnationsgesetzes (TPG) und den darauf aufbauenden Richtlinien der Bundesärztekammer unter dem Gesichtspunkt Diskriminierungsfreiheit und Behinderung.
Am Tag darauf veröffentlichte das UKGM eine dritte PM zur angeblich gefährdeten Sicherheitslage im Klinikum (bislang aus keiner unabhängigen Quelle bestätigt), in der es seine Entscheidung gegen eine Transplantation des Jungen mit den jüngsten ärztlichen Stellungnahmen der externen Gutachter Prof. Wilken (Kinderneurologie, Kassel) und - darauf aufbauend - Prof. Reichenspurner (Herzchirurgie, Hamburg) begründet, was tagleich zusammen mit dem SZ-Bericht vom Vortag von den Agenturen dpa und afp verbreitet und deutschlandweit von vielen Medien aufgegriffen wurde.
In der RP bezweifelte daraufhin der international renommierte Hirnforscher Niels Birbaumer (Tübingen) die dabei öffentlich gewordene Diagnose oder Prognose einer "schweren irreversiblen Hirnschädigung", die das UKGM unter Berufung auf Prof. Reichensprurner als eindeutige "Kontraindiaktion" gegen eine Transplantation angeführt hatte.
Am 18. August veröffentlichte die Behindertenorganisation Zentrum selbstbestimmtes Leben (ZsL) Gießen eine erste PM zum Fall "Diskriminierung bei Transplantationen muss gestoppt werden!" in der sich das ZsL gegen Prof. Reichenspurner auf die UN Behindertenrechtskonvention und Artikel 3 GG beruft.
Am 1. September berichtete dpa erneut über den Fall, diesmal unter Wiedergabe der Mitte August von der SZ veröffentlichten Politikerstatements, wiedergegeben in vielen Zeitungen und Portalen.
Am 4. September reagierte das UKGM mit einer vierten PM, in der die Öffentlichkeit darüber informiert wird, dass am 22. August drei Ärzte der Überwachungs- und Prüfungskommission der Bundesärztekammer den Jungen selbst untersucht hätten und keine Verstöße gegen die Transplantationsrichtlinien festgestellt hätten. In Verbindung mit dieser neuen Information fordert das UKGM die Eltern und den Patienten zum Verlassen des Klinikums und der Republik auf.
Taggleich reagierten darauf die neuen Anwälte des Patienten mit einer ersten PM sowie das ZsL Gießen mit einer zweiten PM, in der beide dem hefitg widersprachen, in der sie je eigene Zweifel an der medizinischen und rechtlichen Begründetheit dieser Auskünfte geltend machen.
Die vierte PM des UKGM und die beiden Gegenstatements wurden bislang nur am 5. September in der Gießener Lokalpresse wiedergegeben.
(Nachtrag:) Als Termin für die mündliche Verhandlung hat das Landgericht Gießen Freitag, 12. September 2014, 10:00 Uhr, bestimmt, Raum 107, Adresse: Ostanlage 15, 35390 Gießen (Az: 3 O 290/14)
Das Urteil wurde am 24.10.2014 verkündet und hier auf freitag.de diskutiert.
Berichtigung: Der Beitrag, in dem sich Prof. Birnbacher zur Entscheidung äußerte, wurde am 27.08.2104 vom WDR in der Sendung Atuelle Stunde ausgestrahlt. Dort hieß es wörtlich:
"Dieter Birnbacher ist Philosoph mit Schwerpunkt Ethik. Der Düsseldorfer sitzt der zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer vor. Er verteidigt den Punkt 'Erfolgsaussichten': 'Dieses Kriterium halte ich persönlich für berechtigt. Angesichts der Knappheit sollte man die Ressourcen, über die man verfügt, möglichst so verteilen, dass sie möglichst viel Gutes stiften. Und das ist eine Regel, die unfair erscheint, weil die Schlechtestgestellten, denen es ohnehin schon am schlechtesten geht, dadurch zusätzlich benachteiligt werden.'"
Kommentare 58
Der obige Beitrag ist eine Pressemitteilung der Anwälte von Muhammet Eren Dönmez, die ich hier online gestellt habe, damit bei Bedarf hier die Diskussion an die beiden aus der SZ wiedergegebenen bzw. übernommenen Beiträge vor dem Hintergrund des neuen Sachstandes aufgegriffen und weitergeführt werden kann.
Der Beitrag hier kann auch zur Entlastung der Seite "Hand in Hand für Muhammet Eren", wo ein Kommentator mit dem Facebook-Namen Maik Olaf mich als Autor der beiden auch hier aufgegriffenen SZ-Beiträge zu einer kontroversen Diskussion herausfordern wollte, was hier sicher besser her passt als dort.
Daher ein herzliches Willkommen an alle, die hier weiterdiskutieren wollen!
LG CB
Ja wer soll nun Zugriff auf die knappe Ressouce haben, wer die hysterischere Facebook-Kampagne fährt oder wer die teureren Anwälte hat? Durch solches Gerödel wird die Organspende-Bereitschaft nur noch weiter zurückgehen.
Das entscheidet jedes Individuum frei. Ich habe mich persönlich im Gegenteil aber dafür entschieden und bin jetzt Organspender. Auch das ist eine mögliche Konsequenz - und um ehrlich zu sein: Die einzig naheliegende, wenn man Menschenleben retten will und keine prinzipiellen ethischen Bedenken gegen den Organaustausch hat, also weder spenden, noch empfanten möchte - was ggf. genauso zu respektieren ist.
Die in der Info-Box erwähnte erste PM der Anwälte vom 4.9.2014:
Pressemitteilung
zum Vorgehen von Universitätsklinikum Gießen, sowie der Prüf- und Überwachungskommission gemäß §§ 11,12 TPG in den Auseinandersetzungen um Muhammet Eren Dönmez
Mit seiner Pressemitteilung vom heutigen Tage versucht das Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) in dem schwierigen Fall offensichtlich Stimmung zu machen und die gerichtliche Klärung ihres Vorgehens zu verhindern. Es ist bedauerlich, dass die ÜBerwachungs- und Prüfkommission gem §§ 11,12 TPG sich hier von der Klinik instrumentalisieren lässt. Die unter der Überschrift „Prüfung des Herztransplantationsprogramms Gießen“ an die Klinik versandte Stellungnahme stellt zwar fest, dass keine Verstöße gegen die Richtlinien gem. § 16 TPG festgestellt wurden. Sie behauptet auch, dass die Entscheidungen des Klinikums „tatsachenbegründet und nachvollziehbare“ waren. Keine dieser Aussagen wird in der Stellungnahme in irgendeiner Weise mit Substanz gefüllt. Vor allem setzt sich die Prüf- und Überwachungskommission nicht damit auseinander, dass die vermeintliche Kontraindikation im vorliegenden Fall in den „Allgemeinen Grundsätzen für die Aufnahme in die Warteliste zur Organtransplantation“ mit „schwerwiegende Erkrankungen anderer Organe“ denkbar unbestimmt beschrieben ist und der Auslegung bedarf. Es ist aber trotz aller Bemühungen des Klinikums, Muhammet Dönmez die ursprünglich zugesagte Aufnahme auf die Warteliste zu verweigern, bislang von niemandem, dargelegt worden, wieso genau der gesundheitliche Zustand von Muhammet Eren Dönmez der zum Erhalt seines Lebensunabdingbar erforderlichen Herztransplantation entgegenstehen soll. Der bloße Verweis auf eine bei einer Reanimation erworbenen Hirnschädigung reicht hier keineswegs aus. Die gesundheitliche Lage unseres lebensbedrohlich herzerkrankten Mandanten hat sich wenngleich leider nur mit Blick auf die Hirnschädigung in den letzten Monaten spürbar verbessert.
Wir stellen fest: Unser Mandant hat nach wie vor Anspruch auf einen Wartelistenplatz, indem die Klinik ihn verweigert gefährdet sie sein Leben.
Die Begründung, ein Kind mit einer Hirnschädigung, könne allein wegen dieser Hirnschädigung kein Herztransplantat erhalten, stellt eine Benachteiligung wegen der Behinderung dar. Diese ist durch Artikle 3 Abs 3 Satz 2 Grundgesetz und durch Artikel 25 UN-Behindertenrechtskonvention untersagt.
Die Überwachungs- und Prüfkommission ist ausweislich ihres gesetzlichen und ihren Geschäftsordn- ungen festgehaltenen Auftrages nicht berufen, ein Transplantationszentrum in laufenden Auseinandersetzungen vorauseilend zu attestieren, dass sie einen Wartelistenplatz zu recht verweigert. Sie überschreitet mit dieser Intervention ihre Kompetenz. Es trifft entgegen der Darstellung des UKGM im Übrigen auch nicht zu, dass eine Stellungnahme der Prüf- und Überwachungskommission eine Stellungnahme der Bundesärztekammer darstellt. Wir fordern die Bundesärztekammer auf, klarzustellen, dass sie sich nicht von einem Transplantationszentrum zur Legitimierung einer rechtlich und ethisch fragwürdigen Entscheidung instrumentalisieren lässt.
Die Klärung ob ein Patient Anspruch auf einen Platz auf der Warteliste hat ist angesichts der Grundrechte um die es hier geht, insbesondere das Grundrecht auf Leben, eine Sache unabhängiger Gerichte. Unter Umstände muss dabei auch geprüft werden, ob die Allgemeinen Grundsätze für die Aufnahme in die Warteliste in der vorliegenden Form gegen das Diskriminierungsverbot für Menschen mit Behinderungen verstoßen und ob sie auf einer rechtlich tragfähigen Grundlage stehen- in der Vergangenheit ist das von Experten und Organisationen mit guten Gründen bezweifelt worden.
Rückfragen richten Sie bitte an
Rechtsanwalt Dr. Oliver Tolmein, Fachanwalt für Medizinrecht, Kanzlei Menschen und Rechte, 040.600094700, tolmein@menschenundrechte.de
Türkischsprachige Medien wenden sich bitte an Rechtsanwalt Ramazan Akbas, Rechtsanwaltskanzlei Akbas & Kollegen, Lempenseite 58, 69168 Wiesloch, Telefon: 06222 387 185, Telefax: 06222 387 241, info.wiesloch@kanzlei-akbas.de
Was bedeutet "Diskriminierung von Behinderten"? Alle, die auf Transplantation warten sind laut Gesetz "Behindert" und haben SBA oft mit 100%.
"Die Begründung, ein Kind mit einer Hirnschädigung, könne allein wegen dieser Hirnschädigung kein Herztransplantat erhalten, stellt eine Benachteiligung wegen der Behinderung dar." Es ist nur Halbwahrheit... das Kind wird nicht gelistet nicht deswegen, nur weil es Hirnschädigung hat. Das Kind wird nicht gelistet, weil die Hirnschädigung schwerwiegend ist. ich weiss nicht, wieso man die Hirnschädigung immer nur gleich "geistig behindert" betrachtet. Solche Hirnschädigung, die das Kind erlitten hat, bedeutet meistens organische Schaden. Hier von bedeutung ist vor allem die Lähmung. Höchstwahrscheinlich wäre das Kind lebenslang ans Bett gekettet. Es kann sein, dass es nichtmal selbständig sitzen kann. Und es ist sehr gut bekannt, dass solche Patienten sehr auf Infektionen anfällig sind. Zusätzlich mit der Zeit beginnen verschiedene andere Organe Probleme machen. Für die Transplantation bedeutet das, dass das Kind durch starke Immunsuppresion (besonders direkt nach der OP) mit den Infektionen zu tun haben wird, die mit großer Wahrscheinlichkeit in weniger Wochen / Monaten / Jahren zu tot oder weiteren schwerwiegenden Behinderungen führen werden. Und das haben auch Giessener Ärzte gesagt. Nur irgendwie wird das immer in den Diskussionen verschwiegen. Es kann natürlich durchaus sein, dass es alles klappt und doch besser läuft, als erwartet. Aber statistisch gesehen, das Kind hat DEUTLICH schlechtere Aussichten, als andere gelisteten Kinder. Das Kind tut mir echt leid und ich kann teilweise die Familie verstehen. Man kämpft mi allen Kräften um das Leben des Kindes. Aber man muss sich auch die Frage stellen, welches Leben man sich für das Kind wünscht?
Warum wird nicht die Stoffwechselerkrankung aufgeführt?! Bezüglich diesen ganzen Dramas wird auch vergessen, woher überhaupt ein Spendeorgan kommt und welche Folgen eine Transplantation hat! Der Mensch ist nicht als Ersatzteillager bzw. -empfänger ausgelegt! So bitter es ist, unsere Lebensuhr ist nur begrenzt, für den Einen läuft sie früher und für den anderen später ab. Transplantationen sind gegen die Natur....
Diese ethische Entscheidung kann jeder - wie oben schon zu Hadie gesagt - für sich selber so oder so treffen. Wer kein Organ empfangen oder spenden möchte, muss das nicht tun.
Anderseits kann er anderen, die nicht an "die Natur" so wie er glauben wollen, nicht vorschreiben, dass sie sich auf freiwilliger Basis anders entscheiden.
Wichtig ist, dass es in beiden Fällen gerecht und human zugeht und niemand wegen seiner Behinderung oder Herkunft benachteiligt und ihm das eine oder das ander willkürlich verwehrt wird.
Nur irgendwie wird das immer in den Diskussionen verschwiegen.
Dsas bei Behinderung erhöhte Infektionsrisiko und die dadurch im Durchschnitt erhöhte Sterblichkeit hatten wir in der SZ nicht verschwiegen.
„Wegen seiner Bettlägerigkeitundder cerebralen Störung, die mit einem gestörten Schluckmechanismus und einem vermindertenHustenreflex einhergeht, ist das Risiko für Infektionen bis hin zur Lungenentzündung viel höher als bei einem anderen Kind“, sagt Werner Seeger. Außerdem leide Muhammet wahrscheinlich noch an einer Stoffwechselstörung. Der Erfolg der Transplantation sei damit langfristig nicht sichergestellt.
Ganze Medizin ist gegen die Natur... wenn man das so betrachtet, dann sollte man die Leute medizinisch gesehen sich selbst überlassen... wenn Natur will, werden sie schon überleben... Falls nicht? Na ja, Naturgesetz: überleben nur die stärksten...
Aber wenn mans chon sich die Frage stellt: wer hat überhaupt Anspruch auf "Ersatzorgane", dann muss man auch sich Gedanken machen, wieviele von diesen Organen zur Verfügung stehen. Klar, es wäre schön, wenn dieser Junge leben könnte. Nur durch sein Zustand gibt ihm selbst die Transplantation geringe Chancen... Wenn er nicht transplantiert wird: stirbt er. Wenn er transplantiert wird, wird er wahrscheinlich auch nicht lange leben. Und es stirbt noch ein Kind, das dieses Herz bekommen könnte... da eins ist klar: es gibt für zu wenig Organe, um alle zu versorgen. Wenn auch für die Ärzte das keine leichte Entscheidung ist, sie müssen an alle Ihre Patienten denken. In Giessen warten zur Zeit 5 Kinder auf HTX. 2 davon statistisch gesehen, 2 schaffen es nicht, da sie nicht rechtzeitig das Herz bekommen. Hier leider muss man die Patienten bevorzugen, die bessere Perspektiven haben...
Ich kann nur an betroffene Eltern appellieren: Lasst euere Kinder einen friedvollen Sterbeprozeß. Ein interessanter Link zum Nachdenken: www.mein-calvin.de.
Was bedeutet "Diskriminierung von Behinderten"? Alle, die auf Transplantation warten sind laut Gesetz "Behindert" und haben SBA oft mit 100%.
Der logische Fehler liegt bei diesem Begriff in der Einschränkung "warten". Die Frage ist, ob die Einschränkungen auch noch da sein werden, wenn sie nicht mehr warten, sondern transplantiert wurden.
Wenn das Argument führt deshalb nicht wirklich weiter.
Auch nach der TX wird man als "behindert" gesetzlich eingestuft. Nach HTX kriegt man SBA mit 100% in ersten 2 Jahren, danach kann nicht weniger als 70% sein. Da TX bedeutet nicht, dann man danach wirklich gesund und uneingeschränkt leben kann... ich kenne keinen TX-ler, der nicht mit irgendwelchen Problemen und Einschränkungen leben muss.
Es kann das Richtige sein. Es kann aber auch sein, dass sie es nicht übers Herz bringen, den Ärzten zu sagen: Schalten ihn ab.
Mein Appell wäre deshalb: Fragt im Zweifel Gott oder euer Gewissen, lasst euch nicht von anderen bevormunden oder die Entscheidung abnehmen. Trefft sie selbst, sobald ihr euch sicher seid, was in eurem Fall das Richtige ist, das ihr euch und euren Kindern schuldig seid.
Beide Antworten können richtig sein. Wir kennen weder Tag noch Stunde, aber manchmal gibt es ein Vorwissen, wenn die Zeit erfüllt ist oder wenn jemand noch lange nicht dran ist, woher auch immer.
Das ist sicher richtig, aber Ziel der Transplantation ist ja, einmal den sonst fast sicheren Tod zu hinauszuzögern oder aber ganz erhebliche Einschränkungen zu mindern.
Entscheidend ist aber, ob Artikel 3 so gemeint ist, dass eine Benachteiligung von Behinderten dadurch widerlegt oder logisch ausgeschlossen werden könnte, dass andere Behinderte - mit einer spezifisch anderen Behinderung - nicht auf die gleiche Art diskriminiert oder selektiert werden.
Im 3. Reich wurde z.B. für Blinde viel getan, das war auch eine Behinderung, aber keine die als Stigma galt. Das schließt aber nicht aus, dass andere Behinderte mit anderen spezifischen Behinderungen systematisch - und zwar wegen IHRER Behinderung - diskriminiert oder selektiert wurden.
Deshalb bleibt dieses scheinbar schlüssige Entlastungsargument ein Trugschluss, auch wenn transplantierte Personen weiterhin behindert bleiben und somit auch Behinderte Transplantiert werden.
Ich weiß, dass solche Vergleiche gefährlich sind. Hier geht es nur darum, schnell und einfach die Pseudologik eines Scheinargsarguments aufzuweisen, (noch) nicht um die Nähe der utilitatischen Logik von Prof. Birnbacher zu einem Denken, das schon lange vor dem 3. Reich bei Juristen und Medinizern salonfähig war, aber heute als geächtet gilt - zumindest offiziell, in unserer Denkmal- und Gedenkkultur.
Niemand velangt, dass das Kind von dem künstlichem herz abgeschaltet wird. Es kann damit zurück nach Türkei und wenn Gott so will, kann damit noch Monate leben. Und die Eltern sollen diese Zeit noch geniessen statt sich mit der Klinik zu streiten.
Ich kann auch die Anwälte nicht verstehen. Sie verdrehen die Fakten und schreiben nur das, was für sie positiv ist... und geben den Eltern die falsche Hoffnung. Ich glaube es nicht, dass das sie vor Gericht gewinnen.
Selbst wenn die Richtlininien für die Listung nicht ideal sind und teilweise auch die Beurteilung subjektiv ist, das kann man mit keinen Rechtlinien genauer festlegen. Die Ärzte müssen sich auf eigener Erfahrung stützen und hoffen, dass die Entscheidung richtig war. Wobei muss man auch sagen, dass die Beurteilung: gelistet oder nicht, meistens zugunsten der Patienten fällt. Ich kenne schon etliche Kinder, bei denen Risko sehr hoch war, trotzdem die Ärzte die Chancen noch als vertretbar begutachtet haben. Deswegen bin ich mir sicher, dass in diesem Fall hinter der Entscheidung zahlreiche Untersuchungen liegen, die dem Kind nur geringe Erfolgschancen geben... und etliche Kliniken in D und Ausland haben die Akten ebenfalls beurteilt. Keine von denen war anderer Meinung.
Manchmal das richtige Weg ist nicht um jeden Preis am Leben zu halten, sondern ein würdiges Abschied zu ermöglichen.
Sie wollen damit erwirken, dass ihr schwerkranker Sohn einen Platz auf der Warteliste für eine Herztransplantation erhält.
Das ist so mit einer Einstweiligen Verfügung nicht zu erreichen, weil es die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnähme. Anders wäre es möglicherweise, wenn der Junge schon mal auf der Warteliste gewesen wäre. Dann könnte man versuchen, mit einer EVfg zu erreichen, die Entscheidung des Klinikums, das Kind von der Warteliste zu nehmen, bis zur Entscheidung darüber auszusetzen, ob es Anspruch auf einen Platz auf der Warteliste hat.
Es ist klar: Behindert ist nicht gleich behindert... allerdings in diesem Fall probieren die Anwälte alles auf die Ebene zu ziehen: das Kind wird nicht transplantiert, weil es geistig behindert ist... das ist falsch!!!! es wird nicht transplantiert, weil sein körperlicher Zustand durch die Hirnschädigung so schlecht ist... und die meisten Leute können das gar nicht unterscheiden. Wenn man 95% leute fragt, was bedeutet Hirnschädigung, dann bekommt man die Antwort: geistige Behinderung. Und wer hat noch niemanden z.B. nach Schlaganfall gesehen? Das ist auch mit Hirnschädigung verbunden. Und diese Leute sind oft gar nicht danach gesitig behindert. Sie sind aber körperlich oft schwere Pflegefälle...
Und in allen Berichten zu diesem Fall wird das gar nicht (oder nur ganz wenig) erwähnt. ich bin mir nicht mal sicher, ob den Eltern klar ist, was bedeutet dermassen behindertes Kind zu haben. Angenommen, das Kind wird transplantiert und kommt nach Hause. Und dann müssen die Eltern ein Kind pflegen, dass wahrscheinlich nie laufen, sitzen, selbständig essen wird. Ein Kind das teure medizinische Versorgung und Rehabilitation braucht. In Deutschland, trotz super Versorgung, die Familien mit behinderten Kinder stehen oft an der Grenze ihrer Möglichkeiten. In Türkei ist bestimmt noch schwieriger. Die Eltern konnten sich Versorgung in Giessen nur deswegen leisten, weil das Geld gespendet wurde. Wie lange wird das geld noch fliessen? Früher oder später wird das Kind nur einer von vielen schwer behinderten Kinder in Türkei. Wie würde denn seine Zukunft aussehen?
Solange Menschen entscheiden, werden diese Entscheidungen immer subjektiv, von Korruption durchsetzt und Korrumpierbar sein. Stellt sich die - fast rein rhetorische - Frage ob im Fall der Organtransplantation nicht ein Losverfahren das bessere wäre.
Die Frage nach der Vorwegnahme der Hauptsache ist immer zu stellen. Bei der Israelin, die - richtig - von Essen schon mal auf die Warteliste gesetzt worden und dann wieder heruntergenommen war, war das Gericht allerdings der Meinung, dass umgekehrt hier das Abwarten des Hauptverfahrens die Vorwegnahme der Hauptsache bedeutet hätte.
Warum das bei einer vorigen Listung anders sein sollte als in deren Ermangelung, erschließt sich mir nicht. Tot ist tot. Und damit ist die Hauptsache dann erledigt. Wenn das vorhersagbar nur droht, ist die Frage des Eilbedarfs geklärt.
Im übrigen hat sich m.W. zum Eilbedarf in einem solchen Fall schon das höchste Gericht geäußert. Dass der Antrag wegen fehlendem Eilbedarf abgelehnt wird, erwarte ich eigentlich nicht. Und selbst wenn die Richter schlechte Laune haben und einfach nach Kommafehlern im Schriftsatz entscheiden (was theoretisch deren Freiheit wäre), kann man die Sache dann durch die Instanzen schnell zum Bundesverfassungsgericht treiben, das müsste dann spätestens wieder den Eilbedarf erkennen.
Ich kenne schon etliche Kinder, bei denen Risko sehr hoch war, trotzdem die Ärzte die Chancen noch als vertretbar begutachtet haben. Deswegen bin ich mir sicher, dass in diesem Fall hinter der Entscheidung zahlreiche Untersuchungen liegen, die dem Kind nur geringe Erfolgschancen geben... und etliche Kliniken in D und Ausland haben die Akten ebenfalls beurteilt. Keine von denen war anderer Meinung.
Über deren Motive, den Jungen nicht aufnehmen zu wollen, wissen wir nichts. Ich sage ausdrücklich, dass dies nicht an dem hohen finanziellen Risiko und dem unausweichlichen Dilemma liegen muss, dass hier der Staatsanwalt so oder so kommen könnte: Entweder weil die Ärzte jemanden unberechtigt bevorzugen (und sich damit wie in Berlin mutmaßlich eines Totschlags an jemand anderem schuldig machen), oder weil die Ärzte jemand unberechtigt nicht behandeln (und dafür laut dem ermittelnden Staatsanwalt in Berlin dann genauso wegen Totschlag angeklagt werden können). Wer schon vorher weiß, dass er sich zwischen diesen beiden Übeln - der so herum oder so herum riskierten Anklage wegen Totschlags - wird entscheiden müssen, wird keine Freude daran haben, einen solchen Patienten aufzunehmen.
Ein vernünftiger Ausweg könnte sein, die Entscheidung unabhängigen Gerichten zu überlassen. Dann kann das von den Ärzten befolgt werden, ohne dass jemand angeklagt wird.
Jedenfalls stimmen im Rechtsstaat nicht letztinstanzlich Richter ab und nicht Ärzte oder Kliniken, und das entlastet letztere auch. Ich behaupte: Etwas Besseres als dieses Verfahren konnte ihnen gar nicht passieren. So oder so werden sie dadurch hinterher abgesichert sein, statt mit einem Bein im Gefängnis zu stehen.
Es ist klar: Behindert ist nicht gleich behindert... allerdings in diesem Fall probieren die Anwälte alles auf die Ebene zu ziehen: das Kind wird nicht transplantiert, weil es geistig behindert ist... das ist falsch!!!! es wird nicht transplantiert, weil sein körperlicher Zustand durch die Hirnschädigung so schlecht ist... und die meisten Leute können das gar nicht unterscheiden.
Weder in der hier wiedergegebenen Presse-Mitteilung, noch in der Antragsschrift, die mir vorliegt, wird behauptet, der Junge sei "geistig" behindert.
Die Behauptung hat allerdings der Neuropädiater Prof. Wilken, der den Jungen am 22.07. untersucht hat, im Gespräch mit meiner Mitautorin bei der SZ aufgestellt. Christina zitiert ihn am 14.08.2014 auf Seite 3 folgendermaßen:
„Ohne Zweifel hat das Kind eine schwere Schädigung erlitten, die nicht wieder gut zu machen ist“, so Wilken. Das belegten auch Hirnaufnahmen. „Allerdings hat das Gehirn in diesem Alter eine erstaunliche Regenerationsfähigkeit. Ich bin mir sicher, dass Muhammet noch Fortschritte machen wird, auch wenn er wohl nie laufen lernen wird und geistig zurückbleibt.“
Auf die Frage nach dem Geld - die vielleicht bei den Überlegungen der anderen Kliniken eine Rolle gespielt hat, vielleicht aber auch nicht, würde ich in dieser Phase nicht eingehen wollen.
Ich bitte mir das nachzusehen. Ich bin der Meinung, dass Katrin Vogler Recht hat: Egal wonach es geht, wer ein Organ bekommt, nach dem Geldbeutel darf es jedenfalls nicht gehen.
Deshalb tut diese Frage - wieviel Geld noch da ist und woher es kommen wird - in der im Rechtsstreit zu klärenden Frage absolut nichts zur Sache.
Allenfalls ist die Tatsache, dass am Anfang mal Geld verlangt wurde und geflossen ist, für die Frage bedeutsam, welches Gericht hier zuständig ist. Wenn man von einem privatrechtlichen Behandlungsvertrag ausgeht - und das dürfte hier der Fall sein - dann wäre das nach bisheriger Rechtssprechung das Landgericht.
Ansonsten darf weder die Notfallversorgung oder Lebenserhaltung, noch die Frage nach der Verteilung von Spendenorganen nach Vermögenslage entschieden werden.
Den Eilbedarf wird niemand bestreiten. Aber der Eilbedarf ist eine Sache; die Vorwegnahme der Hauptsache eine andere. Wenn der Zustand des Kindes tatsächlich so katastrophal ist, dass sofort entschieden werden muss, weil es jeden Moment sterben kann - wozu will man es mit dem gestellten Antrag dann noch auf die Warteliste gesetzt wissen?
So einfach ist das nicht, Balsamico. Der "katastrophale Zustand", aus dem das Sterberisiko resultiert, ist ja der Nicht-Transplantierte.
Damit lässt sich aus dem Eilbedarf kein Argument gegen die OP machen. Der Einwand ginge sonst bei jeder hochnotwendigen OP.
Inzwischen hat dpa die Meldung gebracht, stark verkürzt, aber mit einer zweiten Quelle. Einige Portale haben sie schon übernommen.
http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/giessen-eltern-von-herzkrankem-jungen-klagen-13141928.html
Ordentlich formatierter Link:
http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/giessen-eltern-von-herzkrankem-jungen-klagen-13141928.html
Das sehe ich nicht so, ChristianBerlin. Auf der Grundlage dessen, was ich zu dem Fall bisher gelesen habe, glaube ich nicht, dass die EVfg. Erfolg haben kann, obwohl ich es mir für den Kleinen wünschte. Aber eins ist schon jetzt klar: Im Falle der Zurückweisung des Antrags, werden außer den Ärzten auch noch die Richter öffentlich geprügelt.
Eins ist hier sicher. Egal wie es ausgeht, verloren wird hier deutlich mehr, als zu gewinnen ist... die Chancen, dass das KInd auf die Liste kommt ist gering. Noch geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er rechtzeitig das Herz bekommt und eventuell diese OP ohne größere Schaden übersteht.
Aber: Zahl von Organenspenden kann wieder sinken, da solche Verfahren nur noch mehr die Leute verunsichern, ob Organenspende wirklich richtig ist. Es verlieren also alle, die auf Organspende warten
Die deutsche Kliniken werden sich bei den nächsten potentielen Patienten aus Türkei und ähnlichen Länder deutlich mehr Gedanken machen und wahrscheinlich dadurch auch weniger Kinder von dort behandeln. Es verlieren also Kinder, die in der Zukunft hier behandelt sein könnten
Und es geht wieder Vertrauen an Ärzte verloren.
Selbst, wenn die Anwälte nicht direkt gesagt haben, dass es sich um geistige Behinderung handelt, jeder der keine Ahnung von Gehirnschaden hat (und dazu gehört immerhin große Teil der Gesselschaft) versteht das unter diesem Aspekt. Und darum geht es den Anwälten. Sie wollen, dass möglich viele Leute das Verfahren unterstützen. Das Begriff "Behinderung", das sie benutzen ist meiner Meinung nach so allgemein, wie es nur kann, um sich selbst nicht strafbar zu machen. Sie können nicht direkt sagen, dass die Transplantation wegen geistiger Behinderung nicht stattfindet. Da das stimmt nicht und sie wissen das genau. Ihr Antrag wäre also sofort vom Tisch bei Gericht. WEnn sie allgemein von "Behinderten" reden, erreichen sie mehr Leute, die sich als "Behinderte" angesprochen fühlen. Wobei ganze Menge Behinderungen kein Einfluß auf Transplantation haben. WEnn man blind, taub, ohne Hand, Bein usw. ist, wird kein Arzt das als Grund für "nicht Listung" sehen. Falls aber jemand z.B. Stoffwechselerkrankung hat, muss überlegt werden, ob z.B. die Medikamente von beiden Erkrankungen dann kompatibel werden und ob durch starke immunsuppresion die Krankheitsbild sich noch nicht mehr verschlimmert. Die Aussage ist also nur eine Halbwahrheit. Das alles ist nur ein Spiel mit Gefühlen.
Und das finde ich verwerflich.
Und das finde ich verwerflich.
Die Frage ist, wer ggf. für diese beiden Kollateralschäden verantwortlich zu machen ist.
Sicher weiß man das erst, wenn die Gerichte entschieden haben. Selbst dann kann man der Meinung sein, sie hätten ungerecht entschieden. Oder fragen, ob die Kausalkette für den Fehler weiter zurückreicht.
Gesetzt den Fall, das Gericht gibt den Antragstellern recht, und das instanzenfest. Dann müssten für den Kollateralschaden des Organspendenrückgangs diejenigen verantwortlich gemacht werden, die mit einer falschen Entscheidung den Wirbel verursacht haben.
Vielleicht muss man auch eine Stufe zurückgehen und dem Gesetzgeber vorwerfen, dass er suboptimale Konsequenzen aus dem Organspendeskandal gezogen und mehr Verunsicherung bei Ärzten und Patienten geschaffen hat. Und das egal, wie herum der Streit ausgeht.
Je höher die Instanz, die sich mit der Sache befasst, um so eher ist zu erwarten, dass sie sich zu dieser Frage der politisch zu verantwortenden Unklarheit und Unsicherheit äußert, egal welche Partei richtig liegt.
Sowohl in der PM der Anwälte, als auch in der bei dpa bereits zitierten Bewertung der Gerichtssprecherin wird deutlich, dass es hier um "schwierige Rechtsfragen" geht, was für konkurriende Normen spricht, deren Vorgaben nicht bis ins letzte harmonieren und wo unklar ist, wie sie gleichzeitig erfüllt werden können.
Wenn das der Fall ist, beginnt die Kausalkette, die in das Debakel hineingeführt hat und im Endeffekt den nächsten Organspendenrückgang zur Folge haben könnte, bei der Politik, im deutschen Bundestag.
Zwei Fraktionen - naturgemäß die der Opposition - haben bereits erklärt, dass sie hier ihre Verantwortung sehen und diese wahrnehmen werden. Es ist nie zu spät.
Die Aussage ist also nur eine Halbwahrheit.
Die Frage ist, wer diese Halbwahrheit - wenn sie denn eine ist - verantwortlich ist.
Auch diese Kausalkette beginnt bei den ersten öffentlichen Erklärungen von Ärzten des UKGM - noch bevor etwas in der SZ dazu standd - und verschiedensten Instanzen der deutschen Ärztekammer.
Die Anwälte reagieren mit ihrer hier veröffentlichten Argumentation ganz offensichtlich auf die zuvor anderweitig veröffentlichte Argumentation etwa von Prof. Reichenspurner (siehe Info-box mit Link).
In den 39 Zeilen seiner Begründung, warum der Junge nicht auf die Warteliste darf, schreibt Prof. Reichenspurner nichts von der (auch nach einem halben Jahr in Gießen nicht diagnostizierbaren) mutmaßlichen Stoffwechselerkrankung.
Wenn diese Argumentation eine "Halbwahrheit" ist, dann ist sie ihm und denen anzulasten, die ihre Information der Öffentlichkeit auf diese Halbwahrheit aufgebaut hatten.
Die Anwälte haben keine Wahl, als jetzt die von dieser Seite gegebene Begründung anzugreifen, selbst wenn sie nur halb wahr sein sollte.
Wäre wahrer (sc. vollständiger) begründet worden, wäre das ggf. auch wahrer/vollständiger zu kritisieren gewesen.
Dass die Richter kritisiert werden, ist sicher, egal, wie herum die Entscheidung ausfällt. Ähnlich - wie gesagt - wie bei den Ärzten. Nur dass Richtern nicht der Staatsanwalt kommen kann und sie so oder so herum wegen Totschlags anklagen könnte - das geht nur, wenn sie eine Rechtsnorm, die das nicht als Ermessensspielraum zulässt, willkürlich falsch anwenden, also im Falle offensichtlicher Rechtsbeugung.
Wie heftig und mit wie guten oder schlechten Argumenten Richter kritisiert werden, hängt immer davon ab, wie überzeugend und vor allem wie instanzenfest sie ihre Entscheidung begründen. Ich habe selbst bei unerwarteten Entscheidungen erlebt, dass Richter das lückenlos hinkriegen. Bei anderen - auch solchen, die wir hier schon diskutiert haben - kamen die Kritik vor allem durch Prüfungs- oder Argumentationslücken auf, die normalerweise auch eine höhere Intanz erkennt.
Dafür sind die Instanzenzüge in der Justiz ja unter anderem vorgesehen, das entlastet auch die Richter, falls sie Fehler begehen. Sie sind nicht der Kritik durch die 4. Gewalt enthoben, aber dadurch, dass über 600 Euro Streitwert immer mehrere Instanzen anrufbar sind, steht auch jede Sache auf mehrerer Kammern oder Senate Entscheid.
Zu den Verantwortlichkeiten für das Desaster VOR der Negativ-Entschdeidung und die Rolle der Politik vgl. die Thesen des Deutschen Ethikrats am Ende der Plenarsitzung vor einem Jahr.
http://www.ethikrat.org/dateien/pdf/plenarsitzung-26-09-2013-kingreen-ppt.pdf
Ein demokratischen und rechtsstaatlichen Regeln genügndes Verteilungssystem ist eine politisch zwingnde Voraussetzung nicht erst für die Organverteilung, sondern schon für die Erhöhung der Zahl der Organspender.
Das derzeitige Verteilungssystem ist nicht geeignet, die Motivation für die Organspende zu erhöhen.
(These 1 des Bundesethikrates, Quelle s.o.)
Es ist zu empfehlen, im TPG die relevanten Verteilungskriterien zu benennen, Ausschlussgründe zu regeln und ihr Verhältnis untereinander zu bestimmen.
These II ebd.
Der Rechtsschutz muss bei der Aufnahme auf die Warteliste ansetzen. Zuständig sollten die Verwaltungsgerichte sein.
These V ebd. - anzumerken ist, dass ohne gesetzliche einheitliche Regelung in medizinischen Streitigkeiten jeweils andere Gerichte zuständig sind, je nachdem, ob man Privat- oder Kassenpatient ist.
Es ist zu empfehlen, im TPG die relevanten Verteilungskriterien zu benennen, Ausschlussgründe zu regeln und ihr Verhältnis untereinander zu bestimmen.
Wenn das so einfach wäre... es gibt bestimmt Fälle, wo man klar sagen kan: ja oder nein. Nehmen wir aber wie auch hier Hirnschäden. Wo soll man hier die Grenze ziehen? Bei % der Hirnschädigung? Wie Zustand des Patienten wird entscheidet viel mehr, welche Bereiche betroffen sind und nicht wieviel % der Gewebe zerstört wurde. Bei betroffenen durch Hirnschädigung Bereichen? Wenn das eine Teil-Lähmung istwo setzt man hier die Grenze? Beweglichkeit z.B. 20%? Wer kann genau vermessen, wo die gefährliche Grenze liegt und ob das 19 oder 21% sind, was entscheident für die Listung wäre?
Jeder Fall ist anders und muss einzeln betrachtet werden. Die Regel müssen also teilweise flüssig werden.
Und nach dem, was die Eltern heute auf Facebook geschrieben haben, entweder wollen sie nicht Wahrhaben, dass bei dem Kind Risiko deutlich größer ist, oder wollen das nur so verkaufen, um mehr Unterstützung zu holen.
Diese ganze Situation ist schlimm für alle. Und ich kann teilweise verstehen, dass man das Kind, das lacht und wach ist nicht aufgeben will. Aber ich kenne auch zu viele Kinder mit viel besseren Chancen als der Kleine Muhammet,. die gestorben sind, weil das Herz nicht rechtzeitig da war. Und wenn die Familie dieses Prozess gewinnt, werden weitere Klagen kommen. Und das wird leider dazu führen, dass Erfolgsrate immer nieriger wird und immer mehr Patienten mit guten Zukunftsprognosen sterben. Wäre das gerecht?
Aber ich kenne auch zu viele Kinder mit viel besseren Chancen als der Kleine Muhammet,. die gestorben sind, weil das Herz nicht rechtzeitig da war. Und wenn die Familie dieses Prozess gewinnt, werden weitere Klagen kommen. Und das wird leider dazu führen, dass Erfolgsrate immer nieriger wird und immer mehr Patienten mit guten Zukunftsprognosen sterben. Wäre das gerecht?
Was gerecht ist, ist eine schwierige Frage. Wenn sie an Gott oder das Schicksal gerichtet wird, sind wir uns sicher einig: Auf Erden geht es nicht immer nachvollziehbar zu.
Soweit es aber um eine justizielle Frage geht, ist die Antwort einfach: Wenn das Urteil die Fakten und Gesetzeslage korrekt wiedergibt und umsetzt, ist es in diesem Sinn "gerecht". Wenn von der Gesetzeslage im Einzelfall abgewichen wird, ist das Recht verletzt.
Also steckt in der Prämisse schon die Antwort.
Man kann dann allenfalls rechtspolitisch fragen: Was wollen wir, sollten wir die Gesetzeslage grundgesetzkonform ändern, um schon sie (noch) gerechter zu machen?
Meine Antwort, dass schon die Bewertung menschlichen Lebens ein Unrecht darstellt und die vergleichende Selektion ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellt, habe ich hier schon gegeben. Dann besser chancengleich würfeln, das ist humaner und "gerechter".
Die Frage ist aber, ob der Effekt überhaupt eintritt und ob er nich anders besser gemieden werden kann als durch (ungerechte) Ausschlüsse. Der Ethikrat schein zu meinen, dass es mehr Spendewillige gäbe, wenn es gerechter zuginge.
Nach unseren Recherchen sirbt in deutschen Kliniken ca. 1 Kind pro Monat, das vergeblich auf ein Herz wartet (Quelle: ET). Das ist genau ein Kind pro Monat zuviel. Wenn wir aber Alter bzw. Größe und Blutgruppe berücksichtigen, hat es mit hoher Wahrscheinlichkeit in jeweiligen Monat ein Herz gegeben, das einem anderen Kind gepasst hätte, das nicht auf die Liste gelassen wurde, aber dieses eine Kind nicht retten konnte, weil es ihm nicht passte. Ist das gerechter?
Meine Antwort ist klar. Und ich denke auch, dass der Ethikrat Recht hat.
Wenn wir aber Alter bzw. Größe und Blutgruppe berücksichtigen, hat es mit hoher Wahrscheinlichkeit in jeweiligen Monat ein Herz gegeben, das einem anderen Kind gepasst hätte, das nicht auf die Liste gelassen wurde, aber dieses eine Kind nicht retten konnte, weil es ihm nicht passte.
Diese Frage habe ich mir auch gestellt. Eigentlich theoretisch könnte man alle, die das Organ benötigen listen lassen nur die mit großen Risiken ganz hinten einstufen. Dann theoretisch jeder hätte die Chance. Nur die Wahrscheinlichkeit, dass man für diese Patienten das Organ bekommt ist richtig gering. Schon jetzt die Patienten, die als nicht dringend eingestuft sind, warten jahrelang. Bzw. bis sie Stadium "HU" erreichen. Hier muss sich aber auch die Gesellschaft erstens die Frage stellen: wieviel sind wir bereit für ein Leben zu inwestieren? Ganz doofe und unbequeme Frage, aber sie kommt immer öfters vor. Da man kann zwar immer mehr aber auch Medizin wir immer teurer. Und solche Risikopatienten am leben zu halten ist sehr teuer. Die Behandlung von dem Junge hat in 4 Monaten ca. 600 000 EUR gekostet. Vielleicht müsste er noch viele Monaten überbrücken. Man investiert also Millionen in einen Patienten dessen Erfolgschancen sehr gering sind. Man kann sagen: das sind nur einzelne Patienten. Vielleich bei Transplantationen wären das -zig Patienten pro Jahr. Aber es gibt immer mehr Patientengruppen in anderen Bereichen, wie z.B. Onkologie, wo man gleiche Fragen stellen muss. Lohnt es sich hunderte Tausend in Behandlung von einem Patient zu investieren nur um sein Leben um Wochen oder Monate zu verlängern? Zur Zeit kann sich ein Land wie Deutschland zum Glück das noch leisten. Aber die Ausgaben werden immer höher, es werden immer mehr Patienten, die kostspielig versorgt sein müssen (da die Gesellschaft immer älter wird). Wie lange wird das noch gehen?
Und die nächste ethische Frage: ist es wirklich ethisch den Patienten Monatelang zu quälen um etwas sein leben zu verlängern? Da für die Patienten solche Überbrückungszeit ist oft mit extremen medizinischen Massnahmen verbunden. Und Aussicht auf Erfolg oft kaum.
In unserer Gesellschaft wird das Leben als etwas, was man um jeden Preis schützen muss betrachtet. Das ist auch gut so. Aber doch nach dem Tod laut unserem Glauben erwartet uns besseres Leben. Wieso also klammern wir uns an dieses?
Und leider werden Riesen-Beträge in High-Tech Medizin investiert um einen Patienten am Leben zu erhalten. Danach aber wird man weitgehend sich selbst überlassen. Und gerade, wenn das Patienten sind, die zu Pflegefällen werden... man hat denen das Leben gerettet und danach müssen sie oft in Pflegeheimen weiter vegetieren. Angewiesen auf Hilfe von Fremden, die auch keine Zeit haben sich mit den leuten zu beschäftigen. Hier wird das Geld gespart. Da es kein High-Tech ist, wo man zeigen kann, wie modern das Land ist...
So was wünsche ich mir nicht. Deswegen auch habe ich Patientenverfügung. Und ich habe auch Organenspendenausweis. Vielleicht kann ich noch Jemandem das Leben retten.
Der Ethikrat schein zu meinen, dass es mehr Spendewillige gäbe, wenn es gerechter zuginge.
Das denke ich nicht. Die meisten Leute, die sich für Organspende entscheiden, machen sich solche Gedanken nicht. Schon eher, ob sie als Spender nicht weniger Behandlung bekommen um sie am Leben zu halten. Aber als Spender hofft man auch, dass seine Organe vernünftig verwenden werden und wirklich jemandem das Leben retten.
Und was soll man hier als gerechter bezeichnen? Das ist in diesem Fall ein Begriff, das jeder anders interpretieren kann. Gerechter wäre zuerst die Patienten zu transplantieren, die mehr Erfolgschancen haben, oder deren Zustand schlechter ist, oder länger warten, oder genug jung sind um noch in der Gesellschaft ein Beitrag leisten, oder kleine Kinder haben, oder...?
So lange zu wenig Organe zur Verfügung stehen, wird in der Transplantation kein weiss und schwarz sein... wir bewegen uns immer in grauem Bereich.
Die Anwälte reagieren mit ihrer hier veröffentlichten Argumentation ganz offensichtlich auf die zuvor anderweitig veröffentlichte Argumentation etwa von Prof. Reichenspurner.
Als Anwalt, lieber ChristianBerlin, sollte man auch wissen, wann man seine Trümpfe zieht. Was ist denn, wenn die jetzt gezogene Karte nicht sticht? Dann ist es gerichtlich entschieden, dass er nicht auf die Warteliste kommt. Das macht es jedenfalls nicht leichter, da nochmal hinzukommen. Gewiss, man kann Berufung einlegen. Das ändert aber nichts am falschen Weg. Öffentlicher Druck wäre der bessere Weg auf die Warteliste. Aber auch der ist ja schon im Schwinden begriffen.
Öffentlicher Druck wäre der bessere Weg auf die Warteliste.
Das bezweifle ich, um ehrlich zu sein. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Rechtslage dem entgegenstünde oder nachhaltig unklar wäre. Dann könnte öffentlicher Druck z.B. eine Gesetzesänderung erzwingen - wie z.B. im Fall Edathy, der sich auf die Legalität der ihm nachgewiesenen Bilder berief, woraufhin der Gesetzgeber diese Gesetzelücke schloss. Ähnliche wurde bei Uli Hoeneß über die Abschaffung oder Einschränkung der strafbefreienden Selbstanzeige zumindest diskutiert, nachdem bemerkt wurde, dass es offenbar schwierig ist, eine gültige Selbstanzeige abzugeben. Das ist dann Rechtspolitik im Unterschied zur Rechtsprechung.
Aber zunächst müsste doch die Rechtsprechung Klarheit schaffen. Es gibt zumindest offene Fragen der Normenkonflikte, die hier auch Politiker gesehen haben, die erste einmal von berufener juristischer Seite beantwortet werden müssten, bevor die Politik einen klaren Auftrag erkennen kann, hier nachzubessern - Druck und Gegendruck hin oder her.
Meine Antwort, dass schon die Bewertung menschlichen Lebens ein Unrecht darstellt und die vergleichende Selektion ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellt, habe ich hier schon gegeben. Dann besser chancengleich würfeln, das ist humaner und "gerechter".
Dann müssten Sie Organtransplantationen immer ablehnen, weil dabei immer eine Bewertung stattfindet. Abgesehen davon findet keine "vergleichende Selektion" statt, welche ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit sein soll. Ist es denn wirklich so schwer, auf sprachliche Anleihen zu verzichten, die an die 1933 ff gemahnen sollen? Ich habe ja nichts dagegen, wenn man seinen Argumenten mehr Nachdruck verleihen möchte. Aber das kann auch nach hinten losgehen.
Das ist leider nicht zu 100% möglich. Dann kann man es nicht mehr sprachlich exakt beschreiben.
Ich habe mehrfach erklärt, dass ich das Dogma der Unvergleichlichkeit des Absolut Negativen nicht akzeptieren, weil wir damit unsere Hände nicht nachhaltig in der Unschuld des "Nie wieder" waschen können, außer durch Selbsttäuschung. Es gibt nichts Neues unter der Sonne und keinen logischen Grund auszuschließen, dass sich die Geschichte fortlaufend wiederholen kann.
Dass es heute keine Verbrechen gegen die Menschlichkeit mehr geben sollte, ist äußert unwahrscheinlich, weil sich das Wesen des Menschen nicht ändert. Das Milgram-Experiment wollte eigentlich den Nachweis erbringen, dass Deutsche anders sind, funktioniert aber in allen Völkern und Kulturen. Und was da vorgeführt wird, ist die - im extremen Setting mit drei Versuchsleiter zu 90% vorhandene - Bereitschaft, etwas zu tun, was diesen Namen leider verdient.
Das wirkt sich nicht aus, so lange die Bedingungen human sind. Aber die Bereitschaft ist latent immer vorhanden und evozierbar, insbesondere durch wissenschaftliche Autoritäten in weißen Kitteln, das ist durch Wissenschaftler selbst nachgewiesen, dass Menschen aller Religionen, Ethnien, Kulturen, Schichten da bereit sind, nicht nur ihr Denken, sondern auch ihre Menschlichkeit auszuschalten.
Gnade uns Gott, dass wir nicht in solche Bedingungen hineingeraten, wir würden es nicht einmal merken. Und zwar gerade deshalb, weil wir das Böse falsch verorten, als eine "einmalige" Sache, die UNS nicht passieren kann. Und wehe, es wird an diesem Dogma gezweifelt oder gerührt!
Ich kann aber mit der Frage leben, ob die Beschreibung als solche zutrifft oder nicht, ob die Fakten stimmen, wie das "Indifferenzgebot" der Verfassung anzuwenden ist. Aber nicht darüber, ob es dieses Gebot gibt oder nicht und welche Büchse geöffnet wird, wenn wir es ignorieren.
Vielleicht hellt dieser Ausschnitt aus einem etwas älteren FAZ-Beitrag das Grau ein wenig auf?
Organzuteilungsregeln, die vor allem auf Maximierung bestimmter Vorstellungen von Lebenswert setzen, widersprechen nach allgemeiner Auffassung auch dem Menschenwürdegrundsatz und dem Diskriminierungsverbot im Grundgesetz. Die vielleicht fünf Jahre umfassende Verlängerung des Lebens einer krebskranken Organempfängerin, die zwei kleine Kinder hat, kann rechtlich nicht als weniger wertvoll qualifiziert werden als die zehnjährige Lebensverlängerung, die mit demselben Organ möglicherweise bei einem Single, der keine weitere Erkrankung hat, erreicht werden könnte.
Der Grundsatz der, wie es in der juristischen Debatte bürokratisch abstrakt formuliert wird, „lebenswertindifferenten Organverteilung“ schließt aber nach Meinung der Heidelberger Strafrechtswissenschaftler Gerhard Dannecker und Anne Streng nicht aus, dass Verteilungskriterien entwickelt werden könnten, die einem Optimierungsgebot folgen, das zum Ziel haben sollte, „die knappen Ressourcen so einzusetzen, dass möglichst viele Menschen gerettet werden können“
Die zuletzt genannten Konsequenz bietet dem FAZ-Autor eine Optimierungs-Lösung angesichts des Rationierungs-Zwangs, die nicht gegen das Indifferenzgebot verstößt und damit die Menschenwürde nicht verletzt - wenn ich das Zitat richtig deute.
Bei dem Autor handelte es sich übrigens um Dr. Oliver Tolmein, einen der beiden Rechtsanwälte von Muhammet Eren. Der Artikel könnte für das Verständnis seiner Argumentation im Prozess oder in dem kurzen Abstrakt der obigen PM vielleicht hilfreich sein.
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/organspende-numerus-clausus-fuer-lebern-12682103-p2.html
Also für mich bleibt grau immer noch grau... wennman einem Erwachsenem 5 jahre zusätzlich schenkt ist das doch schon was erreicht. In dieser Zeit kann man sich verwirklichen, das Leben noch voll geniessen und wenn mein Kinder hat, für sie noch so lange da sein... Wenn es aber voraussehber ist, dass es nicht mal 5 Jahre zu erwarten sind? Wo soll man die Grenze setzten? Und überhaupt, ob man so was voraussehen kann? Man kann nur die Lebenserwartungen und Erfolgschancen statistisch betrachten. Da genauso gut bei diesem jungen Singel kann es zu komplikationen kommen und er verstirbt kurz nach TX. Und die krebskranke Mutter kann sich ganz gut erholen und 20 Jahre leben.
Deswegen auch, jeder Fall muss individuell betrachtet werden. Und das wird auch so gemacht. Der Junge wurde nicht deswegen für die Listung abgelehnt, weil es Behindert ist. Er wurde nicht gelistet, da statistisch gesehen das Risiko zu groß ist. Risiko, dass er bei OP oder kurz danach stirbt oder zu schweren Komplikationen kommt. Es kann natürlich sein, dass es so was nicht passiert. Aber statistisch gesehen (dabei werden gesundheitliche Probleme Kinder mit gleicher oder ähnlicher Problematik begutachtet) die Wahrscheinlichkeit ist hier nur sehr gering. Und hier geht nicht um die Zeit, die dem Kind geschenkt wird. Hier kann keiner sagen: wenn er transplantiert wird, dann kann er vielleicht noch 5 Jahre leben. Hier geht es darum, dass selbst wenn er die erste Zeit überlebt (was schon in vergleich zu "gesunden" Patienten fraglich ist) sein Leben wird trotzdem unvorhersehbar bleiben. Und höchstwahrscheinlich mit großen Einschränkungen und gesundheitlichen Problemen gebunden, die man nur schwer in Griff bekommen kann.
Und wie gesagt, das hat mit der Behinderung nichts zu tun, wie die Anwälte behaupten. Das hat mit den Risiken zu tun, die mit dieser Behinderung verbunden sind.
Man kann hier sagen, aber schon einige Monate, die man ihm mit dem Angriff schenken kann sind viel wert... so wie war die Argumentation bei der Mutter von vorher. Stimmt vielleicht... aber mit dem künstlichem Herz kann er auch unter Umständen noch viele Monate funktionieren... und wenn er jetzt transplantiert wurde, stirbt er vielleicht in Kürze...
Leider bin ich nicht zu einer Antwort gekommen, weil ich gestern den ganzen Tag unterwegs war. Schreibe nach dem Prozess. Sehen wir uns da?
Da gab es heute einen Zwischenvergleich, den ich bei facebook noch während der Verkündung hochgeladen habe, da wurde schon heftig über dessen Sinn diskutiert.
Ich denke, der ist gut für alle. Und es gab ein sehr bemerkenswertes Pressestatement nach der Verhandlung von Prof. Seeger. Mehr zunächst dort, ich schaffe es doch nicht gleich, das hier mit einzubringen in eine direkte Antwort, aber es ist wichtig, was heute heraus kam, um diese Fragen beurteilen zu können.
Hier endlich die versprochene Antwort zur letzten Argumentation, die einen Kernpunkt des ganzen Streits berührt (Hervorhebungen im Zitat von mir):
Man kann nur die Lebenserwartungen und Erfolgschancen statistisch betrachten. Da genauso gut bei diesem jungen Singel kann es zu komplikationen kommen und er verstirbt kurz nach TX. Und die krebskranke Mutter kann sich ganz gut erholen und 20 Jahre leben.
Deswegen auch, jeder Fall muss individuell betrachtet werden. Und das wird auch so gemacht. Der Junge wurde nicht deswegen für die Listung abgelehnt, weil es Behindert ist. Er wurde nicht gelistet, da statistisch gesehen das Risiko zu groß ist. Risiko, dass er bei OP oder kurz danach stirbt oder zu schweren Komplikationen kommt. Es kann natürlich sein, dass es so was nicht passiert. Aber statistisch gesehen (dabei werden gesundheitliche Probleme Kinder mit gleicher oder ähnlicher Problematik begutachtet) die Wahrscheinlichkeit ist hier nur sehr gering.
Ich halte das für eine sehr ehrliche Aussage zu dem Fall. Aber genau da liegt das Problem.
Adenauer soll gesagt haben: "Ich glaube nur der Statistik, die ich selber gefälscht habe."
Das Problem bei der Statistik ist erstens, wie man die Gruppen und Kontrollgruppen auswählt, die man vergleichen will. Und dann, welche Merkmale man sucht und erfasst und welche man dabei ausblendet oder übersieht, um zu seinen Schlussfolgerungen zu gelangen.
Vor allem aber, das ist richtig, gestattet eine Statistik zunächst nur eine Vorhersagerelevanz oberhalt einer bestimmten kritischen Masse, jedoch nie auf den individuellen Einzelfall bezogen.
Richtig ist: Man bräuchte bei einer Wahl nur in den sog. "repräsentativ" für die Hochrechnungen ausgewählten Stimmbezirken abstimmen zu lassen und hätte dann das Ergebnis mit etwa einprozentiger Genauigkeit. Würde eine Menge Geld und Aufwand sparen. Aber die Willensfreiheit des Individuums ist trotzdem gegeben, weil eine indivuelle Prognose, was jemand wählt, nie dieselbe Sicherheit bietet. Das ist ähnlich, wenn auch nicht gleich. wie bei der heisenbergschen Unschärferelation, denke ich.
Das ist hier der Punkt, der für Aufregung gesorgt hat, und der mich ebenfalls aufgeregt hat. Das ist wie mit dem Schufa-Score nach Wohngebieten. Legst Du die Merkmale bei der Statistik so an, dass die Gruppen nach Wohngebieten bildest, kann sich ein signifikanter Prozentsatz mit überdurchschnittlich hoher Schuldenquote bilden - mit der Konsequenz, dass dann jemand, der dort wohnt ohne Schulden zu haben, durch dieses Gruppeneinteilung nach Wohngebieten als vermindert kreditwürdig eingestuft wird.
Wenn es um Leben und Tod geht ist dieser Rückschluss auf das Individuum, für das in jedem für sich betrachteten Einzelfall die Treffersicherheit bei 50% liegt, genauso trügerisch, aber noch veheerender als im Kreditwesen.
Der Prozess hat diesem Trugschluss und dem daraus resultierende Unrecht durch den Zwischenvergleich abgeholfen, der nun endliche eine individuelle externe Untersuchung durch ein Team nach Wahl der Eltern gestattet - wenn auch mit Auflagen.
Für mein Denken ein enormer Fortschritt in Richtig auf mehr Transparenz und Gerechtigkeit in diesem Einzelfall - aber noch nicht im gesamten Transplantationswesen.
Da sollte dieses (auf einem statistikbezogenen Fehlschluss basierende) Denken noch einmal ganz genau angeschaut werden, philophisch, ethisch, juristisch, politisch und in Gottes Namen auch theologisch. Die Diskussion darüber ist sicher noch nicht am Ende.
Aber gut, dass wir es einmal so klar angesprochen und ausgesprochen haben wie hier.
Ich habe übrigens absolut nichts gegen unterschiedliche Meinungen, eine gute Diskussion lebt davon, dass es sie gibt!
LG CB
Gerichtsverfahren ist vorbei. Vor dem Landgericht Gießen schlossen die Eltern und das Klinikum am Freitag einen Vergleich, nach dem in den kommenden vier Wochen Mediziner anderer Kliniken aus aller Welt den fast Zweijährigen untersuchen dürfen. Voraussetzung ist, dass sie das Kind als Patienten übernehmen, wenn sie eine Möglichkeit für eine Herztransplantation sehen. Bis jetzt haben Ärzte aus anderen Kliniken nur Aktenansicht gehabt. Das ist auch üblich so. Für mich stellt sich aber jetzt die Frage: wie es wirklich weiter geht? Wenn die Ärzte aus anderen Kliniken das Kind untersuchen sollen, dann müssen sie nach Giessen kommen. Sie können bei der Untersuchung dabei eigentlich nur allgemeine Untersuchung machen. Es werden doch keine zusätzliche aufwändige Tests, wie MRT oder so was wiederholt. Kann man anhand solcher Untersuchung eine Entscheidung treffen? Zweitens: die Ärzte müssen von weit weg hinkommen. Das bedeutet, sie müssen mindestens ein Arbeitstag opfern. Wer bezahlt das? Arbeitstag eines Arztes kostet doch mindestens einige Hundert EUR. Schon abgesehen davon, dieser Arzt steht ein Tag lang seinen Patienten nicht zur Verfügung. Und noch, wenn dieser Arzt dann entscheidet, das Kind kann transplantiert werden, dann muss er das Kind in seine Klinik übernehmen. Das wäre für diese Klinik unter Umständen eine heikle Sache. Die Familie hat schon so viel Probleme gemacht, wer weiss, wie es weiter geht. Und noch eine weitere Frage: wer bezahlt das? Die Behandlung hat bis jetzt ca. 600 000 EUR gekostet (die Familie hat nur 400 000 bezahlt, also Klinik in Giessen bleibt je auf den Kosten sitzen). Weitere Behandlung wird voraussichtlich auch nicht billiger. Es kann sogar teurer sein, in Abhängigkeit davon, wie lange das Kind warten muss.
Ich weiss, es ist doof über Geld zu reden, aber ohne Geld geht heutzutage auch nichts. Und tausende Kinder sterben, weil sie nicht mal paar EURO und sauberes Wasser zur Verfügung im Monat haben. Dabei mit diesen geringen Mittel könnten sie wahrscheinlich langes und glückliches Leben haben... hier wird schon lange nicht so viel Aufstand gemacht... es passiert doch seit immer, jeden Tag... von anderer Seite investiert man Hunderte Tausende EUR in Behandlung von einem Kind, dessen Überlebenschancen nur gering sind... Gerechtigkeit wird auf der Welt wahrscheinlich nie geben.
Da sollte dieses (auf einem statistikbezogenen Fehlschluss basierende) Denken noch einmal ganz genau angeschaut werden, philophisch, ethisch, juristisch, politisch und in Gottes Namen auch theologisch. Die Diskussion darüber ist sicher noch nicht am Ende.
Das ist einfach zu sagen, aber keiner kann das wirklich gerecht für alle umsetzten. Leider. Es wäre schön, wenn alle die Möglichkeit für diese Behandlung bekommen können. So lange aber nicht genug organe zur Verfügung stehen, es ist unmöglich. Mein Traum: gezüchtete Organe mit Empfängereigenen Zellen. Da hätte jeder die Chance gehabt und man könnte Lebensqualität von Transplantierten deutlich steigern...
Und was Statistik betrifft, ich bin Naturwissenschaftler. Und bei jeder wissenschaftlicher Untersuchung gibt es sowohl Standardabweichung, als auch "Ausreißer" (also Werte, die Stark von Mittelwert abweichen), die man bei den Ergebnissen meistens nicht betrachtet. Aber keiner kann sagen, bei welcher Wiederholung dieses "Ausreißer" auftreten wird.
So ist es auch in Fall von Transplantationen. Man weiss, dass statistisches "gesundes" Patient 85% Chance hat, dass er 5 Jahre mit neuem Herz überlebt. Und dann transplantiert man, und das Patient plötzlich verstirbt. Er ist also ein Aureißer. Aber bei welchem Patient das passiert, weiss man nicht. Kinder, wie Muhammet, haben vielleicht 15%. Wenn dieses Kind überleben würde, wäre es auch Ausreißer. Und theoretisch könnte man in dieser Hoffnung das Kind transplantieren... Nur, die Wahrscheinlichkeit gering ist und man kann sie in keine Weise voraussagen, und es gibt nicht genug Herzen...
Es geht doch nichts über den juristischen Kuhhandel = Vergleich. Wir wollen doch mal sehen, ob sich nicht noch ein deus ex machina findet, der uns aller Probleme enthebt. Hauptsache, die Sache ist erstmal vom Tisch. Die Sintflut ist vertagt.
Da wäre ich mir nicht sicher. Sehr wahrscheinlich ist, dass der Einzelfall vermutlich auf die Deus-Ex-Machina-Art gelöst wird, um ein Präzidenz-Urteil zu vermeiden. Aber die Diskussion über die Frage der Diskriminierungsfreiheit bei den Transplantationsregeln und nach dem Rechtschutz wird dadurch nicht vom Tisch zu kriegen sein. Noch diese Woche werden die Richter in Gießen dafür sorgen, dass die Bombe platzt, soviel ist jetzt schon sicher.
Die Kostenfrage wollen beide Parteien hier sinnvollerweise offen lassen. Zuerst muss eine Lösung gefunden werden - daran sind beide Seiten mehr interessiert als an Geld. Denn es steht mehr auf dem Spiel als Geld - auf beiden Seiten. Bei Eren geht es um sein Leben, bei der Klinik um ihren Ruf und das Vertrauen der Patienten. Prof. Seeger wurde letzte Woche gerade für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Mit etwas Phantasie kann man sich Vorstellen, dass dieser ungelöste Fall ihm zu schaffen macht, und nicht nur ihm. Vertrauen ist das wichtigste Kapital in jedem Gewerbe, auch in dem des Mediziners oder Krankenhausbetreibers. Wenn man den hier drohenden Image-Schaden in Geld bzw. vice versa dessen Behebung in Geld umrechnet, kommt sehr wahrscheinlich mehr heraus, als eine Tx mit allen Nebenmaßnahmen konstet.
Möglicherweise kann ich, was ich meine, nicht in Sprache fassen. ich nehme einen neuen Anlauf.
Mir fällt dazu wieder eine von mir gern als beispiel für den gleichen Trugschluss zitierte Begebenheit aus den 60er Jahren ein. Als die Kindermorde von Jürgen Bartsch aufgeklärt werden sollte, bat die Polizei darum, ihr alle verdächtigen Beobachtungen mitzuteilen.
Tatsächlich meldete damals jemand eine verdächtige Beobachtung, die absolut nichts mit dem Fall zu tun hatte, aber der Hinweisgeber hatte trotzdem etwas beobachtet, was ihm damals verdächtig vorkam: "Ein N**** nit einem Auto".
Keine Frage, dass sich hier der damals noch tief im Volk verwurzelte Rassismus zeigte, den ich auch in dieser Zeit mitbekam, wenn z.B. die Oma eines Freundes zu ihm sagte: "A., wenn Du raus gehst, schließ die Türen ab, ich hab heute 2 N**** im Ort gesehen." (es war nicht Berlin, sondern tiefste Provinz).
Aber Hinweisgeber bemüht über das Ressentiment hinaus hier eine Pseudologik, die in etwas so lauten könnte: Dass ein Schwarzer ein Auto hat ist nicht zu erwarten, das kann nur ein "Ausreißer" sein und/oder nicht mit rechten Dingen zugehen, denn zu einem ganz überwiegenden Prozentsatz lebeten Schwarze auf diesem Planeten in noch nicht entlassenen und schon gar nicht wirtschaftlich entwickelten Kolonien und waren dort unterpriveligiert und unmotorisiert, so wohl die Überlegung.
Das kann ja vielleicht damals sogar so gewesen sein. Der Fehler wäre jetzt aber, auf den Einzelfall in der Weise zu schließen, dass die Polizei diesen Schwarzen mit dem Auto festegenommen und die Justiz ihn wegen Diebstahls oder Betruges verurteilt hätte, ohne nachzuprüfen, ob er dieses Auto nicht legal gefahren hat - einfach weil das statistisch unwahrscheinlich ist.
Absurd. Aber so wird hier im Fall von Muhammet Eren verfahren und argumentiert. Statt nachzuprüfen, ob er Schluckbeschwerden hat - und das hat Dr. Hahn in seinem letzten neurologischen Bericht ausdrücklich verneint. "Schlucken möglich" heißt es in seinem Bericht "aber keine adäquate Nahrungsaufnahme." (wurde im Prozess verlesen).
Auch Prof. Wilken hat im persönlichen Gespräch erklärt, dass er gar keine neurologisch bedingten Schluckbeschwerden bei ihm festgestellt hat.
Andererseits beeiden aber 3 Äzrte, die gar keine Neurologen sind, dass Eren solche Beschwerden hat, ohne dafür Befunde eines neuropäpdiatrischen Fachkollegen vorlegen zu können.
Daran ist sicher richtig, dass ein hoher Prozentsatz von neurologisch schwer hirngeschädigten Schluckbeschwerden hat und Eren ein "Ausreißer" sein müsste, wenn er sie nicht hat.
Nur wird das niccht dazu gesagt. Wäre nicht das Dokument mit dem Individualbefund von Dr. Hahn mitten in der Verhandlung aufgetaucht (es wurde vom Klinikum IM Verfahren live zusammen mit anderen übergeben und sofort von Dr. Tolmein verwertet und vorgelesen - wie im amerikanischen Anwaltfilm), dann wäre den Richtern gar nicht aufgefallen, dass der Eid sich auf statisstich begründete Individual-Trugschlüsse bezog und nicht auf eine gesicherte Einzelfalldiagnose.
Ich kann mir nicht helfen. Wenn man Eren wegen der statistischen Wahrscheinlichkeit, dass die Gruppe, die hier gebildet wird, ganz überwiegend Schluckbeschwerden hat, dem Tod überlässt, obwohl die individuelle Untersuchung "Schlucken möglich" ergibt, dann ist das dieselbe Pseudologik, wie wenn die Polizei den Verdacht und den Schwarzen mit dem Auto damals aufgegriffen hätte - und die Justiz ihn dann vielleicht auch noch in der Konsequenz dieser vermeintlichen Logik verurteilt.
Ich hoffe, das war jetzt zumindest verständlich. Man muss ja nicht meiner Meinung sein. Aber zumindest doch verstehen, wo ich das Problem sehe.
ich war bei der Behandlung nicht und leider kenne ich auch nicht alle Aussagen.
Irgendwie passt mir aber der Beispiel nicht wirklich. Es ist etwas anderes anhand Statistik etwas zu vermuten und was anderes wenn man gesicherte Diagnose / Befund hat. Wenn das Kind schlucken kann ist das ein Befund und statistisch gesehen 1 Versuch (hier 1 Patient) ergibt 100% Ergebnisse. Statistisch kann man hier nur bewerten das, was man nicht weiss. Und statistisch bewertet man hier, wie ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind bei der OP oder kurz danach stirbt oder erlebt schwerwiegende weitere Behinderungen. Das weiss man vorher sicher natürlich nicht. Statistik ist natürlich eine verwirrte Sache und "bei biologischen Systemen", wie wir das nennen kann auch theoretisch alles mögliche passieren.
Wenn es um Leben und Tod geht hofft man natürlich als Patient, dass man "Ausreißer" in der Statistik wird. In positivem Sinne natürlich. Und deswegen werden oft auch auf Wunsch des Patienten sehr risikoreiche Angriffe durchgeführt. Und manchmal hat der Patient Glück: bei ihm als "Ausreißer" klappt es. Ob wir in Fall von Transplantationen deswegen auch auf Wunsch von Patienten eingehen sollen? Das ist natürlich eine Entscheidung hinter der nicht nur das Leben von diesem Patient, sondern auch von einem anderem steht. Wenn man das Risiko angeht, transplantiert und Risikopatient stirbt (was auch statistisch gesehen sehr wahrscheinlich ist) dann hat nicht nur dieser Patient verloren sondern noch ein anderer, der kein Organ bekommt und auch stirbt. Wenn der Risikopatient sich aber als "Ausreißer" entpuppt, dann hat es sich gelohnt...
Ich möchte nicht dise sein, die entscheidet was richtig ist. Da in jedem Fall trägt man große Verantwortung.
Für mich stellt sich aber hier noch ein Problem. Unsere Gesellschaft ist der Meinung, man muss um jeden Preis um jedes Leben kämpfen. Aber, ob jedes Leben wirklich für die betroffene Person dann wirklich lebenswert ist? Es reicht zu sehen, wieviele kranke / alte / pflegebedürftige Leute um selbstbestimmtes Tod kämpfen.
Als Erwachsener kann man selbst bestimmen: will man danach ein leben als Pflegefall zu führen, oder lieber mit der Würde sich verabschieden. Ein Kind kann das nicht. Seine Eltern müssen entscheiden, was für ihn am besten ist. Und Entscheidung der Eltern ist hier oft nur durch eigene Gefühle gesteuert. Und die sagen: man darf das Kind doch nicht sterben lassen...
Ich habe mich mit Thema Transplantation, Behinderung, Leben nicht nur aus Spaß beschäftigt. Ich habe auch eine Tochter, die herztransplantiert ist. Sie ist mit schwerem Herzfehler auf die Welt gekommen. Die Ärzte haben nur eine Möglichkeit gesehen: TX oder Tod. Für mich war damals auch klar: man muss um das Kind kämpfen. Es ist doch normal... und das Kind wurde gelistet. Jedoch ihr Herz war sehr schwach, wodurch es nach paar Wochen fast versagt hat, meine Tochter wurde reanimiert und in künstliches Koma versetzt. Nach einigen Tagen hat auch eine Entscheidung in der geschwebt: wenn dieses Zustand länger dauert, dann wird der Körper zu geschwächt um OP zu überleben. Und falls das Kind überlebt, wird es schwer behindert. Da müsste man das Kind von der Liste nehmen. Für die Ärzte ausschlaggebend war das Risiko. Ich würde auch der Entscheidung zustimmen. Nicht weil Sterberisiko zu hoch wäre (zu verlieren hat man doch auch nichts) sondern weil ich für meine Tochter ein Leben wollte, in dem mein Kind glücklich und unbeschwert wäre... es ging mir auch um geistige Behinderung: ein Kind, das nur geistig behindert ist, kann durchaus glücklich sein... die Leute sind sogar oft glücklicher als "normale", weil sie mit vielen Problemen des Lebens nicht konfrontiert werden und sich nicht Gedanken um viele sachen machen. Sie können sich über Kleinigkeiten freuen, weil sie ihr Leben bestimmen.
Bei schwer körperlich behindertem Mensch sieht das schon anders aus. Da kann man kein selbstbestimmtes Leben haben. Man ist 24 Stunden pro Tag von anderen abhängig. Man kann natürlich auch solches Leben lebenswert gestalten. Dazu braucht man aber viel Gel, viel Zeit, viel Geduld und viel Aufopferung.
ich habe viele Familien mit schwer körperlich behinderten Kinder kennengelernt. Und natürlich die Eltern lieben ihre Kinder und bemühen sich ihnen das Leben möglich schön gestalten. Und nach aussen lächeln sie und als ausserstehender sieht man nur die glückliche Familie. Aber wenn man etwas näher die Familie kennenlernt das weiss man das hinter diesem Lächeln ganz viel Leid steckt. Das sind nicht nur 24 Stunden Pflegedienst bei dem Kind. Das sind auch Therapien, die für das Kind sehr anstrengend und oft schmerzhaft sind, aber auch notwendig, damit das Kind z.B. keien Spastikschmerzen hat. Das sind auch Krankenhausaufenthalte, weil das Kind wieder eine schwere Infektion hat, die bei dem gesundem Kind normalerweise ohne Probleme läuft. Das ist auch Aufgeben von eigener Freizeit und Hobbys, da es ganz einfach dazu keine Zeit gibt...
Klar, es gibt Leute, die sich dabei erfüllt fühlen. Wenn man Kind so wäre würde ich auch nicht anders machen. Aber in dem Moment, wo man vor der Entscheidung steht: soll ich wirklich das Kind aufwendig behandeln und komplizierte risikoreiche OPs zulassen, um ihm solches Leben zu schenken? Das wollte ich nicht... ich will selbst solches Leben nicht führen und somit kann ich das auch meinem Kind nicht zumuten. Meine Tochter hatte Glück, ein Tag später war das Herz da...
Falls man aber meint, man ist bereit ein behindertes Kind zu haben, sollte zuerst einige Zeit solche Pflegebedürftige Person zu betreuen. Und erst dann kann man sagen, ob man das im Stande ist zu bewältigen. Viele Familien scheitern hier trotz bestem Willen. Und dann landet das Kind in Pflegeheim, wo niemand die Zeit und Lust hat sich ihm zu beschäftigen. Und das passiert in Deutschland: Land das reich und zivilisiert ist.
Und zurück zu Muhammet. Ich glaube schon, dass die Familie im Moment der Meinung ist, dass sie das Kind auch als Behindert aufnehmen möchte. Nur sie wissen wahrscheinlich gar nicht, was das bedeutet. Werden sie sich wirklich in Türkei entsprechende Behandlung für das Kind leisten können? Wahrscheinlich müsste dann ein Elternteil auf das Beruf verzichten. Da sind noch zwei andere Kinder dabei. was bedeutet das für sie? Werden sie im Schatten von krankem Bruder leben müssen?
Das leben ist nicht einfach und man muss oft Entscheidungen treffen, die nicht bequem sind.
http://www.sueddeutsche.de/panorama/landgericht-giessen-kranker-junge-kommt-nicht-auf-warteliste-fuer-spenderherz-1.2189218
das Landgericht Gießen hat entschieden, dass die Argumentation der Ärzte rechtens ist und der Junge nicht auf die Warteliste genommen werden muss.
Habs gerade hier ebenfalls gemeldet https://www.freitag.de/autoren/christianberlin/kein-herz-fuer-behinderte
https://www.freitag.de/autoren/christianberlin/kein-herz-fuer-behinderte
Danke für den link www.mein-calvin.de